BFG RV/7101150/2021

BFGRV/7101150/202120.9.2021

Rückerstattung der Abzugssteuer nach § 99 Abs. 1 Z. 5 EStG auf den in der Gestellungsvergütung enthaltenen Gewinn- und Gemeinkostenanteil des ausländischen Arbeitskräftegestellers

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2021:RV.7101150.2021

 

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Dieter Fröhlich über die Bescheidbeschwerde der ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch WT Steuerberatung GmbH, Franz Kreutzberger-Straße 6, 5310 Mondsee, vom 28. Dezember 2018 gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom 18. Oktober 2018, zugestellt am 22.10.2018, Evidenznummer: ***1***, betreffend Rückzahlung österreichischer Abzugsteuer gemäß § 99 Abs. 1 Z. 5 EStG 1988

zu Recht erkannt:

I. Der Bescheidbeschwerde wird gemäß § 279 BAO stattgegeben. Die zu Unrecht einbehaltene Quellensteuer in Höhe von € 42.006,96 wird antragsgemäß gemäß § 240 Abs. 3 BAO zurückbezahlt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

 

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 23.04.2021, Ra 2020/1/0089 das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 6.08.2020, RV/71065/2019 aufgehoben. Mit dieser Entscheidung hat das BFG der Beschwerde der beschränkt steuerpflichtigen Beschwerdeführerin - eine in Großbritannien ansässige Private Company Limited by Shares (Ltd.) - gegen die Abweisung des Antrages auf Rückerstattung von zwischen Oktober 2015 und August 2016 einbehaltener Abzugssteuer von Einkünften aus der Gestellung von Arbeitskräften gemäß § 99 Abs. 1 Z. 5 EStG 1988 i.V.m. Art 7 DBA-Großbritannien stattgegeben.

Der VwGH hat im zitierten Erkenntnis folgende Rechtsauffassung vertreten:

"Erfolgt eine Abzugsbesteuerung nach § 99 Abs. 1 Z 5 EStG 1988, so dient diese Abzugsbesteuerung auch der Sicherstellung der Besteuerung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit der gestellten Arbeitnehmer. Eine Rückerstattung des einbehaltenen Betrages setzt damit voraus, dass dieser Sicherstellungszweck weggefallen ist. Dies wäre aber nur dann der Fall, wenn die Einkünfte dieser Arbeitnehmer - trotz Abzugsbesteuerung (etwa mangels Erlangung eines Bescheides nach der DBAbk-EntlastungsV 2005) - einem (freiwilligen) Lohnsteuerabzug unterworfen worden wären oder die auf die Einkünfte der gestellten Arbeitnehmer entfallenden Abgaben in anderer Weise (etwa im Veranlagungsweg) entrichtet oder sichergestellt worden wären. Im Rahmen eines Rückerstattungsverfahrens ist allerdings eine (fiktive) Lohnsteuer - mangels Lohnsteuerpflicht - nicht zu ermitteln. Es ist vielmehr (fiktiv) die Steuer dieser Arbeitnehmer nach allgemeinen Grundsätzen (entsprechend einer Jahresveranlagung) zu ermitteln. Im Rahmen des Rückerstattungsverfahrens liegt es an der Gestellerin der Arbeitskräfte, insbesondere die mit den Einkünften der Arbeitnehmer in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Werbungskosten (§ 102 Abs. 2 Z 1 EStG 1988) darzulegen. Eine Rückerstattung wird (nur) in dem Umfang zu gewähren sein, in dem die Abzugsteuer diese fiktiv zu ermittelnden Abgaben der Arbeitnehmer überschreitet."

Mit Beschluss vom 9.06.2021 wurde der Amtspartei eine Aufstellung der Bf. über die im Zusammenhang mit der Arbeitskräftegestellung für sie im Jahr 2015 und 2016 im Inland tätig gewesenen Leiharbeitskräfte übermittelt. Darin hat die Bf. die Beschäftigungsdauer der Leiharbeitskräfte im Inland, ihre dafür bezogenen Lohneinkünfte und die ermittelte fiktive Steuer dieser Arbeitnehmer nach den allgemeinen Grundsätzen entsprechend einer Jahresveranlagung wie folgt dargelegt:

[...]

