Normen
AVG §52
AVG §56
EURallg
Fließgewässer SanierungsprogrammV OÖ 2011
Fließgewässer SanierungsprogrammV OÖ 2011 §1 Abs2
Fließgewässer SanierungsprogrammV OÖ 2011 §2
Fließgewässer SanierungsprogrammV OÖ 2011 §3
VwGVG 2014 §17
VwRallg
WRG 1959 AnhC
WRG 1959 §105
WRG 1959 §21a
WRG 1959 §21a Abs1
WRG 1959 §21a Abs4
WRG 1959 §30a
WRG 1959 §30a Abs1
WRG 1959 §30a Abs2
WRG 1959 §33d
WRG 1959 §33d Abs2
WRGNov 2003
32000L0060 Wasserrahmen-RL
32000L0060 Wasserrahmen-RL Anh5
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RO2022070018.J00
Spruch:
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin ist Wasserbenutzungsberechtigte am Wasserkraftwerk S an der Grenze zwischen den Bundesländern Oberösterreich und Niederösterreich.
2 Mit Bescheid des Landeshauptmanns von Oberösterreich (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht) als delegierte Behörde vom 4. Februar 2022 wurde der Revisionswerberin gemäß § 21a Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) aufgetragen, bis 30. Juni 2023 ein den Vorgaben des § 103 WRG 1959 entsprechendes Projekt zur Einbringung von näher definiertem Geschiebe an drei näher genannten Stellen in der Restwasserstrecke (Enns) des genannten Wasserkraftwerks vorzulegen.
3 Die belangte Behörde stützte sich auf das gemeinsame Gutachten der Amtssachverständigen für Biologie und Fischerei vom 18. November 2021 und hielt im Wesentlichen fest, dass für die Revisionswerberin bereits aufgrund der Vorgaben in der wasserrechtlichen Bewilligung vom 14. März 1942 eine Verpflichtung zum Geschiebemanagement bestanden habe, die mit dem gegenständlichen Auftrag nunmehr konkretisiert werde. Die Einbringung von Geschiebe stelle das erforderliche und gelindeste Mittel dar, um das im betroffenen Gewässerabschnitt nach den Angaben der Amtssachverständigen noch nicht hergestellte „gute ökologische Potential“ zu erreichen.
4 Ein Auftrag nach § 21a WRG 1959 sei in jedem rechtlichen Stadium möglich, weshalb das Nichtvorhandensein einer Verordnung nach § 30a Abs. 2 WRG 1959 dem gegenständlichen Auftrag nicht entgegenstehe.
5 Der gegen diesen Bescheid von der Revisionswerberin erhobenen Beschwerde wurde mit dem angefochtenen Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) stattgegeben. Der Bescheid wurde aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen. Eine Revision gegen diese Entscheidung wurde für zulässig erklärt.
6 In seinen rechtlichen Erwägungen erläuterte das Verwaltungsgericht hinsichtlich der vorliegenden Angelegenheit, die in den örtlichen Wirkungsbereich mehrerer Verwaltungsgerichte falle, unter Hinweis auf § 101 Abs. 5 WRG 1959 den (hier unstrittigen) Umstand, dass sich das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich und das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich auf die Zuständigkeit des erstgenannten Verwaltungsgerichts geeinigt hätten.
7 Ferner hielt es fest, dass in der Anlage 1 der von der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus erlassenen Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplanverordnung 2021 (NGPV 2021), BGBl. II Nr. 182/2022, die beiden hier betroffenen Detailwasserkörper 411250036 und 411250037 als (durch Morphologie, Stau und teilweise Schwall) erheblich veränderte Oberflächenwasserkörper eingestuft würden.
8 Die Bestimmung des § 21a WRG 1959 ‑ so führte das Verwaltungsgericht weiter aus ‑ ermögliche unter bestimmten Voraussetzungen die nachträgliche Abänderung von rechtskräftigen wasserrechtlichen Bewilligungen (für Wassernutzungen, sonstige Anlagen, etc.), wobei sich das Prüfschema in zwei Schritten zusammenfassen lasse.
9 Zum „Schritt 1“ (Frage des hinreichenden Schutzes öffentlicher Interessen) hielt das Verwaltungsgericht fest, § 21a WRG 1959 stelle unter anderem ein wesentliches Instrument zur Umsetzung der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (Wasserrahmenrichtlinie; im Folgenden: WRRL), in concreto der in den §§ 30a ff. WRG 1959 vorgegebenen Umweltziele wie beispielsweise das gute ökologische Potenzial zur Durchführung des Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplans (NGP) dar. Ein nicht hinreichender Schutz öffentlicher Interessen im Sinne des § 21a WRG 1959 liege etwa dann vor, wenn Umweltziele derzeit bereits deutlich verfehlt würden oder, wenn ohne Gegenmaßnahmen eine Verfehlung des Umweltziels mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit zu erwarten wäre.
10 Ein Indiz für eine derartige Verletzung öffentlicher Interessen und folglich für ein Vorgehen nach § 21a WRG 1959 könnten die (insbesondere) verpflichtend zu beachtenden Ergebnisse der Bestandsaufnahme (§ 55d WRG 1959) sein. Wiewohl die Ergebnisse der Bestandsanalyse daher zur Einleitung eines Anpassungsverfahrens führen könnten, ersparten sie der Behörde nicht die einzelfallbezogene Prüfung des Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen des § 21a WRG 1959; ein bloßer Verweis auf die Bestandsaufnahme oder den im NGP als unbefriedigend ausgewiesenen Zustand eines Wasserkörpers allein sei daher nicht tragfähig. Zudem sei die betroffene Partei nicht daran gehindert, ihrerseits Beweise vorzulegen, die die Ergebnisse der Bestandsaufnahme für den fraglichen Bereich ganz oder teilweise in Frage stellten.
