BFG RV/3100863/2017

BFGRV/3100863/201720.3.2018

Eigenverbrauchsbesteuerung bei einem untergeordnet privat genutzten Gebäude

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2018:RV.3100863.2017

 

Beachte:
Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2018/15/0058. Mit Erk. v. 28.5.2019 als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache des Bf., vertreten durch die Marsoner + Partner GmbH, über die Beschwerde vom 25. Jänner 2007 gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt AA vom 18. Jänner 2007 betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2004 und 2005 zu Recht erkannt: 

 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Die Umsatzsteuer für die Jahre 2004 und 2005 wird endgültig festgesetzt.

 

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

 

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Der Abgabepflichtige führte eine Fremdenpension und erzielte daraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Anlässlich einer Außenprüfung, umfassend die Jahre 2002 bis 2005, stellte der Prüfer fest, dass in den Jahren 2004 und 2005 ein Um- und Zubau zum bestehenden Gebäude mit Baukosten von 503.079,44 € netto (im Jahr 2004) und 2.868,23 € netto (im Jahr 2005) vorgenommen worden sei. Von diesen Baukosten sei ein Vorsteuerabzug im Ausmaß von 100 % geltend gemacht worden. Der Prüfer führte eine auf den reinen Um- und Zubau bezogene Nutzflächenberechnung durch und stellte fest, dass ein Anteil von 34,80 % auf privat genutzte Räumlichkeiten entfalle. In diesem Ausmaß sei eine Kürzung der geltend gemachten Vorsteuerbeträge vorzunehmen (vgl. Tz 2 und Beilage B des Bp-Berichtes vom 17. Jänner 2007, ABNr. abc).

2. Das Finanzamt AA folgte den Feststellungen der Außenprüfung und erließ am 18. Jänner 2007 neue (gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufige) Bescheide betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2004 und 2005.

3. Gegen diese Bescheide erhob der Abgabepflichtige am 25. Jänner 2007 fristgerecht „Berufung“, mit der er beantragte, den Vorsteuerabzug erklärungsgemäß und in Form endgültiger Bescheide zu gewähren. Zusammengefasst führte er aus, dass der Vorsteuerabzug gemäß § 12 Abs. 2 Z 1 UStG 1994 im Hinblick auf das EuGH-Urteil vom 8. Mai 2003, Rs C-269/00 , Seeling, von den gesamten Errichtungskosten des gemischt genutzten Gebäudes, das zur Gänze dem Unternehmensbereich zugeordnet sei, zustehe.

4. Mit „Berufungsvorentscheidungen“ vom 7. Oktober 2009 wurde die „Berufung“ vom Finanzamt AA als unbegründet abgewiesen. In der gesonderten Bescheidbegründung wurde ausgeführt, dass das EuGH-Urteil vom 8. Mai 2003, Rs C-269/00 , Seeling, nicht anzuwenden sei. Gemäß Art. 17 Abs. 6 der 6. EG-Richtlinie lege der Rat auf Vorschlag der Kommission fest, bei welchen Ausgaben die Mehrwertsteuer nicht abziehbar sei. Auf jeden Fall würden diejenigen Ausgaben vom Vorsteuerabzugsrecht ausgeschlossen werden, die keinen streng geschäftlichen Charakter hätten, wie Luxusausgaben, Ausgaben für Vergnügungen und Repräsentationsaufwendungen. Bis zum In-Kraft-Treten einer solchen Richtlinie könnten die Mitgliedstaaten gemäß Art. 17 Abs. 6 zweiter Unterabsatz der 6. EG-Richtlinie alle Ausschlüsse beibehalten, die in ihren zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der 6. EG-Richtlinie (das sei für Österreich der Zeitpunkt des Beitrittes am 1. Jänner 1995) bestehenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehen gewesen seien.

Im Umsatzsteuergesetz sei im Zeitpunkt des Beitrittes ein Vorsteuerabzug für Lieferungen und sonstige Leistungen im Zusammenhang mit der Anschaffung, Errichtung und Erhaltung von Gebäuden gemäß § 12 Abs. 2 Z 1 UStG 1994 nur insoweit zulässig gewesen, als die Entgelte hiefür nach den einkommensteuerrechtlichen Vorschriften Betriebsausgaben oder Werbungskosten gewesen seien. Die vom Abgabepflichtigen geltend gemachte Vorsteuer sei daher zu Recht um die auf die privaten Baukosten entfallende Vorsteuer gekürzt worden.

5. Am 12. Oktober 2009 stellte der Abgabepflichtige fristgerecht den Antrag auf Entscheidung über die „Berufung“ durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Ergebe die Aufteilung der einzelnen nutzbaren Räume nach der Überwiegensregel eine betriebliche Nutzungsquote des gesamten Gebäudes von 80 % oder mehr als 80 %, so sei die Privatnutzung in der Regel von untergeordneter Bedeutung und das ganze Gebäude (100 %) zähle zum Betriebsvermögen. Der Vorsteuerabzug stehe in solchen Fällen für das gesamte Gebäude zu (100 % Vorsteuerabzug; Hinweis auf Beiser in SWK-Heft 20/21/2009, S 628).

Im Zuge der Betriebsprüfung sei die Nutzflächenverteilung des gesamten Gebäudes exakt erhoben und eine Aufteilung von 81,93 % betrieblich und 18,07 % privat festgesetzt worden (lt. „Beilage B“ des Bp-Berichtes). Entsprechend der Judikatur des VwGH stünden dem Abgabepflichtigen damit 100 % der Vorsteuern aus den Errichtungskosten zu.

6. Mit Vorlagebericht vom 19. August 2013 wurde die gegenständliche „Berufung“ vom 25. Jänner 2007 dem unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt. Gemäß § 323 Abs. 38 BAO idF FVwGG 2012, BGBl. I Nr. 14/2013, sind die am 31. Dezember 2013 bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit 1. Jänner 2014 auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.

7. Mit Erkenntnis vom 2. April 2015, GZ. RV/3100367/2013, hat das Bundesfinanzgericht der Beschwerde vom 25. Jänner 2007 gegen die Bescheide betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2004 und 2005 Folge gegeben. Die Umsatzsteuer wurde für diese Jahre endgültig festgesetzt.

Begründend führte das Bundesfinanzgericht aus, dass das Finanzamt bei den in den Jahren 2004 und 2005 angefallenen Errichtungskosten „Gebäude“ eine Vorsteuerkürzung im Ausmaß von 34,80 % der geltend gemachten Vorsteuern vorgenommen habe. Dabei habe es sich um jenen Anteil gehandelt, der - bezogen auf den reinen Um- und Zubau - auf privat genutzte Räumlichkeiten entfallen sei. Das Finanzamt sei dabei offensichtlich davon ausgegangen, dass es sich bei dem in den Jahren 2004 und 2005 erfolgten Zubau um ein - losgelöst vom Altbestand - eigenständiges, selbständig bewertbares Wirtschaftsgut „Gebäude“ handle, das zu 34,80 % dem Privatvermögen zuzurechnen sei. Das Bundesfinanzgericht kam demgegenüber zur Auffassung, dass das gesamte Gebäude - auch nach Durchführung des Bauvorhabens - ein einheitliches Wirtschaftsgut darstelle, bei dem die Nutzung für private Wohnzwecke - bezogen auf die Gesamtnutzfläche - mit 18,07 % lediglich untergeordnet sei.