Die Angaben der Bf. über die gestellten Mitarbeiter, ihre Aufenthaltsdauer im Inland und die für ihre Tätigkeit bezahlten Arbeitslöhne können an Hand der im Abgabenverfahren vorgelegten Abrechnungsbelege nachvollzogen werden.

Vom gesamten Gestellungsentgelt der Bf. (€ 777.147,47) wurde die 20%ige Abzugssteuer gemäß § 99 Abs. 1 Z. 5 EStG in Höhe von € 155.542,11 einbehalten. Die nach der in Tabelle 1 und 2 errechnete fiktiven Einkommensteuer von den nichtselbständigen Einkünften der Leiharbeitskräfte während ihres Inlandsaufenthaltes betrage lt. Bf. zusammen € 97.329. Bei der einbehaltenen Abzugssteuer von insgesamt € 155.542 sei somit - im Sinne der Ausführungen des VwGH - bei der antragsgemäßen Rückzahlung der auf die Gewinntangente und Gemeinkosten der Arbeitskräftegestellerin entfallenden Abzugssteuer von € 42.006,96, die fiktive Einkommensteuer auf die nichtselbständigen Einkünfte jedenfalls sichergestellt.

Mit dem Beschluss wurde den Parteien Gelegenheit zur Abgabe einer Stellungnahme und zur Vorlage von Ergebnissen ergänzender Ermittlungen gegeben. Seitens der Amtspartei erfolgte keine Äußerung, weder zu den Berechnungen der Bf. noch zu anderen für das Verfahren maßgebenden Sachverhalts- und Rechtsfragen.

 

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Hinsichtlich des festgestellten Sachverhaltes wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das Erkenntnis des BFG vom 6.8.2020, RV/7196560/2019, insbesondere auf die Ausführungen in Seite 1 bis 11 verwiesen. Dieses Erkenntnis ist den Parteien bekannt und überdies auch in der Findok (https://findok.portal.at/ ) veröffentlicht.

Zusammenfassend steht fest, dass die Bf. von Oktober 2015 bis August 2016 zweiundzwanzig Produktionstechniker als Leiharbeiter (mit unterschiedlicher Beschäftigungsdauer zwischen einem und elf Monaten) einem österreichischen Fertigungsunternehmen überlassen habe.

Die Leiharbeiter haben rund 19.500 Arbeitsstunden im Inland geleistet. Die Bf. habe vom Gestellungsnehmer insgesamt eine Gestellungsvergütung von € 777.147 erhalten, wobei vereinbarungsgemäß auf die erbrachte Arbeitsleistung € 659.636,34 entfielen (pro Arbeitsstunde € 34) und € 117.511,13 auf die von der Bf. getragenen Unterkunftskosten der Leiharbeitskräfte. Die Marge der Bf. pro Arbeitsstunde hat € 4,75 (2016) und € 5 (2015) betragen, weil den entsandten Arbeitnehmern ein Stundenlohn von € 29,25, bzw. € 29 (2015) bezahlt worden ist.

Daraus ergibt sich, dass in der Gestellungsvergütung ein der Bf. zuzurechnender Gewinn- und Gemeinkostenanteil von insgesamt € 210.034,38 (€ 92.523,38/Arbeitsstundenleistung und € 117.511/ Unterkunftskosten) enthalten ist. Die anteilig darauf entfallende Abzugssteuer gemäß § 99 Abs. 1 Z. 5 EStG 1988 beträgt € 42.009, deren Rückerstattung die Bf. gemäß § 240 Abs. 3 BAO beantragt hat.

Durch die Abrechnungsbelege ist glaubhaft dokumentiert, dass von den im Zeitraum 10/2015 bis 8/2016 im Inland tätigen 22 britischen Leiharbeitskräften jedenfalls 8 Personen länger als sechs Monate im Inland einen gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des § 26 BAO hatten und daher unbeschränkt Steuerpflichtige gemäß § 1 Abs. 2 EStG waren. Keiner der von der Bf. eingesetzten Leiharbeiter war in Österreich steuerlich erfasst; es wurde daher auch in keinem Fall eine Einkommensteuerveranlagung durchgeführt.

Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig und liegen der Entscheidung zu Grunde. Die entscheidungsrelevanten Tatsachen sind durch geeignete Belege nachgewiesen oder beruhen auf glaubwürdigen Parteienerklärungen. Die Tatsachenfeststellungen wurden von den Parteien auch nicht in Streit gestellt.

Für die Entscheidung des Rechtsstreites ist - in Bindung an die im Erkenntnis des VwGH, Ra 2020/13/0089 vom 23.04.2021 vertretene Rechtsanschauung - die Tatsachenfrage maßgebend, wie hoch bei einer fiktiven Veranlagung die Einkommensteuer von den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit der im Rahmen der Arbeitskräftegestellung 2015 und 2016 in Österreich tätig gewesenen Arbeitnehmern der Bf. ist.

Nur soweit diese im Wege der Schätzung gemäß § 184 BAO zu ermittelnde Einkommensteuer durch die gemäß § 99 Abs. 1 Z. 5 EStG erhobene Abzugssteuer gesichert bleibt, kommt eine Rückerstattung der Abzugssteuer, die auf den in der Gestellungsvergütung enthaltenen Gewinn- und Gemeinkostenanteil - für den Österreich gemäß Art 7 DBA-GB kein finales Besteuerungsrecht zusteht - in Betracht.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I.

Die maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen in der für die beantragte Steuerrückerstattung geltenden Fassung lauten:

§ 98 Abs. 1 Z. 3 und 4 EStG

"(1) Der beschränkten Einkommensteuerpflicht (§ 1 Abs. 3) unterliegen nur die folgenden Einkünfte:

3. Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 23), für den im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird oder für den im Inland ein ständiger Vertreter bestellt ist oder bei dem im Inland unbewegliches Vermögen vorliegt.

Einkünfte aus kaufmännischer oder technischer Beratung im Inland, aus der Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung und aus der gewerblichen Tätigkeit als Sportler, Artist oder als Mitwirkender an Unterhaltungsdarbietungen im Inland sind jedoch auch dann steuerpflichtig, wenn keine inländische Betriebsstätte unterhalten wird und kein ständiger Vertreter im Inland bestellt ist.

4. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25), die im Inland oder auf österreichischen Schiffen ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist (Z 2), und die aus inländischen öffentlichen Kassen mit Rücksicht auf ein gegenwärtiges oder früheres Dienstverhältnis gewährt werden.

Eine Erfassung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nach dieser Ziffer hat zu unterbleiben, wenn die Einkünfte wirtschaftlich bereits nach Z 3 erfaßt wurden."

§ 99 Abs. 1 Z. 5 EStG 1988 lautet:

"(1) Die Einkommensteuer beschränkt Steuerpflichtiger wird durch Steuerabzug erhoben (Abzugsteuer):

5. Bei Einkünften aus im Inland ausgeübter kaufmännischer oder technischer Beratung und bei Einkünften aus der Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung."

§ 100 Abs. 1 und Abs. 2 lauten:

"(1) Die Abzugsteuer gemäß § 99 beträgt 20%, bei Einkünften gemäß § 99 Abs. 1 Z 6 und 7 jedoch 27,5%. In den Fällen des § 99 Abs. 2 Z 2 beträgt die Abzugsteuer 25%.

(2) Schuldner der Abzugsteuer ist der Empfänger der Einkünfte gemäß § 99 Abs. 1. Der Schuldner dieser Einkünfte (in den Fällen des § 99 Abs. 3 die zum Steuerabzug zugelassene Person) haftet für die Einbehaltung und Abfuhr der Steuerabzugsbeträge im Sinne des § 99."

§ 70 Abs. 1 und Abs. 2 EStG lauten:

"(1) Beschränkt lohnsteuerpflichtig sind Arbeitnehmer, bei denen die Voraussetzungen der §§ 1 Abs. 3 und 98 Abs. 1 Z 4 vorliegen.

(2) Die Lohnsteuer wird berechnet:

1. Soweit nicht Z 2 zur Anwendung kommt, nach § 33 Abs. 5 Z 1 und 2 sowie Abs. 6 und § 66 mit der Maßgabe, dass Absetzbeträge nach § 33 Abs. 4 Z 1 und 2 nicht zu berücksichtigen sind.

