Normen
ABGB §231;
FamLAG 1967 §2 Abs1 litb;
FamLAG 1967;
StudFG 1992 §14;
StudFG 1992 §15 Abs1;
StudFG 1992 §15;
StudFG 1992 §17 Abs1 Z3;
StudFG 1992 §17 Abs4 idF 2008/I/047;
StudFG 1992 §17;
StudFG 1992 §18;
StudFG 1992 §6 Z2;
StudFG 1992;
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen übereinstimmend von folgendem, vom Bundesfinanzgericht im angefochtenen Erkenntnis ersichtlich angenommen Sachverhalt aus:
Die am 26. März 1988 geborene Tochter des Revisionswerbers war vom Wintersemester 2006 bis einschließlich Sommersemester 2009 im Bachelorstudium Technische Mathematik an der Technischen Universität Graz zum Studium zugelassen. Mit dem Wintersemester 2009 wechselte sie zum Lehramtsstudium der Unterrichtsfächer "Mathematik" und "Informatik und Informatikmanagement" an der Universität Graz.
2 Mit Bescheid vom 4. Mai 2012 forderte das Finanzamt Freistadt Rohrbach Urfahr vom Revisionswerber von diesem für seine Tochter für den Zeitraum Oktober 2010 bis Mai 2011 bezogenen Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge zurück. Der Revisionswerber habe Familienbeihilfe für seine Tochter für sechs Semester "im alten Studium" bezogen. Eine Anrechnung sei im "neuen Studium" für fünf Semester erfolgt. Daher liege für den Zeitraum des Wintersemesters 2009/2010 ein "Stehsemester (Wartezeit)" vor. Danach sei jedoch Familienbeihilfe für März bis September 2010 zu gewähren gewesen. Durch die Anrechnung von fünf Semestern aus dem "Altstudium" sei jedoch der laufende Studienabschnitt um fünf Semester zu verkürzen. Damit sei ein Anspruch auf Familienbeihilfe nur dann gegeben, wenn im Oktober 2010 das erste Diplom in beiden Unterrichtsfächern "vorhanden" sei. Da das erste Diplom in beiden Unterrichtsfächern erst im Juni 2011 "abgelegt" worden sei, sei im Zeitraum vom Oktober 2010 bis zum Mai 2011 die Familienbeihilfe (samt Kinderabsetzbeträgen) zurückzufordern.
3 Mit Schriftsatz vom 4. Juni 2012 berief der Revisionswerber dagegen. Für das Unterrichtsfach Mathematik und Informatik würden zwölf Semester Familienbeihilfe gewährt werden. Dies habe seine Tochter in dieser Zeit trotz Studienwechsels geschafft. Es sei seiner Tochter gar nicht möglich gewesen, die erste Diplomprüfung zu dem Zeitpunkt abzulegen, den das Finanzamt errechne. Durch den Studienwechsel habe sie alle pädagogischen Fächer nachmachen müssen, die zum Teil nur aufbauend möglich gewesen seien.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG zur Weiterführung des Verfahrens zuständige Bundesfinanzgericht die als Beschwerde behandelte Berufung als unbegründet ab. Der Tochter des Revisionswerbers seien fünf von sechs Semestern aus dem Vorstudium der Technischen Mathematik auf das Lehramtsstudium der Unterrichtsfächer Mathematik und Informatik angerechnet worden. Die erfolgte Anrechnung der Vorstudienzeit im Ausmaß von fünf Semestern verkürze die in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG angeführte Studienzeit, innerhalb der ein Studienabschnitt zu absolvieren sei, um diese Semesteranzahl. Die Studienzeit für den ersten Studienabschnitt des "neuen" Studiums der Tochter des Revisionswerbers betrage sieben Semester (einschließlich eines Toleranzsemesters). Auf Grund der fünf Anrechnungssemester habe die Studienzeit mit 30. September 2010 geendet. Da der erste Studienabschnitt aber nicht in dieser Zeit beendet worden sei - die Diplomprüfung sei im Juni 2011 abgelegt worden - habe im in Rede stehenden Zeitraum von Oktober 2010 bis Mai 2011 kein Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag bestanden.
5 Mit Beschluss vom 21. September 2015, E 1536/2015-4, lehnte der Verfassungsgerichtshof die vor ihm gegen dieses Erkenntnis erhobene Beschwerde ab und trat die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof ab.