11 Der rechtlichen Beurteilung der belangten Behörde lägen keinerlei geeignete Feststellungen auf Sachverhaltsebene zugrunde. Ihre Ausführungen zum Tatbestandsmerkmal der Verletzung öffentlicher Interessen erschöpften sich darin, dass das gute ökologische Potential gemäß den Feststellungen der Amtssachverständigen bzw. aufgrund der fehlenden (Mindest‑)Biomasse des Fischbestands nicht gegeben sei. Im Befund des einen integrierenden Bestandteil des Bescheids darstellenden Gutachtens vom 18. November 2021 werde das Nichterreichen des guten ökologischen Potentials mit einem Zitat aus einer anderen Studie begründet sowie aus dem Umstand abgeleitet, dass die betroffenen Detailwasserkörper im NGP 2021 mit einem „mäßigen oder schlechteren Potenzial“ ausgewiesen seien.
12 In der knappen Begründung des angefochtenen Bescheids habe sich die belangte Behörde weder mit dem Amtssachverständigengutachten vom 18. November 2021 noch mit dem diesbezüglichen Vorbringen der Revisionswerberin, insbesondere mit einem vorgelegten Privatgutachten, beweiswürdigend auseinandergesetzt, obwohl in letzterem vorgebracht werde, dass das gute ökologische Potential in den beiden gegenständlichen Detailwasserkörpern nur teilweise (noch) nicht erreicht worden sei.
13 Ferner habe die belangte Behörde nicht abschließend festgestellt, ob die im anzupassenden Bewilligungsbescheid oder in sonstigen Bestimmungen enthaltenen Auflagen und Vorschriften eingehalten würden, zumal § 21a WRG 1959 nur bei konsensgemäßen Wassernutzungen eine Handhabe biete.
14 Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts sei auch ohne Festlegung des guten ökologischen Potentials, sohin des zu erreichenden Zielzustands, in Form einer Verordnung gemäß § 30a Abs. 2 WRG 1959 ein Vorgehen nach § 21a WRG 1959 zulässig. Zum einen stelle § 21a WRG 1959 nicht auf das Vorliegen einer solchen Verordnung ab, sondern allgemein auf die Verletzung öffentlicher Interessen, wozu auch das (deutliche) Verfehlen eines Umweltziels zähle. Zum anderen erfolge die Ermittlung des guten ökologischen Potentials nach einheitlichen, fachlichen Kriterien (Leitfaden des BMLRT zur Ableitung und Bewertung des ökologischen Potentials bei erheblich veränderten Wasserkörpern vom November 2020, unter Einbeziehung der ‑ für ein einheitliches Verständnis in den EU‑Mitgliedstaaten erstellten ‑ CIS‑Leitlinien und Hinweis auf den ‑ nach § 30a Abs. 2 WRG 1959 für die Festlegung des Zielzustands anzuwendenden ‑ Anhang C Z 4 des WRG 1959), deren Ergebnis im vorliegenden Fall jedoch nicht in die rechtliche Form einer Verordnung gegossen worden sei. Nichtsdestotrotz sei der aus fachlicher Sicht mithilfe eines Auftrags nach § 21a WRG 1959 zu erreichende, im öffentlichen Interesse liegende Zielzustand bekannt (Verweis auf Seite 4 des das Gutachtens vom 18. November 2021, wonach für das gute ökologische Potential ein selbst erhaltungsfähiger Bestand mit ausreichender Biomasse von einem wesentlichen Teil der Leitfischarten und zumindest einem geringen Teil der Begleitfischarten erforderlich sei).
15 Zudem sei davon auszugehen, dass ein Auftrag nach § 21a WRG 1959 ‑ bei Vorliegen der sonstigen, noch zu ermittelnden Voraussetzungen ‑ zur Schaffung von Laichhabitaten für die Fischfauna trotz des auf Grundlage des § 33d WRG 1959 vom Landeshauptmann von Oberösterreich verordneten Sanierungsprogramms für Fließgewässer, LGBI. Nr. 95/2011, (Anmerkung: in der Revision und im Folgenden auch als „Sanierungsverordnung OÖ“ bezeichnet) grundsätzlich zulässig sei, zumal sich dieses Programm ausschließlich auf die Passierbarkeit für bestimmte Fischarten bei Querbauwerken und Wasserausleitungen in Fließgewässern beschränke. Es laufe dem Schutzzweck des § 21a WRG 1959 zuwider, würde man diesem Sanierungsprogramm eine derart weitreichende Sperrwirkung im Sinne des § 21a Abs. 4 WRG 1959 zumessen, dass auch sämtliche nicht mit der Fischpassierbarkeit zusammenhängenden Verbesserungsmaßnahmen der hydromorphologischen Verhältnisse (wie vorliegend die Schaffung von Laichhabitaten) nicht mehr Gegenstand eines Auftrags nach § 21a WRG 1959 sein könnten; damit wäre der Anwendungsbereich dieser gesetzlichen Bestimmung trotz allfälligen, entsprechenden Handlungsbedarfs erheblich eingeschränkt.
16 Nach einer in der Literatur (Verweis auf Bumberger/Hinterwirth, WRG3 (2020), K8 zu § 33d) vertretenen Ansicht entfalte ein Sanierungsprogramm, das sich auf eines der im § 33d Abs. 2 WRG 1959 genannten Ziele beschränke, keine Sperrwirkung im Sinne des § 21a Abs. 4 WRG 1959 in Bezug auf andere Ziele. Diese einengende Auslegung der Sperrwirkung habe auch auf der darunter gelegenen „Ebene“ zuzutreffen, wenn sich ein Sanierungsprogramm innerhalb eines in § 33d Abs. 2 WRG 1959 genannten Ziels, wie etwa die Verbesserung der hydromorphologischen Verhältnisse, auf einen Teilbereich, wie gegenständlich die Fischpassierbarkeit, beschränke. Für diese auf die Fischpassierbarkeit beschränkte Auslegung der Sperrwirkung im Sinne des § 21a Abs. 4 WRG 1959 spreche auch der Umstand, dass selbst der Verordnungsgeber im gegenständlichen Sanierungsprogramm ausdrücklich einen Vorbehalt für andere Sanierungsmaßnahmen normiert habe (Verweis auf § 1 Abs. 2 der Verordnung).
