Abgabenänderungsgesetz 2024

GesetzgebungPersonalrechtLindmayrJuli 2024

ua Ausweitung der antragslosen Arbeitnehmerveranlagung; Erlass von Freibetragsbescheiden nur auf Antrag; steuerfreie Umwandlung virtueller Unternehmensanteile in Start-Up-Mitarbeiterbeteiligungen; Nichtabzugsfähigkeit von Verlusten bei stufenweisen Erweiterung der Unternehmensgruppe; Umsatzsteuerbefreiung für Lebensmittelspenden; Einführung einer grenzüberschreitenden Kleinunternehmerbefreiung; Anhebung der Kleinunternehmergrenze; neu geschaffene Bestimmung zu Körperschaften mit Sitz im Ausland und Ort der Geschäftsleitung in Österreich

Inkrafttreten

20.7.2024

Stand des Gesetzgebungsverfahrens

Gesetz

Letzte Änderung

24.7.2024

Betroffene Normen

BAO, EStG, GebG, KStG, UStG

Betroffene Rechtsgebiete

Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Umsatzsteuer, Verfahrensrecht

Quelle

BGBl I 2024/113

Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Mindestbesteuerungsgesetz, das Investmentfondsgesetz 2011, das Immobilien-Investmentfondsgesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957 und die Bundesabgabenordnung geändert werden (Abgabenänderungsgesetz 2024 – AbgÄG 2024), BGBl I 2024/113 vom 19. 7. 2024 (AA-404 BlgNR 27. GP , AB 2678 BlgNR 27. GP , RV 2610 BlgNR 27. GP , 338/ME NR 27. GP )

1. Überblick

Beim Abgabenänderungsgesetz 2024 handelt es sich um ein Sammelgesetz, mit dem diversen Herausforderungen begegnet werden soll. Um den Anforderungen kleiner und mittlerer Unternehmen auch künftig gerecht werden zu können, bedarf es auch steuerlicher Anpassungen. Dazu gehören ua die Schaffung der Möglichkeit einer grenzüberschreitenden Kleinunternehmerbefreiung oder die Ausweitung der Möglichkeit der vereinfachten Rechnungsausstellung für Kleinunternehmer. Daneben sollen die Maßnahmen des AbgÄG 2024 vor allem zur Verwaltungsvereinfachung sowie Stärkung der Rechtssicherheit beitragen und eine Anpassung des nationalen Rechts an unionsrechtliche Vorgaben sicherstellen.

Durch Abänderungsanträge im Ausschuss sowie im Plenum des Nationalrates kam es noch zu Änderungen beim Freiwilligenpauschale, dem Veranlagungsfreibetrag sowie der steuerfreien Mitarbeiterprämie.

Im Folgenden werden die wesentlichsten Änderungen nochmals kompakt dargestellt:

2. Änderung des EStG

2.1. Sozialversicherungsnummer

Hinsichtlich der Sozialversicherungsnummer sind die Verweise auf § 31 ASVG seit den Änderungen des ASVG durch das Sozialversicherungs-Organisationsgesetz, BGBl I 2018/100, nicht mehr aktuell. Der Verweis auf § 31 ASVG ist daher entfallen und wird in sämtlichen bezugnehmenden Bestimmungen nun einheitlich der Begriff „Sozialversicherungsnummer“ verwendet. (§ 3 Abs 1 Z 13 lit b, § 3 Abs 2, § 33 Abs 3a Z 6, § 44 Abs 7, § 76 Abs 1, § 84 Abs 5, § 89 Abs 6, § 107, § 108 Abs 3 Z 2, § 108a Abs 3, § 108g Abs 3, § 109a Abs 1 Z 1, § 109b Abs 3 Z 3, § 128 und § 129 Abs 2 EStG)

2.2. Freiwilligenpauschale

Das (große und kleine) Freiwilligenpauschale steht künftig auch für Tätigkeiten für gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften zu. Umfasst sind nach der Verwaltungspraxis (KStR 2013 Rz 46) auch alle von gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften nach ihrem Recht mit Wirksamkeit für den staatlichen Bereich errichtete und mit Rechtspersönlichkeit ausgestattete juristische Personen, damit ua alle Einrichtungen, denen die Stellung einer Körperschaft öffentlichen Rechts zukommt. Betriebe gewerblicher Art dieser Körperschaften sind nach den bisher schon geltenden Regeln erfasst. Die Änderung ist erstmalig anzuwenden für freiwillige Leistungen, die nach dem 31. 12. 2023 erbracht werden. (§ 3 Abs 1 Z 42 lit a und § 124b Z 454 EStG)

2.3. Entnahme

Spiegelbildlich zur bereits bestehenden Regelung der Übertragungen von Wirtschaftsgütern des Privat- oder Sonderbetriebsvermögens in das Gesellschaftsvermögen einer Personengesellschaft („Einlage“) wird eine Regelung für den umgekehrten Vorgang der Übertragung von Wirtschaftsgütern aus dem Gesellschaftsvermögen einer Personengesellschaft in das Privat- oder Sonderbetriebsvermögen („Entnahme“) des Steuerpflichtigen vorgesehen. Dies ist erstmalig für Übertragungen von Wirtschaftsgütern nach dem 30. 6. 2024 anwendbar. (§ 32 Abs 3 und § 124b Z 458 EStG 1988)

2.4. Familienbonus Plus

In § 33 Abs 3a Z 3 EStG 1988 erfolgt betreffend den Familienbonus Plus eine verfahrensrechtliche Ergänzung. In Fällen, in denen der Familienbonus Plus bescheidmäßig gewährt wurde und dann festgestellt wird, dass kein Anspruch oder nur Anspruch auf den halben Familienbonus Plus besteht, stellt dies nach Eintritt der Rechtskraft ein rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO dar und kann der Bescheid insoweit von Amts wegen abgeändert werden.

