Versteuerung von nicht erklärten Zuwendungen aus einer liechtensteinischen Stiftung
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2019:RV.7102213.2018
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Vorsitzende R1 und die weiteren Senatsmitglieder Richter R2, B1 und B2., im Beisein der Schriftführerin SF in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch Stb, vom 17. Juni 2009, gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom 11. Mai 2009 betreffend
a) Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 Abs. 4 BAO hinsichtlich Einkommensteuer für die Jahre 2000 bis 2006 und
b) Sachbescheide betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2000 bis 2007,
nach der am 20. November 2018 durchgeführten Senatsverhandlung, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 Abs. 4 BAO hinsichtlich Einkommensteuer für die Jahre 2000 bis 2006 wird als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Der Beschwerde betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2000 bis 2005 wird teilweise Folge gegeben.
Der Beschwerde betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2006 und 2007 wird Folge gegeben.
Die angefochtenen Sachbescheide werden abgeändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Entscheidungsgründe
Die zwischenzeitlich am 10. Jänner 2015 verstorbene Bf1 hat am 28. März 2008 Selbstanzeige gem. § 29 FinStrG, wegen nicht erklärter Zuwendungen aus der liechtensteinischen E Stiftung, erstattet.
Die im Fürstentum Liechtenstein ansässige E Stiftung (Sitz in Vaduz), wurde am 5. August 1982 mit einem Stiftungskapital von 250.000 SFR von Herrn A (Ehegatte der Bf1 und Geschäftsführer der österreichischen Z Gruppe - Z1) gegründet.
Erstbegünstigter der E Stiftung war zu seinen Lebzeiten (geb. 3.12.1910, verst. 24.5.1991) Herr A.
Mit seinem Ableben wurde seine Ehegattin Bf1 zur Erstbegünstigten.
Lt. Mitteilung des Stiftungsrates der E Stiftung habe Frau Bf1 (bei Annahme von Vorsatz) in den Streitjahren 2000 bis 2005 folgende Geldbeträge erhalten (vgl. Schreiben vom 28. März 2008):
Jahr | Zuwendung inSFR | Zuwendung inEuro |
2000 | 120.000 | 78.856,50 |
2001 | 80.000 | 53.971,66 |
2002 | 40.000 | 27.498,94 |
2003 | 80.000 | 51.298,62 |
2004 | 80.000 | 51.813,40 |
2005 | 80.000 | 51.331,23 |
Diese o.a. Zuwendungen hätten gem. § 27 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 mit dem Sondertarif von 25 % endbesteuert werden müssen (keine sonstigen Einkünfte gem. § 29 Z 1 EStG 1988 zum laufenden Tarif).
Die EU-rechtliche Kapitalverkehrsfreiheit gelte weltweit. Zudem sei Liechtenstein Mitglied des EWR, der in Bezug auf die EU-Freiheiten wie ein Mitgliedstaat zu behandeln sei.
Im Zuge der daraufhin erfolgten Außenprüfung für die Jahre 2000 bis 2007 wurde seitens der Abgabenbehörde von einer vorsätzlichen Abgabenhinterziehung ausgegangen, da Frau Bf1, auch wenn sie sich tatsächlich, wie behauptet wird, „um nichts kümmerte“, sei sie dennoch auf Grund ihres Vermögens sehr wohl in der Lage gewesen, sich rechtlich und wirtschaftlich in sämtlichen Angelegenheiten beraten und vertreten zu lassen, was wiederum für eine vorsätzliche Abgabenhinterziehung spreche (Tz. 1 des Bp-Berichtes vom 5. Mai 2009).
Dass die liechtensteinische E Stiftung - entgegen der Behauptung von Frau Bf1 - sehr wohl eine „transparente“ Stiftung sei, ergebe sich nach Ansicht der Abgabenbehörde aus folgenden Feststellungen:
1. Frau Bf1 sei alleinige Begünstigte der Stiftung. Die Begünstigung sei uneingeschränkt und umfasse das gesamte Stiftungsvermögen, die Erträgnisse hieraus sowie ein allfälliges Liquidationsergebnis.
2. Selbst unter der Annahme, dass tatsächlich kein Mandatsvertrag vorliegen würde, sei dies kein Indiz für die von Frau Bf1 behauptete Intransparenz, da der wirtschaftliche Stifter und Begünstigte trotzdem Einfluss auf die Stiftung nehmen könne:
- Durch regelmäßige Teilnahme an den Sitzungen des Stiftungsrates.
- Das Beistatut und sämtliche Reglements können mit Zustimmung von Frau Bf1 jederzeit aufgehoben, abgeändert oder ergänzt werden.
- Die Jahresabschlüsse werden von Frau Bf1 unterzeichnet.
- Frau Bf1 könne über das Stiftungsvermögen uneingeschränkt verfügen.
Bei einer intransparenten Stiftung, wäre die Stiftung selbst als juristische Person lt. liechtensteinischem Recht wirtschaftlich verfügungsberechtigt.
- Stiftungsbegünstigte und der Umfang einer Stiftungsbegünstigung könnten jederzeit vom Stifter oder vom Stiftungsrat mit Zustimmung des Stifters bestimmt werden.
Für jede Beschlussfassung betreffend Erlassen von Statuten oder Beistatuten müsse die schriftliche Genehmigung des Stifters eingeholt werden.
- Frau Bf1 habe zu jeder Zeit die Verfügungsmacht über das Vermögen gehabt und der Stiftungsrat sei lediglich das ausführende Organ des Stifterwillens gewesen.
- Die Widmungen der E Stiftung an die von Frau gemeinsam mit der E Stiftung gegründete österreichische C Privatstiftung würden deutlich den Einfluss von Frau Bf1 auf die E Stiftung aufzeigen. Frau Bf1 sei zum größten Teil Stifterin der C Privatstiftung (Art. V Pkt. 5.1 der Stiftungsurkunde vom 18. Jänner 1994) und auch eine der Begünstigten (Art. III der Stiftungszusatzurkunde vom 18. Jänner 1994).
Frau Bf1 habe selbst veranlasst, die Widmungen aus dem Vermögen der E Stiftung durchzuführen, um die neu gegründete C Privatstiftung zu stärken.
3. Bei der E Stiftung handle es sich in Ermangelung eines Geschäftsbetriebes um eine funktionslose Gesellschaft, welcher selbst keine Einkünfte zuzurechnen seien.
