VwGH 2012/13/0033

VwGH2012/13/003325.3.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn sowie Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas-Hutchinson, über die Beschwerde der T in W, vertreten durch Mag. Axel Bauer, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Favoritenstraße 26/6, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 24. Jänner 2012, Zl. RV/0674-W/10, miterledigt RV/673-W/10, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens bezüglich Einkommensteuer für die Jahre 2000 bis 2006 und Einkommensteuer für die Jahre 2000 bis 2007, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §24 Abs1 litd;
EStG §2 Abs1;
BAO §24 Abs1 litd;
EStG §2 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1.326,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Bericht vom 5. Mai 2009 über das Ergebnis einer Außenprüfung (Prüfungszeitraum u.a. Einkommensteuer 2000 bis 2007) wird unter Tz. 2 betreffend "Einkünfte aus Kapitalvermögen" ausgeführt, eine (näher bezeichnete) liechtensteinische Stiftung (im Folgenden auch: Stiftung-FL) sei als so genannte transparente Stiftung anzusehen. Die Beschwerdeführerin sei (als Erbin nach ihrem verstorbenen Ehemann) alleinige Begünstigte bzw. "nach Statuten-Änderung Erstbegünstigte". Die Begünstigung sei uneingeschränkt und umfasse das gesamte Stiftungsvermögen, die Erträgnisse daraus sowie ein allfälliges Liquidationsergebnis. Die Behauptung, dass die Stiftung ohne Mandatsvertrag verwaltet werde, also selbst handlungsfähig gewesen sei (Ermessensstiftung), habe nicht nachgewiesen werden können. Aber selbst wenn tatsächlich kein Mandatsvertrag vorliegen sollte, sei dies kein Indiz für die Intransparenz, weil die "wirtschaftliche Stifterin" und Begünstigte trotzdem Einfluss auf die Stiftung genommen habe (kontrollierte Stiftung). So habe die Beschwerdeführerin regelmäßig an den Sitzungen des Stiftungsrates teilgenommen. Das "Beistatut" oder sämtliche Reglements könnten mit Zustimmung der Beschwerdeführerin jederzeit ganz oder teilweise aufgehoben, abgeändert oder ergänzt werden. Die Befugnisse des Stiftungsrates seien im Beistatut mit der Einschränkung, "wenn nicht an anderer Stelle etwas anderes geregelt ist", festgelegt. Dies lasse "die Vermutung offen", dass ein Beirat existiere, welcher mit einem Vetorecht gegen den Stiftungsrat ausgestattet sei. Die Jahresabschlüsse würden von der Beschwerdeführerin unterzeichnet. Die Beschwerdeführerin sei "die alleinige wirtschaftlich berechtigte Person, und kann somit über das Stiftungsvermögen uneingeschränkt verfügen". Im Fall einer intransparenten Stiftung wäre die Stiftung selbst als juristische Person nach liechtensteinischem Recht wirtschaftlich berechtigt. Der quantitative und qualitative Umfang der Arbeiten des Stiftungsrates sowie die hohe Anzahl der Stiftungsratsmitglieder resultierten aus der mangelnden Erfahrung der Beschwerdeführerin. Nach dem Ableben ihres Ehemannes, des ursprünglichen Stifters, sei es notwendig gewesen, in vermögensrechtlichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten qualifizierte Vertreter anzustellen, welche auch angemessene Honorare erhalten hätten. Aus der umfangreichen Tätigkeit des Stiftungsrates könne jedenfalls keine Intransparenz der Stiftung abgeleitet werden, weil "die Stifterin zu jeder Zeit die Verfügungsmacht über das Vermögen hatte und der Stiftungsrat lediglich ausführendes Organ des Stifterwillens war und ist". Die Widmungen der liechtensteinischen Stiftung an eine österreichische Privatstiftung zeigten weiters deutlich den Einfluss der Beschwerdeführerin auf die liechtensteinische Stiftung. Die Beschwerdeführerin sei selbst zum größten Teil Stifterin der österreichischen Privatstiftung und auch eine der Begünstigten. Daraus folge, dass die Beschwerdeführerin selbst veranlasst habe, die Widmungen aus dem Vermögen der liechtensteinischen Stiftung durchzuführen, um die neu gegründete österreichische Privatstiftung zu stärken.

