Bundesgesetz, mit dem die Notariatsordnung, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, die Rechtsanwaltsordnung und das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz geändert werden (Berufsrechts-Änderungsgesetz 2024 – BRÄG 2024); BGBl I 2024/93 vom 18. 7. 2024 (AA-423 BlgNR 27. GP ; AB 2621 BlgNR 27. GP ; 4124/A BlgNR 27. GP ; 319/ME)
1. Änderung der Notariatsordnung
In der Notariatsordnung kam es insbesondere zu folgenden Änderungen:
Künftig soll schon im Stadium der Eintragung von Berufsanwärtern in das Verzeichnis der Notariatskandidaten zusätzliches Augenmerk auf deren persönliche Eignung und sozialen Fähigkeiten gelegt werden. Ferner sollen die persönliche Weiterentwicklung und der Erwerb von weiteren Qualifikationen in Hinkunft auch bei der Gesamtbetrachtung/-bewertung der Ernennungskriterien zum Notar eine noch stärkere Rolle spielen, die bloße „Zeitkomponente“ der Dauer der praktischen Verwendung erhält (nach entsprechend langjähriger Erfahrung in der notariellen Tätigkeit) weniger Gewicht. Dem Aspekt der Zukunftsfähigkeit des österreichischen Notariats tragen zusätzliche Möglichkeiten für Zusammenschlüsse von Notaren und Notariatskandidaten in Notar-Partnerschaften sowie im Bereich der Dauersubstituten Rechnung.
Mit dem BRÄG 2020, BGBl I 2020/19, wurde der Österreichischen Notariatskammer in § 140a Abs 2 Z 8 NO eine Richtlinienkompetenz zu den bei der Aufsicht im Bereich der Verhinderung von Geldwäscherei (§ 165 StGB) und Terrorismusfinanzierung (§ 278d StGB) entsprechend § 154 NO zu beachtenden Grundsätzen und einzuhaltenden Vorgehensweisen eingeräumt. Angesichts der von den Notaren bei ihrer Tätigkeit zu führenden Register bietet sich an, die in den Registern von diesen notwendigerweise zu machenden Angaben um eine Kategorie zu erweitern, die eine Einordnung der bzw Rückschlüsse auf die Risikogeneigtheit der einzelnen Geschäftsfälle ermöglicht. Die Festlegung entsprechender berufsspezifischer Faktoren für ein potenziell geringeres oder höheres Risiko von Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung oder – nunmehr neu – der Nichtumsetzung und Umgehung gezielter finanzieller Sanktionen im Zusammenhang mit Proliferationsfinanzierung, zu denen in den Registern dann (gegebenenfalls) entsprechende Angaben zu machen sind, hat in den von der Österreichischen Notariatskammer zu erlassenden Richtlinien zu erfolgen (§ 109a Abs 6 und § 140a Abs 2 Z 8 NO). Bei diesen Festlegungen sind zum einen die Anlagen II und III zum FM-GwG zu berücksichtigen, zum anderen sind auch Angaben im Kontext der von den Notaren nach § 36a Abs 3 und dem neu vorgeschlagenen § 36a Abs 5 NO individuell vorgenommenen Risikobewertungen vorzusehen.
Schließlich bedingt eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs Anpassungen (auch) in der Notariatsordnung: Die mit Erkenntnis VfGH 5. 10. 2022, G 173/2022-14, erfolgte Aufhebung einer Wortfolge in § 20 lit a RAO erfordert angesichts der insofern im Ergebnis gleichen Rechtslage auch eine entsprechende Änderung im notariellen Berufsrecht (§ 7 Abs 1 Z 3 NO).
2. Änderungen im Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter
Über Vorschlag des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags wurden im rechtsanwaltlichen Disziplinarrecht die Instrumente der disziplinarrechtlichen Strafverfügung und der gekürzten Erkenntnisausfertigung sowie die Einführung des Erfordernisses einer Berufungsanmeldung neu eingeführt (siehe dazu insbesondere die Änderungen in § 27 Abs 1, § 27a und § 28 Abs 2a DSt und § 40, § 42 Abs 1 und § 46 DSt).
Die Regelungen orientieren sich dabei an den bewährten Bestimmungen der StPO zum Mandatsverfahren (§ 491 StPO) und zur gekürzten Urteilsausfertigung (§ 270 Abs 4 StPO) unter Bedachtnahme auf die Besonderheiten des disziplinarrechtlichen Verfahrens. Diese Maßnahmen sollen zu einer merklichen Entlastung der Disziplinarräte der Rechtsanwaltskammern und ihrer Mitglieder führen, dies unter Beibehaltung sämtlicher rechtsstaatlicher Garantien und unter Beachtung der Verfahrensrechte der Disziplinarbeschuldigten.
3. Änderungen der Rechtsanwaltsordnung
Einige punktuelle Änderungen sieht das BRÄG 2024 auch im Bereich der Rechtsanwaltsordnung vor. Hervorzuheben sind daraus:
- Der Entscheidung des EuGH vom 15. 9. 2022, Rs C-58/21, ARD 6820/16/2022, Rechnung tragend, kommt es zu Anpassungen bei den Anspruchsvoraussetzungen für die rechtsanwaltliche Alters- und Berufsunfähigkeitsversorgung. Eine in § 50 Abs 2 Z 2 lit c sublit aa RAO umgesetzte Änderung sieht vor, dass Anspruchsvoraussetzung für die rechtsanwaltliche Alters- und Berufsunfähigkeitsversorgung künftig nur mehr der Verzicht auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft im Inland sein soll; gleichzeitig hat der auf den entsprechenden Verzicht auch im Ausland abstellende § 50 Abs 2 Z 2 lit c sublit bb RAO zu entfallen.
- Die Rechtsanwaltsordnung sieht für den Fall der (Pflege-)Elternschaft verschiedene Befreiungs- bzw Ermäßigungsmöglichkeiten von der Pflicht zur Leistung der so genannten Umlage (das ist der durch die Mitglieder der Rechtsanwaltskammer zu entrichtende Beitrag für die Versorgungseinrichtung) vor. Nun wurde der Zeitraum, innerhalb dessen nach der Geburt eines Kindes, der Annahme eines minderjährigen Kindes an Kindes Statt oder der Übernahme eines minderjährigen Kindes in unentgeltliche Pflege, die Entrichtung ermäßigter Beiträge zur Versorgungseinrichtung möglich sein soll, von 12 auf 24 Monate verlängert. (§ 53 Abs 2 Z 4 lit a sublit aa RAO)