Beispiel
Die Eltern von H sind geschieden. H lebt bei ihrer Mutter (M), welche die Familienbeihilfe für H bezieht. M hat erneut geheiratet (S). Da S mehr verdient als M beantragt S den ganzen Familienbonus Plus für H im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung und dieser wird antragsgemäß berücksichtigt. Zwei Jahre später beantragt der Vater von H (V) im Rahmen seiner Arbeitnehmerveranlagung ebenfalls den ganzen Familienbonus Plus für H, da er seine Unterhaltsverpflichtung für H zur Gänze erfüllt hat und ihm für 12 Monate der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht. V steht der Familienbonus Plus zu. S steht hingegen kein Familienbonus Plus für H zu (da er weder Familienbeihilfenbezieher noch Unterhaltsabsetzbetragsberechtigter ist) und sein Bescheid ist gemäß § 295a BAO von Amts wegen zu ändern.

(§ 33 Abs 3a Z 3 EStG 1988; tritt mit 20. 7. 2024 in Kraft)

2.5. Ermittlung des Durchschnittssteuersatzes

§ 33 EStG 1988 sieht bislang in Abs 10 und Abs 11 unterschiedliche Regelungen für die Ermittlung des Durchschnittssteuersatzes vor. Bei der Berechnungsmethode nach Abs 10 wirken sich die Absetzbeträge nur aliquot aus. Aufgrund gemeinschaftsrechtlicher Bedenken und der Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens wurde mit dem Abgabensicherungsgesetz 2007, BGBl I 2007/99, ARD 5829/5/2008, Abs 11 angefügt, der eine Ermittlung des Durchschnittssteuersatzes vor Abzug der Absetzbeträge mit anschließendem Abzug der Absetzbeträge vorsieht.

Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung werden daher ab der Veranlagung für das Kalenderjahr 2024 Abs 10 und Abs 11 zu einer einheitlichen Regelung in Abs 10 zusammengeführt werden, wonach (wie im bisherigen Abs 11) der Durchschnittssteuersatz aus der Tarifsteuer ohne Absetzbeträge zu ermitteln ist. Die Absetzbeträge sind erst nach Anwendung des Durchschnittssteuersatzes auf das Einkommen abzuziehen und wirken sich so in voller Höhe aus. Dies ist erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2024 anzuwenden. (§ 33 Abs 10 und Abs 11 sowie § 124b Z 459 EStG 1988)

2.6. Veranlagungsfreibetrag auch für Grenzgänger

Mit der Neuregelung soll die Rechtslage zum Veranlagungsfreibetrag im EStG gemeinschaftsrechtskonform abgebildet werden. Der Veranlagungsfreibetrag soll immer dann zustehen, wenn sowohl nichtselbstständige Einkünfte bezogen wurden als auch solche, die keinem Lohnsteuerabzug unterliegen. Dadurch wird sichergestellt, dass einerseits nicht nur Steuerpflichtigen mit inländischen nichtselbstständigen Einkünften der Veranlagungsfreibetrag zusteht (was europarechtlich geboten ist), sondern andererseits auch Personen, deren nicht lohnsteuerpflichtige Einkünfte zur Gänze aus nichtselbstständiger Arbeit stammen. Das heißt, sowohl bei Personen, die im Ausland einer nichtselbstständigen Tätigkeit ohne Lohnsteuerabzug nachgehen und in Österreich Einkünfte aus zB selbständiger Arbeit erzielen als auch bei Steuerpflichtigen, die bspw eine inländische und eine ausländische Pension ohne inländischen Lohnsteuerabzug beziehen, kann ein Veranlagungsfreibetrag berücksichtigt werden.

Die Neuregelung zum Veranlagungsfreibetrag erfolgt in § 39 EStG 1988 erfolgen, da § 41 EStG 1988, der die Veranlagung lohnsteuerpflichtiger Einkünfte regelt, dafür nicht mehr in Betracht kommt.

Die gemeinschaftsrechtskonforme Neuregelung tritt mit 20. 7. 2024 in Kraft und ist auf alle offenen Verfahren anzuwenden. (§ 39 Abs 1 und Abs 5, § 41 Abs 3, § 102 Abs 1 und § 124b Z 460 EStG)

2.7. Antragslose Arbeitnehmerveranlagung

Die Möglichkeit einer antragslosen Arbeitnehmerveranlagung wird ausgeweitet. Künftig ist eine antragslose Arbeitnehmerveranlagung auch dann möglich, wenn ein Pflichtveranlagungstatbestand vorliegt – vorausgesetzt, dass sämtliche Erfordernisse für eine antragslose Veranlagung erfüllt sind.