Da die Nutzung für private Wohnzwecke im vorliegenden Streitfall die Richtschnur von 20 % - bezogen auf die Gesamtnutzfläche - unterschritten habe, sei das gesamte Gebäude trotz der relativ hohen, auf die privat genutzten Gebäudeteile entfallenden Baukosten zum Betriebsvermögen zu rechnen gewesen. Da die privat genutzten Räume des Gebäudes für Zwecke der Einkommensteuer dem Betriebsvermögen zugerechnet würden, weil sie im Verhältnis zum Gesamtgebäude nur ein untergeordnetes Ausmaß erreichten, seien auch die mit diesem privat genutzten Gebäudeteil zusammenhängenden Umsatzsteuerbeträge gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 als Vorsteuer abzugsfähig.

Das Bundesfinanzgericht stützte sich dabei auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 19.3.2013, 2010/15/0085). Demnach sei nach der bis 2010 geltenden Rechtslage in Bezug auf beinahe zur Gänze für das Unternehmen verwendete Immobilien - was der Fall sei, wenn der privat genutzte räumliche Gebäudeanteil weniger als ca. 20 % des Gebäudes umfasse - der zum 1. Jänner 1995 bestehenden Rechtsprechung entsprechend der Vorsteuerabzug auch für jene Privaträume zu gewähren.

8. Gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 2. April 2015, GZ. RV/3100367/2013, hat das Finanzamt AA am 26. Mai 2015 außerordentliche Revision (Amtsrevision) erhoben. Das Finanzamt AA erachtete sich dadurch beschwert, dass das Bundesfinanzgericht für den Um- und Zubau zum bestehenden Gebäude zwar den vollen Vorsteuerabzug zugelassen, jedoch keine Besteuerung der anteiligen (untergeordneten) Privatnutzung des zur Gänze dem Betriebsvermögen zugehörigen Gebäudes gemäß § 3a Abs. 1a Z 1 UStG 1994 vorgenommen habe.

Mit der außerordentlichen Revision bekämpfte das Finanzamt AA nicht den im Verwaltungsverfahren strittigen Vorsteuerabzug. Das Finanzamt begründete die Zulässigkeit der Revision vielmehr damit, dass eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtsfrage fehle, ob eine Besteuerung gemäß § 3a Abs. 1a UStG 1994 für den privat genutzten Gebäudeteil vorzunehmen sei. Das Bundesfinanzgericht habe sich damit nicht beschäftigt und eine Besteuerung der Privatnutzung zu Unrecht unterlassen.

9. Mit Erkenntnis vom 27. September 2017, Ra 2015/15/0045, hat der Verwaltungsgerichtshof das angefochtene Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 2. April 2015, GZ. RV/3100367/2013, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Stütze der Steuerpflichtige sein Recht auf Vorsteuerabzug auf Unionsrecht, weil der Eigenverbrauch nach der durch das BGBl. I Nr. 27/2004 gestalteten nationalen Rechtslage zu Unrecht als nicht steuerpflichtig behandelt und aus diesem Grund der Vorsteuerabzug versagt werde, könne er nicht zugleich gestützt auf nationales Recht die Nichtbesteuerung des Eigenverbrauchs in Anspruch nehmen.

Durch die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichtes trat die Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses befunden hatte (§ 42 Abs. 3 VwGG).

10. Für das fortzusetzende Beschwerdeverfahren wurde der Abgabepflichtige mit Schreiben des Bundesfinanzgerichtes vom 23. Oktober 2017 ersucht, für die Streitjahre 2004 und 2005 die Bemessungsgrundlagen für den zu erfassenden Verwendungseigenverbrauch hinsichtlich der Nutzung für private Wohnzwecke (18,07 % der Gesamtnutzfläche) mit Anführung des Steuersatzes bekannt zu geben.

In seinem Antwortschreiben vom 6. November 2017 teilte der Abgabepflichtige diesbezüglich mit, dass die Bauphase des Jahres 2004 erst in der zweiten Jahreshälfte abgeschlossen worden sei. Die Umsatzsteuer sei für das Jahr 2004 somit von einer aliquoten Halbjahres-AfA mit 10 % USt im Sinn einer unionsrechtlichen Gleichbehandlung privaten Wohnens nach § 10 Abs. 2 UStG 1994 zu belasten. Die Gebäude-AfA betrage 10.871,13 € jährlich. Die Bemessungsgrundlagen für den Verwendungseigenverbrauch würden demnach bei einem Privatanteil von 18 % 978,40 € (im Jahr 2004) und 1.956,80 € (im Jahr 2005), jeweils zu 10 % USt, betragen. Dessen ungeachtet stellte der Abgabepflichtige in diesem Schreiben den Antrag auf eine Vorabentscheidung des EuGH nach Art. 267 AEUV sowie den Antrag auf Gesetzesprüfung beim Verfassungsgerichtshof hinsichtlich des § 12 Abs. 3 Z 4 und des § 3a Abs. 1a letzter Satz UStG 1994 idF BGBl. I Nr. 27/2004.

11. In seiner Stellungnahme vom 11. Dezember 2017 führte das Finanzamt AA aus, dass die vom Abgabepflichtigen für das Jahr 2004 ermittelte Bemessungsgrundlage für den Verwendungseigenverbrauch sachgerecht sei, allerdings unterliege dieser dem Normalsteuersatz von 20 %. Demgegenüber müsste sich die AfA als Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Anteils der Privatnutzung im Jahr 2005 auf 18.504,79 € (statt 10.871,13 €) belaufen. Somit betrage die Bemessungsgrundlage für den Verwendungseigenverbrauch im Jahr 2005 bei einem Privatanteil von 18 % 3.330,86 €, wiederum zu 20 % USt.

II. Sachverhalt

1. Der Beschwerdeführer (Bf.) führte in A als Einzelunternehmer eine Fremdenpension und erzielte daraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Das Betriebsgebäude wurde vom Bf. seit Beginn der Tätigkeit auch untergeordnet (zu weniger als 20 % der Gesamtnutzfläche) für private Wohnzwecke genutzt. In den Jahren 2004 (ab Juni) und 2005 wurde ein Um- und Zubau zum bestehenden Gebäude vorgenommen, wobei Baukosten von 503.079,44 € netto (im Jahr 2004) und 2.868,23 € netto (im Jahr 2005) angefallen sind. Von diesen Errichtungskosten machte der Bf. einen Vorsteuerabzug im Ausmaß von 100 % geltend. Im Zuge dieses Bauvorhabens wurde das Betriebsgebäude um ein 3. und 4. Obergeschoss aufgestockt, wobei diese beiden Stockwerke in der Folge sowohl betrieblich als auch privat genutzt wurden. Die übrigen Baumaßnahmen betrafen betrieblich genutzte Räumlichkeiten in den unteren Stockwerken.