4. Die Errichtung der E Stiftung in der Steueroase Liechtenstein lasse sehr wohl auf Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten schließen.
5. Unter Anwendung der typisierenden Betrachtungsweise ist bei Betrachtung des Stiftungszweckes, nämlich der Förderung der Begünstigten Frau Bf1, der eigentliche Geschäftszweig zu erkennen.
Die Zurechnung der Einkünfte an Frau Bf1 sei eindeutig.
Die Zuwendungen an gemeinnützige Organisationen seien als Einkommens- bzw. Vermögensverwendung der Stifterin und Eigentümerin anzusehen.
Da das Finanzamt der Ansicht der Außenprüfung folgte, wurden folgende bisher steuerfrei belassene Beträge nach amtswegiger Wiederaufnahme in den neu erlassenen Sachbescheiden vom 11. Mai 2009 der Jahre 2000 bis 2007 bei der Einkommensermittlung der Frau Bf1 wieder hinzugerechnet:
ESt-Bv. 11.5.2009 | Sonstige Einkünfte: | KESt | Steuer vom Sondergewinn aus Eigenkapitalzuwachs-verzinsung: |
2000 | 2.475.115 S(= 179.873,62 €) | -939.650,01 S(= -68.287,03 €) | 1.438.660,75 S(= 104.551,55 €) |
2001 |
| -279.526,32 S(= -20.313,97 €) | 1.048.310,25 S(= 76.183,67 €) |
2002 |
| -21.156,43 € | 80.592,89 € |
|
|
| Steuer von Kapitalerträgen aus ausländ. Kapitalanlagen |
2003 | 464.762,38 € | -19.002,68 € | 62.469,39 € |
2004 | 164.606,14 € | -18.145,74 € | 92.160,57 € |
2005 | 14.594,88 € | -22.259,06 € | 93.426,35 € |
2006 | 99.052,48 € | -24.901,83 € | 178.409,27 € |
2007 | 49.559,23 € | -24.660,64 € | 247.313,74 € |
In der dagegen von Frau Bf1 eingebrachten Berufung vom 17. Juni 2009 sowie im Schreiben vom 16. November 2009 führt die steuerliche Vertretung im Wesentlichen wie folgt aus:
- Nach Ansicht von Frau Bf1 handle es sich bei der liechtensteinischen E Stiftung um eine „intransparente“ (= kein Einfluss des Stifters nach Einbringung des Vermögens mehr möglich) Stiftung, weshalb die Einkünfte aus der E Stiftung nicht Frau Bf1, sondern der Stiftung zuzurechnen und von dieser zu versteuern seien.
- Für eine „intransparente“Stiftung spreche, dass die Willensbildung nur durch den Stiftungsrat (= zwei Banker und ein Wirtschaftsprüfer, die nicht verwandtschaftlich mit Frau Bf1 verbunden sind; namentlich sind das insbesondre die Herren SR1, SR2 und SR3 sowie der langjährige Stiftungsvorsitzende SR4 – vgl. auch die diesbezüglichen Ausführungen des SR4 in seinem Schreiben vom 25. September 2009 ) als Organ der Stiftung erfolge und der Stifter über kein Weisungs- und Änderungsrecht sowie Widerruf verfüge.
Einen Mandatsvertrag, an den der Stiftungsrat gebunden gewesen wäre, habe es nach Aussage des langjährigen Vorsitzenden SR4 jedenfalls nicht gegeben (vgl. Schreiben vom 25. September 2008).
Der Stiftungsrat habe bei seiner Tätigkeit die Bestimmungen der Statuten, Beistatuten und Reglement zu beachten.
Weiters habe das Gesellschaftskapital sich im Eigentum der Gesellschaft befunden. Die Stiftung sei somit nicht nur zivilrechtliche sondern auch wirtschaftliche Eigentümerin.
Entscheidungen über die Vermögensveranlagungen seien durch den Stiftungsrat erfolgt.
Aus den vorliegenden Stiftungsdokumenten gehe nicht hervor, dass Frau Bf1 einen Rechtsanspruch auf eine allfällige Begünstigung hätte (vgl. § 11 der Statuten der E Stiftung).
- Die Verfügungsmacht der E Stiftung zeige sich auch darin, dass diese als Mitstifterin z.B. bei der „C Privatstiftung“ aufgetreten sei und dieser Stiftung auch bedeutendes Vermögen zugewendet habe.
Die Gründung der „C Privatstiftung“ sei nicht durch Frau Bf1, sondern durch die E Stiftung veranlasst worden (Beschluss des Stiftungsrates).
- Da sich der Ort der Geschäftsleitung nicht in Österreich, sondern in Vaduz befände (Fürstentum Liechtenstein), bestehe auch keine unbeschränkte Körperschaftsteuerpflicht der Stiftung in Österreich.
- Neben dem Stiftungsrat habe es keine weiteren Entscheidungsorgane, wie z.B. einen Beirat, gegeben.
- Der Stifter habe bei Gründung der Stiftung im Jahre 1982 sicherstellen wollen, dass die von ihm vorgesehenen Personen/Institutionen (a = Verwandte und a2 = gemeinnützige Organisationen) durch die Erträge des Stiftungsvermögens begünstigt werden, ohne dass diese auch Eigentum am Stiftungsvermögen erwerben.
Die Bestellung des Stifters zum Erstbegünstigten bzw. seiner Gattin zur Folgebegünstigten sei nur als „Vorsorge für den Notfall“ anzusehen.
- Frau Bf1 habe zu Lebzeiten ihres Gatten keinerlei Zuwendungen von der E Stiftung erhalten. Erst nach dem Ableben ihres Gatten habe sie Zuwendungen („Aufmerksamkeiten“ des Stiftungsrates) erhalten; dabei habe es sich unter Berücksichtigung der Gesamtsumme der Zuwendungen lediglich um geringfügige Beträge gehandelt – ein diesbezüglicher Bedarf habe bei Frau Bf1 jedoch nicht bestanden.
- Frau Bf1 sei nach dem Tode (= 24. Mai 1991) von A alleinige Begünstigte/Erstbegünstigte hinsichtlich „möglicher“ Zuwendungen gewesen, die der Stiftungsrat nach freiem Ermessen erteilte; nur „Änderungen“ bedürften lt. Beistatuten einer Zustimmung von Frau Bf1.
