Zusammenführung der Prüfungsorganisationen der Finanzverwaltung und der Sozialversicherung

GesetzgebungPersonalrechtLindmayrJänner 2020

Zusammenführung der GPLA in einer einheitlichen Prüforganisation im Wirkungsbereich des BMF („Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge“)

Inkrafttreten

1.1.2020

Stand des Gesetzgebungsverfahrens

Gesetz

Letzte Änderung

23.1.2020

Betroffene Normen

ASVG, EStG, KommStG, PLABG

Betroffene Rechtsgebiete

Steuerrecht, Sozialversicherungsrecht

Quelle

BGBl I 2018/98 idF BGBl I 2020/5

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge (PLABG) erlassen und das EStG 1988, das KommStG 1993 und das ASVG geändert werden (Gesetz über die Zusammenführung der Prüfungsorganisationen der Finanzverwaltung und der SV – ZPFSG), BGBl I 2018/98 vom 22. 12. 2018 (AA-49 BlgNR 26. GP ; AB 425 BlgNR 26. GP ; RV 328 BlgNR 26. GP 77/ME NR 26. GP )

 

Aktualisierter Beitrag nach den Erkenntnissen des VfGH vom 13. 12. 2019:

1. Überblick

Mit dem vorliegenden Bundesgesetz erfolgt die im Regierungsprogramm vorgesehene Vereinheitlichung der Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge. Die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge wird effizienter organisiert und obliegt ab 1. 1. 2020 ausschließlich der Bundesfinanzverwaltung. Weiters kam es noch zu Änderungen im EStG iZm Freibetragsbescheiden und der Arbeitgeberhaftung.

Hinweis

Gegen die Übertragung der Sozialversicherungsprüfung an die Abgabenbehörden des Bundes wurden beim VfGH mehrere Anträge auf Gesetzesprüfung eingebracht. Mit dem Erkenntnis VfGH 13. 12. 2019, G 78-81/2019 (siehe ARD 6680/13/2020) wurde die Bestimmungen über die Übertragung der SV-Prüfung an die Abgabenbehörden des Bundes auch als verfassungswidrig aufgehoben. 

Gemäß § 41a ASVG idF BGBl I 2018/98 obliegt die Prüfung der Einhaltung aller für das Sozialversicherungsverhältnis maßgeblichen Tatsachen - die Sozialversicherungsprüfung - dem Finanzamt der Betriebsstätte des Dienstgebers. Das Finanzamt hat sich dabei des Prüfdienstes für lohnabhängige Abgaben und Beiträge zu bedienen. Das Organ des Prüfdienstes wird zwar als Organ der Österreichischen Gesundheitskasse tätig; die ÖGK hat aber auf die Modalitäten der SV-Prüfung keinen Einfluss.

Ein Regelungssystem, das einem im eigenen Wirkungsbereich entscheidenden Selbstverwaltungskörper praktisch jeden Einfluss auf Art und Umfang des Ermittlungsverfahrens nimmt, ist aber nach Ansicht des VfGH unsachlich und widerspricht den verfassungsrechtlichen Organisationsprinzipien der Selbstverwaltung. Ein solches System verstößt gegen das den Gesetzgeber bei Eingriffen in die Autonomie des Selbstverwaltungskörpers bindende Sachlichkeitsgebot. Der VfGH hat aber wegen laufender Sozialversicherungsprüfungen für das Außerkrafttreten dieser Bestimmungen eine Frist bis zum Ablauf des 30. 6. 2020 gesetzt.

2. Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge

2.1. Neuer Prüfdienst im BMF

Derzeit erfolgt die gemeinsame Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben (also von Abgaben und SV-Beiträgen; GPLA) in einem Prüfvorgang durch Prüforgane der Finanzämter oder durch Organe der GKK. Trotz gemeinsamer Prüfsoftware ist der Abstimmungsaufwand ein hoher, Verfahrensnormen werden unterschiedlich interpretiert, Prüfschwerpunkte je nach eigener Zielsetzung gesetzt und die unterschiedlichen Prüfkulturen für den Arbeitgeber oft nicht nachvollziehbar gelebt.

Daher wird die GPLA ab 2020 in einer einheitlichen Prüforganisation im Wirkungsbereich des BMF zusammengeführt („Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge“). Dafür werden auch alle Bedienstete der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), die mit Stichtag 1. 10. 2018 als Bedienstete einer GKK zeitlich überwiegend mit Tätigkeiten der GPLA befasst sind bzw waren, dem BMF zugewiesen (vgl § 15 PLABG).

Hinweis

Die "Österreichische Gesundheitskasse" (ÖGK) ist das Ergebnis der Reorganisation des österreichischen Sozialversicherungssystems (siehe unter Sozialversicherungs-Organisationsgesetz).

Für Zwecke der Kooperation und Koordinierung wird weiters beim BMF ein Prüfungsbeirat eingerichtet, der aus Vertretern des BMF, der Finanzämter, des BMASGK, der Österreichische Gesundheitskasse, des Gemeindebundes und des Städtebundes besteht (vgl §§ 7 ff PLABG).

2.2. Inhaltlicher Umfang der Prüfung

Die Bezeichnung der Prüfung wird von „Gemeinsame Prüfung lohnabhängiger Abgaben“ auf „Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge“ (PLAB) geändert. Der Zusatz „und Beiträge“ stellt lediglich eine terminologische Anpassung bzw Klarstellung dar – eine Änderung des Prüfungsumfangs im Vergleich zur bisherigen „gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben“ ist damit nicht verbunden. Dem Begriff „Beiträge“ liegt das Begriffsverständnis des Sozialversicherungsrechts zugrunde (vgl § 4 PLABG).