2. Bei Bezügen als Arbeitnehmer aus einer Tätigkeit im Sinne des § 99 Abs. 1 Z 1 mit 20% des vollen Betrages dieser Bezüge. Mit den Bezügen unmittelbar zusammenhängende Werbungskosten können vom vollen Betrag der Bezüge abgezogen werden, wenn sie ein in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes ansässiger beschränkt steuerpflichtiger Arbeitnehmer dem Arbeitgeber vor Zufließen der Bezüge schriftlich mitteilt. Zieht der Arbeitgeber diese Werbungskosten ab, beträgt die Lohnsteuer 25%."

§ 42 Abs. 1 Z.3 und Abs. 2 EStG lauten:

"(1) Der unbeschränkt Steuerpflichtige hat eine Steuererklärung für das abgelaufene Kalenderjahr (Veranlagungszeitraum) abzugeben, wenn

3. das Einkommen, in dem keine lohnsteuerpflichtigen Einkünfte enthalten sind, mehr als 11.000 Euro betragen hat; liegen die Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 Z 1, 2, 5, 6 oder 7 vor, so besteht Erklärungspflicht dann, wenn das zu veranlagende Einkommen mehr als 12.000 Euro betragen hat, …

(2) Der beschränkt Steuerpflichtige hat eine Steuererklärung über die inländischen Einkünfte für das abgelaufene Kalenderjahr (Veranlagungszeitraum) abzugeben, wenn er vom Finanzamt dazu aufgefordert wird oder wenn die gesamten inländischen Einkünfte, die gemäß § 102 zur Einkommensteuer zu veranlagen sind, mehr als 2.000 Euro betragen."

§ 46 Abs. 1 Z. 3 und Abs. 2 lauten:

"(1) Auf die Einkommensteuerschuld werden angerechnet:

3. die durch Steuerabzug einbehaltenen Beträge, soweit sie auf veranlagte Einkünfte entfallen.
Lohnsteuer, die im Haftungsweg (§ 82) beim Arbeitgeber nachgefordert wurde, ist nur insoweit anzurechnen, als sie dem Arbeitgeber vom Arbeitnehmer ersetzt wurde.

(2) Ist die Einkommensteuerschuld kleiner als die Summe der Beträge, die nach Abs. 1 anzurechnen sind, so wird der Unterschiedsbetrag gutgeschrieben."

§ 102 Abs. 1. Z. 1 bis 3 und Abs. 2 Z. 1 sowie Abs. 3 lauten:

"(1) Zur Einkommensteuer sind zu veranlagen:

1. Einkünfte eines beschränkt Steuerpflichtigen, von denen kein Steuerabzug vom Arbeitslohn, vom Kapitalertrag oder nach den §§ 99 bis 101 vorzunehmen ist.

2. Steuerabzugspflichtige Einkünfte eines beschränkt Steuerpflichtigen, die
- zu den Betriebseinnahmen eines inländischen Betriebes,
- zu den Einkünften aus der Beteiligung an einem Unternehmen als stiller Gesellschafter oder
- zu den Gewinnanteilen gemäß § 99 Abs. 1 Z 2 gehören.

3. Einkünfte, von denen eine Lohnsteuer nach § 70 Abs. 2 oder eine Abzugssteuer nach § 99 Abs. 1 Z 1, 3, 4, 5 oder 6 zu erheben ist, über Antrag des beschränkt Steuerpflichtigen.
...
Der Antrag kann innerhalb von fünf Jahren ab dem Ende des Veranlagungszeitraumes gestellt werden.

(2) Bei der Veranlagung beschränkt Steuerpflichtiger gilt folgendes:

1. Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4) oder Werbungskosten (§ 16) dürfen nur insoweit berücksichtigt werden, als sie mit diesen Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.

(3) Die Einkommensteuer ist bei beschränkt Steuerpflichtigen gemäß § 33 Abs. 1 mit der Maßgabe zu berechnen, dass dem Einkommen ein Betrag von 9 000 Euro hinzuzurechnen ist. Beim Steuerabzug vom Arbeitslohn angesetzte Absetzbeträge sind zu berücksichtigen."

