Verjährungsfrist bei hinterzogenen Abgaben
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2015:RV.2100695.2014
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf. als Erbe nach XY, K, vertreten durch Dr. Hans Hintner, Steuerberater, Körösistraße 56/8/40, 8010 Graz, gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom 18. Dezember 2013, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2003, zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.
Bezüglich der Bemessungsgrundlage und der festgesetzten Einkommensteuer ergeben sich gegenüber der Beschwerdevorentscheidung vom 12. Mai 2014 keine Änderungen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Das Finanzamt hat im Einkommensteuerbescheid 2003 mit folgender Begründung die Steuer von Kapitalerträgen aus ausländischen Kapitalanlagen in Höhe von 6.392 € festgesetzt:
"Da Sie die Besteuerungsgrundlagen nicht innerhalb der Ihnen mit Vorhalt gewährten Frist bekannt gegeben haben, sind diese im Schätzungswege gem. § 184 BAO zu ermitteln. Die Einkünfte aus Kapitalvermögen werden mit 10 % des Kontostandes der von der schweizerischen Zahlstelle gem. Art. 9 des Steuerabkommens der Republik Österreich und der Schweiz für das Jahr 2003 geschätzt.
Jahr: 2003
Kontostand: € 255.568,00
Der geschätzte Betrag umfasst ordentliche Erträge (Zinsen, Dividenden, sonstige Ausschüttungen) und außerordentliche Erträge (Substanzgewinne, Spekulationsgewinne bzw. realisierte Wertsteigerungen)."
In der dagegen eingebrachten Beschwerde hat der Beschwerdeführer (Bf.) ausgeführt, dass ihm der im angefochtenen Bescheid zitierte Vorhalt nie zugekommen sei, da er an eine falsche Adresse zugestellt worden sei. Die Schätzung sei unberechtigt, weil der begründete Verdacht bestehe, dass der Abgabenanspruch schon lange verjährt sei.
In der dem Finanzamt am 3. Mai 2014 vom bevollmächtigten Vertreter des Bf. überreichten "Selbstanzeige gem. § 29 FinStrG für die Jahre 2003 - 2011/Vervollständigung der Selbstanzeige gem. § 29 FinStrG iVm Art. 10 Steuerabkommen Schweiz aufgrund der freiwilligen Meldung gem. Art. 9 Steuerabkommen Schweiz" wurde Nachstehendes ausgeführt:
Der Bf. (in der Folge: Erbe) habe als Gesamtrechtsnachfolger nach der am 12. Juli 2011 verstorbenen XY (geboren am 16. Februar 1929) [im Folgenden: Erblasserin] lt. beigeschlossenem Schreiben der Basler Kantonalbank als Erbe rechtzeitig betreffend die Kundennummer xxxxxxx eine freiwillige Meldung abgegeben. Er habe diese Meldung ohne jegliche Vorinformation seines bevollmächtigten Vertreters abgegeben, weil er der berechtigten Meinung gewesen sei, dass er nichts zu verbergen habe.
Die Erblasserin habe nach den vom Erben gemachten Angaben das letzte Mal im Jahr 1953 in Österreich gearbeitet; danach sei sie bis zu ihrer Pensionierung beruflich ausschließlich in der Schweiz als leitende Krankenschwester in einer psychiatrischen Klinik tätig gewesen. Die Erblasserin habe einen Schweizer Identitätsausweis besessen und sei Schweizer Staatsbürgerin gewesen, was durch die beigeschlossene Reisepasskopie bewiesen werde. Das gegenständliche Konto bei der Basler Kantonalbank habe ausschließlich aus den in der Schweiz erzielten Einkünften resultiert. Erst nach ihrer Pensionierung im Jahr 1985 sei die Erblasserin teilweise nach Österreich gezogen, wobei sie sich danach immer ca. 6 Monate im Jahr in der Schweiz aufgehalten hätte. Sie habe in Österreich lediglich eine monatliche Pensionsleistung von ca. 100 € bezogen. Es sei denkunmöglich, dass Gelder von Österreich in die Schweiz geflossen seien, die zwischenzeitige Erhöhung des Bankkontos in den Jahren 2003 und 2004 sei auf die Umbuchung von einem Schweizer Sparbuch zurückzuführen, welches schon sehr lange vor dem Inkrafttreten des gegenständlichen Steuerabkommens aufgebraucht worden sei.