Die liechtensteinische Stiftung sei als ausländische Basisgesellschaft nicht mit österreichischen Kapitalgesellschaften vergleichbar. In Ermangelung eines Geschäftsbetriebes handle es sich um eine "funktionslose Gesellschaft, welcher selbst keine Einkünfte zuzurechnen sind". Die Tatsache, dass die liechtensteinische Stiftung nicht im EU-Gemeinschaftsgebiet, sondern in der Steueroase Liechtenstein errichtet worden sei, lasse "sehr wohl auf Missbrauch von Formen und Gestalten schließen, da mit Liechtenstein keine umfassende Amts- u. Vollstreckungshilfe besteht". Unter Anwendung der "typisierenden Betrachtungsweise (Erfahrungen des allgemeinen wirtschaftlichen Verkehrs)" sei bei Betrachtung des Stiftungszweckes, nämlich der Förderung der Begünstigten, "der eigentliche Geschäftszweig zu erkennen". Die Zurechnung der Einkünfte an die Beschwerdeführerin sei "eindeutig". Die Zuwendungen an gemeinnützige Organisationen seien als Einkommens- bzw. Vermögensverwendung "der Stifterin und Eigentümerin" anzusehen. Die in der Beilage angeführten Einkünfte seien der Beschwerdeführerin zuzurechnen und im Zuge der Einkommensteuerveranlagung festzusetzen.

Zum "Festsetzungszeitraum" hält der Prüfungsbericht unter Tz. 1 fest, dieser beginne mit dem Jahr 2000, weil die Finanzbehörde vom "Vorsatz einer Abgabenhinterziehung" ausgehe, weshalb die Verjährung der Abgabenfestsetzung erst für Zeiträume vor dem Jahr 2000 anzuwenden sei. Die Argumentation der Beschwerdeführerin, wonach diese "nichts über die Angelegenheiten der Stiftung wußte und sich auch um nichts diesbezügliche kümmerte, schließe den Vorsatz in keinster Weise aus". Vielmehr sei die Beschwerdeführerin auf Grund ihres Vermögens sehr wohl in der Lage gewesen, "sich rechtlich und wirtschaftlich in sämtlichen Angelegenheiten optimal beraten und vertreten zu lassen, was wiederum für die vorsätzliche Abgabenhinterziehung spricht".

Der gegen die auf der Grundlage des Prüfungsberichtes ergangenen Wiederaufnahme- und Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre erhobenen Berufung gab die belangte Behörde nach Durchführung einer Berufungsverhandlung mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge.

Die Beschwerdeführerin sei seit 1991 (dem Tod ihres Ehemannes) alleinige Begünstigte bzw. seit 30. Jänner 2002 (Erlassung eines neuen Beistatutes) Erst-Begünstigte der vom Ehemann im Jahr 1982 gegründeten und bis 1991 nur von ihm dotierten Stiftung-FL. Die Beschwerdeführerin sei Alleinerbin nach dem Stifter. Auf einer von Deutschland an Österreich übermittelten CD "betreffend in Liechtenstein gehaltenes Kapitalvermögen inländischer Steuerpflichtiger - worüber 2008 in Medien des In- und Auslandes unter dem Titel 'Datenklau' breit berichtet" worden sei - scheine, wie sich jedenfalls vor dem 30. Mai 2008 herausgestellt habe (siehe dazu ein im Prüfer-Arbeitsbogen abgelegtes Schreiben der Steuerfahndung vom 9. Juni 2008), u. a. der Name der Beschwerdeführerin auf. Noch vor Bekanntwerden dieser Tatsache (und vor Aufdeckung des gestifteten Vermögens und der daraus erzielten Erträge durch die Abgabenbehörde) habe die Beschwerdeführerin am 28. März 2008 hinsichtlich Einkommensteuer "aus Gründen der Vorsicht" - offenbar in Kenntnis der Medienberichte - eine Selbstanzeige nach § 29 FinStrG erstattet, welche bestimmte Vorteile, die ihr aus der Stiftung "satzungsgemäß" zugewendet worden seien, zum Gegenstand gehabt habe. Dabei habe es sich ihren Angaben zufolge im Wesentlichen um von der Stiftung-FL übernommene Kosten diverser Kuraufenthalte außerhalb Österreichs gehandelt. Dass das Stiftungsvermögen und dessen Erträge der Beschwerdeführerin zurechenbar seien, habe sie in Abrede gestellt. Materiell strittig sei die in den bekämpften Sachbescheiden des Finanzamtes vorgenommene Zurechnung der in unstrittiger Höhe und Zusammensetzung ermittelten Stiftungserträge an die Beschwerdeführerin.