§ 240 Abs. 3 BAO lautet:

Auf Antrag des Abgabepflichtigen (Abs. 1) hat die Rückzahlung des zu Unrecht einbehaltenen Betrages insoweit zu erfolgen, als nicht

a) eine Rückzahlung oder ein Ausgleich gemäß Abs. 1 erfolgt ist,

b) ein Ausgleich im Wege der Veranlagung erfolgt ist,

c) ein Ausgleich im Wege der Veranlagung zu erfolgen hat oder im Fall eines Antrages auf Veranlagung zu erfolgen hätte.

Der Antrag kann bis zum Ablauf des fünften Kalenderjahres, das auf das Jahr der Einbehaltung folgt, gestellt werden. Für das Verfahren über die Rückzahlung ist die Abgabenbehörde zuständig, der die Erhebung der betroffenen Abgabe obliegt."

Aus diesen gesetzlichen Bestimmungen ergibt sich für den gegenständlichen Fall Folgendes:

Der letzte Satz des § 98 Abs 1 Z 4 EStG normiert, dass eine Erfassung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit der Leiharbeitskräfte nach § 98 Abs 1 Z 4 EStG zu unterbleiben hat, wenn die Einkünfte wirtschaftlich bereits nach § 98 Abs 1 Z 3 EStG erfasst wurden. In den Gesetzesmaterialien (ErläutRV 474 BlgNR 13. GP zu § 98 EStG 1972) wird zur Bedeutung des letzten Satzes der Z 4 leg cit ausgeführt, dass durch diese Regelung eine wirtschaftliche Doppelbesteuerung nach den Z 3 und Z 4 vermieden werden soll. Für den exemplarischen Fall einer Arbeitskräfteüberlassung soll nach Kufner in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 98 Anm 27 und Ehrke-Rabel in Hofstätter/Reichel, EStG § 98 Rz 66 eine Doppelbesteuerung vermieden werden, wenn das Gestellungsentgelt (in dem die Einkünfte des überlassenen Arbeitnehmers enthalten sind) beim Gesteller bereits nach § 98 Abs 1 Z 3 TS 5 EStG 1988 mit dem Bruttobetrag der Besteuerung unterworfen wurde.

Auch nach Rosenberger/Loidl/Moshammer (Beschränkte Steuerpflicht: indirekt erfasste Einkünfte in SWK 34/2012, 1483) hat eine Erfassung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu unterbleiben und sind die Einkünfte auf Ebene der Arbeitskräfte nicht ein weiteres Mal steuerlich zu erfassen, wenn die Einkünfte wirtschaftlich bereits nach § 98 Abs. 1 Z 3 EStG erfasst wurden. Lediglich beim Entfall einer steuerlichen Belastung, z.B. aufgrund einer Antragsveranlagung des beschränkt steuerpflichtigen Arbeitskräftegestellers gemäß § 102 Abs. 1 Z. 3 EStG lebt die Steuerpflicht der zuvor wirtschaftlich miterfassten Einkünfte wieder auf.

Nach § 98 Abs. 1 Z 3 zweiter TS EStG 1988 liegen Einkünfte aus Gewerbebetrieb beschränkt Steuerpflichtiger bei der Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung auch ohne Unterhalten einer inländischen Betriebsstätte oder der Bestellung eines ständigen Vertreters im Inland vor. Dieser erweiterte nationale Besteuerungsanspruch hinsichtlich der Einkünfte aus inländischer Arbeitskräftegestellung wird durch das Doppelbesteuerungsrecht (vgl. Art 7 OECD-Musterabkommen und idS Art 7 DBA-Großbritannien) in der Folge eingeschränkt auf das Vorliegen einer inländischen Betriebsstätte (gemäß Art 5 OECD-MA sowie Art 5 DBA-GB).

Für diese Fälle internationaler Arbeitskräftegestellung normiert § 99 Abs. 1 Z. 5 i.Vm. § 100 EStG eine Abzugssteuer von 20% des Bruttoentgeltes. Aus den gleichen Überlegungen wie bei der Künstlerbesteuerung (§ 99 Abs. 1 Z.1 EStG) soll wegen dem leichten Entgehen der nationalen Besteuerung diese durch die Abzugssteuer an der Quelle gesichert werden. Als Schuldner dieser Abzugssteuer ist der ausländische Arbeitskräftegesteller als Empfänger der Einkünfte normiert, Abfuhrpflichtiger ist der inländische Gestellungsnehmer.