17 Zum „Schritt 2“ (Verhältnismäßigkeit) des angenommenen Prüfschemas hielt das Verwaltungsgericht unter anderem fest, bei der in § 21a Abs. 3 WRG 1959 vorgeschriebenen Verhältnismäßigkeitsprüfung sei der Aufwand dem Erfolg gegenüberzustellen. Die belangte Behörde habe nähere Ermittlungen zu Aufwand und Erfolg der in ihrem Bescheid aufgetragenen Maßnahmen gänzlich unterlassen. Die Begründung sei (aus näher genannten Gründen) mangelhaft. Auch zur Beurteilung der Angemessenheit der im behördlichen Bescheid gesetzten Frist fehlten entsprechende Feststellungen. Die belangte Behörde beschränke sich begründend auf eine bereits bisher bestandene Verpflichtung (offensichtlich resultierend aus einer nicht eingehaltenen Auflage); ein Auftrag nach § 21a WRG 1959 sei aber nur bei konsensgemäßer Nutzung möglich.
18 Die von ihm ausgesprochene Zurückverweisung der Angelegenheit zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung begründete das Verwaltungsgericht zusammengefasst damit, dass erforderliche Ermittlungsschritte insbesondere zur Thematik der Verhältnismäßigkeit (Quantifizierung von Aufwand und Erfolg) und der Angemessenheit der Frist unterlassen worden seien. Zu den Umständen des derzeit bestehenden ökologischen Potentials und der konsensgemäßen Ausübung des anzupassenden Wasserrechts habe die belangte Behörde nur ansatzweise ermittelt. Im Hinblick auf die „Nähe“ der belangten Behörde zu den noch zu erhebenden Daten könne mit einer eigenen Sachverhaltsermittlung durch das Verwaltungsgericht weder eine Kostenersparnis erwirkt noch eine raschere Verfahrenserledigung erreicht werden. Auf der Grundlage der verfahrensökonomischen Überlegungen des § 28 Abs. 3 VwGVG seien der erstinstanzliche Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen gewesen.
19 Das Verwaltungsgericht ließ die ordentliche Revision mit der Begründung zu, dass zur Rechtsfrage, ob ein Auftrag nach § 21a WRG 1959 dann über ein bestehendes Sanierungsprogramm hinausgehe (und damit gemäß § 21a Abs. 4 WRG 1959 unzulässig sei), wenn sich das Sanierungsprogramm auf einen Teilbereich (Fischpassierbarkeit) eines in § 33d Abs. 2 WRG 1959 genannten Ziels (Verbesserung der hydromorphologischen Bedingungen) beschränke und der Anpassungsauftrag einen anderen Teilbereich (Laichhabitate für Fischfauna) desselben Ziels zum Gegenstand habe, (zu ergänzen offenbar: Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle).
20 Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende (ordentliche) Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts.
21 Die belangte Behörde beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung die Abweisung der Revision und die Zuerkennung von Aufwandersatz.
22 Der Bundesminister für Land‑ und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft erstattete ebenfalls eine Revisionsbeantwortung, in der die Ansicht vertreten wird, dass die Revision zurück‑ bzw. abzuweisen sei.
23 Parallel zur vorliegenden Revision erhob die Revisionswerberin auch Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 29. November 2022, E 2844‑2845/2022‑5, ablehnte.
24 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
25 Zur Begründung der Zulässigkeit ihrer Revision formuliert die Revisionswerberin unter anderem die Rechtsfragen, ob es zulässig sei, das Umweltziel (im Sinne des § 30a WRG 1959) „gutes ökologisches Potential“ für erheblich veränderte Oberflächenwasserkörper mittels eines Anpassungsauftrages gemäß § 21a WRG 1959 zu verfolgen, wenn es inhaltlich und auch aus formeller Sicht, nämlich durch ministerielle Verordnung, wie das der Gesetzgeber in § 30a WRG 1959 ausdrücklich angeordnet habe, nicht determiniert sei.
Ferner sei die Frage zu beantworten, ob § 21a Abs. 4 WRG 1959 aufgrund der „Sanierungsverordnung OÖ“ einem Anpassungsauftrag (im Sinne des § 21a Abs. 1 WRG 1959) wie dem gegenständlichen von vornherein entgegenstehe.
26 Die Revision erweist sich aufgrund dieser Fragestellungen und weiterer darauf gestützter Folgefragen ‑ vor dem Hintergrund der Bindungswirkung der rechtlichen Beurteilung in Aufhebungs‑ und Zurückweisungsbeschlüssen des Verwaltungsgerichts (vgl. dazu § 28 Abs. 3 letzter Satz VwGVG und VwGH 4.3.2021, Ra 2020/07/0039, mwN) ‑ als zulässig. Sie ist jedoch aus nachstehenden Erwägungen nicht begründet.
27 Die hier maßgeblichen Bestimmungen des WRG 1959, BGBl. Nr. 215/1959 in der Fassung BGBl. I Nr. 73/2018, lauten:
„Abänderung von Bewilligungen
21a.
(1) Ergibt sich nach Erteilung der Bewilligung insbesondere unter Beachtung der Ergebnisse der Bestandsaufnahme (§ 55d), dass öffentliche Interessen (§ 105) trotz Einhaltung der im Bewilligungsbescheid oder in sonstigen Bestimmungen enthaltenen Auflagen und Vorschriften nicht hinreichend geschützt sind, hat die Behörde vorbehaltlich § 52 Abs. 2 zweiter Satz die nach dem nunmehrigen Stand der Technik (§ 12a) zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzliche Auflagen vorzuschreiben, Anpassungsziele festzulegen und die Vorlage entsprechender Projektsunterlagen über die Anpassung aufzutragen. Art und Ausmaß der Wasserbenutzung vorübergehend oder auf Dauer einzuschränken oder die Wasserbenutzung vorübergehend oder auf Dauer zu untersagen.