- Weiters habe Frau Bf1 aus ihrer Begünstigtenstellung keinerlei Rechtsansprüche (z.B. Anspruch auf Auszahlung einer Zuwendung) ableiten können; sie habe keinerlei Verfügungsgewalt über das Vermögen der E Stiftung gehabt.
- Schließlich seien auch die Verwaltungskosten durch das umfangreiche Arbeitsgebiet des Stiftungsrates viel höher als bei transparenten Stiftungen, die lediglich nach Vorgaben des Stifters tätig werden und daher nicht einen so hohen Protokollbedarf ihres Tätigkeitbereiches hätten.
Auch sei es bei transparenten Stiftungen nicht üblich, mehr als einen Stiftungsrat zu bestellen und zu bezahlen (pro Stiftungsrat ca. 30.000 CHF pro Jahr).
Auch handle es sich bei den Stiftungsräten nicht um „hauptberufliche“ liechtensteinische Treuhänder, welche meist Angestellte einer Bank seien.
- Frau Bf1 habe auch nur „vereinzelt“ als „Gast“ an Sitzungen des Stiftungsrates teilgenommen, weshalb nicht von einer „Entscheidungsbeeinflussung“ ausgegangen werden könne.
Im gegenständlichen Fall sei die Vermögensverwaltung durch den Stiftungsrat erfolgt, der das gesamte Vermögen in Wertpapiere bzw. in Anteilen an Gesellschaften investiert habe.
- Nach Ansicht von Frau Bf1 führe die Bestimmung von Begünstigten in Stiftungsurkunden nicht zur Beherrschung der Stiftung durch diese bzw. zu einer Vermögenszurechnung an diese.
Mangels Beherrschung der Stiftung durch Frau Bf1 liege somit eine „intransparente“ Stiftung vor, deren Erträge jedenfalls nicht von Frau Bf1 zu versteuern seien.
- ad Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend ESt 2000-2006:
Frau Bf1 sei in geschäftlichen und steuertechnischen Belangen nicht versiert gewesen und stets davon ausgegangen, dass die E Stiftung eine „intransparente Stiftung“ und die kaufmännische und steuerliche Gebarung richtig sei.
Die E Stiftung werde durch Stiftungsräte aus rechtsberatenden Berufen geführt.
Die E Stiftung sei gegenüber dem österreichischen Finanzamt (als Stifterin der österreichischen C Privatstiftung sowie dokumentiert durch die jährlich mit der Steuererklärung eingereichten Prüfungsberichte) und dem österreichischen Handelsgericht (Firmenbuch Wien durch Aufnahme der Stiftungsurkunde in die Urkundensammlung) offen aufgetreten.
Die E Stiftung sei keine „transparente Sparbuchstiftung“.
Der Bp-Bericht vom 5. Mai 2009 führe selbst aus, dass „keine Feststellungen getroffen worden seien, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 Abs. 4 BAO erforderlich machen würde“.
Unter Hinweis auf die Offenlegung der E Stiftung als Stifterin der C Privatstiftung gehe die Bf. davon aus, dass keine neuen Tatsachen und/oder Beweismittel hervorgekommen seien und daher kein Grund zur Wiederaufnahme vorliege.
Sollte dennoch die Wiederaufnahme des Verfahrens für zulässig erkannt werden, könnte dies, da Frau Bf1 nicht von Vorsatz (unter Anwendung der damit verbundenen verlängerten Verjährungsfrist) ausgehe, nur für die Streitjahre 2002 bis 2006 zutreffen und nicht auch für die Streitjahre 2000 und 2001.
Auch habe die Abgabenbehörde nicht ausgeführt, inwieweit die Beiziehung von Beratern den behördlichen Vorwurf der vorsätzlichen Abgabenhinterziehung rechtfertige.
Frau Bf1 erhob gegen die abweisende Berufungsentscheidung vom 24. Jänner 2012 Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, der mit Erkenntnis vom 25. März 2015, 2012/13/0033, die Berufungsentscheidung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wie folgt aufhob:
Es sei nicht schlüssig ausgeführt worden, dass den Begünstigten tatsächlich die Dispositionsbefugnis wie bei einem Bankkonto hinsichtlich der Stiftungseinkünfte zugekommen sei.
Es sei darzustellen, weshalb die Stellung eines wirtschaftlich Berechtigten nach den liechtensteinischen Sorgfaltspflichtvorschriften den österreichischen einkommensteuerrechtlichen Zurechnungskriterien gleichgesetzt werden könne.
Auch eine Treuhandgründung würde nur das Errichtungsgeschäft der Stiftung betreffen, ein Weisungsrecht des Stifters in Bezug auf die laufende Verwaltung des Stiftungsvermögens ergebe sich daraus nicht.
Weiters sei die Mitbegründung einer österreichischen Privatstiftung kein ausschlaggebendes Indiz für das (wirtschaftliche) Eigentum von Frau Bf1 an der E Stiftung.
Da Frau Bf1 zwischenzeitlich (10. Jänner 2015) verstorben ist, erhob die Verlassenschaft nach Bf1 gegen die erneute Abweisung ihres Beschwerdebegehrens mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 16. Dezember 2016 eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof, der mit Erkenntnis vom 25. April 2018, Ro 2017/13/0004, das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 16. Dezember 2016 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes wie folgt aufhob:
Es sei für den Verwaltungsgerichtshof die Abweisung des Antrages auf Einvernahme des ab 11. Juli 2011 bestellten Sachwalters RA R nicht verständlich, weil das Bundesfinanzgericht ohne Angabe von Gründen davon auszugehen scheine, die Bestellung eines Sachwalters für die Begünstigte habe ihr vom Bundesfinanzgericht angenommenes Weisungsrecht zum Erlöschen gebracht, sodass sich aus der Erfolglosigkeit von Bemühungen des sie vertretenden Sachwalters um Zuwendungen kein Schluss auf ihre Einflussmöglichkeiten im Streitzeitraum (= vor ihrer Sachwalterschaft) ziehen lasse.