Die in der Gestellungsvergütung enthaltenen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit der überlassenen Arbeitnehmer unterliegen iSd § 98 Abs 1 Z 4 EStG 1988 dann nicht der beschränkten Steuerpflicht, wenn sie wirtschaftlich bereits bei einer anderen Einkunftsart erfasst wurden. Gemäß § 21 BAO ist für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

Die nichtselbständigen Einkünfte der Leiharbeitskräfte sind in wirtschaftlicher Betrachtungsweise bereits mit der Abzugssteuer gemäß § 99 Abs. 1 Z. 5 i.V.m. § 98 Abs. 1 Z. 3 EStG endgültig besteuert. Für diese Einkünfte ist daher weder eine Antragveranlagung gemäß § 102 Abs. 1 Z. 3 EStG noch eine Pflichtveranlagung nach § 42 EStG vorgesehen.

Dies folgt u.a. daraus, dass Schuldner der Abzugssteuer gemäß § 99 EStG die beschränkt steuerpflichte Arbeitskräftegestellerin und nicht (auch) ihre zur Arbeitsleistung überlassenen Arbeitnehmer sind. Die auf die Arbeitslöhne der Leiharbeitskräfte indirekt und anteilig entfallende Abzugssteuer wäre daher bei einer Veranlagung dieser Arbeitnehmer überhaupt nicht gemäß § 46 EStG anrechenbar, weil sie nicht die Steuerpflichtigen der Abzugssteuer sind. Eine vom Steuerpflichtigen nicht geschuldete Steuer kann bei der Veranlagung auch nicht angerechnet werden (vgl. Kirchmayr/Sturma in Doralt et al, EStG21, § 46 Tz. 4, Wanke in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG, 14. EL, § 46 Anm. 6).

Zudem würde eine Gutschrift anteiliger Abzugssteuer einzelner Arbeitnehmer im Wege einer Einkommensteuerveranlagung mit dem Normzweck des § 99 Abs. 1 Z. 5 EStG, die Besteuerung der in Österreich steuerpflichtigen Lohneinkünfte der Leiharbeiter durch eine pauschale Abzugssteuer sicherzustellen, nicht vereinbar sein. Es würden nämlich erfahrungsgemäß einseitig die Rückzahlung der Gutschriften eingefordert, die Nachzahlungen an veranlagter Einkommensteuer von den Leiharbeitskräften aber nicht geleistet. Die Sicherung der nationalen Besteuerung ging damit verloren, weil die meisten dieser Arbeitnehmer nicht mehr in Österreich aufhältig und greifbar wären und eine Pflichtveranlagung dieser Steuerpflichtigen somit nicht durchsetzbar wäre.

Da die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit der Leiharbeitskräfte nicht mehr zu erfassen sind, weil sie wirtschaftlich bereits mit der Abzugssteuer endgültig besteuert wurden, hat insoweit weder von Amtswegen noch auf Antrag eine Veranlagung zur Einkommensteuer zu erfolgen (ebenso BFG, 18.05.2020, RV/7100129/2017 zur Künstlerbesteuerung). Diese Besteuerungssystematik muss die beschränkt steuerpflichtigen und die unbeschränkt steuerpflichtigen Leiharbeitskräften gleichermaßen gelten.

Nach Art. 7 des DBA-Großbritannien sind die Gewinne eines Unternehmens im Sitzstaat zu versteuern, soweit nicht die gewerbliche Tätigkeit durch eine Betriebsstätte im anderen Vertragsstaat ausgeübt wird.

Nach der Aktenlage bestehen keine Hinweise, dass die Bf. durch die Ausübung der Gestellungstätigkeit im Inland eine Betriebsstätte begründet hätte und daher Österreich an den einer inländischen Betriebsstätte zuzurechnenden gewerblichen Einkünften ein Besteuerungsrecht hätte.