(...)
(4) Liegt ein genehmigter Sanierungsplan (§ 92) oder ein Sanierungsprogramm (§ 33d) vor, so dürfen Maßnahmen nach Abs. 1 darüber nicht hinausgehen.
(...)
Umweltziele für Oberflächengewässer
§ 30a.
(1) Oberflächengewässer einschließlich erheblich veränderter und künstlicher Gewässer (§ 30b) sind derart zu schützen, zu verbessern und zu sanieren, dass ‑ unbeschadet § 104a ‑ eine Verschlechterung des jeweiligen Zustandes verhindert und ‑ unbeschadet der §§ 30e und 30f ‑ bis spätestens 22. Dezember 2015 der Zielzustand erreicht wird. Der Zielzustand in einem Oberflächengewässer ist dann erreicht, wenn sich der Oberflächenwasserkörper zumindest in einem guten ökologischen und einem guten chemischen Zustand befindet. Der Zielzustand in einem erheblich veränderten oder künstlichen Gewässer ist dann erreicht, wenn sich der Oberflächenwasserkörper zumindest in einem guten ökologischen Potential und einem guten chemischen Zustand befindet.
(2) Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft hat mit Verordnung die gemäß Abs. 1 zu erreichenden Zielzustände sowie die im Hinblick auf das Verschlechterungsverbot maßgeblichen Zustände für Oberflächengewässer (Abs. 3) mittels charakteristischer Eigenschaften sowie Grenz‑ oder Richtwerten näher zu bezeichnen.
Er hat dabei insbesondere
1. den guten ökologischen Zustand, das gute ökologische Potential sowie die jeweiligen Referenzzustände auf der Grundlage des Anhangs C sowie der Ergebnisse des Interkalibrationsverfahrens festzulegen;
(...)
(3) (...)
5. Das ökologische Potential ist der ökologische Zustand eines erheblich veränderten oder künstlichen Oberflächenwasserkörpers, der den Kriterien einer auf Anhang C basierenden Verordnung entspricht.
(...)
Immissionsbeschränkung
§ 33d.
(1) Der Landeshauptmann hat, sofern der Zielzustand innerhalb der vom Gewässerbewirtschaftungsplan vorgesehenen Zeiträume nicht nach anderen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, wie etwa durch Abänderung von Bewilligungen in Verfahren gem. § 21a zweckmäßiger erreichbar ist, für Oberflächenwasserkörper oder Teile von Oberflächenwasserkörpern (Sanierungsgebiet), die einen schlechteren als in einer Verordnung nach § 30a festgelegten guten Zustand aufweisen, entsprechend den im Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan festgelegten Prioritäten zur stufenweisen Zielerreichung mit Verordnung ein Sanierungsprogramm (Abs. 2) zu erstellen.
(2) Ein Programm zur Verbesserung des Zustandes von Oberflächenwasserkörpern oder Teilen von Oberflächenwasserkörpern hat in den wesentlichen Grundzügen Sanierungsziele, Schwerpunkte, Reihenfolge und Art der zu treffenden Sanierungsmaßnahmen derart festzulegen, dass unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (§ 21a Abs. 3) eine Verbesserung der hydromorphologischen Bedingungen, eine Verringerung und eine wirksame Reinigung der Abwässer, eine Verringerung des Schadstoffeintrages aus anderen Quellen und durch sonstige Maßnahmen die Zielzustände (§ 30a) erreicht werden. Erforderlichenfalls können auch Teilsanierungsziele zur stufenweisen Zielerreichung festgelegt werden. Für rechtmäßig bestehende Wasserbenutzungsanlagen, Schutz‑ und Regulierungswasserbauten oder sonstige Wasseranlagen sind nach Maßgabe der Prioritäten zur stufenweisen Zielerreichung angemessene Sanierungsfristen festzulegen. Die Ziele des Sanierungsprogrammes sind, als Teile des anzustrebenden Zielzustandes, bei allen wasserwirtschaftlichen Maßnahmen als öffentliches Interesse (§ 105) und als Gesichtspunkte für die Handhabung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu beachten.
(...)
Anhang C
Normative Begriffsbestimmungen zur Einstufung des ökologischen Zustands
(...)
2. Begriffsbestimmungen für den sehr guten, guten und mäßigen ökologischen Zustand von Flüssen
(...)
Hydromorphologische Qualitätskomponenten
Komponente | Sehr guter Zustand | Guter Zustand | Mäßiger Zustand
|
Wasserhaushalt | Menge und Dynamik der Strömung und die sich daraus ergebende Verbindung zum Grundwasser entsprechen vollständig oder nahezu vollständig den Bedingungen bei Abwesenheit störender Einflüsse. | Bedingungen, unter denen die oben für die biologischen Qualitätskomponenten beschriebenen Werte erreicht werden können. | Bedingungen, unter denen die oben für die biologischen Qualitätskomponenten beschriebenen Werte erreicht werden können. |
Durchgängigkeit des Flusses | Die Durchgängigkeit des Flusses wird nicht durch menschliche Tätigkeiten gestört und ermöglicht eine ungestörte Migration aquatischer Organismen und den Transport von Sedimenten. | Bedingungen, unter denen die oben für die biologischen Qualitätskomponenten beschriebenen Werte erreicht werden können. | Bedingungen, unter denen die oben für die biologischen Qualitätskomponenten beschriebenen Werte erreicht werden können. |
Morphologie | Laufentwicklung, Variationen von Breite und Tiefe, Strömungsgeschwindigkeiten, Substratbedingungen sowie Struktur und Bedingungen der Uferbereiche entsprechen vollständig oder nahezu vollständig den Bedingungen bei Abwesenheit störender Einflüsse. | Bedingungen, unter denen die oben für die biologischen Qualitätskomponenten beschriebenen Werte erreicht werden können. | Bedingungen, unter denen die oben für die biologischen Qualitätskomponenten beschriebenen Werte erreicht werden können. |
(...)