2. Im Zuge einer Außenprüfung gemäß § 147 BAO wurde vom Prüfer eine Nutzflächenberechnung durchgeführt. Demnach entfiel - bezogen auf den reinen Um- und Zubau - ein Anteil von 34,80 % auf privat genutzte Räumlichkeiten und ein Anteil von 65,20 % auf betrieblich genutzte Räumlichkeiten. Bezogen auf das Gesamtgebäude (inklusive Altbestand) ergab sich eine Nutzflächenverteilung von 81,93 % betrieblicher und 18,07 % privater Nutzung. Die Nutzung für private Wohnzwecke war damit - bezogen auf die Gesamtnutzfläche - weiterhin untergeordnet (weniger als 20 %).

3. Vom Finanzamt AA wurde nunmehr - auf der Grundlage des Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichtes vom 2. April 2015, GZ. RV/3100367/2013 - außer Streit gestellt, dass das gesamte Gebäude (auch nach Durchführung des Bauvorhabens der Jahre 2004 und 2005) ein einheitliches Wirtschaftsgut darstellt, bei dem die Nutzung für private Wohnzwecke - bezogen auf die Gesamtnutzfläche - mit 18,07 % lediglich untergeordnet ist, und demnach trotz der relativ hohen, auf die privat genutzten Gebäudeteile entfallenden Baukosten für Zwecke der Einkommensteuer zu 100 % zum Betriebsvermögen zu rechnen ist.

Vom Finanzamt AA wurde nunmehr (vgl. dessen Amtsrevision vom 26. Mai 2015) auch außer Streit gestellt, dass die mit diesem privat genutzten Gebäudeteil zusammenhängenden Umsatzsteuerbeträge auf der Grundlage der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 19.3.2013, 2010/15/0085) gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 als Vorsteuer abzugsfähig sind.

Streit besteht letztlich über die umsatzsteuerrechtliche Behandlung der untergeordneten Privatnutzung eines zur Gänze dem Betriebsvermögen zugehörigen Gebäudes, das zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt hat, somit, ob eine Besteuerung gemäß § 3a Abs. 1a UStG 1994 für den privat genutzten Gebäudeteil vorzunehmen ist.

III. Rechtslage

Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 in der für die Streitjahre geltenden Stammfassung kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11 UStG 1994) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.

Gemäß § 12 Abs. 2 Z 1 lit. a UStG 1994 in der Fassung des AbgÄG 2004, BGBl. I Nr. 180/2004, gelten Lieferungen und sonstige Leistungen sowie die Einfuhr von Gegenständen als für das Unternehmen ausgeführt, wenn sie für Zwecke des Unternehmens erfolgen und wenn sie zu mindestens 10 % unternehmerischen Zwecken dienen. Der Unternehmer kann Lieferungen oder sonstige Leistungen sowie Einfuhren nur insoweit als für das Unternehmen ausgeführt behandeln, als sie tatsächlich unternehmerischen Zwecken dienen, sofern sie mindestens 10 % unternehmerischen Zwecken dienen. Diese Zuordnung hat der Unternehmer bis zum Ablauf des Veranlagungsjahres dem Finanzamt schriftlich mitzuteilen (§ 12 Abs. 2 Z 1 lit. b UStG 1994 in der Fassung des AbgÄG 2004, BGBl. I Nr. 180/2004).

Gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 in der für die Streitjahre geltenden Fassung des BGBl. I Nr. 106/1999 gelten nicht als für das Unternehmen ausgeführt Lieferungen, sonstige Leistungen oder Einfuhren, deren Entgelte überwiegend keine abzugsfähigen Ausgaben (Aufwendungen) im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 1 bis 5 des Einkommensteuergesetzes 1988 oder der §§ 8 Abs. 2 und 12 Abs. 1 Z 1 bis 5 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 sind.

Gemäß § 12 Abs. 3 Z 4 UStG 1994 in der ab dem 1. Mai 2004 geltenden Fassung BGBl. I Nr. 27/2004 sind vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen die Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen sowie für die Einfuhr von Gegenständen, soweit sie im Zusammenhang mit der Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Grundstückes für die in § 3a Abs. 1a Z 1 genannten Zwecke steht.

§ 3a Abs. 1a UStG 1994 in der ab dem 1. Mai 2004 geltenden Fassung BGBl. I Nr. 27/2004 lautet wie folgt:

„Einer sonstigen Leistung gegen Entgelt werden gleichgestellt:

1. Die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstandes, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch den Unternehmer

- für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen,

- für den Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen;

2. die unentgeltliche Erbringung von anderen sonstigen Leistungen durch den Unternehmer

- für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen,

- für den Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen.

Z 1 gilt nicht für die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Grundstückes.“

Gemäß § 4 Abs. 8 lit. b UStG 1994 in der für die Streitjahre geltenden Fassung des BGBl. I Nr. 134/2003 bemisst sich der Umsatz im Falle des § 3a Abs. 1a Z 1 und 2 UStG 1994 nach den auf die Ausführung dieser Leistungen entfallenden Kosten.

IV. Erwägungen

1. Die streitgegenständliche Rechtsfrage, ob für den untergeordnet privat genutzten Gebäudeteil des Bf. eine Besteuerung gemäß § 3a Abs. 1a UStG 1994 vorzunehmen ist, hat der Verwaltungsgerichtshof in dem diesem Beschwerdeverfahren vorgelagerten Revisionsverfahren (Amtsrevision des Finanzamtes AA) bereits entschieden. In seinem das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 2. April 2015, GZ. RV/3100367/2013, aufhebenden Erkenntnis vom 27. September 2017, Zl. Ra 2015/15/0045, führte er dazu in den Entscheidungsgründen aus wie folgt: 

„11

Die Revision ist zulässig und begründet.

12

Gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 gelten Lieferungen, sonstige Leistungen oder Einfuhren, deren Entgelte überwiegend keine abzugsfähigen Ausgaben (Aufwendungen) im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 1 bis 5 des Einkommensteuergesetzes 1988 oder der §§ 8 Abs. 2 und 12 Abs. 1 Z 1 bis 5 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 sind, nicht als für das Unternehmen ausgeführt. Nach § 20 Abs. 1 Z 1 und Z 2 lit. a EStG 1988 dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen bzw. für seine Lebensführung aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden, sodass Kosten für den privaten Wohnraum bei der Einkünfteermittlung nicht berücksichtigt werden können (vgl. VwGH vom 29. März 2012, 2009/15/0210, VwSlg. 8711/F). Ungeachtet der Regelung des § 20 Abs. 1 Z 1 und Z 2 lit. a EStG 1988 zählen aber privat genutzte Gebäudeteile von untergeordneter Bedeutung einkommensteuerlich zum notwendigen Betriebsvermögen und führen damit zu (abzugsfähigen) Betriebsausgaben (AfA, etc.), welche erst in der Folge durch den korrespondierenden Ansatz einer „Nutzungsentnahme“ im Ergebnis neutralisiert werden.

13

Im Erkenntnis vom 19. März 2013, 2010/15/0085, VwSlg. 8796/F, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Regelung des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 - vor dem Hintergrund der Unionsrechtslage und somit jedenfalls für Zeiträume vor Inkrafttreten von Artikel 168a der Mehrwertsteuersystemrichtlinie - dahingehend auszulegen ist, dass sie für einen solchen Gebäudeteil, der erst nach einer Verrechnung mit der „Nutzungsentnahme“ und sohin erst im saldierten Ergebnis zu nicht abzugsfähigen Aufwendungen führt, keinen Vorsteuerausschluss normiert.