Nach dem 31. Dezember 2005 habe die Erblasserin bis zu ihrem Tod am 12. Juli 2011 wesentliche Geldbeträge zur Verbesserung ihres Lebensunterhaltes und auch zur Sanierung einer ihr gehörigen Liegenschaft nach Österreich überweisen lassen.
Die in der Schweiz gutgeschriebenen Zinsen der einzelnen Jahre seien aus den beigeschlossenen Bankbelegen ersichtlich. Solange die gesetzliche Grundlage bestanden habe, sei von diesen Zinserträgen die Schweizer Verrechnungssteuer in Höhe von 35 % einbehalten worden, ohne dass jemals von der Erblasserin diese Verrechnungssteuer im Wege der österreichischen Finanzverwaltung rückgefordert worden sei. Aus dem beiliegenden Kontoauszug der Basler Kantonalbank für das Jahr 2011 ergebe sich klar, dass monatlich, wie in allen vorangegangenen Jahren, ausschließlich in der Schweiz steuerpflichtige Pensionen der Pensionskasse Basel-Stadt und der Caisse Suisse de compensation der Erblasserin zugeflossen seien.
Die Erblasserin sei sich nicht bewusst gewesen, dass die vorgenannten Zinsen in Österreich zu deklarieren gewesen wären, da die Schweiz Verrechnungssteuer einbehalten habe. Infolge der durch österreichische Lohnzettel beweisbaren ständig ganz niedrigen jährlichen Pensionseinkünfte werde in den einzelnen Jahren in Österreich das steuerfreie Existenzminimum bei Weitem nicht erreicht.
Aus den vorliegenden Tatbeständen und den vorgelegten Beweisen sowie dem der Finanzverwaltung zugänglichen Lohnzettelbeweis betreffend die Höhe der in Österreich zugeflossenen Pensionen ergebe sich klar, dass absolut keinerlei Abgabenverkürzung vorliege.
Er beantrage daher das Verfahren einzustellen, da weder für ein Finanzstrafverfahren noch für eine nachträgliche Abgabenfestsetzung nach dem Steuerabkommen mit der Schweiz eine Rechtsgrundlage bestehe. Selbst bei einer bestehenden Rechtsgrundlage wäre es mangels rechtlicher Gegebenheiten (Vorsatz usw.) denkunmöglich die zehnjährige Verjährungsfrist anzuwenden.
Das Finanzamt hat in der teilweise stattgebenden Beschwerdevorentscheidung die Einkommensteuer (Steuer von Kapitalerträgen aus ausländischen Kapitalanlagen), ausgehend von den im Jahr 2003 gutgeschriebenen Zinsen mit 471,40 € (= 25 % von 1.885,60) festgesetzt.
Im Vorlageantrag hat der Bf. unter Hinweis auf die Sachverhaltsdarstellung vom 3. Mai 2014 den Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides gestellt, da für die Anwendung der zehnjährigen Verjährungsfrist keine Rechtsgrundlage bestehe. Sollte eine solche Aufhebung nicht erfolgen, stelle er den Eventualantrag auf Regelbesteuerung der Kapitaleinkünfte 2003, woraus sich für das Jahr 2003 keinerlei Einkommensteuer ergebe, da die Pensionseinkünfte der verstorbenen XY nach Art. 18 des DBA mit der Schweiz unabhängig von der Ansässigkeit ausschließlich in der Schweiz zu versteuern gewesen seien und der österreichische Lohnzettel unter der KZ 245 steuerpflichtige Bezüge von lediglich 1.215,14 € ausweise.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Gemäß § 207 Abs. 1 BAO unterliegt das Recht, eine Abgabe festzusetzen, nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung.