6 Das Bundesfinanzgericht legte die gegen sein Erkenntnis erhobene Revision unter Anschluss der Akten des Verfahrens und einer Revisionsbeantwortung des Finanzamtes dem Verwaltungsgerichtshof vor.
7 Der Revisionswerber erachtet sich im Recht "auf Nichtrückzahlung" der für seine Tochter erhaltenen Familienbeihilfe sowie der Kinderabsetzbeträge für den Zeitraum Oktober 2010 bis Mai 2011 verletzt.
8 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
9 Gemäß § 1 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 (FLAG) werden zur Herbeiführung eines Lastenausgleiches im Interesse der Familie die im FLAG vorgesehenen Leistungen gewährt.
10 Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für bestimmte volljährige Kinder.
11 Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge gemäß § 26 Abs. 1 FLAG zurückzuzahlen.
12 Gemäß § 33 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des FLAG Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein monatlicher Kinderabsetzbetrag in näher festgelegter Höhe zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 FLAG anzuwenden.
13 Nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG in der Stammfassung BGBl. Nr. 376/1967 bestand der Anspruch für volljährige Kinder, die das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet wurden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich war.
14 Mit dem Bundesgesetz BGBl. Nr. 311/1992 wurde § 2 Abs. 1 lit. b FLAG geändert. Bei Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchten, war eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie ein ordentliches Studium ernsthaft und zielstrebig betrieben, wofür im ersten Studienabschnitt nach jedem Studienjahr näher angeführte Prüfungen nachzuweisen waren.
15 Mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201, wurde § 2 Abs. 1 lit. b FLAG neuerlich geändert und u. a. Bestimmungen über die Studiendauer und einen Studienwechsel aufgenommen. Die Materialien (ErlRV 72 und zu 72 BlgNR 20. GP , 294) führen dazu aus, bei Studierenden solle die Familienbeihilfe - in Anlehnung an das Studienförderungsgesetz - grundsätzlich nur immer dann gewährt werden, wenn die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt ein Semester nicht überschreite.
16 Nach neuerlichen Änderungen durch die Bundesgesetze BGBl. Nr. 433/1996, BGBl. I Nr. 23/1999 und BGBl. I Nr. 90/2007 lautete § 2 Abs. 1 lit. b FLAG in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung:
"b) für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung (...) Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß."
17 Das Studienförderungsgesetz 1992 (StudFG) enthält in dem die §§ 16 bis 25a umfassenden 4. Abschnitt (Günstiger Studienerfolg) u.a. folgende Bestimmungen:
18 § 16 StudFG lautet samt Überschrift:
"Allgemeine Voraussetzungen
§ 16. (1) Ein günstiger Studienerfolg als Voraussetzung für den
Anspruch auf Studienbeihilfe liegt vor, wenn der Studierende
1. sein Studium zielstrebig betreibt (§ 17),
2. die vorgesehene Studienzeit nicht wesentlich
überschreitet (§§ 18 und 19) und
3. Nachweise über die erfolgreiche Absolvierung von
Lehrveranstaltungen und Prüfungen vorlegt (§§ 20 bis 25).
(2) Der Nachweis des günstigen Studienerfolges muß spätestens bis zum Ende der Antragsfrist erworben werden, um einen Anspruch auf Studienbeihilfe für das jeweilige Semester zu begründen."
19 § 17 StudFG in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 47/2008 lautet samt Überschrift:
"Studienwechsel
§ 17. (1) Ein günstiger Studienerfolg liegt nicht vor, wenn
der Studierende
1. das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder
2. das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten
Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat oder
3. nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium
keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis
eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.
(2) Nicht als Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 gelten:
1. Studienwechsel, bei welchen die gesamten
Vorstudienzeiten für die Anspruchsdauer des nunmehr betriebenen
Studiums berücksichtigt werden, weil sie dem nunmehr betriebenen
Studium auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen und
absolvierten Prüfungen nach Inhalt und Umfang der Anforderungen
gleichwertig sind,
2. Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis
ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurden,
3. Studienwechsel, die unmittelbar nach Absolvierung der
Reifeprüfung einer höheren Schule erfolgen, wenn für das während des Besuchs der höheren Schule betriebene Studium keine Studienbeihilfe bezogen wurde,
4. die Aufnahme eines Doktoratsstudiums gemäß § 15 Abs. 3.