Maßgeblicher Gesichtspunkt für die Zurechnung von Kapitaleinkünften liechtensteinischer Stiftungen, sei weder die „Transparenz“ oder „Intransparenz“ des liechtensteinischen „Gebildes“ noch die Entscheidungsbefugnisse des Stifters oder Begünstigten als solche, sondern die Frage des wirtschaftlichen Eigentums am Kapitalvermögen der Stiftung.
Für den Fall, dass das Vermögen – etwa unter Abschluss eines Mandatsvertrages nach liechtensteinischem Recht – nur treuhändig übertragen worden sei, so verbleibe es lt. Verwaltungsgerichtshof im „wirtschaftlichen Eigentum“ des Stifters.
Maßgeblich sei dabei aber nicht nur die Weisungsbefugnis, sondern auch der Umstand, dass das Risiko eines Wertverlusts und die Chance einer Wertsteigerung den Treugeber treffen würde.
Dabei sei für Zwecke der Einkünftezurechnung nicht zwischen In- und Auslandssachverhalten zu unterscheiden.
Die im gegenständlichen Fall ins Treffen geführten Rechte des Stifters entsprächen im österreichischen Stiftungsrecht vorgesehenen Möglichkeiten und die Inanspruchnahme dieser Rechte würden aber nicht zur Annahme eines Treuhandverhältnisses führen.
Weiters sei bei der Behandlung der Einflussmöglichkeiten des Stifters nicht konsequent zwischen Zustimmungs- und Weisungsrechten unterschieden worden.
Im Zuge der mündlichen Verhandlung am 20. November 2018 wurde seitens der Abgabenbehörde und der steuerlichen Vertretung hinsichtlich der o.a. Wiederaufnahmebescheide auf die bisherigen Ausführungen hierzu verwiesen, wobei die steuerliche Vertretung der Bf. nochmals betonte, dass Frau Bf1 nicht vorsätzlich gehandelt habe.
Der ehemalige Sachwalter von Frau Bf1 Herr RA R führte in seiner Zeugeneinvernahme am 20. November 2018 u.a. aus, dass Frau Bf1 stets von einem großen Beraterkreis betreffend ihres Einkommens und Vermögens beraten worden sei, insbesondere von Herrn M1 (Mitarbeiter und enger Vertrauter von Herrn A sowie Stiftungsvorstand der A Privatstiftung; FN 9696k), 9696k den Sachwalter über die Einkommens- und Vermögenssituation von Frau Bf1 informierte.
Die vertragliche Gestaltung der Stiftungsstatuten sei ursprünglich von Herrn SR3 (Stiftungsrat bei der E Stiftung und Stiftungsvorstand bei der A Privatstiftung) vorgenommen worden.
Aufgrund des schlechten körperlichen Zustandes habe der Sachwalter von Frau Bf1 im Zuge persönlicher Gespräche betreffend ihrer Vermögensverhältnisse nur sehr eingeschränkt Auskünfte erhalten können.
Frau Bf1 habe auch eine Jagd (Wert ca. 3,4 Mio €) verpachtet sowie über Festgeld bei der Bank Austria (ca. 2,1 Mio €) verfügt.
Betreffend die E Stiftung gebe der Sachwalter an, dass er zwar versucht habe Gelder (als Pflegeunterstützung) für Frau Bf1 zu bekommen, die Anträge hierzu allerdings von den Stiftungsräten abgelehnt worden seien, da behauptet worden sei, dass Frau Bf1 diesbezüglich keine Rechte gehabt habe.
Auch sei die Bezahlung einer Abgabenvorschreibung i.H.v. ca. 2 Mio € seitens der Stiftung abgelehnt worden, weshalb der Betrag aus ihrem Privatvermögen bezahlt habe werden müssen.
Der Sachwalter habe den Eindruck gewonnen, dass die Rechtlosigkeit von Frau Bf1 von ihren „Beratern“ bewusst so konstruiert worden sei, da die Statuten keinerlei Widerrufsrechte noch sonstige Rechte für Frau Bf1 vorgesehen hätten.
Der Stiftungsrat habe nur jene als Begünstigte angesehen, die auch von diesem als solche anerkannt worden seien – Frau Bf1 habe demnach nicht dazu gehört, da auch gerichtliche Interventionen in Liechtenstein keinen Erfolg gebracht hätten.
Dadurch sei Frau Bf1 ein Großteil des Vermögens durch ihre „Berater“ entzogen worden. Auch dem Sachwalter von Frau Bf1 seien dadurch sämtliche Dispositionsmöglichkeiten über das Vermögen genommen worden, insbesondere da er über keinen Mandatsvertrag bzw. Treuhandvertrag betreffend die E Stiftung verfügt habe.
Weiters sei die Liegenschaft in Wien (= Wohnadresse von Frau Bf1), in die A Privatstiftung von Bf1 eingebracht worden, obwohl diese zu diesem Zeitpunkt nach Ansicht des Sachwalters nicht mehr geschäftsfähig gewesen sei. Ein zugrundeliegendes Gutachten hätte zwar von einer allgemeinen Geschäftsunfähigkeit von Frau Bf1 gesprochen, nur für diese spezielle Einbringung habe lt. Gutachten keine Geschäftsunfähigkeit bestanden (Begründung: Frau Bf1 habe dort gelebt und es seien ihr deshalb die näheren Umstände stets bekannt und bewusst gewesen!).
Nach der Zeugeneinvernahme und dem nochmaligen Hinweis auf die beiden bereits zum gegenständlichen Beschwerdefall ergangenen höchstgerichtlichen Rechtsprechungen, insbesondere dass Zustimmungsrechte nicht ausreichend seien um über das Stiftungsvermögen gleich einem wirtschaftlichen Eigentümer verfügen zu können, halte dennoch die belangte Behörde ihre Ansicht aufrecht, dass die Erträge der E Stiftung Frau Bf1 als „wirtschaftliche Eigentümerin“ in den Streitjahren 2000 bis 2007 zuzurechnen seien und verwies auf die bisherigen Schriftsätze.
Ebenso wie der Sachwalter RA R habe auch die steuerliche Vertretung bei der liechtensteinischen E Stiftung kein „Informationsrecht“ gehabt und habe deshalb nur jene Unterlagen vorlegen können, die sie vom Stiftungsrat erhalten habe. Belege und Unterlagen betreffend die Kuren und die Zuwendungen lt. Selbstanzeige vom 28. März 2008 hätten deshalb nicht vorgelegt werden können.