Zufolge § 207 Abs. 2 BAO idF BBKG 2010, BGBl. I Nr. 105/2010 (ab 1.1.2003), beträgt die Verjährungsfrist, soweit eine Abgabe hinterzogen ist, zehn Jahre.
Die Verlängerung der Verjährungsfrist für hinterzogene Abgaben von sieben Jahren auf zehn Jahre ist nach § 323 Abs. 27 erstmals auf Abgaben anzuwenden, für die der Abgabenanspruch nach dem 31. Dezember 2002 entstanden ist (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Wien 2014, § 207, Tz 14a).
Abgabenrechtliche Verjährungsbestimmungen sind Normen des Verfahrensrechtes, bei denen es nicht auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches, sondern auf die im Zeitpunkt von dessen Durchsetzung gegebenen Verhältnissen ankommt. Daher ist das neue Verjährungsrecht auch auf solche Rechtsvorgänge anzuwenden, die sich vor seinem Inkrafttreten ereignet haben (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Wien 2014, § 209, Tz 42, mwN).
Gemäß § 37 Abs. 8 Z 3 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 71/2003 (ab 1.4.2003) sind nicht im Inland bezogene Kapitalerträge im Sinne des § 93 Abs. 2 Z 3 sowie des § 93 Abs. 3 bei der Berechnung der Einkommensteuer desselben Einkommensteuerpflichtigen weder beim Gesamtbetrag der Einkünfte noch beim Einkommen (§ 2 Abs. 2) zu berücksichtigen und mit einem besonderen Steuersatz von 25% zu versteuern.
Kapitalerträge im Sinne des § 93 Abs. 2 Z 3 EStG 1988 sind nach lit. a Zinserträge aus Geldeinlagen bei Kreditinstituten (§ 1 des Bankwesengesetzes).
§ 97 Abs. 4 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 71/2003 (ab 1.4.2003) lautet:
"Ist die nach dem Steuertarif für Kapitalerträge im Sinne des Abs. 1 und 2 sowie im Sinne des § 37 Abs. 8 zu erhebende Einkommensteuer geringer als die Kapitalertragsteuer, der freiwillig geleistete Betrag und die gemäß § 37 Abs. 8 gesondert zu berechnende Steuer, so ist der allgemeine Steuertarif anzuwenden. Dabei ist die Kapitalertragsteuer oder der freiwillig geleistete Betrag auf Antrag auf die zu erhebende Einkommensteuer anzurechnen und mit dem übersteigenden Betrag zu erstatten.
...
Der Antrag kann innerhalb von fünf Kalenderjahren ab dem Ende des Veranlagungsjahres gestellt werden."
Mit dem BudgetbegleitG 2003, BGBl. I Nr. 71/2003, wurde in § 97 Abs. 4 erster Satz auch für Kapitalerträge im Sinne des § 37 Abs. 8 die Möglichkeit zur Veranlagung nach dem allgemeinen Steuertarif vorgesehen, wenn die Sondersteuer von 25% höher ist [vgl. Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, Band III E, § 97, Tz 6 (47. Lieferung November 2010)]. Die Veranlagung mit dem allgemeinen Tarif erfolgt nur über Antrag (Regelbesteuerung). Für den Antrag gemäß § 97 Abs. 4 EStG 1988 gilt eine Frist von fünf Kalenderjahren ab Ende des Veranlagungsjahres (vgl. BFG 27.4.2015, RV/6100059/2014, betreffend eine verspätete Antragstellung).
Unter Bedachtnahme auf die vorhin dargestellte Rechtslage konnte der Beschwerde dem Grunde nach - die Höhe der Einkommensteuerbemessungsgrundlage ist im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht unbestritten - aus nachstehenden Erwägungen kein Erfolg beschieden sein:
Dem nicht näher begründeten Einwand des Bf. im Vorlageantrag, für die Anwendung der zehnjährigen Verjährungsfrist bestehe keine Rechtsgrundlage, ist Nachstehendes zu entgegnen:
Der Tatbestand der hinterzogenen Abgaben im Sinne des § 207 Abs. 2 BAO ist nach § 33 FinStrG zu beurteilen (vgl. VwGH 26.2.2004, 99/15/0127).
Gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG macht sich einer Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.
Gemäß § 33 Abs. 3 lit. a FinStrG ist eine Abgabenverkürzung bewirkt, wenn Abgaben, die bescheidmäßig festzusetzen sind, zu niedrig festgesetzt wurden oder infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches mit dem Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist (Anmeldefrist, Anzeigefrist) nicht festgesetzt werden konnten.
Für die Verwirklichung eines Vorsatzdelikts ist erforderlich, dass der Abgabepflichtige gemäß § 8 Abs. 1 FinStrG einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernsthaft für möglich hält und sich mit ihr abfindet.
Wenn - wie im gegenständlichen Fall - eine das Vorliegen der Abgabenhinterziehung aussprechende Entscheidung der Strafbehörde nicht vorliegt, hat die Abgabenbehörde festzustellen, dass Abgaben im Sinne des § 207 Abs. 2 zweiter Satz BAO hinterzogen sind. Die Beurteilung, ob Abgaben hinterzogen sind, setzt konkrete und nachprüfbare Feststellungen über die Abgabenhinterziehung voraus. Dabei ist vor allem in Rechnung zu stellen, dass eine Abgabenhinterziehung nicht schon bei einer (objektiven) Abgabenverkürzung vorliegt, sondern Vorsatz als Schuldform erfordert, und eine Abgabenhinterziehung somit erst als erwiesen gelten kann, wenn - in nachprüfbarer Weise - auch der Vorsatz feststeht.
Vorsätzliches Handeln beruht nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zwar auf einem nach außen nicht erkennbaren Willensvorgang, ist aber aus dem nach außen in Erscheinung tretenden Verhalten des Täters zu erschließen, wobei sich die diesbezüglichen Schlussfolgerungen als Ausfluss der freien Beweiswürdigung erweisen (vgl. VwGH 30.10.2003, 99/15/0098 und VwGH 23.6.1992, 92/14/0036). Dabei genügt es - nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (vgl. VwGH 25.4.1996, 95/16/0244; VwGH 19.2.2002, 98/14/0213 und VwGH 9.9.2004, 99/15/0250). Die Abgabenbehörde muss, wenn eine Partei eine für sie nachteilige Tatsache bestreitet, den Bestand der Tatsache nicht "im naturwissenschaftlich-mathematisch exakten Sinn" nachweisen (vgl. VwGH 23.2.1994, 92/15/0159).
Die zehnjährige Verjährungsfrist gilt unabhängig davon, ob der Abgabenschuldner selbst die Abgaben hinterzogen hat; es kommt nur darauf an, dass sie überhaupt hinterzogen worden sind. Diese Frist gilt auch, wenn eine Bestrafung wegen einer Selbstanzeige nach § 29 FinStrG nicht zulässig wäre (vgl. VwGH 28.1.1997, 96/14/0152).
Die objektive Tatseite des § 33 Abs. 1 iVm Abs. 3 lit. a FinStrG ist im vorliegenden Beschwerdefall jedenfalls erfüllt. Frau XY hat unter Verletzung der ihr obliegenden abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht nach § 119 BAO durch die Nichterklärung der für das Jahr 2003 von der Basler Kantonalbank gutgeschriebenen Zinsen eine Verkürzung von Abgaben bewirkt.
Für den subjektiven Tatbestand einer Abgabenhinterziehung ist es erforderlich, dass der Täter den Steueranspruch kennt und weiß, dass er unrichtige oder unvollständige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen macht und dadurch der Steueranspruch beeinträchtigt wird. Frau XY handelte durch die Nichtabgabe einer entsprechenden Einkommensteuererklärung für das Jahr 2003 und der dadurch bewirkten Verschweigung der Schweizer Einkünfte aus Kapitalvermögen nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes zumindest mit Eventualvorsatz.