Nach einer Wiedergabe der Selbstanzeige wird im angefochtenen Bescheid der Inhalt des Prüfungsberichtes vom 5. Mai 2009 referiert. Sodann wird der Gang des Berufungsverfahrens dargestellt und nach einer Wiedergabe der Vorbringen in der Berufungsverhandlung wird im Erwägungsteil zur "Zurechnung des Stiftungsvermögens an die (Beschwerdeführerin)" Folgendes ausgeführt:

Das Vermögen der liechtensteinischen Stiftung und die daraus erwirtschafteten Erträge seien der Beschwerdeführerin seit dem Erbgang im Jahr 1991 zuzurechnen. Der als Stiftungsorgan handelnde Stiftungsrat habe gemäß den Sorgfaltspflichtvereinbarungen 1977 bzw. 1991 sowie gemäß den Vorschriften des liechtensteinischen Sorgfaltspflichtgesetzes 1996 dem "Finanzintermediär", der das Stiftungsvermögen im Zusammenwirken mit dem Stiftungsrat verwalte, bekannt gegeben, dass (nur) die Beschwerdeführerin als Rechtsnachfolgerin des Stifters die am Stiftungsvermögen "wirtschaftlich berechtigte Person" sei. Der Stiftungsrat habe diese im Sorgfaltspflichtakt als "Feststellung der wirtschaftlich berechtigten Person" vermerkte Auskunft auf der festgehaltenen Grundlage "gem. Beistatuten" erteilt. Als wirtschaftlich berechtigt im Sinne dieses Gesetzes seien jene Personen anzusehen, welche Begünstigte der in Frage stehenden Vermögenswerte seien. Wären im Beschwerdefall andere natürliche oder juristische Personen ("etwa die Stiftung selbst") wirtschaftlich berechtigt, so wären diese dem Intermediär bekannt zu geben und im Profil des Sorgfaltspflichtaktes zu vermerken gewesen. Das Fürstentum Liechtenstein habe sich aus innerstaatlichen rechtspolitischen Erwägungen (um die drohende Steuerflucht der eigenen Bürger in die Rechtsform der intransparenten Stiftung abzuwenden) und aus verfassungsrechtlichen Bedenken gezwungen gesehen, die Identifizierung der wirtschaftlich berechtigten Person im Sinne des bisherigen Normengefüges (PGR 1926, Art. 552) und der jeweils geltenden Sorgfaltspflichtvereinbarung zwischen den Banken und der Regierung des Fürstentums Liechtenstein betreffend das Institut der liechtensteinischen Stiftung gleichlautend im Gesetz anzuordnen und ergänzend umfangreiche Dokumentationspflichten zu erlassen, ohne dass sich am Begriffsinhalt etwas geändert hätte:

"§ 18 ('3. Reglemente') des neu gefassten Art. 552 PGR vom 26. Juni 2008 sieht wie schon § 18 des Art. 552 PGR 1926 vor, dass vom Stifter erlassene Reglements jenen des Stiftungsrates vorgehen". Somit könne ein Zugriff auf das Stiftungsvermögen (auf Teile davon) jederzeit kraft Reglements des Stifters erfolgen. Dies wäre nur anders, wenn die Stiftung auf Grund ihrer eigenen Kontrolle über das Stiftungsvermögen selbst liechtensteinisches Vermögens- und Erwerbsteuer-Subjekt (und ihr Stiftungsrat nicht bloß Treuhänder) wäre, was "eben eines entsprechenden Vermerkes im Sorgfaltspflichtakt über deren wirtschaftliche Berechtigung bedürfte". Die Feststellung der wirtschaftlich berechtigten Person diene neben dem Erfordernis, die 1977/1991 vereinbarten bzw. seit 1996 gesetzlich normierten Sorgfaltspflichten zu erfüllen, auch dem Zweck, das Vorliegen der Voraussetzungen für die Befreiung des Vertragspartners (= Stiftung) oder eines anderen Treuhänders von der ihn ansonsten treffenden Steuerpflicht in Liechtenstein zu dokumentieren. Sonst wäre nämlich die Stiftung nicht bloß der für Treuhänder vorgesehenen Stiftungs-Kapitalertragsteuer von jährlich mindestens 1.000 CHF bzw. 0,1% vom Kapital unterlegen, sondern "mit Vermögen und Ertrag" voll steuerpflichtig gewesen: "In diesem Fall wären bei ihr Vermögensteuer auf das Stiftungsvermögen und Ertragsteuer angefallen (12,5% auf die Stiftungserträge, vgl. Art 31 Abs 1 lit e Liechtensteinisches Steuergesetz 1961)". Um die Steuerpflicht der Stiftung in Liechtenstein zu vermeiden, würden Stiftungsräte liechtensteinischer Stiftungen dem in Liechtenstein ansässigen Finanzintermediär (hier: "die Konto- bzw. Depot führende Bank") regelmäßig die im Ausland ansässigen Personen bekannt geben, welche die Kontrolle über das Stiftungsvermögen innehätten und demzufolge wirtschaftlich Berechtigte dieses Vermögens seien. Dass die Stiftung als wirtschaftlich Berechtigte (und nicht bloße Treuhänderin) des Stiftungsvermögens der regulären Kapital- und Ertragsbesteuerung in Liechtenstein unterliege oder zu irgendeinem Zeitpunkt unterlegen sei - was die Meldung und Eintragung des Stifters bzw. nach ihm der Erbin = (Beschwerdeführerin) als "(allein) wirtschaftlich berechtigte Person" im Sorgfaltspflichtakt als unrichtig und widersinnig erscheinen ließe -, sei von der Beschwerdeführerin weder behauptet noch dokumentiert worden. Es "müssen daher Beistatuten, darauf basierende Reglements oder ein Mandatsvertrag existieren bzw. existiert haben, in denen die Kontrolle über das (= die wirtschaftliche Berechtigung am) Stiftungsvermögen personenbezogen festgelegt ist". Wurde doch "bereits die Gründung treuhändig durch einen rechtlichen Stifter vollzogen, der Treuhandvertrag über die Stiftungsgründung aber nicht vorgelegt, obwohl er Aufschluss über die Treugeberstellung sowie das Weisungsrecht des Stifters gegenüber dem Stiftungsrat hätten geben können; siehe die diesbezüglichen Ausführungen des Amtsvertreters und die ungenügende Replik des steuerlichen Vertreters in der mündlichen Berufungsverhandlung". Aus diesen nicht offen gelegten Urkunden müsse die wirtschaftliche Berechtigung des Stifters bzw. der Beschwerdeführerin (in der Diktion der "Dritten EU-Geldwäscherichtlinie = Richtlinie 2005/60/EG des EU-Parlaments und des Rates vom 26.10.2005, Amtsblatt der EU vom 25.11.2005, L 309:

der wirtschaftliche Eigentümer auf Grund der Kontrolle über das Vermögen, s. Art. 8 1b der RL sowie §§ 10 und 12 der Rechtssetzungsmotive ebenda") hervorgehen bzw. hervorgegangen sein. Weder das entsprechende Beistatut, aus dem sich die Identifizierung der wirtschaftlich berechtigten Person ableite, noch damit zusammenhängende weitere Dokumente, welche neben den offengelegten Zustimmungsrechten der Beschwerdeführerin auch positive Gestaltungsbefugnisse anzunehmen erlaubten, seien den Abgabenbehörden vorgelegt worden. Dass in einem die wirtschaftliche Berechtigung der Beschwerdeführerin bzw. deren Kontrolle über das Stiftungsvermögen ausdrücklich oder schlüssig dokumentierenden Beistatut (Stiftungszusatzurkunde) oder auch in einem schriftlichen Mandatsvertrag auf Weisungsrechte der Beschwerdeführerin (oder ihres verstorbenen Ehemannes) Bezug genommen "worden sein muss, erscheint logisch nachvollziehbar, wenn man sich die von der Amtspartei angesprochenen Formulierungen im Reglement vom 17. Oktober 1989: "... bei Fehlen von Weisungen wird der Stiftungsrat ..." und "... wenn nicht an anderer Stelle etwas anderes geregelt ist, entscheidet der Stiftungsrat ..." im Zusammenhalt mit dem Vermerk im Sorgfaltspflichtakt vor Augen halte. Dazu komme, dass der Beschwerdeführerin sogar in den offenbar nur selektiv vorgelegten Beistatuten und den Reglements etliche Zustimmungs- bzw. Weigerungsrechte eingeräumt seien. Ein weiteres auf Transparenz (Kontrolle) hinweisendes Indiz sei die im Schriftstück "Pendenzen 21.07.2000" festgehaltene Verpflichtung des Stiftungsrates, "von der Erstbegünstigten (= (Beschwerdeführerin)) ein Exemplar der Buchhaltung per 31. 12. 1999 unterzeichnen zu lassen". Auch die "sehr wohl regelmäßige" Teilnahme der Beschwerdeführerin an Stiftungsratssitzungen ("Besuch auf Einladung") werde erst im Hinblick auf die Kontrolle der Beschwerdeführerin über das Stiftungsvermögen verständlich und sei keineswegs als bloßer "Akt der Höflichkeit im Andenken an den verstorbenen Stifter zu bagatellisieren". In den vorgelegten Sitzungsprotokollen 2000 bis 2002 sei diese Teilnahme zwar nirgends vermerkt, sie sei aber zumindest für den (schweizerischen) Kurort Bad R., wo die Sitzungen einmal jährlich stattgefunden hätten ("das andere Mal jeweils in Vaduz"), gegenüber der Abgabenbehörde bestätigt worden. Umfang und Inhalt der Protokolle "mögen über die operative Veranlagungstätigkeit des Stiftungsrates Aufschluss geben; über die rechtliche Stellung der (Beschwerdeführerin) in der Stiftung sagen sie nichts aus". Gegen die Transparenz ("Kontrolle des Stifters/der Erbin und Begünstigten") sprächen weder der Tätigkeitsumfang noch die Höhe der Honorare des Stiftungsorgans, "finden doch sowohl die erkennbar hohe fachliche Qualität der Stiftungsratsmitglieder als auch der von ihnen investierte Zeitaufwand plausible Erklärung in den nachvollziehbaren Verhinderungsgründen der (Beschwerdeführerin): Entfernung des Wohnortes (Beschwerdeführerin) vom Sitz der Stiftung, vorgerücktes Alter und ein seit 2006 verschlechterter Gesundheitszustand". Es komme in diesem Fall nicht mehr entscheidend darauf an, ob und in welcher Anzahl von Mandaten die Stiftungsräte im Streitzeitraum daneben noch für andere Stiftungen, Anstalten und sonstige Domizilgesellschaften tätig gewesen seien. Freilich seien einige Stiftungsratsmitglieder jetzt noch als einschlägig engagierte Treuhänder in Liechtenstein tätig, "wobei diese Momentaufnahme die vielfältigen Indizien für bloße Treuhänderstellung des Stiftungsrates nicht zu entkräften vermag". Schließlich weise auch die Mitbegründung der österreichischen Privatstiftung, deren Stiftungszweck mit jenem der liechtensteinischen Stiftung - soweit es Versorgungsinteressen der begünstigten Familien betroffen habe -

völlig übereinstimme, als starkes Indiz in dieselbe Richtung:

"Dass nämlich die (Beschwerdeführerin) auf Entscheidungen der Stiftung-FL maßgeblichen Einfluss nehmen konnte und kann". Ob, wann und in welchem Umfang sie davon tatsächlich Gebrauch gemacht bzw. darauf verzichtet habe, sei nicht entscheidend, zumal sich nach dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerin an der wesentlichen Gestaltung der Stifterrechte seit Gründung 1982 bis heute nichts geändert habe. Die belangte Behörde sehe daher die liechtensteinische Stiftung als "kontrollierte (transparente) Familienstiftung - vergleichbar mit einem treuhändig verwalteten Bankkonto/Bankdepot - als erwiesen an und befindet die volle Zurechnung der Stiftungserträge an die (Beschwerdeführerin) für rechtens".