14

Nach Artikel 17 Abs. 6 Unterabsatz 2 der Sechsten Richtlinie sind die Mitgliedstaaten bloß berechtigt, ihre zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Richtlinie bestehenden Regelungen über den Ausschluss des Vorsteuerabzugsrechts beizubehalten (vgl. VwGH vom 29. März 2012, 2009/15/0210, mwN). Die mit BGBl. I Nr. 27/2004 eingefügte Z 4 des § 12 Abs. 3 UStG 1994 schließt mit ihrem Verweis auf § 3a Abs. 1a Z 1 Vorsteuern, die im Zusammenhang mit der Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Grundstückes für (u.a.) unternehmensfremde Zwecke stehen, ab 1. Mai 2004 vom Abzug aus. Soweit davon untergeordnet privat genutzte Gebäude betroffen sind, ist dieser Vorsteuerausschluss nicht durch das unionsrechtliche Beibehaltungsrecht gedeckt (vgl. mit eingehender Begründung nochmals VwGH vom 19. März 2013, 2010/15/0085).

15

Die ab 1. Mai 2004 geltende nationale Rechtslage kommt einer unechten Steuerbefreiung für den Grundstückseigenverbrauch gleich (vgl. Ruppe/Achatz, UStG 4 , § 3 Tz 299). Nach dem Urteil des EuGH in der Rechtssache Seeling vom 8. Mai 2003, C-269/00 , stellt die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gebäude(teile)s für nichtunternehmerische Zwecke einen steuerpflichtigen Vorgang dar. Der Mitgliedstaat ist nicht berechtigt, die für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen erfolgende Verwendung einer Wohnung in einem Gebäude, das der Steuerpflichtige insgesamt seinem Unternehmen zugeordnet hat, als steuerfreie Vermietung zu behandeln. Daher ist ein Steuerpflichtiger, der sich dafür entscheidet, ein Gebäude insgesamt seinem Unternehmen zuzuordnen, und später einen Teil dieses Gebäudes für seinen privaten Bedarf verwendet, zum Abzug der auf die gesamten Herstellungskosten dieses Gebäudes entrichteten Vorsteuerbeträge berechtigt und dementsprechend verpflichtet, die Mehrwertsteuer auf den Betrag der Ausgaben für diese Verwendung zu zahlen (vgl. Rn. 43 des Urteils Seeling).

16

Das Recht auf vollständigen und sofortigen Abzug der bei der Anschaffung eines Investitionsgutes entrichteten Mehrwertsteuer führt zu einer entsprechenden Verpflichtung zur Zahlung der Mehrwertsteuer auf die private Verwendung des Unternehmensgegenstandes (vgl. EuGH vom 16. Februar 2012, C-594/10 , Laarhoven, Rn. 27).

17

Der von der mitbeteiligten Partei vertretenen Rechtsauffassung, der Vorsteuerabzug stehe im Hinblick auf die Rechtsprechung des EuGH im Falle eines hier vorliegenden untergeordnet privat genutzten Gebäudes zur Gänze zu, während die private Verwendung des Gebäudes (seit 1. Mai 2004) auf Grund der nationalen Bestimmung des § 3a Abs. 1a letzter Satz UStG 1994 nicht steuerpflichtig wäre, ist die Rechtsprechung des EuGH entgegenzuhalten. Dieser hat schon im Urteil vom 19. Jänner 1982, Rs 8/81 , Becker, auf den systematischen Zusammenhang zwischen der Abzugsfähigkeit von Vorsteuern und dem Bewirken steuerpflichtiger Umsätze hingewiesen. Durch die Inanspruchnahme einer (nicht ins nationale Recht umgesetzten) Steuerbefreiung unter Berufung auf unmittelbar anwendbares Unionsrecht verzichte der Steuerpflichtige zwangsläufig auf den (im nationalen Recht im Hinblick auf die Steuerpflicht vorgesehenen) Vorsteuerabzug (vgl. Rn. 44 des Urteils vom 19. Jänner 1982).

18

Auch in den Urteilen vom 28. November 2013, C-319/12 , MDDP, Rn. 45, und vom 26. Februar 2015, C-144/13 , C-154/13 und C-160/13 , VDP Dental Laboratory NV, Rn. 40, hat der EuGH ausgesprochen, dass es Art. 168 MwStSystRL dem Steuerpflichtigen nicht erlaubt, sowohl von der im nationalen Recht vorgesehenen Befreiung Gebrauch zu machen als auch das (im Unionsrecht begründete) Vorsteuerabzugsrecht in Anspruch zu nehmen.

19

Nichts anderes kann im Revisionsfall gelten. Stützt der Steuerpflichtige sein Recht auf Vorsteuerabzug auf Unionsrecht, weil der Eigenverbrauch nach der durch das BGBl. I Nr. 27/2004 gestalteten nationalen Rechtslage zu Unrecht als nicht steuerpflichtig behandelt und aus diesem Grund der Vorsteuerabzug versagt werde, kann er nicht zugleich gestützt auf nationales Recht die Nichtbesteuerung des Eigenverbrauchs in Anspruch nehmen.

20

Das Bundesfinanzgericht ist von einer untergeordneten privaten Verwendung des Betriebsgebäudes ausgegangen ohne Erwägungen zum Vorliegen steuerpflichtiger Umsätze (Verwendungseigenverbrauch unter „Ausblendung“ des § 3a Abs. 1a letzter Satz UStG 1994) anzustellen. Aufgrund des aufgezeigten systematischen Zusammenhangs der Bewirkung besteuerter Umsätze einerseits und des Rechts auf Vorsteuerabzug andererseits erweist sich auch der Vorwurf der mitbeteiligten Partei, mit dem Zulässigkeitsvorbringen verlasse das revisionswerbende Finanzamt den „bisherigen Streitgegenstand“ als unberechtigt. Zum Revisionsvorbringen, der Mitbeteiligte habe auf „das Gesetz“ (gemeint das UStG 1994 in der Fassung des BGBl. I Nr. 27/2004) vertraut, ist zu sagen, dass es ihm im fortzusetzenden Verfahren unbenommen bleibt, sich (insgesamt) auf die Anwendung des nationalen Rechts (nichtsteuerpflichtiger Eigenverbrauch mit Vorsteuerausschluss) zu stützen.

21

Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.“

2. Damit ist das Schicksal der vorliegenden Beschwerde entschieden. Mit dem Erkenntnis vom 27. September 2017, Zl. Ra 2015/15/0045, hat der Verwaltungsgerichtshof dezidiert ausgesprochen, dass § 3a Abs. 1a letzter Satz UStG 1994, der seit der Novellierung durch das BGBl. I Nr. 27/2004 einen unbesteuerten Eigenverbrauch bei der unternehmensfremden Verwendung eines Grundstückes im Betriebsvermögen statuiert, was im Gegenzug seit dieser Novelle einen Vorsteuerausschluss gemäß § 12 Abs. 3 Z 4 UStG 1994 zur Folge hat, aus unionsrechtlichen Gründen keine Anwendung auf untergeordnet privat genutzte Gebäude finden kann. Dass nämlich dieser § 12 Abs. 3 Z 4 UStG 1994 das unionsrechtliche Beibehaltungsrecht im Hinblick auf derlei untergeordnet privat genutzte Gebäude im Wege einer Verschärfung überschreite, war bereits im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. März 2013, Zl. 2010/15/0085, eine substantielle Aussage. Quintessenz dieser Entscheidung war, dass bei der untergeordneten Privatnutzung eines zur Gänze dem Betriebsvermögen zugehörigen Gebäudes anstelle des § 12 Abs. 3 Z 4 UStG 1994 der nicht gegen die Beibehaltungsermächtigung verstoßende § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 zur Anwendung zu gelangen hat.