Da nach diesem Beweisergebnis keine steuerpflichtigen Einkünfte der Bf. in Österreich vorliegen, ist auch eine Antragsveranlagung - die für sie als Schuldnerin der Abzugssteuer unter der Voraussetzung einer inländischen Betriebsstätte nach dem Wortlaut des § 102 Abs. 1 Z. 3 EStG in Betracht käme - nicht möglich. Daher bildet eine Rückerstattung der beantragten Quellensteuer nach der Bestimmung des § 240 Abs. 3 BAO grundsätzlich die verfahrensrechtlich richtige Rechtsgrundlage.

Aus der dargestellten Rechtsgrundlage ergeben sich für die Frage der Rückerstattung der Abzugssteuer nach § 99 Abs. 1 Z. 5 EStG an die ausländische Arbeitskräftegestellerin, bei der eine inländische Betriebsstätte nicht vorliegt, bzw. von der Abgabenbehörde nicht festgestellt worden ist, drei Lösungsmöglichkeiten:

1. Vertretbar wäre die Rechtsauffassung, dass eine Rückerstattung der Abzugssteuer nach § 99 Abs. 1 Z. 5 EStG entsprechend dem Sinn und Zweck dieser Sicherungsabgabe vom Gesetzt gar nicht vorgesehen ist.

Die Abzugssteuer ist eine Art "Pool-Besteuerung oder Besteuerung einer Gesamtheit". Es erfolgt damit eine auf Erfahrungs- und Durchschnittswerten basierende Besteuerung einer Mehrzahl an Steuerpflichtigen (Gesteller und x-beliebige Anzahl an überlassenen AN mit verschieden hohen Einkünften und unterschiedlich langer Aufenthaltsdauer im Inland). Mit der 20%igen Abzugssteuer vom Gestelllungsentgelt werden sowohl die potenzielle Steuer des Arbeitskräftegestellers als auch die potenzielle Steuer aller eingesetzten Arbeitnehmer im Inland erhoben. Wie sich diese Abzugssteuer im Verhältnis zu einer fiktiv erhobenen veranlagten Einkommensteuer der an der inländischen Arbeitskräftegestellung mitwirkenden Personen (Gesteller und seine überlassenen AN) verteilen würde, ist je nach Fallgestaltung der einzelnen Gestellungsgeschäfte völlig unterschiedlich. Da diese hypothetische, für eine Rückerstattung aber relevante Fragestellung administrativ sehr schwierig zu lösen wäre und mit dem Sicherungszweck dieser gesamthaften Quellenbesteuerung nicht vereinbar ist, ist eine Rückzahlung der Abzugssteuer vom Gesetz nicht vorgesehen.

Der beschränkt steuerpflichtige Arbeitskräftegesteller hat aber die Möglichkeit eine Doppelbesteuerung (Art 7 OECD-MA, Art 7 DBA-GB) seiner Unternehmensgewinne aus inländischer Arbeitskräftegestellung durch Beantragung eines Befreiungsbescheides von dieser Abzugsbesteuerung gemäß § 5 Abs. 3 DBA-Entlassungsvorordnung herbeizuführen (Voraussetzung: freiwillige Lohnsteuerabfuhr betr. die gestellten AN). Bezieht der ausländische Gesteller steuerpflichtige Inlandseinkünfte erfolgt eine Pflicht- oder Antragsveranlagung, bei der die Abzugssteuer anzurechnen ist.

2. Von dieser Rechtsauffassung abweichend, könnte aber argumentiert werden, dass im Gesetz ausschließlich eine Veranlagung der nichtselbständigen Einkünfte der Leiharbeitnehmer des beschränkt steuerpflichtigen Arbeitskräftegestellers nicht vorgesehen wurde, weshalb mit der 20%igen Abzugssteuer auf den in der Gestellungsvergütung enthaltenen Lohnanteil - ähnlich der Regelung des § 70 Abs. 2 EStG - eine finale Besteuerung dieser nichtselbständigen Einkünfte erfolgte. Darüberhinausgehend wäre demnach eine Rückerstattung der anteiligen Abzugssteuer auf den nachgewiesenen Teil der Gestellungsvergütung, der den Gewinn- und Gemeinkostenanteil bildet, berechtigt. Damit wird eine Doppelbesteuerung des Unternehmensgewinnes des Gestellers im Sinne des Art 7 OECD-MA (hier Art 7 DBA-GB) vermieden.

