UFS RV/0437-G/12

UFSRV/0437-G/1212.9.2013

Vorsteuerabzug für im untergeordneten Ausmaß privat genutzte Gebäudeteile

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2013/15/0271 eingebracht (Amtsbeschwerde). Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 29.6.2016 abgelehnt.

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., Hotelbetrieb, H., vertreten durch Feilenreiter & Co. Wirtschaftsprüfungs GesmbH, Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungskanzlei, 8962 Gröbming, Wiesackstraße 624, vom 13. November 2009 gegen den Bescheid des Finanzamtes Judenburg Liezen vom 13. November 2009 betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2007 entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw.) hat die aus dem Um- und Zubau des bestehenden Betriebsgebäudes "Hotel XX.", in dem sich auch die Privatwohnung der beiden Gesellschafter befindet, resultierenden Vorsteuern zur Gänze geltend gemacht.

Das Finanzamt hat im angefochtenen Bescheid unter Bezugnahme auf die Feststellungen der Außenprüfung die Rechtsansicht vertreten, dass die auf die Privatwohnung, deren Nutzflächenanteil am Zubau 25 % betrage, entfallenden Vorsteuern in Höhe von € 17.571,61 gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 nicht abzugsfähig seien.

Dagegen hat die Bw. in der Berufung bzw. Berufungsergänzung die Rechtsauffassung vertreten, dass der Zubau, wie vom Finanzamt im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung festgestellt worden sei, "durch Abbruch von Mauerwerk in das bestehende Altgebäude integriert wurde" und demnach der Nutzflächenanteil der Privatwohnung am Gesamtgebäude unbestritten 4,15 % betrage. Dies habe zur Folge, dass auf Grund der untergeordneten Privatnutzung der Vorsteuerabzug zur Gänze zustehe. Die Bemessungsgrundlage für den Eigenverbrauch betrage für das Streitjahr € 271,86 (Halbjahresabschreibung).

Das Finanzamt hat im Schreiben vom 4. September 2013 dem Unabhängigen Finanzsenat mitgeteilt, dass es gegen die im Vorhalt vom 30. August 2013 zur Streitfrage der Einheitlichkeit des Bauwerkes und zur Vorsteuerabzugsfähigkeit der auf die Privatwohnung entfallenden Vorsteuern unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. März 2013, 2010/15/0085 und die Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom 15. Mai 2013, RV/0864-G/09, bekannt gegebene Rechtsansicht keine Einwendungen hat.

Über die Berufung wurde erwogen:

Zur Streitfrage der Abzugsfähigkeit von auf privat genutzte Räumlichkeiten entfallenden Vorsteuern im Falle einer untergeordneten Privatnutzung hat der Verwaltungsgerichtshof im abweisenden Erkenntnis vom 19. März 2013, 2010/15/0085 (der Anteil der beiden Wohnungen an der Gesamtnutzfläche des Hotelgebäudes betrug 6,21%) betreffend eine Amtsbeschwerde des Finanzamtes Feldkirch hinsichtlich Umsatzsteuer 2006 sowie Umsatzsteuer April und Dezember 2007 im Wesentlichen Nachstehendes zu Recht erkannt:

"Ungeachtet der Regelung des § 20 Abs. 1 Z 1 und Z 2 lit. a EStG 1988 zählen aber - wie oben ausgeführt - privat genutzte Gebäudeteile von untergeordneter Bedeutung einkommensteuerlich zum notwendigen Betriebsvermögen und führen damit zu (abzugsfähigen) Betriebsausgaben (AfA, etc.), welche erst in der Folge durch den korrespondierenden Ansatz einer so genannten "Nutzungsentnahme" im Ergebnis neutralisiert werden. Im Hinblick darauf ist die Regelung des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 - vor dem Hintergrund der Unionsrechtslage und somit jedenfalls für Zeiträume vor Inkrafttreten von Artikel 168a der Mehrwertsteuersystemrichtlinie - dahingehend auszulegen, dass sie für einen solchen Gebäudeteil, der erst nach einer Verrechnung mit der "Nutzungsentnahme" und sohin erst im saldierten Ergebnis zu nicht abzugsfähigen Aufwendungen führt, keinen Vorsteuerausschluss normiert.

