Überblick – bisherige Gesetzgebung und wichtige Grundsätze
Das in § 18b AVRAG geregelte Instrument der Sonderbetreuungszeit wurde zur Ermöglichung einer bezahlten Dienstfreistellung zum Zweck der Kinderbetreuung bzw Betreuung zu pflegender oder behinderter Angehöriger während der Coronakrise geschaffen, wobei der Arbeitgeber einen Vergütungsanspruch gegenüber dem Bund hat.
Die Sonderbetreuungszeit ist erstmalig mit Wirkung ab 16. 3. 2020 im Rahmen des COVID-19-Gesetzes in Kraft getreten.1 Diese Phase 1 hat bis zum 31. 5. 2020 gegolten, danach war die Rechtslage nach Phase 2 von 25. 7. 2020 bis 30. 9. 2020 anzuwenden.2 Mit 1. 10. 2020 ist Phase 3 in Kraft getreten und hat bis 31. 10. 2020 gegolten.3
In den unterschiedlichen Phasen gab es auch inhaltlich immer wieder Änderungen. So wurde vor allem der Kreis der zu betreuenden Personen erweitert (In der Anfangsphase war die Sonderbetreuungszeit nur für die Betreuung von Kindern unter 14 möglich). Was den Rückersatz der Kosten an den Arbeitgeber betrifft, so bekam dieser zunächst ein Drittel des geleisteten Entgelts ersetzt, später dann die Hälfte des Entgelts, ehe es in Phase 4 zum Ersatz von 100 % des Entgelts kam.
Die Phase 4 der Sonderbetreuungszeit galt von 1. 11. 2020 bis 9. 7. 2021.4
Im Hinblick auf die weiterhin gegebene Pandemiesituation und die noch nicht sehr weit fortgeschrittene Durchimpfungsrate wurde eine Phase 5 der Sonderbetreuungszeit in der Dauer von 3 Wochen geschaffen, die sich an den Regelungen der Phase 4 orientiert. Es besteht – wie in der Phase 4 – ein Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit neben der Möglichkeit einer Vereinbarung. Die Sonderbetreuungszeit der Phase 5 tritt rückwirkend mit 1. 9. 2021 in Kraft und gilt bis 31. 12. 2021.5
Im Folgenden nun eine Übersicht über die wichtigsten Punkte. Siehe zum Thema auch die FAQ des BMAFJ , die Richtlinie zur Sonderbetreuungszeit – Phase 5 und die FAQ der Buchhaltungsagentur .
Gründe für die Sonderbetreuungszeit
§ 18b AVRAG sieht sowohl einen Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit als auch die Möglichkeit der Vereinbarung vor (in den Phasen 1 bis 3 war nur eine Vereinbarung möglich, in Phase 4 gab es die Vereinbarungs- und die Anspruchsvariante). Dazu gleich weiter unten.
Eine Sonderbetreuungszeit kommt in beiden Varianten (Rechtsanspruch, Vereinbarung) gemäß § 18b Abs 1 AVRAG in den folgenden 5 Konstellationen in Frage:
- Es besteht eine notwendige Betreuung von Kindern bis zum vollendeten 14. Lebensjahr, für die eine Betreuungspflicht besteht (zB leibliches Kind, Adoptivkind), da Kinderbetreuungseinrichtungen bzw Lehranstalten aufgrund behördlicher Maßnahmen teilweise oder vollständig geschlossen wurden.
- Ein Kind bis zum vollendeten 14. Lebensjahr, für das eine Betreuungspflicht besteht (zB leibliches Kind, Adoptivkind), wird nach § 7 Epidemiegesetz abgesondert, dh behördlich unter Quarantäne gestellt; das wird in der Praxis die wohl häufigste Konstellation sein. Nach Ansicht des BMAFJ besteht der Anspruch für alle Kinder, die als Kontaktperson (Kontaktperson mit einem Verdachtsfall auf COVID-19) abgesondert wurden. Der Anspruch auf Sonderbetreuungszeit besteht, wenn das Kind selbst symptomlos bleibt, aber auch dann, wenn das per Bescheid abgesonderte Kind erkrankt ist.
- Es besteht eine Betreuungspflicht für Menschen mit Behinderungen, die in einer Einrichtung der Behindertenhilfe oder einer Lehranstalt für Menschen mit Behinderungen bzw einer höher bildenden Schule betreut oder unterrichtet werden, und diese Einrichtung oder Lehranstalt bzw höher bildende Schule wird aufgrund behördlicher Maßnahmen teilweise oder vollständig geschlossen, oder es erfolgt aufgrund freiwilliger Maßnahmen die Betreuung von Menschen mit Behinderung zu Hause.
