Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch geändert wird (Abstammungsrechts-Anpassungsgesetz 2023 – AbAG 2023), BGBl I 2023/180 vom 30. 12. 2023 (AB 2345 BlgNR 27. GP ; 3754/A 27. GP ).
Das Abstammungsrechts-Anpassungsgesetz 2023 (AbAG 2023), das über einen kurzfristig eingebrachten Initiativantrag1 zustande gekommen und am 1. 1. 2024 in Kraft getreten ist (§ 1503 Abs 23 ABGB), dient insb dazu, das Abstammungsrecht in Reaktion auf das VfGH-Erk G 230/2021 = Zak 2022/455, 243 verfassungskonform zu gestalten. Mit diesem Erk hat der VfGH § 144 ABGB und Teile des § 145 Abs 1 ABGB mit einer Reparaturfrist bis Ende 2023 als verfassungswidrig aufgehoben, weil die bisher geltende Rechtslage die Elternschaft einer Frau als „anderer Elternteil“ neben der leiblichen Mutter nur nach einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung zuließ und dabei nur auf eingetragene Partnerschaften, nicht aber auf die Möglichkeit einer gleichgeschlechtlichen Ehe Bedacht nahm. Im Mittelpunkt des AbAG 2023 steht deshalb die Anerkennung der nicht-medizinisch unterstützten Fortpflanzung im Abstammungsrecht. Darüber hinaus werden die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Partnerschaften (VfGH G 258-259/2017 = Zak 2018/11, 13) sowie die Ausweitung des Geschlechtsbegriffs (vgl VfGH G 77/2018 = Zak 2018/382, 203) berücksichtigt. Damit zusammenhängende Anpassungen erfolgen auch im Personenstandsrecht.2
Im Wesentlichen sind folgende Neuerungen vorgesehen:
- Der Begriff des anderen Elternteils wird um das dritte Geschlecht erweitert und umfasst nun alle Personen außer Männer (§ 144 Abs 2 ABGB).
- Die Regeln des § 144 Abs 1 ABG für die Vaterschaft werden in § 144 Abs 2 ABGB sinngemäß für die Elternschaft des anderen Elternteils übernommen. Anderer Elternteil ist die Frau oder andere Person, (1) die mit der Mutter im Zeitpunkt der Geburt des Kindes verheiratet oder in eingetragener Partnerschaft verbunden ist oder die als Ehepartner oder eingetragener Partner nicht früher als 300 Tage vor der Geburt des Kindes verstorben ist oder (2) die die Elternschaft vor oder nach der Geburt des Kindes anerkannt hat oder (3) deren Elternschaft gerichtlich festgestellt ist.
- Unter einer nicht-medizinisch unterstützten Fortpflanzung ist gem § 154a Abs 1 ABGB die Anwendung nicht-medizinischer Methoden „zur Herbeiführung einer Schwangerschaft mit dem Samen einer dritten Person, die ihren Samen wissentlich zu diesem Zweck überlässt“, zu verstehen. Nach den Materialien ist nicht nur die „Bechermethode“, sondern auch Geschlechtsverkehr erfasst.3 Dieser auf den ersten Blick weit gefasste Begriff ist vor dem Hintergrund der daran anknüpfenden abstammungsrechtlichen Regelungen zu sehen, die – wie bei der medizinisch unterstützten Fortpflanzung – voraussetzen, dass der Ehegatte oder eingetragene Partner der Mutter (m/w/d) der nicht-medizinisch unterstützten Fortpflanzung zugestimmt hat. In diesem Fall kann der Dritte, dessen Samen verwendet worden ist, nicht als Vater oder anderer Elternteil festgestellt werden (§ 148 Abs 5 ABGB). Anders als bei der medizinisch unterstützten Fortpflanzung ist die Wirksamkeit der Zustimmung an keine Form gebunden. Das Gesetz hält es für ratsam, dass die Mutter und die zustimmende Person die Identität des Samenspenders kennen und schriftlich festhalten, schreibt dies aber nicht vor (§ 154a Abs 2 ABGB).
- Aufgrund von Verweisen gilt das durch Verwaltungsstrafen sanktionierte Kommerzialisierungs- und Vermittlungsverbot des FMedG auch bei der nicht-medizinisch unterstützten Fortpflanzung (§ 154a Abs 3 ABGB). Entgeltliche Vermittlungsverträge sind nach den Materialien analog § 879 Abs 2 Z 1a ABGB nichtig.4