Ein 100%iger Vorsteuerabzug bei derlei Gebäuden bedarf einer Besteuerung des Verwendungseigenverbrauchs, wie es sich zwingend aus der Rechtsprechung des EuGH (EuGH vom 16. Februar 2012, C-594/10 , Laarhoven, aber auch schon aus EuGH vom 8. Mai 2003, C-269/00 , Seeling) ergibt. Beruft sich daher ein Steuerpflichtiger auf die Unionsrechtswidrigkeit eines Vorsteuerausschlusses, wie hier des § 12 Abs. 3 Z 4 UStG 1994 vor der Novellierung der MwStSystRL durch die RL 2009/162/EU und den damit eingefügten, ab dem Jahr 2011 rechtswirksamen Artikel 168a MwStSystRL, so kann er nicht zugleich einen nach nationalem Recht steuerbefreiten Eigenverbrauch nach § 3a Abs. 1a letzter Satz UStG 1994 geltend machen. Hierzu wird vom Verwaltungsgerichtshof auf die Rechtsprechung des EuGH (EuGH vom 19. Jänner 1982, Rs 8/81 , Becker; EuGH vom 28. November 2013, C-319/12 , MDDP; EuGH vom 26. Februar 2015, C-144/13 , C-154/13 und C-160/13 , VDP Dental Laboratory NV) verwiesen. Das Bundesfinanzgericht hat somit eine Eigenverbrauchsbesteuerung nach § 3a Abs. 1a UStG 1994 unter Ausblendung des letzten Satzes dieses Absatzes, der Grundstücke ausdrücklich ausnimmt, anzuordnen.

In diesem Zusammenhang wird ausdrücklich auf § 63 Abs. 1 VwGG in der ab dem 1. Jänner 2014 geltenden Fassung des BGBl. I Nr. 33/2013 verwiesen: Wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision stattgegeben hat, sind die Verwaltungsgerichte und die Verwaltungsbehörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen. Das Bundesfinanzgericht ist daher an die im Erkenntnis vom 27. September 2017, Zl. Ra 2015/15/0045, dargelegte Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes gebunden.

In diesem Erkenntnis (Rn. 20, letzter Satz) hat der Verwaltungsgerichtshof auch zum Ausdruck gebracht, dass es dem Bf. im fortzusetzenden Verfahren unbenommen bleibt, sich (insgesamt) auf die Anwendung des nationalen Rechts (nichtsteuerpflichtiger Eigenverbrauch mit Vorsteuerausschluss) zu stützen. Dazu ist festzuhalten, dass der Bf. sich - nach wie vor - auf einen 100%igen Vorsteuerabzug im Hinblick auf das zur Gänze dem Betriebsvermögen zugehörige, untergeordnet privat genutzte Gebäude beruft und mit Schreiben vom 6. November 2017 vielmehr die Bemessungsgrundlagen für den in den Streitjahren zu erfassenden Verwendungseigenverbrauch hinsichtlich der Nutzung für private Wohnzwecke bekannt gegeben hat.

3. Antrag auf Gesetzesprüfung beim Verfassungsgerichtshof

3.1. Mit Schreiben vom 6. November 2017 beantragte der Bf. gemäß Art. 140 B-VG die Aufhebung des § 12 Abs. 3 Z 4 UStG 1994 idF BGBl. I Nr. 27/2004 und des § 3a Abs. 1a letzter Satz UStG 1994 idF BGBl. I Nr. 27/2004 beim Verfassungsgerichtshof. Der Vorsteuerabzug für Betriebsgebäude sei nach der Rechtsprechung des EuGH (EuGH vom 23. April 2009, C-460/07 , Sandra Puffer) und des VwGH (VwGH 28.5.2009, 2009/15/0100) „versteinert(Beiser, Steuern 7 (2009), 296; derselbe, Der Vorsteuerabzug für Gebäude - zurück zum UStG 1972!, SWK 20/21/2009, S 627 ff).

§ 12 Abs. 3 Z 4 und § 3a Abs. 1a letzter Satz UStG 1994, jeweils idF BGBl. I Nr. 27/2004, würden dieser Rechtsprechung des EuGH und VwGH widersprechen und die Bürger somit in die Irre führen: Das widerspreche dem Rechtsstaatsprinzip, wonach Abgabepflichtige auf das Gesetz vertrauen dürften (Art. 18 B-VG). Durch die Aufhebung der unionsrechtswidrigen Bestimmungen in § 12 Abs. 3 Z 4 und § 3a Abs. 1a letzter Satz UStG 1994 werde wenigstens pro futuro das Legalitätsprinzip in Österreich wieder hergestellt.

3.2. Mit der vorliegenden Entscheidung stützte das Bundesfinanzgericht - der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgend (VwGH 19.3.2013, 2010/15/0085) - den 100%igen Vorsteuerabzug bezüglich des zur Gänze dem Betriebsvermögen des Bf. zugehörigen, untergeordnet privat genutzten Gebäudes auf § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 idF BGBl. I Nr. 106/1999. Die Besteuerung des Verwendungseigenverbrauchs hinsichtlich der Privatnutzung des Bf. wurde - wiederum der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgend (VwGH 27.9.2017, Ra 2015/15/0045) - auf der Grundlage des § 3a Abs. 1a UStG 1994 idF BGBl. I Nr. 27/2004, jedoch unter Ausblendung des letzten Satzes dieses Absatzes, vorgenommen. Es ist somit festzuhalten, dass mit der vorliegenden Entscheidung die vom Bf. als verfassungswidrig erachteten § 12 Abs. 3 Z 4 UStG 1994 idF BGBl. I Nr. 27/2004 und § 3a Abs. 1a letzter Satz UStG 1994 idF BGBl. I Nr. 27/2004 gerade nicht zur Anwendung gelangten. Diese Gesetzesbestimmungen sind somit bezogen auf den vorliegenden Beschwerdefall nicht präjudiziell.

Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass bereits der Verwaltungsgerichtshof (in dem diesem Beschwerdeverfahren vorgelagerten Revisionsverfahren zu Zl. Ra 2015/15/0045) keine Veranlassung gesehen hat, im Hinblick auf § 12 Abs. 3 Z 4 UStG 1994 und § 3a Abs. 1a letzter Satz UStG 1994, jeweils idF BGBl. I Nr. 27/2004, ein Gesetzesprüfungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof zu beantragen.