Weiters sei die Frage zu lösen - so die einleitenden Ausführungen der belangten Behörde zu dem in der Folge behandelten "Verjährungseinwand" - , ob die Beschwerdeführerin den Sachverhalt seit 1991 - wie schon ihr verstorbener Ehemann seit 1982 - den österreichischen Abgabenbehörden vorsätzlich verschwiegen habe und welche Konsequenz sich zutreffendenfalls für den Abgabenfestsetzungszeitraum ergebe. Die belangte Behörde komme in (näher dargelegter) freier Beweiswürdigung zur Überzeugung, dass die Beschwerdeführerin im Zuge ihrer allein "durch die Datenklau-Affäre 2008 erzwungenen Selbstanzeige nur partielle Offenlegung geleistet und in Steuervermeidungsabsicht das Vorliegen einer intransparenten Ermessensstiftung vorgetäuscht hat". Zum Verjährungseinwand 2000 und 2001 mache die Beschwerdeführerin gegen die angenommene Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG betreffend die Stiftungserträge, "ja sogar betreffend die bis 2005 empfangenen Zuwendungen", Entschuldigungsgründe geltend. Sie habe nämlich darauf vertrauen dürfen, dass in der Stiftung auch steuerrechtlich alles rechtmäßig durchgeführt worden sei. Die belangte Behörde überzeuge dieses Vorbringen nicht. Vielmehr sei sie der Ansicht, dass die objektive, seit dem Erbgang 1991 andauernde "massive Verkürzung an Einkommensteuer hinsichtlich der in der Stiftung-FL allein im Zeitraum 2000 - 2007 erwirtschafteten Kapitalerträge (über 4 Mio. Euro), ja auch nur der 1992 - 2005 ausgeschütteten Zuwendungen von knapp 800.000,00 Euro, weder mit entschuldbarem subjektiven Rechtsirrtum erklärt werden kann noch auf bloße Fahrlässigkeit zurückzuführen ist". Die Beschwerdeführerin (wie schon ihr verstorbener Ehemann seit der Stiftungsgründung 1982) habe mit zumindest bedingtem Vorsatz gehandelt, indem sie eine Verkürzung von Abgaben ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden habe. Die belangte Behörde sehe daher den "Vorsatz zur Verkürzung von Einkommensteuer hinsichtlich der in der Selbstanzeige nachträglich einbekannten Zuwendungen aus Liechtenstein verwirklicht, in konsequenter Annahme einer einheitlichen Motivation aber auch den Vorsatz zur Verkürzung der weit höheren in der Stiftung erwirtschafteten Kapitalerträge selbst (in diesen sind die Zuwendungen bereits enthalten) verwirklicht, sodass die Erfassung letzterer als bisher nicht erklärte Einkommensteile bei der Veranlagung zur Einkommensteuer gemäß der für hinterzogene Abgaben geltenden Verjährungsfrist (Fristverlängerungshandlungen wurden unstrittig gesetzt) auch für die Jahre 2000 und 2001 rechtmäßig erscheint".

Zum vorgebrachten Einwand, dass kein Wiederaufnahmegrund vorliege, sei davon auszugehen, dass der im Prüferbericht zur "Wiederaufnahme" enthaltene Passus, es "sind keine Tatsachen neu hervorgekommen, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertigen", auf ein bloßes Versehen und ein als solches unschwer erkennbares Schreibversehen zurückzuführen "und im Zusammenhalt mit dem anschließenden Verweis auf die Schlussbesprechung von 04.05.2009 zu lesen" sei. Dieses Schlussbesprechungsprotokoll widme sich mit zwar knapper, aber ausreichender handschriftlicher Zusammenfassung zur Transparenz der Stiftung-FL und der Zurechnung der Einkünfte aus Kapitalvermögen eindeutig "jenen Umständen (Zurechnungsgründen) und Zahlensubstraten, die eine Wiederaufnahme - sofern sich die Feststellung der Zurechenbarkeit als materiell zutreffend erweist -