Die Änderungen sind ab der Veranlagung für das Kalenderjahr 2024 anzuwenden. (§ 41 und § 124b Z 459 EStG 1988)

2.8. Freibetragsbescheide

Da durchschnittlich nur rund 4 % der jährlich erstellten Freibetragsbescheide dem Arbeitgeber zur Berücksichtigung am Lohnzettel vorgelegt werden, sollen Freibetragsbescheide künftig nur auf Antrag erlassen werden.

Die Neuregelung ist erstmals für Freibetragsbescheide anzuwenden, die mit einem Veranlagungsbescheid für das Kalenderjahr 2024 erstellt werden. (§ 63 und § 124b Z 460 EStG 1988)

2.9. Lohnzettel

Durch die Zuordnung gewisser Zahlungen, insbesondere der Nachzahlung von Pensionen, über deren Bezug bescheidmäßig abgesprochen wird, zum Anspruchs- statt zum Zuflusszeitpunkt, kommt es häufiger zur Ausstellung von Lohnzetteln, die sich auf länger zurückliegende Zeiträume auswirken. Um sicherzustellen, dass die Steuerberechnung zeitnah korrigiert und etwaige Steuerrückzahlungen veranlasst werden können, sind derartige Lohnzettel zukünftig in jenem Kalendermonat zu übermitteln, das dem Quartal der Zahlung folgt statt wie bisher gemäß den allgemeinen Regelungen bis Ende Februar des folgenden Kalenderjahres.

Die Regelung gilt für Zahlungen und Rückzahlungen, die ab 1. 1. 2024 geleistet werden, wobei die erstmalige Übermittlung von Lohnzetteln betreffend Zahlungen und Rückzahlungen im Zeitraum 1. 1. 2024 bis 30. 9. 2024 bis spätestens 31. 10. 2024 zu erfolgen hat. (§ 84 Abs 1 Z 4 und § 124b Z 463 EStG 1988)

Die Anwendbarkeit des § 295a BAO ist derzeit auf Berichtigungen nach einer Lohnsteuerprüfung eingeschränkt und soll künftig für sämtliche nachträglich übermittelte bzw berichtigte Lohnzettel anzuwenden sein. Daher wird ausdrücklich normiert, dass die nachträgliche Übermittlung eines (korrigierten) Lohnzettels ein rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO darstellt. (§ 84 Abs 3 EStG 1988; tritt mit 20. 7. 2024 in Kraft)

2.10. Befreiung vom Kapitalertragsteuerabzug für juristische Personen

Der Anwendungsbereich der Befreiung vom Kapitalertragsteuerabzug für juristische Personen, die Kapitaleinkünfte als Betriebseinnahmen eines in- oder ausländischen Betriebes erzielen, wird in sachlicher Hinsicht auf Einkünfte aus Kryptowährungen gemäß § 27 Abs 4a EStG 1988 erweitert. Die Abgabe einer digitalen Befreiungserklärung ist jedoch weiterhin vor dem Hintergrund des Bankgeheimnisses auf jene Fälle eingeschränkt, in denen ein Kreditinstitut zur Vornahme des Kapitalertragsteuerabzuges verpflichtet ist. Liegt daher ein Abzugsverpflichteter vor, der kein Kreditinstitut ist, kann die KESt-Befreiung auch in diesen Fällen ohne Abgabe einer digitalen Befreiungserklärung erfolgen, wenn dem Abzugsverpflichteten das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 94 Z 5 lit a und lit b EStG 1988 glaubhaft gemacht wird. (§ 94 Z 5 und § 124b Z 464 EStG; tritt am 1. 7. 2024 in Kraft)

2.11. Einkünfte iZm Maßnahmen zur Abwehr von Hochwasserschäden

Bei der Errichtung und dem Betrieb von Hochwasserschutzanlagen, insbesondere für Retentionsanlagen und Retentionsflächen, werden regelmäßig Abgeltungszahlungen geleistet, wie sie auch bei der Einräumung von Leitungsrechten anfallen. Das Abzugsteuermodell des § 107 EStG wird daher auf derartige Zahlungen ausgeweitet. Bei jeder Auszahlung wird eine Abzugsteuer iHv 10 % (bei Körperschaften 7,5 %) einbehalten.

Die Neuregelung ist auf Zahlungen anzuwenden, die nach dem 31. 12. 2024 erfolgen. (§ 107 und § 124b Z 465 EStG)

2.12. Pensionskassen und betriebliche Kollektivversicherungen

Die Ausnahme von der 10%-Grenze für die Übertragung von direkten Leistungszusagen auf Pensionskassen wird verlängert: Die in § 124 EStG 1988 vorgesehenen Sonderregelungen sind derzeit nur für Übertragungsstichtage bis 31. 12. 2023 anwendbar. Um eine weitergehende Anwendung zu gewährleisten, wird die Regelung für Übertragungsstichtage bis 31. 12. 2025 verlängert. (§ 124 Z 5 EStG 1988)