- Für Menschen mit Behinderungen, die persönliche Assistenz in Anspruch nehmen, ist die persönliche Assistenz in Folge von COVID-19 nicht mehr sichergestellt. Zur Person mit Behinderung muss ein Angehörigenverhältnis bestehen.
- Die Pflege oder Betreuung von pflegebedürftigen Personen ist in Folge des Ausfalls einer Betreuungskraft nach dem Hausbetreuungsgesetz nicht mehr sichergestellt. Zur pflegebedürftigen Person muss ein Angehörigenverhältnis bestehen.
Je nachdem, um welche Variante es sich handelt, müssen vom Arbeitnehmer für die Inanspruchnahme der Sonderbetreuungszeit unterschiedliche Bedingungen erfüllt werden.
Dauer der Sonderbetreuungszeit
Sonderbetreuungszeit in Phase 5 kann im Ausmaß von bis zu drei Wochen konsumiert werden bzw werden dem Arbeitgeber die Kosten für die Entgeltfortzahlung maximal für diesen Zeitraum ersetzt. Dabei werden alle ab 1. 9. 2021 bereits gewährten Zeiten zusammengerechnet. Die genannten drei Wochen gebühren für den Zeitraum von 1. 9. 2021 bis zum 31. 12. 2021.
Die Sonderbetreuungszeit kann theoretisch bis zu drei Wochen am Stück, wochenweise, tageweise oder halbtageweise vereinbart und konsumiert werden. Sie kann beispielsweise eine Woche in Anspruch genommen werden, folgend eine paar Wochen pausieren und danach wieder in Anspruch genommen werden. Es wäre auch möglich, dass die Freistellung 6 Wochen lang immer nachmittags erfolgt. Wichtig ist, dass die förderbare Gesamtzeit 21 Kalendertage nicht übersteigen darf.
Laut Buchhaltungsagentur, die die Erstattungsansprüche des Arbeitgebers abwickelt, ist eine stundenweise Konsumation nicht möglich. Dies wurde in der Literatur zum Teil bereits kritisiert, weil dies keine Deckung im Gesetzestext findet. Es entspricht wohl der Lebensrealität, dass auch nur für einzelne Stunden ein Betreuungsbedarf bestehen kann. Jedenfalls empfiehlt es sich vorab die Buchhaltungsagentur zu kontaktieren, um eine Lösung zu finden.
Hinweis
Die Sonderbetreuungszeit ist nicht auf Urlaubsansprüche oder Ansprüche auf Zeitausgleich oder Gleitzeitguthaben anzurechnen, diese Ansprüche bleiben unverändert aufrecht. Die Sonderbetreuungszeit ist auch im vollen Umfang bei dienstzeitabhängigen Ansprüchen zu berücksichtigen.
Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit und Vereinbarungsmöglichkeit
Die (rückwirkende) Rechtslage ab 1. 9. 2021 sieht vor, dass zwischen einem Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit und der Möglichkeit einer Vereinbarung derselben zu unterscheiden ist. Daran sind unterschiedliche Voraussetzungen geknüpft.
Hinweis
In beiden Varianten – Rechtsanspruch und Vereinbarungsmodell – bleiben die folgenden Punkte gleich: Dauer (maximal 3 Wochen), Kostenerstattung zu 100 %; Antragsfrist bei der Buchhaltungsagentur (binnen sechs Wochen ab dem Ende der Sonderbetreuungszeit).
Rechtsanspruch
Die Voraussetzungen für den Rechtsanspruch sind in § 18b Abs 1 Satz 1 bis 3 AVRAG geregelt.