(3) Nicht als Studienwechsel im Sinn des § 17 Abs. 1 Z 1 und 2 gilt der Wechsel von der Studienrichtung Medizin zur Studienrichtung Zahnmedizin für Studierende, die .....
(4) Ein Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 Z 2 ist nicht mehr zu beachten, wenn die Studierenden in dem nunmehr gewählten Studium so viele Semester wie in den vor dem Studienwechsel betriebenen Studien zurückgelegt haben. Anerkannte Prüfungen aus dem Vorstudium verkürzen diese Wartezeiten; dabei ist auf ganze Semester aufzurunden."
20 Gemäß § 18 Abs. 1 StudFG umfasst die Anspruchsdauer grundsätzlich die zur Absolvierung näher angeführter Prüfungen vorgesehene Studienzeit zuzüglich eines weiteren Semesters.
21 Im Revisionsfall liegt zweifelsfrei ein Studienwechsel im Sinn des § 17 Abs. 1 Z 2 StudFG vor. Die aus dem Vorstudium angerechneten Prüfungen der Tochter des Revisionswerbers verkürzten die Wartezeit im Sinn des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG iVm § 17 Abs. 4 StudFG.
22 Streit besteht zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens darüber, ob diese Anrechnung auch die in § 2 Abs. 1 lit. b zweiter Satz FLAG erwähnte "vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt" betrifft.
23 Ein günstiger Studienerfolg iSd § 16 Abs. 1 Z 1 StudFG lag bei einem Studienwechsel iSd § 17 Abs. 1 Z 2 leg. cit. nicht mehr vor. Nach einer Wartezeit nach § 17 Abs. 4 erster Satz StudFG war ein solcher Studienwechsel nicht mehr zu beachten. Die in § 17 Abs. 4 zweiter Satz StudFG enthaltene Regelung über anerkannte Prüfungen aus einem Vorstudium verkürzte nach dem klaren Wortlaut der Bestimmung die in § 17 Abs. 4 erster Satz leg. cit. festgelegte Wartezeit. Nach Ablauf dieser (allenfalls verkürzten) Wartezeit sollte der Studienwechsel keine Folgen mehr nach sich ziehen.
24 Ein günstiger Studienerfolg iSd § 16 Abs. 1 Z 2 StudFG liegt nach Überschreitung der Anspruchsdauer des § 18 Abs. 1 leg. cit. nicht mehr vor.
25 Gemäß § 15 Abs. 1 StudFG sind für die Anspruchsdauer des Studiums Vorstudien insoweit zu berücksichtigen, als dem Studierenden Studienzeiten angerechnet oder Prüfungen anerkannt wurden. Damit verkürzte eine solche Anrechnung oder Anerkennung die Anspruchsdauer der Studienbeihilfe.
26 Für den Bereich der Studienbeihilfe ergab sich nach einem Studienwechsel somit, dass ohne Anrechnung oder Anerkennung für das neue Studium die Anspruchsdauer (§ 18 StudFG) mit dem Studienwechsel neu zu laufen begann (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2006, 2005/10/0069), jedoch während einer Wartezeit in Dauer des vorigen Studiums keine Studienbeihilfe zu gewähren war und danach für das neue Studium für die (restliche) Anspruchsdauer dieses Studiums Studienbeihilfe zustand. Im Falle einer Anrechnung oder Anerkennung iSd § 15 StudFG verringerte sich zwar die Wartezeit des § 17 Abs. 4 StudFG, aber dafür verringerte sich auch die Anspruchsdauer.
27 Das Bundesfinanzgericht ging im angefochtenen Erkenntnis davon aus, dass die Anrechnung der Vorstudienzeit der Tochter des Revisionswerbers auch die ihr für das Studium nach dem Studienwechsel verbleibende Studienzeit iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG insoweit verkürzten.
28 Demgegenüber vermisst der Revisionswerber eine diesbezügliche gesetzliche Regelung.
29 Für den Fall eines Studienwechsels hat der Gesetzgeber des FLAG lediglich auf die Bestimmung des § 17 StudFG verwiesen, nicht aber auf den 4. Abschnitt des StudFG oder auf das StudFG insgesamt, weshalb sich die bei einem Studienwechsel im Zusammenhang mit der Studienbeihilfe ergebenden und nach anderen Bestimmungen als nach § 17 StudFG zu beantwortenden Fragen im Bereich der Familienbeihilfe nicht aus diesen anderen Bestimmungen beantworten lassen.