2.13. Umwandlung virtueller Unternehmensanteile in Start-Up-Mitarbeiterbeteiligungen

In den letzten Jahren haben virtuelle Gesellschaftsanteile („phantom shares“) als Form der Mitarbeiterbeteiligung an Bedeutung gewonnen, um Arbeitnehmer langfristig an das Unternehmen zu binden. Dies ist insbesondere auch im Bereich von Start-Up-Unternehmen erfolgt, die mangels entsprechender liquider Mittel statt höheren Gehältern „virtuelle“ Mitarbeiterbeteiligungsprogramme entwickelten. Die virtuellen Gesellschaftsanteile basieren auf einer schuldrechtlichen Vereinbarung zwischen der Gesellschaft und den Arbeitnehmern. Im Hinblick auf den Gewinn sind Arbeitnehmer mit virtuellen Anteilen aus wirtschaftlicher Sicht den Gesellschaftern gleichgestellt und erwerben auf Grundlage des bloß fiktiven Gesellschaftsanteils einen schuldrechtlichen Anspruch auf Teilhabe am Gewinn, der steuerlich als Prämie zu qualifizieren ist. Allerdings erhalten die Arbeitnehmer keine Gesellschafterstellung oder die dazugehörigen Gesellschafterrechte.

Seit 1. 1. 2024 ist die steuerliche Regelung für Start-Up-Mitarbeiterbeteiligungen gemäß § 67a EStG 1988 in Kraft. Wenn nun Arbeitnehmer mit virtuellen Anteilen von Start-Ups diese neue Regelung in Anspruch nehmen wollen und aus diesem Grund statt der virtuellen Anteile unter § 67a EStG 1988 fallende Kapitalanteile (zB Unternehmenswertanteile oder vergleichbare Genussrechte) erhalten, müsste eine Bewertung und Versteuerung des geldwerten Vorteils aus der dadurch stattfindenden Einlösung der virtuellen Gesellschaftsanteile erfolgen. Aus diesem Grund wird bis Ende 2025 die Möglichkeit geschaffen, die bisherige in Form von virtuellen Anteilen erfolgte Vergütung auf Start-Up-Mitarbeiterbeteiligungen umzustellen, ohne dass es zu einer Bewertung und Versteuerung des geldwerten Vorteils kommen muss. Dies ist aber nur möglich, wenn sämtliche Voraussetzungen für eine Start-Up-Mitarbeiterbeteiligung gemäß § 67 Abs 2 Z 1 bis Z 6 EStG 1988 vorliegen. (§ 124b Z 462 EStG 1988)

2.14. Steuerfreie Mitarbeiterprämie

Das Kriterium, dass eine steuerfreie Mitarbeiterprämie eine zusätzliche Zahlung darstellen muss, die bisher nicht gewährt wurde, hat zahlreiche Abgrenzungsfragen nach sich gezogen und daher die Kollektivvertragsparteien in ihren Gestaltungsmöglichkeiten eingeschränkt. Daher sollen Zulagen und Bonuszahlungen, die im Kalenderjahr 2024 gewährt werden, auch dann steuerfrei bleiben, wenn diese eine für 2024 vereinbarte niedrigere Lohnerhöhung ersetzen, auch wenn die Zulage für die Berechnung der zukünftigen kollektivvertraglichen Mindestgehälter herangezogen wird. Als zusätzliche Zahlung gilt somit auch eine befristete Mitarbeiterprämie, die anstelle einer Lohnerhöhung aufgrund einer nach maßgeblichen lohngestaltenden Vorschrift gewährt wird. Die weiteren Voraussetzungen bleiben unverändert aufrecht.

Diese Änderung gilt für alle Zulagen und Bonuszahlungen im Kalenderjahr 2024, auch wenn sie bereits geleistet wurden. (§ 124b Z 447 EStG)

3. Änderung des KStG

3.1. Unternehmensgruppen

Es wird eine Regelung der Nichtabzugsfähigkeit von Verlusten bei einer stufenweisen Erweiterung der Unternehmensgruppe eingeführt. Damit soll sichergestellt werden, dass innerhalb von Unternehmensgruppen das Abzugsverbot von Teilwertabschreibungen und Veräußerungsverlusten bei der Gewinnermittlung nicht umgangen wird. (§ 9 Abs 6 Z 4a und § 26c Z 93 KStG; erstmalig auf Unternehmensgruppen anzuwenden, für die ein Gruppenantrag nach dem 3. 5. 2024 gestellt wird)

Außerdem wird die Möglichkeit eines Verzichts auf die Zurechnung von ausländischen Verlusten geschaffen. Der Verzicht kann für jedes Wirtschaftsjahr neu ausgeübt werden und bezieht sich auf den gesamten Verlust des ausländischen Gruppenmitglieds des jeweiligen Wirtschaftsjahres. Ein solcher Verzicht wird erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2024 ermöglicht. (§ 9 Abs 6 Z 6 und § 26c Z 94 KStG)

Eine zulässige Form der Einbringung des Gruppenantrags soll zudem auch dann vorliegen, wenn die amtlichen Vordrucke von den gesetzlichen Vertretern des Gruppenträgers und aller einzubeziehenden inländischen Körperschaften jeweils mittels qualifizierter elektronischer Signatur unterfertigt sind und vom Gruppenträger unter Verwendung der dafür vorgesehenen Funktion in FinanzOnline hochgeladen werden. Dies tritt mit 1. 1. 2025 in Kraft. (§ 9 Abs 8 fünfter Teilstrich und § 26c Z 94 KStG)