4. Begriffsbestimmungen für das höchste, das gute und das mäßige ökologische Potential von erheblich veränderten oder künstlichen Wasserkörpern
Komponente | Höchstes ökologisches Potential | Gutes ökologisches Potential | Mäßiges ökologisches Potential |
(...)
|
|
|
|
Hydromorphologische Komponenten | Die hydromorphologischen Bedingungen sind so beschaffen, dass sich die Einwirkungen auf den Oberflächenwasserkörper auf die Einwirkungen beschränken, die von den künstlichen oder erheblich veränderten Eigenschaften des Wasserkörpers herrühren, nachdem alle Gegenmaßnahmen getroffen worden sind, um die beste Annäherung an die ökologische Durchgängigkeit, insbesondere hinsichtlich der Wanderungsbewegungen der Fauna und angemessener Laich‑ und Aufzuchtgründe, sicherzustellen. | Bedingungen, unter denen die oben für die biologischen Qualitätskomponenten beschriebenen Werte erreicht werden können. | Bedingungen, unter denen die oben für die biologischen Qualitätskomponenten beschriebenen Werte erreicht werden können. |
(...)“
28 Die Verordnung des Landeshauptmanns von Oberösterreich, mit der ein Sanierungsprogramm für Fließgewässer erlassen wird, LGBl. Nr. 95/2011, (hier auch als „Sanierungsverordnung OÖ“ bezeichnet), lautet:
„Auf Grund der §§ 33d und 55g des Wasserrechtsgesetzes 1959, BGBl Nr. 215, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 14/2011 (WRG. 1959), wird verordnet:
§ 1
(1) Ziel dieser Verordnung ist die Umsetzung der konkreten Vorgaben (Maßnahmenprogramme) des Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplanes 2009 (NGP 2009) und der §§ 4 und 6 der Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplanverordnung 2009, BGBl. II Nr. 103/2010, zur Verbesserung des Zustandes der in Anlage 1 aufgelisteten prioritär zu sanierenden Fließgewässerstrecken (Sanierungsgebiete).
(2) Die Inhaberinnen und Inhaber wasserrechtlicher Bewilligungen in den Sanierungsgebieten haben ‑ vorbehaltlich einer allfälligen Verlängerung der Sanierungsfrist gemäß § 33d Abs. 4 WRG. 1959 ‑ bis spätestens 22. Dezember 2015 die in den §§ 2 und 3 festgelegten Sanierungsmaßnahmen umzusetzen. Diese Sanierungsmaßnahmen dienen im Sinn des NGP 2009 der stufenweisen Erreichung des guten ökologischen Zustands bzw. des guten ökologischen Potentials in den betroffenen Gewässern. Die Vorschreibung allfälliger weitergehender Sanierungsverpflichtungen, insbesondere bezüglich der Abgabe von Restwasser bei Wasserentnahmen, die zur Erreichung des guten ökologischen Zustands oder des guten ökologischen Potentials erforderlich sind, bleibt vorbehalten.
§ 2
(1) Bei jedem rechtmäßig bestehenden Querbauwerk ist die ganzjährige Passierbarkeit für die in Anlage 2 festgesetzten maßgebenden Fischarten und Fischgrößen zu gewährleisten. Ausgenommen davon sind Zeiten mit extremen Abflussbedingungen im Gewässer oder kurzfristige Unterbrechungen der Fischpassierbarkeit, etwa bei der Revision von Anlagen.
(...)
§ 3
Bei jeder Wasserausleitung ist durch Abgabe einer ausreichenden Restwassermenge die ganzjährige Passierbarkeit der Restwasserstrecke für die in Anlage 2 festgelegten maßgebenden Fischarten und Fischgrößen zu gewährleisten. Dazu ist sicherzustellen, dass die in Anlage G der Qualitätszielverordnung Ökologie Oberflächengewässer, BGBl. II Nr. 99/2010 festgelegten Bedingungen in der Restwasserstrecke erreicht werden. Von diesen Anforderungen kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn nachgewiesen ist, dass die langfristige Einhaltung der Werte für den guten Zustand der biologischen Qualitätskomponenten auch bei Anwendung weniger strenger Werte für die hydromorphologischen Bedingungen gewährleistet ist.
(...)“
29 In der Revisionsbegründung wird (zu § 30a und § 21a WRG 1959) ausgeführt, die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts zur Frage, ob es zur Bestimmung des Umweltzieles „gutes ökologisches Potential“ einer Verordnung bedürfe, sei falsch, weil § 30a WRG 1959 an drei Stellen (in Abs. 2, in Abs. 2 Z 1 und in Abs. 3 Z 5) davon spreche, dass das (gute) ökologische Potential als Umweltziel mit Verordnung näher zu bezeichnen und festzulegen sei. Diese gesetzlichen Bestimmungen entgegen dem Wortlaut so zu interpretieren, dass das gute ökologische Potential im Einzelfall anhand eines „Leitfadens“ und anderer unverbindlicher Richtlinien auf Tatsachenebene ermittelt werden solle, widerspreche auch rechtsstaatlichen Grundsätzen. Es treffe zwar zu, dass die vom Verwaltungsgericht erwähnten CIS‑Leitlinien einem einheitlichen Verständnis der WRRL in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union dienen sollen. Sie würden allerdings dort von vornherein nicht weiterhelfen, wo sich der österreichische Gesetzgeber ausdrücklich für eine bestimmte und zulässige Form der hoheitlichen Vorgangsweise bei der Bestimmung eines Umweltzieles (ministerielle Verordnung) entschieden habe.