30 Der Verwaltungsgerichtshof hat etwa im Erkenntnis vom 26. Mai 2011, 2011/16/0060, ausgesprochen, dass eine Rechtsprechung zum StudFG nicht ohne weiteres auf das FLAG zu übertragen ist, weil § 2 Abs. 1 lit. b FLAG auf den dieser Rechtsprechung zugrunde liegenden § 14 StudFG nicht verweist.
31 Dies erklärt sich auch daraus, dass sich zwischen der Familienbeihilfe einerseits und der Studienbeihilfe andererseits Unterschiede in den Voraussetzungen und in den Auswirkungen ergeben.
32 So verlangt § 6 Z 2 StudFG als Voraussetzung für die Gewährung einer Studienbeihilfe etwa, dass noch kein Studium oder keine andere gleichwertige Ausbildung absolviert wurde, wovon § 15 wieder Ausnahmen vorsieht. Grundsätzlich wird Studienbeihilfe somit nur für ein Studium gewährt (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 29. November 2011, 2011/10/0038).
33 Demgegenüber kennt das FLAG keine diesbezügliche Einschränkung und wird der Anspruch auf Familienbeihilfe für Zeiten eines Studiums nach positivem Abschluss eines vorherigen Studiums einer anderen Studienrichtung zuerkannt. Die Familienbeihilfe ist nicht auf eine einzige Berufsausbildung beschränkt (vgl. in ständiger Rechtsprechung die hg. Erkenntnisse vom 29. September 2011, 2011/16/0086, vom 25. November 2010, 2010/16/0128, und vom 31. Oktober 2000, 2000/15/0035).
34 § 6 Z 3 StudFG verlangt den Nachweis eines günstigen Studienerfolges und verweist auf die §§ 16 bis 25 leg. cit. 35 § 2 Abs. 1 lit. b FLAG enthält eigenständige Bestimmungen, wann von einem Studienerfolg auszugehen ist und verweist in diesem Zusammenhang lediglich auf § 17 StudFG.
36 § 18 StudFG regelt die Anspruchsdauer der Studienbeihilfe und stellt dabei u.a. auf die zur Ablegung bestimmter Prüfungen vorgesehene Studienzeit ab. Zu dieser Anspruchsdauer enthält § 15 StudFG Regelungen für den Fall von Vorstudien.
37 Während § 15 Abs. 1 StudFG die Berücksichtigung von Vorstudien - wie im Revisionsfall des Studiums der Technischen Mathematik durch die Tochter des Revisionswerbers - auf die Anspruchsdauer der Studienbeihilfe (§ 18 StudFG) regelt, sieht dies das FLAG nicht vor. Über den Verweis auf § 17 StudFG wird zwar eine Wartefrist nach einem Studienwechsel festgelegt und diese Wartezeit durch die Anrechnung von Studienzeiten oder Prüfungen nach § 17 Abs. 4 StudFG auch für den Bereich Familienbeihilfe verkürzt. Dass jedoch auch die nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG einzuhaltende Studienzeit dadurch verkürzt werde, regelt das FLAG nicht.
38 Der ausdrückliche Verweis in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG auf eine bestimmte Regelung des StudFG, nämlich auf § 17 StudFG, spricht gegen eine planwidrige Lücke, die durch analoge Anwendung anderer Regelungen des StudFG geschlossen werden müsste.
39 Auch die den Anspruchsberechtigten der Familienbeihilfe allenfalls treffende Unterhaltspflicht bietet nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes keine Grundlage für eine analoge Verkürzung der Studienzeit des neuen Studiums.