- 1. Wenn es um die Betreuung von Kindern unter 14 Jahren aufgrund der Schließung von Kinderbetreuungseinrichtungen/Schulen geht, kann der Rechtsanspruch nur dann geltend gemacht werden, wenn die Schulen nicht nur ihren Unterricht bzw die Kindergärten ihre pädagogische Kleinkindbetreuung, sondern sämtliche Betreuungsleistungen einstellen (dh Schulen werden durch weitere verschärfte Maßnahmen behördlich zur Gänze geschlossen oder einzelne Gruppen, Klassen, Schulen werden zur Gänze in Quarantäne gestellt). In diesen Fällen wird keine Betreuung der Kinder mehr angeboten und kann der Rechtsanspruch geltend gemacht werden. Demnach begründet etwa ein Lockdown allein noch keinen Anspruch auf Sonderbetreuungszeit, da die Schulen weiterhin Betreuung anbieten und die grundsätzliche Möglichkeit besteht, das Kind in der Schule oder im Kindergarten betreuen zu lassen. Außerdem gilt, dass in Ferienzeiten und an schulautonomen Tagen die Schule nicht aufgrund einer Anordnung der Bezirksverwaltungsbehörde oder einer Verordnung nach dem COVID-19 Maßnahmengesetz und Schulunterrichtsgesetz behördlich geschlossen ist. Dh, dass in Ferienzeiten kein Anspruch eine Sonderbetreuungszeit besteht (auch kann eine solche nicht vereinbart werden). Eine Betreuung durch die Arbeitnehmerin bzw den Arbeitnehmer ist dann notwendig, wenn keine andere geeignete Person die Betreuung übernehmen kann. Die Notwendigkeit der Betreuung eines Kindes unter 14 Jahren ist zB dann gegeben, wenn auch der andere Elternteil aufgrund seiner Berufstätigkeit nicht zur Betreuung zur Verfügung steht und auch andere Bezugspersonen, die bereits auf das Kind aufgepasst haben und in einem „sozialen“ Naheverhältnis zum Kind stehen, das Kind nicht in der fraglichen Zeit betreuen können.
Auch im Fall der Schließung von Behindertenbetreuungseinrichtungen, Lehranstalten für Behinderte, dem Ausfall von Betreuungskräften nach dem Hausbetreuungsgesetz oder der persönlichen Assistenz für Menschen mit Behinderungen (§ 18b Abs 1 Z 2 bis 4 AVRAG), kann ein Fall des Rechtsanspruchs eintreten. Auch in diesen Fällen muss aber die Betreuung notwendig sein und muss alles Zumutbare zur Abwendung der Freistellung unternommen werden. - 2. Eine weitere Voraussetzung für den Rechtsanspruch ist, dass der Arbeitnehmer den Arbeitgeber unverzüglich nach Bekanntwerden der Schließung zu verständigen hat.
- 3. Schließlich muss der Arbeitnehmer alles Zumutbare unternehmen, damit die vereinbarte Arbeitsleistung zustande kommt. Was es heißt, alles Zumutbare zu unternehmen, wird im Gesetz nicht näher geregelt. Es wird im Einzelfall abzuwägen sein, ob tatsächlich ein Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit besteht. Zu prüfen wird daher insbesondere sein, ob alternative Betreuungspersonen herangezogen werden könnten bzw ein Bemühen stattgefunden hat, solche zu finden.
Sofern die genannten Voraussetzungen vorliegen, kann der Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit geltend gemacht werden.
Hinweise
- Die gleichzeitige Inanspruchnahme einer Sonderbetreuungszeit durch beide Eltern ist nicht möglich.
- Der Rechtsanspruch besteht auch für Schlüsselkräfte der sogenannten kritischen Infrastruktur. Diese sind vom Rechtsanspruch nicht ausgenommen.
- Ein Ausschöpfen von bestehenden anderen arbeitsrechtlichen Ansprüchen auf Dienstfreistellung zur Betreuung ist für den Anspruch auf Sonderbetreuungszeit nicht erforderlich.
Praxistipp
Es empfiehlt sich, das Begehren auf Sonderbetreuungszeit schriftlich festzuhalten. Siehe dazu zB das Muster auf der Webseite der WKO Mitteilung einer Sonderbetreuungszeit-Elternfreistellung .
Vereinbarungsmodell
Für den Fall, dass ein Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit geltend machen kann, kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Sonderbetreuungszeit im Ausmaß von bis zu drei Wochen unter Fortzahlung des vollen Entgelts gewähren (Vereinbarungsmodell). Dies wurde in § 18b Abs 1a AVRAG klargestellt.
Eine Vereinbarung auf Sonderbetreuungszeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer kann bei Vorhandensein derselben Voraussetzungen wie beim Rechtsanspruch (dh notwendige Betreuung; unverzügliche Verständigung des Arbeitgebers; Unternehmung alles Zumutbaren, damit die Arbeitsleistung zustande kommt) unter Berücksichtigung zusätzlicher Voraussetzungen gültig abgeschlossen werden.