Nach Ansicht der steuerlichen Vertretung habe Frau Bf1 eindeutig keinerlei Dispositionsmöglichkeiten der E Stiftung gegenüber gehabt, weshalb die strittigen Einkünfte aus den Erträgnissen der E Stiftung dieser selbst zuzurechnen seien und nicht Frau Bf1.
Das Bundesfinanzgericht hat nach mündlicher Senatsverhandlung über die Beschwerde erwogen:
ad Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2000 bis 2006 (Bescheide vom 11. Mai 2009):
Eine Wiederaufnahme von Amts wegen ist gem. § 303 Abs. 4 BAO in der Fassung vor dem FVwGG 2012, BGBl. I Nr. 14/2013, unter den Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a und c und in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Die Entscheidung über die Wiederaufnahme des Verfahrens steht gem. § 305 Abs. 1 BAO in der angeführten Fassung der Abgabenbehörde zu, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat.
Welche gesetzlichen Wiederaufnahmegründe durch einen konkreten Sachverhalt als verwirklicht angesehen und daher als solche herangezogen werden, bestimmt bei der Wiederaufnahme von Amts wegen die gem. § 305 Abs. 1 BAO zuständige Behörde.
Nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung ist in solchen Fällen (Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen) zu prüfen, ob dieses Verfahren aus den vom Finanzamt gebrauchten Gründen wieder aufgenommen werden durfte, nicht jedoch, ob die Wiederaufnahme auch aus anderen Wiederaufnahmegründen zulässig gewesen wäre.
Im gegenständlichen Fall hat das Finanzamt die o.a. bekämpften Wiederaufnahmebescheide mit einem Verweis auf den Prüfungsbericht (vom 5. Mai 2009) begründet.
Grundsätzlich ist ein derartiger Verweis zulässig; im gegenständlichen Prüfungsbericht vom 5. Mai 2009 wurde aber unter dem Punkt „Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 Abs. 4 BAO“ festgehalten, dass keine Feststellungen getroffen wurden, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 Abs. 4 erforderlich machen würden.
Dabei handelt es sich nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes um ein bloßes und als solches aufgrund der Ausführungen in den Textziffern 1 und 2 des Bp-Berichtes vom 5. Mai 2009 (mit Verweis auf die Schlussbesprechung vom 4. Mai 2009) erkennbares Schreibversehen.
Wie bereits in der Berufungsentscheidung vom 24. Jänner 2012 ausführlich dargestellt wurde, wird in der Niederschrift über die Schlussbesprechung gem. § 149 Abs. 1 BAO wie folgt festgehalten:
„Festsetzungszeitraum 2000 bis 2007, da Vorsatz.
E Stiftung transparent.
Einkünfte aus Kapitalvermögen werden Frau Bf1 zugerechnet.“
Frau Bf1 hat am 28. März 2008 eine Selbstanzeige betreffend die unterlassene Versteuerung der o.a. erhaltenen Zuwendungen in den Streitjahren 2000 bis 2005 eingebracht.
Dem für die Erhebung der Einkommensteuer zuständigen Finanzamt ist somit die Tatsache der Zuwendungen an Frau Bf1 durch die E Stiftung (jeweils stammend aus den erwirtschafteten Erträgen der E Stiftung) dem Grunde wie der Höhe nach vor der Erlassung der Einkommensteuer-Erstbescheide für die Jahre 2000 bis 2005 nicht bekannt gewesen.
Ob und gegebenenfalls wann dem für die Erhebung der Körperschaftsteuer bei der österreichischen C-Privatstiftung zuständigen Finanzamt für Körperschaften Wien (nunmehr Finanzamt Wien 1/23) oder dem für die Erhebung der Stiftungseingangssteuer bei genannter Privatstiftung zuständigen Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien der Umstand bekannt wurde, dass die diesbezügliche Mitstifterin (= Frau Bf1) auch alleinige bzw. Erstbegünstigte und wirtschaftlich Berechtigte der E Stiftung ist, wäre nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH aus Sicht des zur Einkommensteuer veranlagenden Finanzamtes für dessen verfahrensrechtlich maßgeblichen Wissenshorizont und Kenntnisstand nur bzw. erst dann relevant, wenn diese Umstände dem die Veranlagung zur Einkommensteuer durchführenden Organ auf irgendeine Weise bekannt geworden wären; dafür bieten aber die beim Bescheid erlassenden Finanzamt geführten Akten keinen Anhaltspunkt.
Die Würdigung der neu hervorgekommenen Zurechnungsgründe (Transparenz, Vorsatz), die in einer Erfassung sämtlicher in Betracht kommender Stiftungserträge (= inkl. der Zuwendungen lt. Selbstanzeige vom 28. März 2008) mündeten, ergab das für eine Wiederaufnahme im Ermessen hinreichende Ergebnis.
Auch die Wiederaufnahme betreffend Einkommensteuer 2006 ist mit der Zurechnung des Stiftungsvermögens der E Stiftung an Frau Bf1 und mit dem neuen Hervorkommen dieses Umstandes vor Erlassung des Erstbescheides vom 13. November 2007 hinreichend begründet.
Die Stellung von Frau Bf1 innerhalb bzw. gegenüber der E Stiftung war dem Einkommensteuer-Finanzamt auch bei Erlassung des Erstbescheides betreffend Einkommensteuer für 2006 unbekannt.
Im gegenständlichen Fall ist somit dem Einkommensteuer-Finanzamt die Tatsache, dass Bf1 Einkünfte aus der E Stiftung zugeflossen sind, erst durch die Selbstanzeige vom 28. März 2008 bekannt geworden und sind daher Tatsachen iSd § 303 Abs. 1 lit. b BAO neu hervorgekommen und dadurch die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens erfüllt.
ad Einwand der Verjährung:
Gemäß § 207 Abs. 1 BAO unterliegt das Recht, eine Abgabe festzusetzen, nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung.
Die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 207 Abs. 2 leg.cit. bei Verbrauchsteuern drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre.
Soweit eine Abgabe hinterzogen ist, beträgt die Verjährungsfrist sieben Jahre (betrifft die Streitjahre 2000 bis 2002) bzw. zehn Jahre (betrifft die Streitjahre ab inkl. 2003).
Sofern die Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmen, sind gemäß § 116 Abs. 1 BAO die Abgabenbehörden berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen (§§ 21 und 22 leg cit) und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen.