Nach den Ausführungen in der vom bevollmächtigten Vertreter des Bf. am 3. Mai 2014 beim Finanzamt eingereichten Selbstanzeige ist XY nach ihrer Pensionierung im Jahr 1985 nach Österreich gezogen und hat sich hier in den folgenden Jahren jeweils ein halbes Jahr aufgehalten. Angesichts ihres jahrelangen, bis zum Streitjahr 2003 nahezu zwei Jahrzehnte langen, wenn auch nur jeweils halbjährlichen Aufenthaltes in Österreich wäre es an ihr gelegen, in Erfüllung ihrer abgabenrechtlichen Offenlegungspflicht den Sachverhalt dem Finanzamt gegenüber zur Gänze offen zu legen. Durch die Unterlassung der Offenlegung hat sie sich zumindest damit abgefunden, dass Abgaben verkürzt werden (vgl. auch UFS 11.10.2012, RV/1451-W/11). Die Argumentation, dass infolge der geringen Höhe der in Österreich zugeflossenen Pension "absolut keinerlei Abgabenverkürzung vorliegt" übersieht, dass infolge des § 37 Abs. 8 Z 3 EStG 1988 nicht im Inland bezogene Kapitalerträge im Sinne des § 93 Abs. 2 Z 3, unabhängig von ihrer Höhe, mit einem besonderen Steuersatz von 25% zu versteuern sind. Dadurch, dass XY den vom Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung zugrunde gelegten Kapitalertrag in Höhe von 1.885,60 € unter Verletzung der Offenlegungs- und Erklärungspflicht für das Jahr 2003 dem Finanzamt nicht bekannt gegeben hat, hat sie jedenfalls eine Einkommensteuerhinterziehung in Höhe von 471,40 € begangen.
An dieser Würdigung vermag auch der in der Selbstanzeige vom 3. Mai 2014 geäußerte Einwand, die Erblasserin sei sich in Ansehung der in der Schweiz einbehaltenen Verrechnungssteuer nicht bewusst gewesen, dass die Zinsen in Österreich zu deklarieren gewesen seien, nichts zu ändern. Denn auf Grund ihrer jahrzehntelangen unbeschränkten Steuerpflicht in Österreich wäre es wohl an ihr gelegen, entsprechende Erkundigungen über die Steuerpflicht einzuholen. Durch diese Unterlassung hat sie wohl die durch die Nichtabgabe der entsprechenden Einkommensteuererklärung 2003 bewirkte Einkommensteuerverkürzung billigend in Kauf genommen und damit jedenfalls einen bedingten Vorsatz zu verantworten.
Da somit der Tatbestand der hinterzogenen Abgaben im Sinne des § 207 Abs. 2 BAO gegeben ist, erfolgte die Erlassung des angefochtenen Bescheides vom 18. Dezember 2013 innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfrist.
Auch dem Eventualantrag, die der Erblasserin im Jahr 2003 zugeflossenen Kapitaleinkünfte dem allgemeinen Steuertarif zu unterwerfen, konnte kein Erfolg beschieden sein, da der diesbezügliche Antrag nach § 97 Abs. 4 EStG 1988 für das Veranlagungsjahr 2003 zwingend bis spätestens Ende des Jahres 2008 zu stellen gewesen wäre (vgl. nochmals BFG 27.4.2015, RV/6100059/2014). Somit konnte dem verspäteten Antrag vom 14. Mai 2014 nicht entsprochen werden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. In der vorliegenden Beschwerde werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Denn die primäre Streitfrage, ob hinterzogene Abgaben vorliegen, war hinsichtlich des Vorliegens einer vorsätzlichen Handlungsweise im Wege der freien Beweiswürdigung zu entscheiden; somit liegt eine Sachverhaltsfrage vor. Die im Rahmen der Entscheidung über den Eventualantrag zu beurteilende Antragsfrist betr. Versteuerung der Kapitaleinkünfte nach dem allgemeinen Steuertarif ergibt sich zwingend aus § 97 Abs. 4 EStG 1988.
Es war daher wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.
Graz, am 11. September 2015
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 207 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise: | UFS 11.10.2012, RV/1451-W/11 |