Nach Artikel 17 Abs. 6 Unterabsatz 2 der Sechsten Richtlinie sind die Mitgliedstaaten bloß berechtigt, ihre zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Richtlinie bestehenden Regelungen über den Ausschluss des Vorsteuerabzugsrechts beizubehalten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. März 2012, 2009/15/0210, mwN). Entgegen der Ansicht des beschwerdeführenden Finanzamtes bewirkt sohin auch nicht die Regelung des § 3a Abs. 1a UStG den Vorsteuerausschluss für den in Rede stehenden untergeordneten Gebäudeteil (vgl. hiezu auch Ruppe/Achatz, UStG4, § 3 Tz 300, unter Hinweis auf das Urteil des EuGH vom 14. Juli 2005, C-434/03 , Charles).

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen."

Da sich demnach die im angefochtenen Bescheid vorgenommene Kürzung der auf die Privatwohnung entfallenden Vorsteuern in Höhe von insgesamt € 17.571,61 (beinhaltet auch die auf den Kamin der Privatwohnung entfallende Vorsteuer in Höhe von € 1.033,57 - da dieser einen unselbständigen Bestandteil des Gebäudes darstellt, teilen auch diese Vorsteuern das Schicksal der übrigen Gebäudevorsteuern) als rechtswidrig erweist, war der Berufung ein Erfolg beschieden.

Zur Eigenverbrauchsbesteuerung der Nutzung der Privatwohnung hat der Unabhängige Finanzsenat in der Berufungsentscheidung vom 15. Mai 2013, RV/0864-G/09 (Im Zuge eines Um- und Zubaus beim bestehenden Hotelgebäude sind neben diversen betrieblich genutzten Räumlichkeiten auch die Privatwohnung im Ausmaß von 8,41% der Nutzfläche des Gesamtgebäudes errichtet worden) Nachstehendes ausgeführt:

"Die Nutzung der Privatwohnung ist jedoch nach herrschender Lehre und Rechtsprechung als fiktive Dienstleistung dem Normalsteuersatz zu unterwerfen [vgl. UFS 10.8.2009, RV/0353-S/08; Krumenacker, SWK 3/2010, 076 und SWK 6/2013, 364 sowie Tumpel in FS Ruppe, 678 (Ruppe/Achatz, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, Wien 2011, § 3, Tz 300)]. Die vom Bw. in der Beilage zur Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2007 vom 8. Oktober 2008 dargestellte Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Privatnutzung in Höhe von € 3.450,00 (Halbjahresabschreibung) ist unstrittig."

Da sich gemäß § 4 Abs. 8 lit. b UStG 1994 der Umsatz beim Verwendungseigenverbrauch nach den auf die Nutzung des Gegenstandes entfallenden Kosten bemisst (vgl. auch Ruppe/Achatz, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, Wien 2011, § 4, Tz 170), beträgt, wie von der bevollmächtigten Vertreterin in der Berufungsergänzung vom 26. August 2013 zutreffend dargestellt wurde, im Streitjahr 2007 die Umsatzsteuerbemessungsgrundlage € 271,86.

Somit ändern sich die Bemessungsgrundlagen wie folgt:

Abzugsfähige Vorsteuern lt. angefochtenem Bescheid

144.875,21

zuzüglich Vorsteuern betr. Privatwohnung

+17.571,61

Abzugsfähige Vorsteuern lt. Berufungsentscheidung

162.446,82

Eigenverbrauch lt. angefochtenem Bescheid

6.325,52

zuzüglich Verwendungseigenverbrauch betr. Privatwohnung

+271,86

Eigenverbrauch lt. Berufungsentscheidung

6.597,38

Die dem Normalsteuersatz unterliegenden Umsätze in Höhe von € 54.464,89 lt. angefochtenem Bescheid erhöhen sich somit um € 271,86 auf € 54.736,75.

Es war daher wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Graz, am 12. September 2013

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 3a Abs. 1a UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994

Schlagworte:

Privatwohnung, Hotel, untergeordnete Privatnutzung, fiktive Dienstleistung

Verweise:

VwGH 19.03.2013, 2010/15/0085
UFS 15.05.2013, RV/0864-G/09

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