3.2. Hinzurechnungsbesteuerung

Vor dem Hintergrund der international fortschreitenden Umsetzung der globalen Mindestbesteuerung wird klargestellt, dass im Bereich der Körperschaftsteuer für Zwecke des § 10a KStG (Hinzurechnungsbesteuerung und Methodenwechsel) und des § 12 Abs 1 Z 10 KStG (Abzugsverbot für Zinsen und Lizenzen an niedrigbesteuerte Empfänger) auch anerkannte nationale Ergänzungssteuern bei der Beurteilung des Vorliegens einer Niedrigbesteuerung zu berücksichtigen sind. (§ 10a Abs 3, Abs 9 Z 3 und Z 4 und § 12 Abs 1 Z 10 KStG; tritt am 20. 7. 2024 in Kraft)

4. Änderung des MinBestG

Es erfolgen Anpassungen beim temporären CbCR-Safe-Harbour (vgl § 55 MinBestG), Redaktionsversehen werden beseitigt und Klarstellungen vorgenommen.

5. Änderung des InvFG 2011

Im Sinne der Rechtssicherheit wird klargestellt, dass unter „Einkünften im Sinne des § 27 des Einkommensteuergesetzes 1988“ ausschließlich jene Einkünfte zu verstehen sind, auf die ein besonderer Steuersatz gemäß § 27a Abs 1 des EStG 1988 anwendbar ist. (§ 186 InvFG)

6. Änderung des ImmoInvFG

Es werden klarstellende Anpassungen in § 14 ImmoInvFG zum Gewinnausweis von Immobilienfonds vorgenommen. (§ 14 ImmoInvFG)

7. Änderung des UStG

7.1. Sonstige Leistungen

Bei sonstigen Leistungen iSd § 3a Abs 11 lit a UStG, wenn diese virtuell verfügbar gemacht werden, wird der Leistungsort klar geregelt und – in Anlehnung an die elektronisch erbrachten Leistungen – das Empfängerortprinzip vorgesehen. Umfasst sind insbesondere Streaming-Leistungen, die nicht bereits unter § 3a Abs 13 erster Satz UStG fallen (zB interaktive Online-Sprachkurse). Die Änderungen treten ab 1. 1. 2025 in Kraft und sind erstmals auf Umsätze und sonstige Sachverhalte anzuwenden, die nach dem 31. 12. 2024 ausgeführt werden bzw sich ereignen. (§ 3a Abs 13, § 28 Abs 64 und Art 3a Abs 5 Z 1 UStG)

7.2 Umsatzsteuerbefreiung für Spenden von Lebensmitteln und nichtalkoholischen Getränken

Bisher sind Lebensmittelspenden als umsatzsteuerliche Entnahme zu versteuern. Um Lebensmittelspenden zu erleichtern, wird für Lebensmittelspenden an mildtätige Einrichtungen eine Steuerbefreiung eingeführt, die das Recht auf Vorsteuerabzug nicht ausschließt. Um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, sind nur Lebensmittelspenden an Einrichtungen begünstigt, die mildtätige Zwecke verfolgen.

Neben den Lebensmitteln der Anlage 1 sind auch nichtalkoholische Getränke befreit. Unter nichtalkoholischen Getränke sind Getränke zu verstehen, die einen Alkoholgehalt von maximal 0,5 Volumenprozent aufweisen. Dies ist beispielsweise nicht der Fall bei Bier, Wein, Schaumwein, Obstwein etc , Spirituosen sowie alkoholischen Mischgetränken oder Alkopops.

Die Umsatzsteuerbefreiung für Spenden von (in Anlage 1 zum UStG 1994 genannten) Lebensmitteln sowie von nichtalkoholischen Getränken an spendenbegünstigte Einrichtungen, die mildtätige Zwecke verfolgen, tritt mit 1. 8. 2024 in Kraft und ist erstmals auf Umsätze und sonstige Sachverhalte anzuwenden, die nach dem 31. 7. 2024 ausgeführt werden bzw sich ereignen. (§ 6 Abs 1 Z 5a und § 28 Abs 64 UStG

Hinweis
Begleitend zur Einführung einer Umsatzsteuerbefreiung sind solche Zuwendungen auch im Bereich der Einkommen- und Körperschaftsteuer neutral für den zuwendenden Steuerpflichtigen. (§ 4a Abs 7 Z 5a EStG 1988)

7.3. Kleinunternehmerbefreiung

7.3.1. Änderungen, die Unternehmer betreffen, die ihr Unternehmen in einem anderen Mitgliedsstaat betreiben

Die Kleinunternehmerbefreiung kann künftig auch von Unternehmern angewandt werden, die ihr Unternehmen nicht in Österreich, sondern in einem anderen Mitgliedstaat betreiben. Unternehmer, die ihr Unternehmen in einem Drittland betreiben, können die Kleinunternehmerbefreiung hingegen nicht in Anspruch nehmen.

Anders als bei Unternehmern, die ihr Unternehmen im Inland betreiben, gelten für Unternehmer, die ihr Unternehmen in einem anderen Mitgliedstaat betreiben, – neben der nationalen Umsatzgrenze – noch weitere Voraussetzungen. Um in den Genuss der Befreiung nach § 6 Abs 1 Z 27 UStG zu kommen, ist für diese Unternehmer zusätzliche Voraussetzung, dass der unionsweite Jahresumsatz € 100.000,- weder im vorangegangenen Kalenderjahr noch im laufenden Kalenderjahr überschreitet.