Es sei daher auch unerheblich, ob und inwieweit im Anlassfall das „gute ökologische Potential“ in der „Unteren Enns“ nach Meinung von Fachleuten erreicht oder nicht erreicht sei, denn es sei nicht bekannt und könne ‑ mangels Verordnung ‑ niemandem bekannt sein, bis der Minister seine Verordnungskompetenz gesetzmäßig ausgeübt habe.
Die QZV Ökologie OG für die Bestimmung des guten ökologischen Potentials (für erheblich veränderte Wasserkörper) sei nicht ‑ auch nicht „analog“ ‑ heranzuziehen. Auch der 3. NGP 2021 enthalte die vom Gesetzgeber in § 30a WRG 1959 vorgesehene nähere Bezeichnung und Festlegung des „guten ökologischen Potentials“ nicht (wird jeweils näher ausgeführt).
Im Anlassfall sei ein Anpassungsauftrag gemäß § 21a WRG 1959 nicht von vornherein ausgeschlossen. Allerdings sei das maßgebliche Umweltziel, nämlich das „gute ökologische Potential“, (bisher) nicht bekannt. Daher ‑ so die Revisionswerberin ‑ hätte das Verwaltungsgericht den Bescheid der belangten Behörde ersatzlos beheben müssen.
30 Eingangs ist dazu festzuhalten, dass, wie die Revision nicht bestreitet, eine Vorgehensweise gemäß § 21a WRG grundsätzlich eines der Mittel zur Erreichung der Umweltziele der §§ 30a ff. WRG 1959 darstellt.
31 Gemäß § 30a Abs. 1 letzter Satz WRG 1959 ist der Zielzustand in einem erheblich veränderten (wie im gegenständlichen Fall) oder künstlichen Gewässer dann erreicht, wenn sich der Oberflächenwasserkörper zumindest in einem guten ökologischen Potential und einem guten chemischen Zustand befindet.
32 Voraussetzung für einen auf § 21a Abs. 1 WRG 1959 gestützten Bescheid ist unter anderem der nicht hinreichende Schutz öffentlicher Interessen (§ 105 WRG 1959) ‑ worunter auch das Verfehlen eines der genannten Umweltziele zu verstehen ist ‑ trotz Einhaltung der im Bewilligungsbescheid oder in sonstigen Bestimmungen enthaltenen Auflagen und Vorschriften.
33 Auf das Bestehen einer Verordnung nach § 30a Abs. 2 WRG 1959 stellt § 21a WRG 1959 hingegen nicht ab; dies auch in jenen Fällen nicht, in denen das mit dem nach § 21a WRG 1959 erlassenen Bescheid zu wahrende öffentliche Interesse in der Erreichung eines Umweltzieles gemäß § 30a WRG 1959 bestehen soll.
34 Bereits die Erläuterungen (GP XXII. RV 121) zur WRG‑Novelle, BGBl. I Nr. 82/2003, mit dem unter anderem die Bestimmung des § 30a WRG 1959 in das Gesetz eingefügt wurde, betonen, „dass Oberflächenwasserkörper über einen gewissen Zeitraum (stufenweise) einen Zielzustand zu erreichen haben“ (vgl. S. 6 der Erläuterungen).
35 § 30a Abs. 2 WRG 1959 normiert zwar eine Verordnungsermächtigung des Bundesministers für die nähere Bezeichnung (unter anderem) der gemäß Abs. 1 leg. cit. zu erreichenden Zielzustände. Dass beispielsweise der Zielzustand (hier) des „guten ökologischen Potentials“ eines Oberflächenwasserkörpers bei einem erheblich veränderten Gewässer erst ab der Erlassung einer Verordnung gemäß § 30a Abs. 2 WRG 1959 anzustreben bzw. ‑ dies ist vorliegend maßgeblich ‑ im Sinne des § 21a WRG 1959 als zu schützendes öffentliches Interesse zu beachten wäre, ist dem Gesetz (mit dem unter anderem die WRRL und deren Vorgaben umgesetzt werden) hingegen nicht zu entnehmen. Die Behörde ist vielmehr verpflichtet, auch ohne Vorliegen einer Verordnung nach § 30a Abs. 2 WRG 1959 bei festgestellten Gefährdungen von öffentlichen Interessen aufgrund der Verfehlung von Umweltzielen im Sinne des § 21a WRG 1959 entsprechende Schritte zu setzen.
36 Die Verordnungsermächtigung gemäß § 30a Abs. 2 WRG 1959 bezieht sich auf die nähere Bezeichnung der maßgeblichen Zustände für Oberflächengewässer. Der Umstand, dass die Zustände mit Verordnung „näher zu bezeichnen“ sind, spricht aber dafür, dass sie auch bereits vor Verordnungserlassung ermittelbar sein müssen.
37 Der Anhang V der WRRL und der Anhang C des WRG 1959 (vgl. auch den Verweis auf diesen Anhang in § 30a Abs. 2 WRG 1959) normieren Kriterien für die Beurteilung des guten ökologischen Potentials und geben damit ein bestimmtes Ziel vor. Der Anhang V 1.2.5 WRRL (Anhang C 4. WRG 1959) definiert (unter anderem) das Qualitätsziel „gutes ökologisches Potential“ von erheblich veränderten oder künstlichen Wasserkörpern näher.
38 Auf dieser Grundlage ist nach einheitlichen fachlichen Kriterien in einem Sachverständigengutachten das Vorliegen des „guten ökologischen Potentials“ zu beurteilen. Dass dabei etwa der Leitfaden des BMLRT „zur Ableitung und Bewertung des ökologischen Potentials bei erheblich veränderten Wasserkörpern“ als Orientierung herangezogen wird, begegnet keinen Bedenken.