4. Antrag auf eine Vorabentscheidung des EuGH nach Art. 267 AEUV

4.1. Mit Schreiben vom 6. November 2017 beantragte der Bf. eine Vorabentscheidung des EuGH nach Art. 267 AEUV. Nach der Rechtsprechung des EuGH (EuGH vom 23. April 2009, C-460/07 , Sandra Puffer) und des VwGH (VwGH 28.5.2009, 2009/15/0100) stehe bezüglich des zu mehr als 80 % betrieblich (und demnach bloß untergeordnet privat) genutzten Gebäudes des Bf. der volle Vorsteuerabzug zu. Eine Besteuerung der privaten Nutzung sei in Österreich demgegenüber gesetzlich ausdrücklich ausgeschlossen. Die im Gesetz (§ 3a Abs. 1a letzter Satz UStG 1994 idF BGBl. I Nr. 27/2004) ausdrücklich verankerte Regel für eine private Verwendung von Unternehmensgebäuden für Zwecke außerhalb des Unternehmens erfasse den Anlassfall nach ihrem klaren Gesetzeswortlaut und schließe eine Umsatzbesteuerung einer privaten Nutzung von Unternehmensgebäuden aus. Die daraus entstehende Konsumbesteuerungslücke sei längst aufgezeigt und als sach- und unionsrechtswidrig kritisiert worden (Hinweis auf zB Beiser, USt: Die unternehmerische Tätigkeit und der Vorsteuerabzug in Mischnutzungsfällen, ÖStZ 2010/478, 227 ff).

Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH dürfe sich ein Unternehmer jedoch zu seinen Gunsten auf nationales Recht (hier: auf § 3a Abs. 1a letzter Satz des österreichischen UStG in seiner für die Streitjahre 2004 und 2005 gültigen Fassung) auch insoweit berufen, als das nationale Recht die MwStSystRL der EU nicht richtig umsetze. Beiser, Das Fehlerkalkül des EuGH und der Vorsteuerabzug für die Privatwohnung im Betriebsgebäude, SWK 10/2013, 546 ff, sehe darin „ein bürgerfreundliches Gesamtkalkül“ des EuGH zur Sicherung der Rechtsstaatlichkeit und des Vertrauens der Unionsbürger in nationale Gesetze einerseits (das Legalitätsprinzip diene der Rechtssicherheit) und einer unionsrechtskonformen Rechtsanwendung zu Gunsten der Bürger andererseits. Nach dieser Rechtsprechung des EuGH sei eine Belastung des privaten Wohnens im Betriebsgebäude des Bf. nach § 3a Abs. 1a letzter Satz des österreichischen UStG 1994 ausgeschlossen, obwohl Österreich nach Unionsrecht zur Schließung der daraus entstehenden Konsumbesteuerungslücke verpflichtet sei.

Folgende Fragen seien dem EuGH zur Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV vorzulegen:

„Schließt § 3a Abs. 1a letzter Satz des österreichischen UStG 1994 in seiner für die Streitjahre 2004 und 2005 gültigen Fassung eine Besteuerung einer privaten Verwendung eines Unternehmensgebäudes für Zwecke außerhalb des Unternehmens (Familienwohnung der Unternehmerfamilie) aus, obwohl die Mehrwertsteuer-RL (2006/112/EG ) Österreich zu einer lückenlosen Konsumbesteuerung verpflichtet?

Darf der Abgabepflichtige im Sinn des Rechtsstaatsprinzips auf das nationale Recht (hier auf § 3a des österreichischen UStG 1994) vertrauen?“

Bejahe der EuGH diese Fragen im Sinn seiner ständigen Rechtsprechung zum Fehlerkalkül bei der Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Recht, so schließe dies im Beschwerdefall eine Umsatzsteuerpflicht nach § 3a Abs. 1a UStG 1994 aus. Die Entscheidung des EuGH sei somit für den Beschwerdefall präjudiziell.

4.2. Gemäß Art. 267 AEUV entscheidet der Gerichtshof der Europäischen Union im Wege der Vorabentscheidung

a) über die Auslegung der Verträge,

b) über die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union.

Wird eine derartige Frage einem Gericht eines Mitgliedstaats gestellt und hält dieses Gericht eine Entscheidung darüber zum Erlass seines Urteils für erforderlich, so kann es diese Frage dem Gerichtshof zur Entscheidung vorlegen. Wird eine derartige Frage in einem schwebenden Verfahren bei einem einzelstaatlichen Gericht gestellt, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, so ist dieses Gericht zur Anrufung des Gerichtshofs verpflichtet.

Das Bundesfinanzgericht teilt die Ansicht des Finanzamtes AA (vgl. dessen Stellungnahme vom 11. Dezember 2017), dass die zweite vom Bf. gestellte Frage von der Beantwortung der ersten Frage abhängig ist. Diese erste Frage wiederum hat ausschließlich die Auslegung des nationalen Rechts zum Inhalt. Eine solche Frage kann nicht Gegenstand eines Verfahrens nach Art. 267 AEUV sein. Vielmehr ist es Sache des nationalen Gerichts (dies gilt auch im Vorabentscheidungsverfahren), das nationale Recht auszulegen (vgl. zB EuGH vom 28.6.2016, C-332/15 , Giuseppe Astone, Rn 24 mwN).

Angemerkt wird zudem, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 27. September 2017, Zl. Ra 2015/15/0045, auf der Grundlage der zitierten Rechtsprechung des EuGH (EuGH vom 8. Mai 2003, C-269/00 , Seeling; EuGH vom 16. Februar 2012, C-594/10 , Laarhoven; EuGH vom 19. Jänner 1982, Rs 8/81 , Becker; EuGH vom 28. November 2013, C-319/12 , MDDP; EuGH vom 26. Februar 2015, C-144/13 , C-154/13 und C-160/13 , VDP Dental Laboratory NV) unmissverständlich ausgesprochen hat, dass § 3a Abs. 1a letzter Satz UStG 1994 idF BGBl. I Nr. 27/2004 aus unionsrechtlichen Gründen keine Anwendung auf untergeordnet privat genutzte Gebäude, die zum vollen Vorsteuerabzug berechtigten, finden kann, weshalb im Beschwerdefall eine Eigenverbrauchsbesteuerung vorzunehmen ist. Eine Auslegung des § 3a Abs. 1a UStG 1994 idF BGBl. I Nr. 27/2004, wie sie der Bf. begehrt (Vorsteuerabzug für untergeordnet privat genutzte Gebäudeteile ohne anschließende Besteuerung der privaten Verwendung) widerspricht eindeutig dem Unionsrecht, aber auch dem nationalen Verfassungsrecht. Es liegt daher auch aus diesem Grund keine unionsrechtliche Rechtsfrage vor, für deren Beantwortung eine Vorabentscheidung des EuGH erforderlich wäre.

Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass auch der Verwaltungsgerichtshof in dem diesem Beschwerdeverfahren vorgelagerten Revisionsverfahren zu Zl. Ra 2015/15/0045 keine Veranlassung gesehen hat, dem EuGH eine Frage zur Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV vorzulegen. Wenn er Zweifel an der Auslegung einer Vorschrift des Unionsrechts gehabt hätte, wäre er zur Vorlage an den EuGH gemäß Art. 267 AEUV verpflichtet gewesen, wogegen das Bundesfinanzgericht ohnehin nur eine Vorlageberechtigung trifft. Die unionsrechtlichen Bedenken des Bf. werden demnach auch vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt.