Weiters ist Voraussetzung, dass der Unternehmer die Anwendung der Kleinunternehmerbefreiung beantragt. Die Beantragung hat über ein Verfahren iSd § 6a UStG in dem Mitgliedstaat erfolgen, in dem der Unternehmer sein Unternehmen betreibt.

Beispiel
Ein Versandhändler betreibt sein Unternehmen in Deutschland. Im Vorjahr erzielte er dort Umsätze durch den Verkauf von Waren iHv € 40.000,- sowie zusätzlich € 5.000,- durch innergemeinschaftliche Versandhandelslieferungen nach Österreich. Im laufenden Jahr erzielte er bereits einen Umsatz iHv € 50.000,- in Deutschland und iHv € 10.000,- in Österreich. Der unionsweite Jahresumsatz des Unternehmers beträgt im Vorjahr € 45.000,- und im laufenden Jahr € 60.000,-. Da weder der unionsweite Jahresumsatz, noch die nationale Umsatzgrenze überschritten werden, kann der Unternehmer die Kleinunternehmerbefreiung in Österreich in Anspruch nehmen. Hierzu muss der Unternehmer die Inanspruchnahme der Befreiung über das in Deutschland hiefür vorgesehene Verfahren beantragen.

Beantragt ein Unternehmer die Befreiung in § 6 Abs 1 Z 27 UStG über ein Verfahren in einem anderen Mitgliedstaat und steht dem Unternehmer die Befreiung zu, so wird ihm von diesem Mitgliedstaat eine Identifikationsnummer mit dem Suffix „-EX“ erteilt (Kleinunternehmer-Identifikationsnummer). Die Befreiung ist ab dem Zeitpunkt anwendbar, ab dem dieser Mitgliedstaat dem Unternehmer die Kleinunternehmer-Identifikationsnummer mitteilt. Verfügt der Unternehmer jedoch bereits aus anderen Gründen über eine Kleinunternehmer-Identifikationsnummer und beantragt dann die Befreiung in § 6 Abs 1 Z 27 UStG, ist die Befreiung ab jenem Zeitpunkt anwendbar, ab dem der andere Mitgliedstaat die Nummer infolge der Aktualisierung (hinsichtlich der österreichischen Befreiung) bestätigt.

Diese Änderungen treten ab 1. 1. 2025 in Kraft und sind erstmals auf Umsätze und sonstige Sachverhalte anzuwenden, die nach dem 31. 12. 2024 ausgeführt werden bzw sich ereignen. (§ 6 Abs 1 Z 27 und § 28 Abs 64 UStG)

Aufgrund der Ausweitung der Kleinunternehmerbefreiung auf Unternehmer, die ihr Unternehmen in einem anderen Mitgliedstaat betreiben, haben auch diese Unternehmer die Möglichkeit, auf die Anwendung der Kleinunternehmerbefreiung zu verzichten. (§ 6 Abs 3 und § 28 Abs 64 UStG)

7.3.2. Änderungen, die auch Unternehmer betreffen, die ihr Unternehmen im Inland betreiben

Die Höhe der Kleinunternehmergrenze wird von € 35.000,- auf € 42.000,- angehoben.

Weiters entfällt die Steuerbefreiung bei Überschreiten der Kleinunternehmergrenze mit dem Zeitpunkt, ab dem die Grenze überschritten wurde, wobei eine 10 %-Toleranzregelung eingeführt wird. Aufgrund der Neuregelung kann bei Überschreiten der Kleinunternehmergrenze um nicht mehr als 10 % die Steuerbefreiung nunmehr – anders als bisher – noch bis zum Ende des Kalenderjahres in Anspruch genommen werden. Wird die Kleinunternehmergrenze zB zunächst um 9 % überschritten und im Laufe des Jahres schließlich um mehr als 10 %, so entfällt die Befreiung mit dem Umsatz, mit dem die 10 %-Toleranzgrenze überschritten wurde. Für jenen Umsatz, mit dem die 10 %-Toleranzgrenze überschritten wird, sowie für alle danach ausgeführten Umsätze, ist die Befreiung nicht mehr anwendbar.

Beispiel 1
Unternehmer A betreibt sein Unternehmen im Inland und ist als Kleinunternehmer gemäß § 6 Abs 1 Z 27 UStG von der Steuer befreit. Im Jahr 2025 erzielte er von Jänner bis Oktober Umsätze iHv € 41.800,-. Im November verkauft er eine weitere Ware um € 500,-. Bis Ablauf des Kalenderjahres erzielt er noch Umsätze im Dezember iHv insgesamt € 200,- und somit einen Jahresumsatz iHv € 42.500,-. Der Unternehmer kann die Steuerbefreiung für alle im Jahr 2025 erzielten Umsätze in Anspruch nehmen. Für ab 1. 1. 2026 ausgeführte Umsätze kann er die Befreiung in § 6 Abs 1 Z 27 UStG nicht mehr anwenden.

Beispiel 2
Unternehmer B betreibt sein Unternehmen im Inland und ist als Kleinunternehmer gemäß § 6 Abs 1 Z 27 UStG von der Steuer befreit. Im Jahr 2025 erzielte er von Jänner bis Oktober Umsätze iHv € 41.800,-. Am 1. November verkauft B eine Ware iHv € 7.000,-. Für den Verkauf der Ware am 1. 11. sowie für alle danach ausgeführten Umsätze kann die Steuerbefreiung in § 6 Abs 1 Z 27 UStG nicht angewandt werden.