Zusätzlich gilt Folgendes beim Vereinbarungsmodell:
- Die Arbeitsleistung des betroffenen Arbeitnehmers darf nicht für die Aufrechterhaltung des Betriebes erforderlich sein. Im Gegensatz zum Rechtsanspruch besteht also für „systemrelevante Arbeitnehmer“ keine Vereinbarungsmöglichkeit.
- Es darf kein Anspruch auf Dienstfreistellung zu Betreuung eines Kindes oder eines Menschen mit Behinderungund kein Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit bestehen.
- Das Ausmaß der Sonderbetreuungszeit von bis zu drei Wochen wurde noch nicht ausgeschöpft.
Aus den FAQ des BMAFJ geht hervor, dass die Sonderbetreuungszeit zur Betreuung eines unter 14jährigen Kindes vereinbart werden kann, wenn die Schule oder Kinderbetreuungseinrichtung eine Kinderbetreuung anbietet. Gibt es daher etwa trotz grundsätzlicher Kindergarten- bzw Schulschließung alternative Betreuungsalternativen (zB Notbetreuung im Kindergarten bzw in der Schule), will der Arbeitnehmer diese aber nicht nutzen (zB aus Sorge vor Ansteckungen des Kindes), kann die Sonderbetreuungszeit dennoch mit dem Arbeitgeber vereinbart werden. Aber Achtung – aus dem Gesetzeswortlaut des § 18b Abs 1a AVRAG folgt, dass auch beim Vereinbarungsmodell Einrichtungen aufgrund behördlicher Maßnahmen teilweise oder vollständig geschlossen sein müssen, was bei weiterhin angebotener Kinderbetreuung während der Aussetzung des Unterrichts ja nicht der Fall ist. Weitere Klarstellungen bleiben abzuwarten.
Die Vereinbarungsmöglichkeit besteht auch für alle in § 18b Abs 1 AVRAG genannten anderen Personengruppen (also Angehörige von Behinderten, zu pflegenden Personen usw).
Praxistipp
Das Gesetz sieht für eine solche Vereinbarung keine bestimmte Form vor. Aus Beweisgründen ist aber eine schriftliche Vereinbarung zu empfehlen. Siehe dazu zB das Muster auf der Webseite der WKO Vereinbarung einer freiwilligen Sonderbetreuungszeit-Elternfreistellung (siehe unter Arbeitszeit). Die Voraussetzungen sind durch den Arbeitgeber zu überprüfen und zu bestätigen.
Auch bei der vereinbarten Sonderbetreuungszeit besteht ein Anspruch auf Kostenersatz von 100 %.
Rückwirkende Anwendbarkeit
Nach § 18b Abs 1b AVRAG sind auch Entgeltfortzahlungen für Dienstfreistellungen und Pflegefreistellungen nach dem allgemeinen Dienstverhinderungsrecht in den in Abs 1 und 1a genannten Fällen (insbesondere nach § 8 Abs 3 AngG, § 1154b Abs 5 ABGB oder § 16 Abs 1 Z 1 und 3, Abs 2 und Abs 4 UrlG), die im Zeitraum vom 1. 9. 2021 bis 12. 10. 2021 (= Kundmachung des Gesetzes) erfolgt sind, als Sonderbetreuungszeit vergütungsfähig. Mit 12. 10. 2021 werden diese Dienstfreistellungen und Pflegefreistellungen in Sonderbetreuungszeit umgewandelt. Umgewandelte Pflegefreistellungen nach dem UrlG werden nicht auf den Anspruch der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers auf Pflegefreistellung nach § 16 UrlG angerechnet.
Erfasster Kreis der Anspruchsberechtigten, sonstige wichtige Hinweise
Eine geförderten Sonderbetreuungszeit iSd § 18b Abs 1 AVRAG ist möglich für:
- Arbeiter
- Angestellte
- Lehrlinge und
- Arbeitnehmer, die dem Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, BGBl 280/1980, oder dem Landarbeitsgesetz 2021, BGBl I 2021/78, unterliegen.
Hinweis
Für freie Dienstnehmer, Beamte, Vertragsbedienstete sowie Landes- und Gemeindebedienstete kann keine Förderung beantragt werden. Eine Sonderbetreuungszeit ist auch für geringfügig Beschäftigte möglich.
Die Sonderbetreuungszeit kann auch für die Zeiten der tatsächlichen Beschäftigung im Rahmen einer COVID-19 Kurzarbeit, aber nicht für die Ausfallstunden, beansprucht oder gewährt werden.