3. Der dritte Lösungsansatz bildet einen administrativ aufwändigen Mittelweg, der vom VwGH in dem aufhebenden Erkenntnis (Ra 2020/13/0089, 23.04.2021) gewählt worden ist:

Im Rahmen des Rückerstattungsverfahrens ist die fiktive Steuer nach den allgemeinen Grundsätzen einer ESt-Veranlagung von den im Inland steuerpflichtigen nichtselbständigen Einkünfte der Leiharbeiter zu ermitteln, wobei auch kausale Werbungskosten mit einzubeziehen sind. Als solche kämen mit hoher Wahrscheinlichkeit insbesondere Kosten für Familienheimfahren bis zur Höhe des großen Pendlerpauschales und Beträge der gesetzlichen Sozialversicherung in Betracht.

Die Rückerstattung der Abzugsteuer darf nur insoweit gewährt werden, als mit der verbleibenden, restlichen Abzugssteuer die fiktiv ermittelte veranlagte Einkommensteuer der Leiharbeitnehmer noch sichergestellt (abgedeckt) ist.

Gegen die vom steuerlichen Vertreter der Bf. vorgelegte Berechnung über die fiktive, veranlagte Einkommensteuer der von der Bf. ins Inland entsandten Leiharbeitskräfte in einer Gesamthöhe von € 97.329 (2015 u. 2016) wurde von der Amtspartei im Rahmen der Anhörung kein Einwand vorgebracht.

Die Zusammenstellung der Einkünfte ist an Hand der aktenkundigen Abrechnungsbelege nachvollziehbar. Die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen wird vom BFG für plausibel erachtet. Dabei ist anzumerken, dass in dieser Berechnung noch keine mit der Verrichtung im Inland wirtschaftlich zusammenhängenden Werbungskosten angesetzt wurden. Mit großer Wahrscheinlichkeit sind bei den Arbeitnehmern jedenfalls Werbungskosten für Familienheimfahrten (€ 3.672 jährlich pro AN) und anteilige Sozialversicherungsbeiträge angefallen. Die auf einer Schätzung beruhende Berechnung der fiktiven Einkommensteuer erscheint insgesamt widerspruchsfrei und hat eine hohe Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich. Diese Berechnung der Bf. wurde deshalb der Entscheidung zu Grunde gelegt.

Nicht bestritten wurde das Vorbringen der Bf., dass bei der insgesamt aus der Inlandsgestellung erhaltenen Gestellungsvergütung von € 777.147,47 ein gemäß Art 7 DBA-GB in Großbritannien zu versteuernder Gewinn- und Gemeinkostenanteil von € 210.034,80 enthalten war. Für die darauf entfallende Abzugssteuer von € 42.006,96 wurde daher - mangels eines finalen Besteuerungsrechtes in Österreich - die Steuer im Sinne des § 240 Abs. 3 BAO zu Unrecht erhoben und war daher bei Erfüllung der weiteren Voraussetzungen der Bf. zurückzuzahlen.

Da bei einer einbehaltenen Abzugssteuer von insgesamt € 155.542,11 durch die beantragte Rückerstattung von € 42.006,96, die schlüssig ermittelte fiktive Einkommensteuer auf die Arbeitslöhne der Leiharbeitnehmer von € 97.329 sichergestellt bleibt, war vom BFG in Bindung an das Erkenntnis des VwGH (Ra 2020/13/0089) die gemäß § 240 Abs. 3 BAO beantragte Steuerrückzahlung zu gewähren.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall war keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Entscheidung folgt der einhelligen Rechtsansicht des VwGH vom 18.05.2020 Ra 2020/13/0089. Bei der Ermittlung der fiktiven veranlagten Einkommensteuer der Leiharbeiter handelt es sich um eine Tatfrage, die nicht Gegenstand einer ordentlichen Revision sein kann. Eine Revision war daher nicht zuzulassen.

Wien, am 20. September 2021

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

Art. 7 DBA GB (E), Doppelbesteuerungsabkommen Großbritannien und Nordirland (Einkommensteuer, Verhinderung der Steuerverkürzung), BGBl. III Nr. 32/2019
§ 99 Abs. 1 Z 5 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 240 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Verweise:

VwGH 23.04.2021, Ra 2020/13/0089

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