dem Grunde nach rechtfertigen können und angesichts der betragsmäßigen Höhe der in der Stiftung erwirtschafteten Kapitalerträge (aus denen die nachträglich einbekannten Zuwendungen stammten) im Sinne der Ermessensübung zwingend geboten erscheinen lassen". Die Begründung der Wiederaufnahmebescheide, welche auf die im Betriebsprüfungsbericht sowie in der Niederschrift getroffenen Feststellungen verweise, könne "zweifelsfrei nur so verstanden werden". Da die belangte Behörde vom Vorliegen des Hinterziehungsvorsatzes der Beschwerdeführerin ausgehe, wäre "auch in Ansehung bloß der Zuwendungen allein die Wiederaufnahme der Einkommensteuer für 2000 bis 2005 zu bejahen gewesen, wenn das Finanzamt dieses Faktum zur Begründung der Wiederaufnahme ausdrücklich herangezogen hätte". Dass "dies unterblieb", sei allerdings nicht entscheidend: "Die Würdigung der neu hervorgekommenen Zurechnungsgründe (Transparenz, Vorsatz), die in einer Erfassung sämtlicher in Betracht kommender Stiftungserträge (aus der betreffenden Rubrik) mündeten, zeitigte das für eine Wiederaufnahme im Ermessen hinreichende Ergebnis; nur darauf (nicht auf Zuwendungen) stützte sich die Prüferempfehlung zur Wiederaufnahme". Auch die Wiederaufnahme betreffend Einkommensteuer 2006 sei mit der Zurechnung des Stiftungsvermögens der liechtensteinischen Stiftung an die Beschwerdeführerin und mit dem Hervorkommen dieses Umstandes hinreichend begründet. Die Stellung der Beschwerdeführerin innerhalb bzw. gegenüber der liechtensteinischen Stiftung sei dem Einkommensteuer-Finanzamt bei Erlassung des Erstbescheides betreffend Einkommensteuer für 2006 unbekannt gewesen. Die von der belangten Behörde bestätigte Zurechnung an die Beschwerdeführerin als wirtschaftlich Berechtigte ("EU-Geldwäscherichtlinie: wirtschaftliche Eigentümerin") der Stiftung-FL gehe aus Umständen hervor, die dem Finanzamt vor Bescheiderlassung für 2006 unbekannt gewesen seien.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Im Erkenntnis vom 25. Februar 2015, 2011/13/0003, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass die Frage, ob Einkünfte einer in Liechtenstein ansässigen Stiftung oder aber den Stiftern oder den Begünstigten zuzurechnen sind, nach den dafür maßgeblichen Grundsätzen des österreichischen Rechts zu beurteilen ist.

Der belangten Behörde ist zwar im vorliegenden Beschwerdefall auch im Sinne des soeben zitierten Erkenntnisses, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen werden kann, grundsätzlich darin zuzustimmen, dass die Zurechnung des einer Stiftung-FL gewidmeten Vermögens und damit auch der daraus resultierenden Erträgnisse (weiterhin) an den Stifter oder den Begünstigten zu erfolgen hat, wenn diesem Personenkreis vergleichbar einem "treuhändig verwalteten Bankkonto/Bankdepot" die Dispositionsbefugnis hinsichtlich dieser Einkünfte zukommt. Dass eine solche Sachverhaltskonstellation im gegenständlichen Beschwerdefall als erwiesen angenommen werden könnte, ist dem angefochtenen Bescheid allerdings nicht in schlüssiger Weise zu entnehmen.

Da - wie erwähnt - die Zurechnung nach den maßgeblichen Grundsätzen des österreichischen Rechts vorzunehmen ist, wäre im angefochtenen Bescheid jedenfalls nachvollziehbar darzustellen gewesen, weshalb die Stellung eines wirtschaftlich Berechtigten nach den liechtensteinischen Sorgfaltspflichtvorschriften (oder einer "wirtschaftlichen Eigentümerin" im Sinne der im angefochtenen Bescheid angesprochenen unionsrechtlichen "Geldwäscherichtlinie") den österreichischen einkommensteuerrechtlichen Zurechnungskriterien gleichgesetzt werden kann. Soweit zur diesbezüglichen Kritik in der Beschwerde (wonach eine "wirtschaftlich berechtigte Person" nach den in Rede stehenden Sorgfaltspflichtvorschriften oder der Begriff des "wirtschaftlichen Eigentums" der "EU-Geldwäscherichtlinie" beispielsweise auch nur "bloße Begünstigte" einer so genannten intransparenten Stiftung betreffen könnten, vgl. in diesem Zusammenhang im Übrigen z.B. Hofmann/Petritz, Stiftungen und Trusts: Der Begriff des wirtschaftlichen Eigentümers nach der dritten Geldwäscherichtlinie im Vergleich mit abgabenrechtlichen Grundsätzen, ZfS 2009/3, 104 ff, sowie Cupal/Petutschnigg,