(§ 6 Abs 1 Z 27 und § 28 Abs 64 UStG; tritt mit 1. 1. 2025 in Kraft und ist erstmals auf Umsätze und sonstige Sachverhalte anzuwenden, die nach dem 31. 12. 2024 ausgeführt werden bzw sich ereignen)

7.4. Vereinfachte Rechnungsausstellung

Kleinunternehmer haben künftig die Möglichkeit der vereinfachten Rechnungsausstellung unabhängig vom in der Rechnung ausgewiesenen Betrag. Kommt die Kleinunternehmerbefreiung hingegen nicht mehr zur Anwendung (bspw aufgrund des Überschreitens der Kleinunternehmergrenze) ist auch die vereinfachte Rechnungsausstellung nur mehr für Rechnungen möglich, deren Gesamtbetrag € 400,- nicht übersteigt. Die in der Rechnung gemäß § 11 Abs 6 UStG anzuführenden Angaben bleiben hiervon unberührt.

Die Änderung tritt ab 1. 1. 2025 in Kraft und ist erstmals auf Umsätze und sonstige Sachverhalte anzuwenden, die nach dem 31. 12. 2024 ausgeführt werden bzw sich ereignen). (§ 11 Abs 6 und § 28 Abs 64 UStG)

7.5. Differenzbesteuerung

Die Anwendung der Differenzbesteuerung ist künftig nicht mehr möglich, wenn die Lieferung an einen Wiederverkäufer oder die Einfuhr durch einen Wiederverkäufer einem ermäßigten Steuersatz unterliegt. Kommt der ermäßigte Steuersatz für Kunstgegenstände, Sammlungsstücke und Antiquitäten hingegen nicht zur Anwendung, ist die Anwendung der Differenzbesteuerung möglich. Die Begriffe Kunstgegenstände, Sammlungsstücke und Antiquitäten umfassen ausschließlich die in Anhang IX der RL 2006/112/EG genannten Gegenstände.

Die Änderung tritt ab 1.1.2025 in Kraft und ist erstmals auf Umsätze und sonstige Sachverhalte anzuwenden, die nach dem 31. 12. 2024 ausgeführt werden bzw sich ereignen. (§ 24 Abs 1, Abs 2, und Abs 4 Z 3 sowie § 28 Abs 64 UStG)

8. Änderung des GebG

8.1. Beilagen

Es wird eine Gebührenbefreiung für digitale Beilagen geschaffen, die bereits analog vorgelegt und vergebührt wurden. Dies tritt mit 1. 10. 2024 in Kraft und ist auf Beilagen anzuwenden, die nach dem 30. 9. 2024 eingebracht werden (§ 14 TP 5 Abs 3 Z 4 und Z 5, § 37 Abs 49 Z 3 GebG)

8.2. AuslBG-Verfahren

Die Gebührenpauschalierung für Verfahren nach dem AuslBG wird aufkommensneutral zu einer reinen Antragsgebühr transformiert. (§ 14 TP 12, § 37 Abs 49 Z 4 GebG; tritt mit 1. 6. 2025 in Kraft und ist auf Ansuchen anzuwenden, die nach dem 31. 5. 2025 gestellt werden)

8.3. Zeugnisse

Zeugnisse, die auf elektronischem Wege ausgestellt werden, werden künftig mit einer begünstigten Pauschalgebühr in Höhe von € 14,30 je Zeugnis – unabhängig von dessen Größe – vergebührt. Dies tritt mit 1. 10. 2024 in Kraft. (§ 14 TP 14 Abs 1a, § 37 Abs 49 Z 3 GebG)

8.4. Einkünfte iZm Maßnahmen zur Abwehr von Hochwasserschäden

Aufgrund der Erweiterung des Abzugsteuermodells des § 107 EStG 1988 erfolgt auch eine entsprechende Anpassung der Gebührenbefreiung. Zudem wird zukünftig auf das Entgelt und nicht auf das Rechtsgeschäft abgestellt, um schwierige Abgrenzungsfragen bei jenen Rechtsgeschäften zu vermeiden, die nur zum Teil die Grundlage für die Abzugsteuer gemäß § 107 Abs 1 EStG 1988 bzw § 24 Abs 7 des KStG bilden. (§ 35 Abs 7, § 37 Abs 49 Z 6 GebG; tritt mit 1. 1. 2025 in Kraft)

9. Änderung der BAO

9.1. Rechtsgebilde mit Sitz im Ausland und Ort der Geschäftsleitung in Österreich

Mit der neu geschaffenen Bestimmung des § 27a BAO soll die Vollziehung des Abgabenrechts gegenüber Rechtsgebilden mit Sitz im Ausland und Ort der Geschäftsleitung in Österreich erleichtert werden. Insbesondere wird damit sichergestellt, dass Erledigungen an ein Rechtsgebilde mit Sitz im Ausland und Ort der Geschäftsleitung im Inland selbst zu richten sind, soweit diese nach materiellem Recht Abgabenschuldner ist. Dies ist etwa für jene ausländischen Rechtsgebilde, die mit einer inländischen juristischen Person des privaten Rechts vergleichbar sind, der Fall, weil diese unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften gemäß § 1 Abs 2 KStG sind (zB private company limited by shares [Limited] nach dem Recht des Vereinigten Königreichs). Die für juristische Personen geltenden Bestimmungen der BAO, der AbgEO usw sind sinngemäß anzuwenden.