Die Abgabenbehörde ist daher berechtigt, im Hinblick auf die ihr zukommende Beurteilung ob für die Streitjahre 2000 und 2001 die siebenjährige Verjährungsfrist des § 207 Abs. 2 zweiter Satz BAO Anwendung zu finden hat, die Frage ob Bf1 Abgaben verkürzt hat, als Vorfrage, in Ansehung des im Abgabenverfahren gebotenen Grundsatzes der freien Beweiswürdigung, eigenständig zu entscheiden.
Dabei genügt es - nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes – von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt, (vgl. u.a. VwGH 25.4.1996, 95/16/0244, 19.2.2002, 98/14/0213, 9.9.2004, 99/15/0250).
Die Abgabenbehörde muss, wenn die Partei eine für sie nachteilige Tatsache bestreitet, den Bestand dieser Tatsache nicht "im naturwissenschaftlichen-mathematisch exakten Sinn" nachweisen (VwGH 23.2.1994, 92/15/0159).
Gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.
Eine Abgabenverkürzung nach § 33 Abs. 1 leg.cit. ist bewirkt, wenn Abgaben, die bescheidmäßig festzusetzen sind, zu niedrig festgesetzt wurden oder infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches mit dem Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist (Anmeldefrist, Anzeigefrist) nicht festgesetzt werden konnten.
Der Tatbestand der Abgabenhinterziehung besteht aus zwei Seiten, einer objektiven und einer subjektiven Tatseite.
Die objektive Tatseite des § 33 Abs. 1 iVm Abs. 3 lit. b FinStrG ist im Beschwerdefall jedenfalls erfüllt: Frau Bf1 hat unter Verletzung der ihr obliegenden abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht nach § 119 BAO durch das Nichterklären von Einkünften eine Verkürzung an Einkommensteuer bewirkt.
Zu prüfen ist weiters, ob auch die subjektive Tatseite, der Vorsatz, gegeben ist.
Es werden drei Arten von Vorsatz unterschieden,
- Absicht,
- Wissentlichkeit (dolus principialis) und
- bedingter Vorsatz (dolus eventualis).
Im Falle der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG genügt der bedingte Vorsatz.
Bedingter Vorsatz liegt bereits dann vor, wenn der Täter die Verwirklichung eines Sachverhaltes, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht, ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet (§ 8 Abs. 1 FinStrG).
Voraussetzung für die Annahme eines bedingten Vorsatzes ist nicht ein Wissen um eine Tatsache oder um eine Wahrscheinlichkeit im Sinne eines Überwiegens der dafür sprechenden Momente, sondern es genügt das Wissen um die Möglichkeit (VwGH 21.12.2000, 97/16/0404).
Im Schriftsatz vom 16. November 2009 wird eingewendet, dass das Finanzamt keine nachprüfbaren Feststellungen zum Vorliegen einer Abgabenhinterziehung getroffen habe (der „Zugang zu Beratern sei noch keine Begründung für vorsätzliches Handeln“).
Wie bereits im BFG-Erkenntnis vom 16. Dezember 2016 u.a. ausführlich dargestellt wurde, ist nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes von zumindest bedingtem Vorsatz auszugehen, da Frau Bf1 ihre wahre Stellung in der E Stiftung sowohl gegenüber den österreichischen Abgabenbehörden als auch gegenüber ihrem steuerlichen Vertreter (steuerliche Vertretung bestand seit 8. Jänner 1992) verheimlichte, in dem sie in den o.a. Streitjahren unvollständige (= ohne Angabe der durch die E Stiftung erhaltenen o.a. Zuwendungen) Einkommensteuererklärungen legte.
Entgegen den Berufungsausführungen wurde daher die Vorfrage der Abgabenhinterziehung, insbesondere auch der (für die Annahme hinterzogener Abgaben) erforderliche Vorsatz in der Niederschrift vom 5. April 2009, auf die in den angefochtenen Wiederaufnahmebescheiden ausdrücklich verwiesen wird, festgestellt.
Auch liegt nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes kein entschuldbarer Rechtsirrtum vor, weil Frau Bf1 bei Anwendung der nach ihren Verhältnissen erforderlichen Sorgfaltspflicht entsprechende Erkundigungen hinsichtlich der Aufnahme der ausländischen Kapitaleinkünfte in die Einkommensteuererklärung einholen hätte müssen, zumal ihr grundsätzlich die Steuerpflicht ausländischer Kapitaleinkünfte allein schon aufgrund der Verwendung der amtlichen Vordrucke E 1 bei der Erstellung ihrer Einkommensteuererklärung klar sein musste.
Für die Beurteilung der Abgabenhinterziehungsabsicht ist daher von wesentlicher Bedeutung, dass Frau Bf1 weder Stiftungseinkünfte noch Schenkungssteuer erklärt und abgeführt hat und somit für jeden Fall ihrer abgabenrechtlichen Würdigung die entsprechende abgabenrechtliche Konsequenz unterlassen hat.
Auch wenn seitens von Bf1 versucht wird im Verwaltungsverfahren die Beweggründe für die Veranlagung des Familienvermögens in Liechtenstein plausibel zu machen, so darf doch der internationale Bekanntheitsgrad des Fürstentums Liechtenstein als „Steueroase“, der letztlich dazu geführt hat, dass Stiftungen mit Sitz in Liechtenstein primär für Zwecke der Steuerhinterziehung verwendet werden (vgl. Toifl, SWI 1998, 368), in diesem Zusammenhang nicht unberücksichtigt bleiben. Sogar der VwGH hat in ständiger Rechtsprechung ausdrücklich
auf den „notorischen Steueroasenstatus“ Liechtensteins hingewiesen (vgl. Pröll, ÖStZ 2009/1056, 524 und die darin zitierte Judikatur).
Die Selbstanzeige erfolgte zudem erst im Zusammenhang mit dem Bekanntwerden
der sogenannten Daten-CD-Affäre.
Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse gelangt das Bundesfinanzgericht somit in freier Beweiswürdigung zu der Auffassung, dass zumindest vom Vorliegen eines bedingten Vorsatzes hinsichtlich der Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht und der Bewirkung einer Abgabenverkürzung im Sinne des § 33 Abs. 1 iVm Abs. 3 lit. b FinStrG ausgegangen werden muss, dh. dass Frau Bf1 diese Verletzung und die dadurch bewirkte Abgabenverkürzung jedenfalls ernstlich für möglich gehalten und in Kauf genommen hat.