Geht es um eine Sonderbetreuungszeit für ein unter 14-jähriges Kind, so gilt, dass eine gleichzeitige Inanspruchnahme der Sonderbetreuungszeit durch beide Elternteile nicht möglich ist. In der Regel ist die Betreuung von Kindern durch einen Elternteil ausreichend. Es ist aber möglich, dass zuerst der eine und dann der andere Elternteil Sonderbetreuungszeit in Anspruch nimmt. Die Sonderbetreuungszeit kann „pro Elternteil“ in Anspruch genommen werden, aber nicht „pro Kind“.
Kommt Sonderbetreuungszeit für pflegebedürftige Angehörige oder behinderte Angehörige in Frage, weil die persönliche Assistenz in Folge von COVID-19 nicht mehr sichergestellt ist oder die Betreuungskraft nach dem Hausbetreuungsgesetz ausgefallen ist, stellt sich die Frage wer alles als Angehöriger anzusehen ist, der Sonderbetreuungszeit in Anspruch nehmen kann. Die Angehörigeneigenschaft wird hier weit interpretiert, so sprechen die Gesetzesmaterialien zum 3. COVID-19-Gesetz von allen „Bluts- und Wahlverwandten“.6
Die Buchhaltungsagentur hat in ihren FAQ als Angehörige folgende Personen definiert:
- Ehegatten (bleiben Angehörige, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht, zB nach Scheidung)
- Verwandte in gerader Linie (zB Mutter/Vater – Kind, Großmutter/Großvater – Enkelkind
- Urgroßvater/Urgroßmutter – Urenkelin/Urenkel)
- Verwandte zweiten Grades in der Seitenlinie (Geschwister)
- Verwandte dritten Grades in der Seitenlinie (Tante/Onkel – Nichte/Neffe)
- Verwandte vierten Grades in der Seitenlinie (zB Cousine/Cousin); Großtante/Großonkel – Großneffe/Großnichte)
- Verschwägerte in gerader Linie (zB Schwiegervater/Schwiegermutter - Schwiegertochter/Schwiegersohn – aber auch das Kind aus erster Ehe der angeheirateten Frau gilt als verwandt zum Vater des Ehemannes („Schwiegerenkel“)
- Verschwägerte zweiten Grades in der Seitenlinie (Geschwister des Ehegatten, Ehegatte der Geschwister)
- Adoptiveltern – Adoptivkinder
- Pflegeeltern – Pflegekinder
- Lebensgefährten sowie Kinder und Enkel eines Lebensgefährten im Verhältnis zum anderen
Vergütungsanspruch des Arbeitgebers
Arbeitgeber haben Anspruch auf Vergütung des gesamten des in der Sonderbetreuungszeit an die Arbeitnehmer gezahlten Entgelts durch den Bund. Der Anspruch ist binnen sechs Wochen vom Tage der Aufhebung der behördlichen Maßnahmen bei der Buchhaltungsagentur geltend zu machen (oder bis spätestens 11. 2. 2022).
Alle Details zur Förderung (geförderter Personenkreis, Höhe der Förderung, geförderter Zeitraum, Antragstellung, Berechnung des Entgelts) sind der Webseite der Buchhaltungsagentur zu entnehmen.
Geförderter Personenkreis
Grundsätzlich kann jeder Arbeitgeber eine Förderung der Sonderbetreuungszeit für die Freistellung von Arbeitern, Angestellten, Lehrlingen und Arbeitnehmern beantragen, die dem Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, BGBl 280/1980, oder dem Landarbeitsgesetz 2021, BGBl I 2021/78, unterliegen.
Höhe der Förderung
Der Arbeitgeber hat Anspruch auf Vergütung von 100 % des in der Sonderbetreuungszeit fortgezahlten Entgelts durch den Bund. Der Anspruch ist mit der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage nach dem ASVG (2021: € 5.550,-) gedeckelt. Darin ist der aliquote Sonderzahlungsanteil bereits enthalten.
Der maximale Förderbetrag beträgt 2021 € 5.180,-. Nicht vergütungsfähig sind Dienstgeberabgaben (etwa der Dienstgeberanteil zur SV, der Dienstgeberbeitrag zum FLAF, die Kommunalsteuer oder der Beitrag gemäß BMSVG).
Rückzahlung einer zu Unrecht bezogenen Vergütung
Im Gesetz (§ 18b Abs 1c AVRAG) ist ausdrücklich verankert, dass eine zu Unrecht bezogene Vergütung zurückzuzahlen ist.