Die Anwendung des Abs 1 dieser Bestimmung setzt voraus, dass das Rechtsgebilde in ihrem Sitzstaat rechtlich existiert. Beispielsweise endet die Rechtsfähigkeit einer britischen Limited bzw ihrer im österreichischen Firmenbuch eingetragenen Zweigniederlassung (die über keine eigene Rechtsfähigkeit verfügt) nach Maßgabe des englischen Gesellschaftsrechts (Gründungsrecht) konstitutiv mit ihrer Löschung im ausländischen Gesellschaftsregister.

Im Gegensatz dazu knüpft die Anwendung des Abs 2 erster Satz zwar grundsätzlich an das Bestehen eines Rechtsgebildes im Sinn des Abs 1 an, greift aber erst nach dem Verlust der Rechtsfähigkeit des Gebildes in seinem Sitzstaat. In diesem Fall soll die spezifische Regelung zur Haftung eine Inanspruchnahme der Beteiligten ermöglichen, sofern die Abgaben bei dem Rechtsgebilde nicht eingebracht werden können (Ausfallshaftung). Voraussetzung für die Haftung ist, dass das Rechtsgebilde im Zeitpunkt der Geltendmachung der Haftung gegenüber dem Beteiligten

  • nach dem Recht des Staates, in dem es seinen Sitz hatte, nicht mehr rechtsfähig ist (zB weil es mittlerweile aus dem ausländischen Register gelöscht wurde und daher nach ausländischem Recht zu existieren aufgehört hat) und
  • seinen Sitz bis unmittelbar vor Verlust seiner Rechtsfähigkeit nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes hatte.

Demgegenüber ist der letzte Satz des Abs 2 sowohl auf Fälle anzuwenden, in denen das Rechtsgebilde nach dem Recht seines Sitzstaates nach wie vor rechtsfähig ist, als auch auf Fälle, in denen es seine Rechtsfähigkeit nach dem Recht des Sitzstaates verloren hat. Dafür ist der letzte Satz des Abs 2 aber eingeschränkt auf Rechtsgebilde, die ihren Sitz in einem Staat haben oder unmittelbar vor dem Verlust ihrer Rechtsfähigkeit (nach dem Recht dieses Staates) hatten, der die EU oder den EWR verlassen hat (zB im Vereinigten Königreich – „Brexit“-Fall).

Die neue Bestimmung des § 27a ist auf alle Zeiträume anzuwenden, für die noch keine Abgabenfestsetzung erfolgt ist (dh für die noch kein Abgabenbescheid zugestellt wurde). Dies ist im Beispielsfall der britischen Limited deshalb angezeigt, weil für im Vereinigten Königreich gegründete Limiteds in mehreren Aussendungen vor Ablauf der Übergangsfristen auf die Rechtsfolgen einer unterlassenen Umwandlung in eine in Österreich zulässige Gesellschaftsform, womit auch die persönliche Haftung drohe, hingewiesen wurde (siehe dazu etwa Information des BMJ https://www.bmj.gv.at/themen/EU-und-Internationales/brexit.html ). Eine ähnliche Regelung findet sich bereits in § 14b der deutschen Abgabenordnung. (§ 27a und § 323 Abs 83 BAO)

9.2. Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung

Wird einem Antrag auf Verlängerung der Frist zur Einreichung der Abgabenerklärung nicht stattgegeben, so ist gemäß § 134 Abs 2 BAO für die Einreichung der Abgabenerklärung eine Nachfrist von mindestens 1 Woche zu setzen. Die Wortfolge „nicht stattgegeben“ wird nun durch das Wort „abgewiesen“ ersetzt. Dadurch soll die bereits bestehende langjährige Verwaltungspraxis abgebildet. Eine Verschlechterung für den Rechtsanwender tritt dadurch nicht ein. (§ 134 Abs 2 und § 323 Abs 83 BAO; tritt mit 20. 7. 2024 in Kraft)

Hinweis
Die im Ministerialentwurf noch geplante Einschränkung der Möglichkeit für Fristverlängerungsanträge wurde nicht Gesetz.

9.3. Umsatzsteuerverzinsung

Unterschiedsbeträge zugunsten des Abgabepflichtigen sind künftig nur insoweit zu verzinsen, als die betreffenden Beträge entrichtet oder dafür zuvor Nachforderungszinsen festgesetzt wurden. Wurden die zugrundeliegenden „Vorsollbeträge“ nämlich nicht entrichtet, etwa aufgrund einer aufrechten Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO, erscheint eine Verzinsung von Unterschiedsbeträgen zugunsten des Abgabepflichtigen nicht sachgerecht. (§ 205c Abs 2 und § 323 Abs 83 BAO; tritt am 20. 7. 2024 in Kraft)

9.4. Beschwerdevorentscheidung

Der Ausnahmenkatalog des § 262 Abs 2 BAO wird um Verfahren nach dem EU-BStbG erweitert. (§ 262 Abs 5 und § 323 Abs 83 BAO; tritt am 20. 7. 2024 in Kraft)



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