4.3. Wenn der Bf. vermeint, dass sich ein Unternehmer auf der Grundlage der Rechtsprechung des EuGH zu seinen Gunsten auf nationales Recht (hier: § 3a Abs. 1a letzter Satz UStG 1994 idF BGBl. I Nr. 27/2004) insoweit berufen dürfe, als das nationale Recht die MwStSystRL nicht richtig umsetze, so ist dem Folgendes entgegenzuhalten:

§ 3a Abs. 1a letzter Satz UStG 1994 idF BGBl. I Nr. 27/2004 muss im Beschwerdefall unangewendet bleiben, zumal diese Bestimmung im Konnex zu § 12 Abs. 3 Z 4 UStG 1994 idF BGBl. I Nr. 27/2004 steht, der aufgrund des Vorrangs von § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 nicht greift. Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes (vgl. auch Mayr, Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von untergeordnet privat genutzten Gebäuden ab 1.5.2004, SWK 18/2013, 831, Pkt. 4.2.) bedingen einander § 3a Abs. 1a letzter Satz UStG 1994 und § 12 Abs. 3 Z 4 UStG 1994 in der Form, dass die eine Bestimmung nicht losgelöst von der anderen angewendet oder nicht angewendet werden darf. Die beiden Gesetzesstellen sind gemeinsam in BGBl. I Nr. 27/2004 eingefügt worden und vom Gesetzgeber offenbar als gemeinsames Ganzes betrachtet worden. In den Gesetzesmaterialien zum BGBl. I Nr. 27/2004 (436 BlgNR XXII. GP ) heißt es:

„Zu Z 2 und Z 3 - § 3a Abs. 1a letzter Satz und § 12 Abs. 3 Z 4:

(…) Es wird daher von der im Artikel 6 Abs. 2 zweiter Satz der 6. EG-Richtlinie vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, wonach die Mitgliedstaaten Abweichungen vom Eigenverbrauch vorsehen können, sofern solche Abweichungen nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen.

Von dieser Bestimmung wird insofern Gebrauch gemacht, als die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Grundstückes für private Zwecke nicht der Eigenverbrauchsbesteuerung unterzogen wird. Dementsprechend wird im § 12 Abs. 3 Z 4 UStG 1994 der Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Auch dies entspricht der 6. EG-Richtlinie, wonach ein Vorsteuerabzug gemäß Artikel 17 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie grundsätzlich nur im Zusammenhang mit besteuerten Umsätzen zusteht.

Im vorliegenden Fall führt die Abweichung nicht nur nicht zu Wettbewerbsverzerrungen, sondern es werden durch die Neuregelung erst gleiche Wettbewerbsbedingungen geschaffen.“

Es wäre dem Bf. unbenommen geblieben, sich insgesamt auf die Anwendung des nationalen Rechts zu stützen und einen demnach nichtsteuerpflichtigen Eigenverbrauch nach § 3a Abs. 1a letzter Satz UStG 1994 geltend zu machen; dann wäre ihm aber gemäß § 12 Abs. 3 Z 4 UStG 1994 auch ein Vorsteuerabzug für den untergeordnet privat genutzten Gebäudeteil verwehrt geblieben. Demgegenüber hat sich der Bf. auf die für ihn insgesamt vorteilhaftere Variante berufen (sofortiger Vorsteuerabzug für den untergeordnet privat genutzten Gebäudeteil gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994, allerdings mit der Folge einer Eigenverbrauchsbesteuerung der Privatnutzung gemäß § 3a Abs. 1a UStG 1994 unter Ausblendung des letzten Satzes dieses Absatzes in den Folgejahren).

Aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. September 2017, Zl. Ra 2015/15/0045, geht hervor, dass es ganz allgemein unzulässig ist, sich unmittelbar auf eine in der MwStSystRL vorgesehene Begünstigung zu berufen und eine dem widersprechende innerstaatliche Regelung mit gegenteiliger Auswirkung zusätzlich in Anspruch zu nehmen, um so einen doppelten (systemwidrigen) Vorteil zu erzielen. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH hat der Verwaltungsgerichtshof in diesem vorgelagerten Revisionsverfahren eine system- und grundrechtskonforme Entscheidung getroffen, nach der bei privater Nutzung eines zum Vorsteuerabzug berechtigenden Gegenstands eine fiktive Dienstleistung zu versteuern ist. Wenn sich der Steuerpflichtige bei der Vornahme des Vorsteuerabzugs auf Unionsrecht stützt, muss er auch der nach Unionsrecht vorgesehenen Steuerpflicht für den Eigenverbrauch nachkommen und kann sich diesbezüglich nicht auf die für ihn günstigere nationale Norm stützen.

5. Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen

5.1. Vorsteuerabzug:

Die mit dem untergeordnet privat genutzten Gebäudeteil zusammenhängenden Umsatzsteuerbeträge sind gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 als Vorsteuer abzugsfähig.

Die anzuerkennenden Vorsteuerbeträge ermitteln sich wie folgt:

 

2004

2005

Vorsteuern lt. Bp

79.785,01 €

13.230,78 €

Vorsteuerkürzung lt. Bp

34.489,86 €

199,64 €

Vorsteuern lt. BFG

114.274,87 €

13.430,42 €

5.2. Eigenverbrauch:

In den Streitjahren 2004 und 2005 ist für den privat genutzten Gebäudeteil, der unbestritten mit 18,07 % der Gesamtnutzfläche des Betriebsgebäudes festgestellt wurde, ein auf § 3a Abs. 1a Z 1 UStG 1994 gestützter Verwendungseigenverbrauch zu erfassen.

Im Jahr 2004 betrug die Gebäude-AfA (als Bemessungsgrundlage für den Verwendungseigenverbrauch) 10.871,13 €. Die Bauphase des Jahres 2004 wurde erst in der zweiten Jahreshälfte abgeschlossen, weshalb für dieses Jahr von einer aliquoten Halbjahres-AfA auszugehen ist. Die Bemessungsgrundlage für den Verwendungseigenverbrauch ermittelt sich für das Jahr 2004 (in Übereinstimmung mit den beiden Parteien) wie folgt:

10.871,13 € x 50 % = 5.435,57 € x 18,07 % = 982,21 €

Im Jahr 2005 betrug die Gebäude-AfA 18.504,79 € (vgl. das Anlagenverzeichnis für dieses Jahr; vgl. auch den Einwand des Finanzamtes AA lt. Schreiben vom 11. Dezember 2017, dem der Bf. lt. Schreiben vom 17. Februar 2018 nicht widersprochen hat). Die Bemessungsgrundlage für den Verwendungseigenverbrauch ermittelt sich für das Jahr 2005 wie folgt:

18.504,79 € x 18,07 % = 3.343,82 €

Die Privatnutzung ist nach herrschender Rechtsprechung und Literatur als fiktive Dienstleistung dem Normalsteuersatz von 20 % zu unterwerfen (vgl. UFS 10.8.2009, RV/0353-S/08, mit ausführlicher Begründung in dessen Pkt. 2.2.2.2; UFS 8.8.2011, RV/0066-S/10, mit ausführlicher Begründung in dessen Pkt. 2.2.2.3; UFS 15.5.2013, RV/0864-G/09; UFS 12.9.2013, RV/0437-G/12; BFG 14.8.2015, RV/6100306/2013; BFG 27.9.2016, RV/2100556/2011; vgl. auch Schwaiger, Urlaub mit Vorsteuerabzug: die schöne Seite des Puffer-Erkenntnisses, UFSjournal 2009, 412; Krumenacker, Vorsteuerabzug und Besteuerung der Privatnutzung, SWK 6/2013, 364; Bürgler/Six/Stifter in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, UStG-ON 2.07 § 3a UStG (Stand 1.1.2016, rdb.at), Rz 25; Mayr/Ungericht, UStG 4 (2014), § 3a Anm. 47).