Der inhaltliche Umfang der PLAB setzt sich somit aus der Lohnsteuerprüfung gemäß § 86 EStG, der Sozialversicherungsprüfung gemäß § 41a ASVG und der Kommunalsteuerprüfung gemäß § 14 KommStG 1993 zusammen und stellt eine Außenprüfung gemäß § 147 BAO dar.

Die Lohnsteuerprüfung bezieht sich auf die ordnungsgemäße Einbehaltung und Abfuhr der Lohnsteuer und der Abzugsteuer gemäß § 99 Abs 1 Z 1, Z 4 und Z 5 zweiter Fall EStG sowie auf die Erhebung des Dienstgeberbeitrags gemäß § 41 FLAG (DB) und des Zuschlags zum Dienstgeberbeitrag gemäß § 122 Abs 8 des WKG 1998 (DZ).

Bei der Sozialversicherungsprüfung wird die Einhaltung aller tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse geprüft, die insbesondere maßgeblich sind für das Versicherungsverhältnis betreffend Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung, die Erhebung des Arbeitslosenversicherungsbeitrags samt Sonderbeitrag gemäß § 2 AMPFG (AlV-Beitrag), des Mitarbeitervorsorgekassenbeitrags gemäß § 6 Abs 2 BMSVG (MV-Beitrag), des Zuschlags zum Dienstgeberanteil des AlV-Beitrags gemäß § 12 Abs 1 Z 4 IESG, des Wohnbauförderungsbeitrags gemäß § 4 Wohnbauförderungsbeitragsgesetz 2018 (WFB) und der Umlage gemäß § 61 AKG 1992 (Arbeiterkammerumlage).

2.3. Verfahrensgrundsätze

Für die Aufgabenerfüllung durch den Prüfdienst werden va folgende Rahmenbedingungen bzw Verfahrensgrundsätze festgelegt:

  • Die Zuständigkeit für die Beitragsvorschreibung bzw Bescheiderlassung, für Einhebungs- und Einbringungsmaßnahmen und für die Durchführung von Rechtsmittelverfahren wird nicht berührt und verbleibt bei den bisher zuständigen Stellen. Unberührt bleiben auch das Revisionsrecht des Finanzamts der Betriebsstätte gegen Entscheidungen des BFG und das Revisionsrecht des BMASGK gegen Entscheidungen des BVwG gemäß § 415 ASVG. Gegen Entscheidungen des BVwG über Beschwerden gegen Bescheide, denen eine PLAB vorausgegangen ist, wird nun aber auch dem BMF die Revision an den VwGH ermöglicht (§ 13 PLABG).
  • Durchgeführt wird die PLAB nach den Vorschriften der BAO für Außenprüfungen (§ 10 PLABG).
  • Den Prüfungsauftrag erteilt ausschließlich das Finanzamt der Betriebsstätte (§ 10 PLABG), wobei der Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge auf Anforderung der ÖGK eine Sozialversicherungsprüfung oder auf Anforderung einer Gemeinde eine Kommunalsteuerprüfung durchzuführen hat (§ 11 PLABG). Einer solchen Anforderung hat das Finanzamt der Betriebsstätte unter den allgemeinen rechtlichen Bedingungen der BAO durch Ausstellung eines Prüfungsauftrags nachzukommen.

Hinweis

Hinsichtlich der Gemeinden geht das Anforderungsrecht über das bisherige Recht gemäß § 14 Abs 1 KommStG 1993 hinaus. Nach dieser Bestimmung konnte eine Gemeinde nämlich nur in begründeten Einzelfällen eine Kommunalsteuerprüfung anregen.

  • Die Prüforgane des Prüfdienstes werden funktionell für die jeweils zuständige Stelle tätig, dh etwa bei Durchführung der LSt-Prüfung als Organe des Finanzamts der Betriebsstätte, bei der SV-Prüfung als Organe der ÖGK etc (§ 6 PLABG).
  • Dem Prüforgan kommt die Funktion eines Sachverständigen zu. Die Finanzämter, die Österreichische Gesundheitskasse und die Gemeinden sind an das Prüfergebnis des Prüforgans nicht gebunden und können (etwa bei der Bescheiderstellung) davon abweichen. Für ein Abweichen von Sachverhaltsfeststellungen ist nicht Voraussetzung, dass ein begründeter Anlass gegeben sein muss, die Richtigkeit der Feststellungen in Zweifel zu ziehen. Soll in einer Erledigung von den Sachverhaltsfeststellungen des Prüfdienstes für lohnabhängige Abgaben und Beiträge abgewichen werden, ist dies dem Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge vor der Erledigung mitzuteilen (§ 10 Abs 3 PLABG).

3. Weitere Änderungen im EStG

Für das Jahr 2019 gemäß § 63 EStG ausgestellte Freibetragsbescheide, in welchen Kinderbetreuungskosten berücksichtigt sind, treten außer Kraft und sind Freibetragsbescheide für die Kalenderjahre 2019 und 2020 ohne die Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten zu erlassen .

Im Plenum des Nationalrates kam es noch zu einer weiteren Änderung das EStG beinhaltend eine Klarstellung, dass eine Haftung des Arbeitgebers wegen unrichtiger Angaben in der Erklärung des Arbeitnehmers hinsichtlich der Berücksichtigung des AVAB, AEAB, des erhöhten Pensionistenabsetzbetrages oder des Familienbonus Plus nur dann in Frage kommt, wenn offensichtlich unrichtige Erklärungen des Arbeitnehmers beim Steuerabzug berücksichtigt wurden (§ 129 Abs 7 EStG). Das gilt erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2019 sowie für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 31. 12. 2018 enden.



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