Von der pauschalen Betrachtung des Einzelfalls - Sind wirklich alle liechtensteinischen Stiftungen transparent?, RdW 2012/660, 627 (629 f)) erstmals in der Gegenschrift zu argumentieren versucht wird, ist darauf hinzuweisen, dass eine fehlende Bescheidbegründung in der Gegenschrift nicht nachgeholt werden kann. Wenn im angefochtenen Bescheid im Rahmen der Überlegungen zur Sorgfaltspflichtvereinbarung (z.B. dazu, dass ein Zugriff des Stifters auf das Stiftungsvermögen "jederzeit kraft Reglements des Stifters" erfolgen könne) mit einem fehlenden Vermerk der Stiftung als wirtschaftlich Berechtigte im Sorgfaltspflichtakt argumentiert wird, wird der Beschwerde von der belangten Behörde in der Gegenschrift weiters eine irrtümliche Annahme insofern zugestanden, als "die im amtlichen Register nichteingetragene Stiftung-FL, abweichend von der Annahme im angefochtenen Bescheid, jedenfalls zu Lebzeiten der Bf gemäß den in der Beschwerde zitierten Vorschriften des SPG 1996 bzw. der SPV 2000 tatsächlich nicht als 'wirtschaftlich berechtigte Person' im Sorgfaltspflichtakt des Finanzdienstleisters ('Intermediärs')" zu erfassen gewesen sei.

Eingeräumt wird in der Gegenschrift außerdem, dass die im angefochtenen Bescheid u.a. im Zusammenhang mit der Vermutung zum Vorliegen von "Beistatuten" mit personenbezogenen Kontrollrechten herangezogene Überlegung zur Steuerpflicht der Stiftung-FL in Liechtenstein unrichtig gewesen sein dürfte (die Stiftung sei nämlich laut Beschwerde "als hinterlegte Rechtsperson gemäß Art 83 des lie. Steuergesetzes gar keiner Ertragsbesteuerung unterlegen, sondern habe nur eine Kapitalertragsteuer von jährlich 0,1% zu entrichten").

Damit erscheinen aber bereits die - vielfach auch nur auf Vermutungsebene getroffenen - Schlussfolgerungen der belangten Behörde in Bezug auf das Vorliegen etwa eines Mandatsvertrages, der im Sinne des bereits mehrfach erwähnten Erkenntnisses vom 25. Februar 2015 "die volle Zurechnung der Stiftungserträge" an die Beschwerdeführerin rechtfertigen könnte, nicht mehr stichhältig. Dass die Beschwerdeführerin an Stiftungsratssitzungen teilgenommen oder die Unterschrift auf einem "Exemplar der Buchhaltung" geleistet habe (wobei auch hier die Gegenschrift der Beschwerde konzediert, dies im angefochtenen Bescheid "irrtümlich als Jahresabschluss der Stiftung selbst verstanden" zu haben), lässt weiters für sich noch nicht darauf schließen, dass damit der Beschwerdeführerin einem Bankkonto vergleichbare Dispositionsmöglichkeiten in Bezug auf das von der Stiftung-FL veranlagte Vermögen zugekommen wären. Da eine Treuhandgründung nur das Errichtungsgeschäft einer Stiftung betrifft, ist es weiters nicht zwingend, dass sich aus dem diesbezüglichen Treuhandvertrag auch ein Aufschluss über ein Weisungsrecht des Stifters in Bezug auf die laufende Verwaltung des Stiftungsvermögens hätte ergeben können (der Hinweis im angefochtenen Bescheid auf eine "ungenügende Replik des steuerlichen Vertreters in der mündlichen Berufungsverhandlung" bleibt im Übrigen auch unbestimmt). Dass sich aus dem Tätigkeitsumfang oder der Honorargestaltung der Stiftungsorgane im Beschwerdefall keine entscheidenden Anhaltspunkte für die Zurechnung des Vermögens und der Einkünfte an die Beschwerdeführerin gewinnen ließen, wird auch im angefochtenen Bescheid zum Ausdruck gebracht. Weshalb aus der Mitbegründung einer österreichischen Privatstiftung, "deren Stiftungszweck mit jenem der Stiftung-FL - soweit es Versorgungsinteressen der begünstigten Familien betraf - völlig übereinstimmt", ein ausschlaggebendes Indiz für (wirtschaftliches) Eigentum der Beschwerdeführerin am Vermögen der die österreichische Privatstiftung mitbegründenden Stiftung-FL selbst gewonnen werden könnte, macht der angefochtene Bescheid schließlich ebenfalls nicht einsichtig.

Der angefochtene Bescheid war daher schon deshalb zur Gänze - die Wiederaufnahme der Verfahren sah die belangte Behörde seitens des Finanzamtes nur mit der Zurechnung des Stiftungsvermögens und der Stiftungserträge begründet - wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am 25. März 2015

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