In diesem Zusammenhang ist auch festzuhalten, dass die angeführte Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates (UFS 8.8.2011, RV/0066-S/10) beim Verwaltungsgerichtshof mit Beschwerde bekämpft wurde. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 27.11.2014, 2011/15/0154, abgelehnt und die in Beschwerde gezogene Entscheidung, die eine entsprechende Eigenverbrauchsbesteuerung zum Normalsteuersatz vorgesehen hat, nicht aufgehoben (vgl. dazu auch Mayr, Teilweise privat genutzte Ferienwohnungen - Rechtslage 2004 bis 2010 und ab 2011, ÖStZ 2015/291, 217).

Die Bemessungsgrundlagen für den Eigenverbrauch ermitteln sich wie folgt:

 

2004

2005

Eigenverbrauch (KZ 001) lt. Bp

3.240,00 €

3.240,00 €

Privatnutzung Gebäude lt. BFG

982,21 €

3.343,82 €

Eigenverbrauch lt. BFG

4.222,21 €

6.583,82 €

Die dem Normalsteuersatz unterliegenden Umsätze (KZ 022) erhöhen sich gegenüber den angefochtenen Bescheiden um 982,21 € (im Jahr 2004) und 3.343,82 € (im Jahr 2005).

5.3. Die Berechnung der Umsatzsteuer für die Jahre 2004 und 2005 ist den beiliegenden Berechnungsblättern zu entnehmen, die insoweit Bestandteil dieses Erkenntnisses sind.

6. Endgültige Festsetzung der Umsatzsteuer

6.1. Mit den angefochtenen Bescheiden wurde die Umsatzsteuer für die Jahre 2004 und 2005 gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig festgesetzt. Der Bf. beantragte demgegenüber, den Vorsteuerabzug erklärungsgemäß in Form endgültiger Bescheide zu gewähren.

6.2. Gemäß § 279 Abs. 1 BAO in der Fassung FVwGG 2012, BGBl. I Nr. 14/2013, hat das Verwaltungsgericht außer in den Fällen des § 278 BAO immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen. Ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes darf daher zB auch einen vorläufigen Bescheid durch einen endgültigen ersetzen (vgl. Ritz, BAO 6 , § 279 Tz 14, mwN).

Gemäß § 200 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde die Abgabe vorläufig festsetzen, wenn nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens die Abgabepflicht zwar noch ungewiss, aber wahrscheinlich oder wenn der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiss ist. Die Ersetzung eines vorläufigen durch einen anderen vorläufigen Bescheid ist im Fall der teilweisen Beseitigung der Ungewissheit zulässig. Wenn die Ungewissheit (Abs. 1) beseitigt ist, ist die vorläufige Abgabenfestsetzung gemäß § 200 Abs. 2 BAO durch eine endgültige Festsetzung zu ersetzen. Gibt die Beseitigung der Ungewissheit zu einer Berichtigung der vorläufigen Festsetzung keinen Anlass, so ist ein Bescheid zu erlassen, der den vorläufigen zum endgültigen Abgabenbescheid erklärt. Nach Maßgabe des § 93 Abs. 3 lit. a BAO ist in der Begründung eines vorläufigen Bescheides insbesondere anzugeben, welche Ungewissheit für die Vorläufigkeit ausschlag­gebend war (vgl. Ritz, BAO 6 , § 200 Tz 9, mwN).

6.3. Die angefochtenen Bescheide betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2004 und 2005 wurden hinsichtlich der Vorläufigkeit nicht begründet. Auch der gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufige Umsatzsteuererstbescheid für das Jahr 2004 (vom 17. Februar 2006) begnügte sich hinsichtlich der Vorläufigkeit mit der Wiedergabe des Gesetzestextes. Offensichtlich erblickte das Finanzamt AA die Ungewissheit in der - bis zur höchstgerichtlichen Klärung - bestehenden Rechtsunsicherheit, wie der Vorsteuerabzug bei gemischt genutzten Gebäuden auf der Grundlage des EuGH-Urteils vom 8. Mai 2003, Rs C-269/00 , Seeling, zu beurteilen ist.

Abgabenbescheide dürfen nur vorläufig erlassen werden, wenn eine „zeitlich bedingte“ Ungewissheit über das Bestehen bzw. den Umfang der Abgabepflicht besteht (vgl. Ritz, BAO 6 , § 200 Tz 1, mwN). Es muss sich um vorübergehende Hindernisse in Form von Ungewissheiten im Tatsachenbereich handeln (VwGH 21.5.1997, 96/14/0084; VwGH 29.7.1997, 95/14/0117; VwGH 10.6.2002, 2002/17/0039; VwGH 17.4.2008, 2007/15/0054). Die Ungewissheit, wie eine Rechtsfrage von der Berufungsbehörde und letztlich von den Gerichtshöfen öffentlichen Rechts gelöst werden wird, rechtfertigt nicht eine vorläufige Bescheiderlassung durch das Finanzamt (VwGH 28.10.1993, 93/14/0123).

Die angefochtenen Bescheide betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2004 und 2005 wurden somit am 18. Jänner 2007 zu Unrecht gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig erlassen. Dessen ungeachtet ist mittlerweile auch für die Streitjahre höchstgerichtlich geklärt (vgl. VwGH 19.3.2013, 2010/15/0085), wie der Vorsteuerabzug bei gemischt genutzten Gebäuden im Falle untergeordneter Privatnutzung zu beurteilen ist. Eine Ungewissheit im Tatsachenbereich lag ebenfalls nicht vor. Dies umso weniger, als anlässlich der Außenprüfung eine - sowohl auf den reinen Um- und Zubau als auch auf das Gesamtgebäude bezogene - Nutzflächenberechnung durchgeführt wurde und das Ausmaß der betrieblichen bzw. privaten Gebäudenutzung unbestritten festgestellt werden konnte. Die Umsatzsteuer für die Jahre 2004 und 2005 ist mit diesem Erkenntnis daher endgültig festzusetzen.

V. Zulässigkeit einer Revision

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Beschwerdefall wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Im Hinblick auf das im vorgelagerten Revisionsverfahren ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. September 2017, Zl. Ra 2015/15/0045, ist die Rechtsfrage der Eigenverbrauchsbesteuerung bereits geklärt. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher unzulässig.

 

 

Innsbruck, am 20. März 2018

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 12 Abs. 3 Z 4 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 3a Abs. 1a UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994

Verweise:

VwGH 27.09.2017, Ra 2015/15/0045
VwGH 19.03.2013, 2010/15/0085
EuGH 16.02.2012, C-594/10
EuGH 08.05.2003, C-269/00
EuGH 28.11.2013, C-319/12
EuGH 26.02.2015, C-144/13
EuGH 23.04.2009, C-460/07
UFS 08.08.2011, RV/0066-S/10
BFG 02.04.2015, RV/3100367/2013

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