40 Der Anspruch auf Familienbeihilfe knüpft - mit Ausnahme der hier nicht interessierenden Fälle des § 5 Abs. 2 und des § 6 Abs. 1 lit. b FLAG beim Ehegattenunterhalt - nicht an eine Unterhaltspflicht, sondern allenfalls an tatsächliche (auch freiwillige) Unterhaltsleistungen an (vgl. auch die die hg. Erkenntnisse vom 16. Dezember 2014, Ro 2014/16/0077, vom 30. Jänner 2014, 2012/16/0052, vom 27. September 2012, 2012/16/0054, VwSlg 8.754/F, vom 24. Juni 2010, 2009/16/0130, vom 25. März 2010, 2009/16/0115, und vom 27. Jänner 2010, 2009/16/0087, VwSlg 8.509/F). Ein Anspruch auf Familienbeihilfe kann trotz bestehender Unterhaltspflicht fehlen (vgl. nur das in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG vom Unterhaltsanspruch unabhängige Höchstalter des Kindes).
41 So schadet es etwa nach der Rechtsprechung des OGH (Beschluss vom 25. Oktober 2016, 8 Ob 92/16m) für den Unterhaltsanspruch nicht, wenn ein Kind innerhalb angemessener Frist etwa von zwei Semestern zur Einsicht gelangt, bei der Wahl des Studiums einem Irrtum unterlegen zu sein, ein anderes Studium beginnt und das erste Studium bis zum Abbruch nicht ernsthaft und zielstrebig betrieben hat.
42 Demgegenüber besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn nach einem solchen Studienwechsel kein günstiger Studienerfolg aus dem vorhergehenden Studium nachgewiesen wird (§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG iVm § 17 Abs. 1 Z 3 StudFG).
43 Weiters ist nach der Rechtsprechung des OGH (Beschluss vom 9. April 2015, 2 Ob 7/15s) bei einem Studienwechsel (im Regelfall) eine Dauer des ersten Studiums, die über ein Jahr hinausgeht, auf die durchschnittliche Dauer des zweiten Studiums anzurechnen, weshalb die Unterhaltspflicht beim zweiten Studium entsprechend früher endet, was die Rechtsprechung mit der Wertung begründet, dass der Unterhaltsberechtigte ohnehin schon während des ersten Studiums Unterhalt erhalten hatte und ein (zu) später Studienwechsel den Unterhaltsverpflichteten nicht belasten solle. Dies führt zum Ergebnis, dass die Unterhaltspflicht im neuen Studium ohne Wartefrist fortläuft, allerdings zeitlich früher endet, während nach einem Studienwechsel für den Anspruch auf Familienbeihilfe und auf Studienbeihilfe nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG und § 17 Abs. 4 StudFG jeweils eine Wartefrist besteht.
44 Schließlich ist wie erwähnt bei einer "Zweitausbildung" ein Anspruch auf Studienbeihilfe - mit den in § 15 StudFG vorgesehenen Ausnahmen - ausgeschlossen, bei erfolgreichem Abschluss einer ersten Ausbildung im Anwendungsbereich des FLAG aber ohne Einschränkung möglich. Der Unterhaltsanspruch ist nach der Rechtsprechung des OGH (vgl. den Beschluss vom 19. Dezember 2012, 3 Ob 212/12s) differenziert zu betrachten und an strengere Voraussetzungen gebunden als jene, die für die Finanzierung der Erstausbildung maßgeblich sind.
45 In den Bereichen der Studienbeihilfe, des Unterhaltsrechts und der Familienbeihilfe ergeben sich unterschiedliche Zeiten, für welche der jeweilige Anspruch bestehen kann. Deshalb sind für den Bereich der Familienbeihilfe die in den Bereichen der Studienbeihilfe und des Unterhaltsrechts jeweils maßgebenden - unterschiedlichen - Anspruchsgrundlagen nicht ohne Weiteres heranzuziehen.
46 Da das FLAG eine Anrechnung von Vorstudienzeiten auf die einzuhaltende Studienzeit nicht vorsieht (keine dem § 15 iVm § 18 StudFG entsprechenden Bestimmungen aufweist), bewirkte die im Revisionsfall erfolgte Anrechnung oder Anerkennung aus dem Vorstudium der Technischen Mathematik zwar eine Verkürzung der Wartezeit für die Familienbeihilfe nach § 2 Abs. 1 lit. b iVm § 17 Abs. 4 StudFG, ließ aber unberührt, dass die Tochter des Revisionswerbers für das (nach dem Studienwechsel) betriebene Lehramtsstudium die dafür vorgesehene, nicht verkürzte Studienzeit im Sinn des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG einzuhalten hatte.
47 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
48 Auf die beantragte Durchführung einer Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
49 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung.
Wien, am 28. Februar 2017
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