39 Ob in einem nach § 21a WRG 1959 zu erlassenden Bescheid tatsächlich Maßnahmen vorzuschreiben sind, ist im Einzelfall zu beurteilen (vgl. dazu auch Bumberger/Hinterwirth, WRG3 (2020), K7 zu § 21a). Dem angefochtenen Beschluss liegt (freilich unter Berücksichtigung der der belangten Behörde vorgeworfenen Feststellungs‑ und Beweiswürdigungsmängel) die Annahme zugrunde, dass im vorliegenden Fall der aus fachlicher Sicht mit einem Auftrag nach § 21a WRG 1959 zu erreichende, im öffentlichen Interesse liegende Zielzustand bekannt sei. So sei nach dem Gutachten vom 18. November 2021 für das gute ökologische Potential ein selbst erhaltungsfähiger Bestand mit ausreichender Biomasse von einem wesentlichen Teil der Leitfischarten und zumindest einem geringen Teil der Begleitfischarten erforderlich.
40 Diesen fachkundigen Ausführungen tritt die Revisionswerberin nicht entgegen. Sie verweist (lediglich) auf die fehlende Festlegung des guten ökologischen Potentials in einer Verordnung gemäß § 30a Abs. 2 WRG 1959. Aus den vorgenannten Gründen wird damit jedoch eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Beschlusses nicht aufgezeigt.
41 Ferner bringt die Revisionswerberin vor, das Verwaltungsgericht sehe zu Unrecht in der Bestimmung des § 21a Abs. 4 WRG 1959, wonach bei Vorliegen eines Sanierungsprogrammes nach § 33d WRG 1959 Maßnahmen nach § 21a Abs. 1 WRG 1959 darüber nicht hinausgehen dürften, kein Hindernis für einen Anpassungsauftrag, obwohl ein solches Programm in Form der „Sanierungsverordnung OÖ“ für die „Untere Enns“ in Geltung stehe.
Das Verwaltungsgericht sei der Auffassung gewesen, die „Sanierungsverordnung OÖ“ habe nur die Herstellung der Durchgängigkeit zum Ziel, während im Anlassfall ein darüber hinausgehendes Ziel, nämlich die Verbesserung der hydromorphologischen Verhältnisse, verfolgt werde. Es beziehe sich dabei ausdrücklich auf Literaturstellen (Bumberger/Hinterwirth, WRG3 (2020) K8 zu § 33d, und im Ergebnis auch auf Lindner in Berger/Oberleitner, WRG4 (2018) Rz 2 zu § 33d).
Im gegenständlichen Fall ‑ so die Revisionswerberin ‑ ordne das Sanierungsprogramm jedoch auch eine ausreichende Restwasserabgabe an; auch damit würden die hydromorphologischen Verhältnisse und im Besonderen auch die gewässerökologischen und fischereibiologischen Rahmenbedingungen verbessert. Das gelte auch für den hier strittigen Auftrag, durch Geschiebezugaben die Lebensbedingungen (unter anderem) für Fische und die gewässerökologischen Verhältnisse zu verbessern.
Es fehlten aber auch überzeugende Argumente für die in der insoweit einhelligen Lehre vertretene teleologische Reduktion des Gesetzeswortlautes an sich. Ein Wasserberechtigter solle sicher sein können, dass es mit der Erfüllung der sich aus einem Sanierungsprogramm gemäß § 33d WRG 1959 ergebenden Verpflichtungen sein Bewenden habe und er nicht ‑ ohne weiteres ‑ zusätzlich einen Anpassungsauftrag gemäß § 21a WRG 1959 zu gewärtigen habe.
Gegen den insoweit eindeutigen Wortlaut des § 21a Abs. 4 WRG 1959 helfe auch ‑ schon weil auf unterer Stufe im Bau der Rechtsordnung ‑ der „Vorbehalt“ in § 1 Abs. 2 der „Sanierungsverordnung OÖ“ nicht. Hätte der Gesetzgeber anderes gewollt, hätte er das deutlich zum Ausdruck gebracht. Ebenso stünde es dem Verordnungsgeber des Sanierungsprogrammes frei, bei Bedarf die Sanierungsverordnung aufzuheben oder sie durch eine dementsprechende Änderung der Verordnung um weitere Sanierungsverpflichtungen zu ergänzen. Individuelle Anpassungsaufträge gemäß § 21a Abs. 1 WRG 1959 neben Sanierungsverordnungen gemäß § 33d WRG 1959 habe der Gesetzgeber aber offenbar nicht gewollt.
42 Zu diesem Vorbringen ist festzuhalten:
Liegt ein Sanierungsprogramm (§ 33d) vor, so dürfen gemäß § 21a Abs. 4 WRG 1959 Maßnahmen nach Abs. 1 leg. cit. darüber nicht hinausgehen. Ein solches Sanierungsprogramm besteht im vorliegenden Fall aufgrund der bereits erwähnten „Sanierungsverordnung OÖ“, LGBl. Nr. 95/2011.
43 Zunächst ist zu beachten, dass nach § 33d Abs. 2 erster Satz WRG 1959 ein Sanierungsprogramm die Sanierungsmaßnahmen nur „in den wesentlichen Grundzügen“ festzulegen hat. Daraus ergibt sich, dass ein Bescheid gemäß § 21a WRG 1959 nicht bereits von Vornherein ausgeschlossen ist, wenn eine konkrete Maßnahme nicht im Sanierungsprogramm enthalten ist (so auch Bumberger/Hinterwirth, WRG3 (2020) K7 zu § 33d).