Zeitraum der Förderung und Frist für die Antragstellung
Im Zeitraum 1. 9. 2021 bis 31. 12. 2021 besteht die Möglichkeit, Sonderbetreuungszeit für maximal drei Wochen zu konsumieren (Rechtsanspruch und Vereinbarung zusammen).
Der Vergütungsanspruch ist binnen sechs Wochen ab dem Ende der Sonderbetreuungszeit (dh nach dem vollständigen Konsum der Sonderbetreuungszeit) bei der Buchhaltungsagentur geltend zu machen.
Die Buchhaltungsagentur entscheidet über die Zuerkennung der Vergütung mittels Mitteilung. Der Arbeitgeber hat das Recht, binnen vier Wochen nach Zustellung dieser Mitteilung darüber einen Bescheid zu verlangen, wenn dem Antrag auf Vergütung nicht vollinhaltlich stattgegeben wird.
Beantragung der Förderung und benötigte Unterlagen
Der Antrag ist über die Website der Buchhaltungsagentur des Bundes bzw über das Unternehmensserviceportal (USP) einzubringen.
Im USP wird ein elektronisches Formular zur Verfügung, das alle Unternehmen in Österreich nutzen können, die im USP registriert sind (zur Registrierung im USP siehe hier ). Hier finden Sie das Formular des USP.
Im USP-Formular können maximal 50 Personen pro Antrag erfasst werden. Gegebenenfalls muss der Arbeitgeber mehrere Anträge einbringen. Pro Arbeitnehmer ist jeweils nur ein Antrag zulässig.
Folgende Unterlagen werden im Rahmen der Antragstellung benötigt:
- Vorzugsweise Jahreslohnkonto und/oder Lohn-/Gehaltszettel des betroffenen Zeitraums sowie der letzten zwei Monate vor dem betroffenen Monat (ist die Sonderbetreuungszeit im November werden die die Lohn-/Gehaltszettel der Monate September, Oktober und November benötigt)
- Nachweis über die Konsumation der Sonderbetreuungszeit – der Förderungswerber hat (zB durch schlüssige Zeitaufzeichnungen) nachzuweisen, dass in der Sonderbetreuungszeit tatsächlich keine Arbeitsleistung erbracht wurde.
- Über die Schließung der jeweiligen Betreuungseinrichtung, wie zB Schulen, ist ein entsprechender Nachweis zu erbringen (zB Infoschreiben der Schule bei Einschränkungen des Unterrichtsbetriebs aufgrund der „Corona-Ampel“) bzw Absonderungsbescheid für Kinder unter 14 Jahren.
Berechnung des Entgelts
Für die Festlegung des ersatzfähigen Entgelts ist der Begriff des regelmäßigen Entgelts iSd Entgeltfortzahlungsgesetzes (vor etwaiger Kurzarbeit) anzuwenden. Dafür sind die Lohn-/Gehaltszettel des betroffenen Zeitraums heranzuziehen. Sind zwei Abrechnungsperioden betroffen, ist der Durchschnitt aus beiden Perioden zu ermitteln.
Das förderbare Entgelt ergibt sich aus dem Grundlohn/-gehalt zuzüglich:
- Zulagen
- Zuschläge
- Überstundenentgelte, Überstundenpauschalien
- Schnitte nach dem Lohnausfallsprinzip
- monatliche Prämien und Provisionen
- aliquoter Sonderzahlungsanteil (wird pauschal mit einem Sechstel berücksichtigt; dies erfolgt im Antragsformular automatisch!)
Nicht förderbar sind:
- Fehlgeldentschädigungen, soweit sie von der Einkommensteuer (Lohnsteuer) befreit sind
- Einmalprämien
- Sachbezüge
- Urlaubsersatzleistungen
- Tages- und Nächtigungsgelder
- Trennungsgelder
- Entfernungszulagen
- Fahrtkostenvergütungen
- freie oder verbilligte Mahlzeiten oder Getränke
- jegliche Arten von Versicherungen mit Ausnahme der Gehaltsumwandlung
- die Beförderung der Arbeitnehmer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte auf Kosten des Arbeitgebers sowie
- der teilweise oder gänzliche Ersatz der tatsächlichen Kosten für Fahrten des Arbeitnehmers zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
Hinweis
Siehe dazu unter den FAQ der Buchhaltungsagentur (Seite 11 ff) die Berechnungsbeispiele Berechnungsbeispiel 1, Berechnungsbeispiel 2 und Berechnungsbeispiel 3.