Da somit der Hinterziehungstatbestand des § 207 Abs. 2 BAO hinsichtlich der Einkommensteuer für die Jahre 2000 und 2001 zu bejahen ist, kommt die siebenjährige Verjährungsfrist zur Anwendung.
Das Finanzamt hat daher die Wiederaufnahme der Einkommensteuer für die Jahre 2000 und 2001 zu Recht verfügt.
Da mit 4. September 2008 eine nach außen erkennbare Amtshandlung (= Erteilung des Prüfungsauftrages) gesetzt wurde, war für die Streitjahre ab inkl. 2002 (5 Jahre + 1 Verlängerungsjahr = verjährt mit Ablauf 31. Dezember 2008) die Prüfung einer verlängerten Verjährungsfrist entbehrlich.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
ad Sachbescheide betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2000 bis 2007 (Bescheide vom 11. Mai 2009):
Gem. den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 25.2.2015, 2011/13/0003, ist die steuerrechtliche Frage, wem das Einkommen bzw. Einkünfte oder Einnahmen zuzurechnen sind (§ 2 Abs. 1 EStG 1988), in erster Linie nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu entscheiden.
Entscheidend ist, ob das Zurechnungssubjekt über die Einkunftsquelle verfügt, also wirtschaftlich über diese disponieren und so die Art ihrer Nutzung bestimmen kann.
Für Zwecke der Einkünftezurechnung ist nicht zwischen In- und Auslandssachverhalten zu unterscheiden.
Die Frage, ob Einkünfte einer in Liechtenstein ansässigen Stiftung oder aber den Stiftern oder den Begünstigten zuzurechnen sind, ist nach den dafür maßgeblichen Grundsätzen des österreichischen Rechts zu beurteilen.
Einkünfte aus Kapitalvermögen sind demjenigen zuzurechnen, dem die Befugnis oder auch nur die faktische Möglichkeit zur entgeltlichen Nutzung der fraglichen Wirtschaftsgüter zukommt.
Strittig ist die Zurechnung von Einkünften aus dem Stiftungsvermögen der E Stiftung in den Streitjahren 2000 bis 2007 an Frau Bf1 und der sich daraus ergebenden Steuer.
Folgender Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen und der Entscheidung zu Grunde gelegt:
Herr A (geb. 3. Dezember 1910, verst. 24. Mai 1991; Ehegatte von Bf1, geb. 29. August 1920 und verst. 10. Jänner 2015) gründete am 5. August 1982 lt. Stiftungsstatut die liechtensteinische E Stiftung mit Sitz in Vaduz und einem gewidmeten Stiftungskapital von 250.000 SFR ohne Mandatsvertrag.
Diese Stiftungsgründung hat der Stifter der österreichischen Abgabenbehörde zeitlebens verschwiegen.
Aufgrund der im Jahre 2008 aufgedeckten deutsch-liechtensteinischen Steueraffäre, im Zuge der eine Daten-CD (auf der sich auch mehrere Steuerhinterzieher aus Österreich befunden haben) aus Liechtenstein dem deutschen Bundesnachrichtendienst zugespielt wurde, erstattete auch Frau Bf1 am 28. März 2008 gem. § 29 FinStrG Selbstanzeige, worin u.a. festgehalten wurde, dass sie in den Streitjahren 2000 bis inkl. 2005 Zuwendungen in der o.a. Höhe erhalten habe.
Oberstes Entscheidungsorgan der Stiftung war und ist der Stiftungsrat, der das Stiftungsvermögen gem. den Bestimmungen des § 5 der Statuten vom 5. August 1982 in Wertpapiere bzw. in Anteilen an Gesellschaften investiert hat und die gesamte Verfügungsgewalt über das Vermögen der E Stiftung innegehabt hat (= wirtschaftliches Eigentum; siehe dazu auch die diesbezüglichen niederschriftlichen Aussagen des RA R vom 20. November 2018).
Der Stifter selbst bzw. seine Rechtsnachfolgerin hatte keinen klagbaren Rechtsanspruch auf etwaige Stiftungsbegünstigungen (vgl. Schreiben der Handelsbank N.W. vom 2. August 1982 sowie § 11 der Statuten vom 5. August 1982). In den Statuten bzw. Beistatuten bzw. Reglement „a“ und Reglement „a2“ verblieben dem Stifter bzw. seiner Rechtsnachfolgerin lediglich unbeachtliche Zustimmungsrechte.
Die Begünstigten verfügten ab Gründungszeitpunkt über keinerlei Weisungsrechte oder Ansprüche gegen die Stiftung (= keinerlei Verfügungsgewalt mehr über das Vermögen der E Stiftung).
Auch ein Gerichtsverfahren in Liechtenstein betreffend eines Informationsanspruches von Frau Bf1 verlief negativ. Selbst dem Sachwalter von Frau Bf1 war ein Zugang zum Stiftungsvermögen verwehrt (keine Unterstützung betreffend Pflege und Steuerzahlungen seitens der E Stiftung).
Wie auch der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. VwGH vom 25.4.2018, Ro 2017/13/0004) betreffend „Zurechnung von Kapitaleinkünften liechtensteinischer Stiftungen“ festhält, kommt es als maßgeblicher Gesichtspunkt für die Zurechnung der Einkünfte weder auf eine „Transparenz“ oder „Intransparenz“ des liechtensteinischen Gebildes noch auf die Entscheidungsbefugnisse des Stifters oder Begünstigten an, sondern entscheidend ist, wem das „wirtschaftliche Eigentum“ am Kapitalvermögen der Stiftung zusteht.
Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes steht im gegenständlichen Fall das „wirtschaftliche Eigentum“ am Kapitalvermögen der E Stiftung nach Prüfung der umfangreichen vorgelegten Akten und Einvernahme des ehemaligen Sachwalters von Frau Bf1 aus folgenden Gründen der „E Stiftung“ zu:
- Frau Bf1 hatte lt. den vorliegenden Statuten und Gründungsschriftsatz vom 2. August 1982 zu keiner Zeit die Möglichkeit, gleich einem wirtschaftlichen Eigentümer, auf das Stiftungsvermögen zuzugreifen und darüber nach eigenem Gutdünken zu disponieren oder etwa die Stiftung wieder aufzulösen.