44 § 33d Abs. 2 WRG 1959 nennt als zu erreichende Ziele ausdrücklich eine Verbesserung der hydromorphologischen Bedingungen, eine Verringerung und eine wirksame Reinigung der Abwässer sowie eine Verringerung des Schadstoffeintrages aus anderen Quellen. Wenn nun § 21a Abs. 4 WRG 1959 davon spricht, dass Maßnahmen nach § 21a Abs. 1 WRG 1959 nicht über ein Sanierungsprogramm nach § 33d WRG 1959 hinausgehen dürfen, bedeutet dies nicht, dass sich diese Sperrwirkung des § 21a Abs. 4 WRG 1959 auch auf in einem Maßnahmenprogramm gar nicht erwähnte Ziele (des § 33d Abs. 2 WRG 1959) bezieht. Die gegenteilige Rechtsansicht kann sich auch nicht auf den Gesetzeswortlaut berufen. Vielmehr spricht bereits die vom Gesetzgeber in § 21a Abs. 1 WRG 1959 für den Fall des nicht hinreichenden Schutzes öffentlicher Interessen normierte Verpflichtung der Behörde (arg. „... hat die Behörde ...“) für die erwähnte Auslegung des § 21a Abs. 4 WRG 1959.
45 Die hier in Rede stehende „Sanierungsverordnung OÖ“ trifft Anordnungen für die Verbesserung der hydromorphologischen Bedingungen, nämlich betreffend die Gewährleistung der Passierbarkeit bei Querbauwerken (vgl. § 2 der Verordnung). Auch die in § 3 der Verordnung normierte Abgabe einer ausreichenden Restwassermenge steht im Zusammenhang mit einer ganzjährigen Passierbarkeit der Restwasserstrecke.
46 Gleichzeitig sieht § 1 Abs. 2 der Verordnung einen Vorbehalt für „die Vorschreibung allfälliger weitergehender Sanierungsverpflichtungen, insbesondere bezüglich der Abgabe von Restwasser bei Wasserentnahmen, die zur Erreichung des guten ökologischen Zustands oder des guten ökologischen Potentials erforderlich sind“, vor. Wie sich bereits aus den obigen Ausführungen zur Sperrwirkung des § 21a Abs. 4 WRG 1959 ergibt, erweist sich der genannte Vorbehalt in der Verordnung ‑ entgegen der Ansicht der Revisionswerberin ‑ keineswegs als unbeachtlich.
47 Ermöglicht die „Sanierungsverordnung OÖ“ aber durch den genannten Vorbehalt (etwa im Wege eines Bescheides gemäß § 21a WRG 1959) die Vorschreibung allfälliger weitergehender Sanierungsverpflichtungen bzw. konkret, bei Erforderlichkeit höhere Restwassermengen vorzuschreiben, wenn sich ergibt, dass die Restwassermengen für die Erreichung eines guten Zustandes oder eines guten Potentials nicht ausreichen, so muss dies ‑ worauf auch im angefochtenen Beschluss sowie in der Revisionsbeantwortung des Bundesministers zutreffend hingewiesen wird ‑ jedenfalls auch für andere hydromorphologische Maßnahmen gelten.
48 Im Anhang C des WRG 1959 werden als hydromorphologische Qualitätskomponenten „Wasserhaushalt“, „Durchgängigkeit des Flusses“ und „Morphologie“ unterschieden und näher beschrieben.
49 Vor diesem Hintergrund bezweckt die hier in Rede stehende Geschiebeeinbringung (ebenso wie die Errichtung von Umgehungsarmen; vgl. dazu den hg. Beschluss im Parallelfall Ro 2022/07/0019) für die Schaffung von Laichhabitaten für die Fischfauna in erster Linie morphologische Verbesserungen; dies ist etwa von der Erhöhung der Restwassermengen zu unterscheiden.
50 Abgesehen von der bereits genannten Verpflichtung der Behörde gemäß § 21a Abs. 1 WRG 1959 stünde die Annahme, die Sperrwirkung des § 21a Abs. 4 WRG 1959 machte in jenen Fällen, in denen eine Sanierungsverordnung Anordnungen lediglich für einzelne hydromorphologische Komponenten träfe, im Einzelfall erforderliche Sanierungsmaßnahmen (für andere hydromorphologische Komponenten) im Wege des § 21a WRG 1959 unzulässig, auch der Verpflichtung der (stufenweisen) Erreichung der Ziele der WRRL (guter Zustand bzw. gutes Potential) entgegen. Im Übrigen ermöglicht auch § 33d Abs. 2 WRG 1959 erforderlichenfalls die Festlegung von Teilsanierungszielen zur stufenweisen Zielerreichung.
51 Das in der Revision für die darin vertretene Ansicht vorgebrachte Argument der Rechtssicherheit für einen Wasserberechtigten führt vorliegend ‑ bereits aufgrund des in der Sanierungsverordnung selbst enthaltenen Vorbehalts ‑ zu keinem anderen als dem dargelegten Ergebnis. Entgegen der in der Revision vorgebrachten Rechtsmeinung widersprechen Aufträge gemäß § 21a Abs. 1 WRG 1959 neben bestehenden Sanierungsverordnungen gemäß § 33d WRG 1959 nicht schon per se den gesetzlichen Vorschriften.
52 Die vom Verwaltungsgericht zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht, wonach die geltende „Sanierungsverordnung OÖ“ den hier im Blick stehenden Maßnahmen (Geschiebeeinbringung; im Parallelfall Ro 2022/07/0019 die Errichtung von Umgehungsarmen), die nicht mit der Fischpassierbarkeit im Zusammenhang stehen, zur Verbesserung der hydromorphologischen Verhältnisse nicht entgegensteht, erweist sich als zutreffend.
53 Die Revision war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
54 Von der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien und die Akten des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Im Hinblick darauf, dass angesichts eines unstrittigen Sachverhaltes ausschließlich nicht weiter erörterungsbedürfte Rechtsfragen zu klären waren, standen dem Entfall der Verhandlung auch weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegen (vgl. VwGH 26.1.2023, Ra 2020/07/0068, mwN).
55 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 19. April 2023
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