- Im gesamten bisherigen Verwaltungsverfahren, wurde zwar eine Weisungsmöglichkeit der Frau Bf1 gegenüber der E Stiftung seitens der Abgabenbehörde behauptet, die aber nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes letztlich nicht mehr als ein bloßes und lt. höchstgerichtlicher Rechtsprechung unschädliches „Zustimmungsrecht“ war (VwGH vom 25.4.2018, Ro 2017/13/0004).
- Auch die gelegentliche Teilnahme an den Sitzungen des Stiftungsrates von Frau Bf1 ist kein ausreichender Hinweis für die trotz fehlendem Mandatsvertrag von der belangten Behörde stets behauptete Transparenz (= Stifter bleibt wirtschaftlicher Eigentümer des Stiftungsvermögens, da er das Stiftungsvermögen nur quasi treuhändig übergeben hat) der gegenständlichen Stiftung.
- Somit hat die belangte Behörde bis dato nicht nachweisen oder glaubhaft machen können, dass Frau Bf1 als Begünstigte, tatsächlich wie über ein „treuhändig verwaltetes Bankkonto/Bankdepot“ die Dispositionsbefugnis hinsichtlich der o.a. strittigen Einkünfte zugekommen ist.
- Eine Treuhandgründung betrifft nur das „Errichtungsgeschäft“ einer Stiftung, dass sich daraus auch ein Aufschluss über ein beabsichtigtes Weisungsrecht (etwa in Form eines Mandatsvertrags) des Stifters in Bezug auf die laufende Verwaltung des Stiftungsvermögens sowie eines uneingeschränkten wirtschaftlichen Eigentums der Frau Bf1 ergeben hat, kann den vorgelegten Schriftsätzen und Unterlagen sowie den angefochtenen Bescheiden nicht entnommen werden.
- Das Bundesfinanzgericht kann darüber hinaus nicht erkennen, dass die diversen „Zustimmungsbestimmungen“ in den Statuten etc. ein rechtliches Instrumentarium darstellen, die einer „Letztentscheidungskompetenz“ oder Widerspruchsrechten von Frau Bf1 gleich kommen.
Zusammenfassend ist es für das Bundesfinanzgericht als erwiesen, dass Frau Bf1 in den Streitjahren keinerlei Dispositionsbefugnis hinsichtlich dem gesamten Stiftungsvermögen und insbesondere der o.a. strittigen Einkünfte hatte. Dies ergibt sich zum einen aus den niederschriftlichen Aussagen des RA R vom 20. November 2018, wo durch den Stiftungsvorstand veranlasste abändernde Regelungen in den E Stiftungsstatuten Frau Bf1 um den Zugriff auf das Stiftungsvermögen gebracht wurde, obwohl sie lt. Beistatut zeitlebens alleinige Begünstigte der E Stiftung „a“ sein sollte.
Zum anderen hatte Frau Bf1 aufgrund der nach dem Tod von A vom Stiftungsrat (dem sie zu keiner Zeit als Mitglied angehörte) geänderten Statuten, in den Streitjahren keinerlei Weisungsrechte gleich einem wirtschaftlichen Eigentümer und auch somit keine Machtbefugnis, den Stiftungsrat aus Eigenem abzuberufen oder etwa mittels eines Mandatsvertrages dem Stiftungsrat Weisungen zu erteilen und somit hatte sie letztlich keine Möglichkeit auf das Stiftungsvermögen zuzugreifen oder gar die Stiftung wieder aufzulösen.
Die E Stiftung verfügte somit über eine eigene Rechtspersönlichkeit (vgl. Amtsbestätigung des liechtensteinischen Grund- und Öffentlichkeitsregisteramts vom 18. Jänner 1994), über ein vom Stifter unwiderruflich getrenntes Vermögen (lt. Stiftungsurkunden – Gegenteiliges wurde seitens der Abgabenbehörde nicht nachgewiesen oder glaubhaft gemacht) und über eine vom Stifter getrennte Stiftungsleitung ( Frau Bf1 hatte zu keiner Zeit eine Stellung im Stiftungsrat; sie hatte bloß unbeachtliche Zustimmungs- aber keine Weisungsrechte).
Der Stiftungsrat agierte stets unabhängig, da keiner der Stiftungsräte ein verwandtschaftliches Verhältnis zum Stifter bzw. Begünstigten gehabt hat (Gegenteiliges wurde seitens der Abgabenbehörde weder behauptet noch nachgewiesen).
Aufgrund der o.a. nicht in Zweifel gezogenen Stiftungsmerkmale und da die Kontroll- und Entscheidungsbefugnisse gleich einer wirtschaftlichen Eigentümerin seitens der Abgabenbehörde bis dato bloß behauptet, jedoch nicht konkret nachgewiesen (z.B. durch konkrete Zahlungsanweisungen der Frau Bf1 an die depotführende Bank etc.) werden konnten (wäre auch lt. Stiftungsstatut zumindest rechtlich nicht möglich gewesen, vgl. § 11 der Statuten 1982 sowie § 10.2 der Statuten 2002), erfolgte die Zurechnung der Stiftungserträge in den o.a. Streitjahren an Frau Bf1 mit Bescheiden vom 11. Mai 2009 nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes daher zu Unrecht.
Einzig die lt. Selbstanzeige vom 28. März 2008 offengelegten o.a. Zuwendungen in den Jahren 2000 bis 2005 waren einer Besteuerung zu unterziehen (siehe beiliegende Berechnungsblätter).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision:
Gegen das Erkenntnis des BFG wird gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG iVm § 25a Abs. 1 VwGG eine ordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof zugelassen, da es zum liechtensteinischen Stiftungsrecht und den Einflussmöglichkeiten der Stiftungsorgane im Hinblick auf die zugesicherten Rechte der Begünstigten keine umfassende Rechtsprechung gibt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am 10. Jänner 2019
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 303 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte: | Liechtenstein, Stiftung, Zuwendung, Erstbegünstigte, Hinterziehung, Wiederaufnahme, Verjährung, transparent, intransparent, wirtschaftliches Eigentum, Sachwalter, Berechnungsblatt, Stiftungserträge, Zustimmung, Weisung |
Verweise: |