Studienwechsel - Verkürzung der Studienzeit des neuen Studiums um die Anzahl der angerechneten Semester aus dem Vorstudium
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2015:RV.5101080.2012
Beachte:
VfGH-Beschwerde zur Zl. E 1536/2015 eingebracht. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 21.9.2015 abgelehnt und an den VwGH abgetreten.; Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zl. Ro 2016/16/0005. Mit Erk. v. 28.2.2017 wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zl. RV/5100405/2017 erledigt.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf. gegen den Bescheid des Finanzamt Y vom 04.05.2012, betreffend Rückforderung der Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbeträge für K1, für den Zeitraum Oktober 2010 bis Mai 2011 in Höhe von insgesamt € 1.791,20 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
Das Finanzamt hat mit Bescheid vom 4.5.2012 die Familienbeihilfe und die Kinderabsetzbeträge für die Tochter der Beschwerdeführerin für den Zeitraum Oktober 2010 bis Mai 2011 in Höhe von insgesamt Euro 1.791,20 (FB: Euro 1.324,00; KG: Euro 467,20) zurückgefordert.
Begründung:
" Gemäß § 26 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) ist zu Unrecht bezogene Familienbeihilfe rückzuzahlen. Dies gilt gemäß § 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988) auch für den zu Unrecht bezogenen Kinderabsetzbetrag.
Die im § 26 FLAG 1967 geregelte Rückzahlungsverpflichtung ist so weitgehend, dass sie auf subjektive Momente wie Verschulden und Gutgläubigkeit keine Rücksicht nimmt und die von der Finanzverwaltung zu Unrecht ausbezahlten Familienbeihilfenbeträge auch dann zurück zu zahlen sind, wenn der Überbezug ausschließlich auf eine Fehlleistung der Abgabenbehörde zurückzuführen ist.
Zu K1a :
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der bis 30. Juni 2011 gültigen Fassung haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet werden.
Kindern, die eine im § 3 d es Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305/1992, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten.
Die Aufnahme als ordentliche Hörerin oder ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr.
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der bis 30. Juni 2011 gültigen Fassung haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.
Bei Kindern, die eine im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305/1992, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten.
Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann wenn für das vorhergehende Studienjahr (Nachweiszeitraum) die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern im Ges amtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird. Erreicht der oder die Studierende im Nachweiszeitraum den erforderlichen Studienerfolg nicht, besteht zunächst für die weitere Studienzeit kein Anspruch auf Familienbeihilfe. Wird der Studienerfolg dann erreicht, so kann die Beihilfe wieder ab Beginn des Monats, in dem der Studienerfolg erreicht wurde, zuerkannt werden. Die Prüfungen aus dem ersten Studienjahr werden dabei allerdings nicht mehr berücksichtigt."
Die dagegen eingebrachte Beschwerde wird wie folgt begründet.
"Sehr geehrte Damen und Herren!
Mit oa. Bescheid wurde die Familienbeihilfe für K1a für den Zeitraum Oktober 2010 bis Mai 2011 zurückgefordert. Die Begründung dafür lautet:
"Durch die Anrechnung von 5 Semestern aus dem alten Studium war jedoch der laufende Studienabschnitt um 5 Semester zu verkürzen. Damit ist jedoch ein Anspruch auf Familienbeihilfe nur dann gegeben, wenn im Oktober 2010 das 1. Diplom in beiden Unterrichtsfächern vorhanden ist. Da das 1. Diplom in beiden Unterrichtsfächern im Juni 2011 abgelegt wurde, war im Zeitraum 10/2010- 05/2011 die Rückforderung der Familienbeihilfe erforderlich."
Der UFS hat in seiner Berufungsentscheidung vom 12. 4. 2012 festgestellt.
"Im gegenständlichen Fall ergibt sich eine Anrechnung von insgesamt 124,5 ECTS-Punkten. Im Sinn des Vorhergesagten kann damit zwar nicht von einer Anrechnung der gesamten Vorstudienzeiten- nämlich sechs Semester- ausgegangen werden, es spricht aber auch nichts gegen eine Anerkennung der Vorstudienzeiten im Ausmaß von fünf Semestern, wodurch sich die Wartezeit für die Wiedergewährung der Familienbeihilfe bei einem Studienwechsel nach sechs absolvierten Semestern, auf ein Semester verkürzt."
Dazu möchte ich feststellen:
Das Finanzamt YY fordert nun Familienbeihilfe zurück, mit der Begründung, dass der erste Studienabschnitt nicht rechtzeitig abgeschlossen wurde.
Richtig ist, dass das Studienförderungsgesetz vorsieht, dass zur Beurteilung, ob eine Berufsausbildung dem Grunde nach vorliegt, der erste Studienabschnitt in der erforderlichen Zeit abgeschlossen werden muss, wobei hier die Mindeststudienzeit um ein Toleranzsemester verlängert wird (vgl. 19.1. und 19.2 DR-Fiag 1967). Hintergrund für diese Bestimmung ist, und dass sind die zwei wesentlichen Grundprinzipien bei der Beurteilung der Berufsausbildung nach dem FLAG, dass der Gesetzgeber wünscht, dass nur bei Nachweis von Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit die Begünstigung der Familienbeihilfe zustehen soll.
Meines Erachtens handelt das Finanzamt YY entgegen den Durchführungsrichtlinien zum FLAG 1967, das eine zumindest abschnittsweise Betrachtung vorsieht. Dort heißt es:
21.19 Die Berechnungsmethode zur Ermittlung der zu berücksichtigenden Vorstudienzeiten ist grundsätzlich studienabschnittsweise durchzuführen.
Der Bescheid erweist sich als nicht richtig, als unsachgemäß der erste Studienabschnitt um sämtliche angerechnete Semester gekürzt wurde -die aber nachweislich nicht nur den ersten Abschnitt betrafen. Auch wurde dem Umstand, dass der- im Vergleich zu anderen Studien - lange erste Abschnitt (6. Semester) darin begründet ist, dass viele Fächer aus aufbauenden Kursen, die zudem nicht jedes Semester angeboten werden, bestehen, und sich alleine aus diesem Umstand eine mehrsemestrige Dauer des ersten Abschnitts ergeben muss, nicht Rechnung getragen.
Die Ansicht des Finanzamtes, dass sämtliche angerechnete Semester ausschließlich auf die Studienzeit des ersten Studienabschnitts anzurechnen sind, ist unlogisch und entspricht auch nicht der Ansicht des BMfWFJ, dass in DR-Flag 1967 dem Gedanken Ausdruck verleiht, dass hier auf die tatsächlich angerechneten Semesterstunden sowie andere Gegebenheiten des neuen Studiums Rücksicht genommen werden muss (vgl. 21.9 und 22.6.) und sie entspricht auch nicht den tatsächlichen Verhältnissen, da ja Semesterstunden aus beiden Studienabschnitten angerechnet wurden.
ln der Durchführungsrichtlinie zum FLAG heißt es:
22.6. Bei Studienwechsel im Nachweiszeitraum können Teilerfolge aus beiden betriebenen Studien insoweit berücksichtigt werden, als sie zusammen den erforderlichen Gesamtumfang erreichen.
Genau das wurde mit dem Berufungsentscheid des UFS so berücksichtigt.
Das Finanzamt möge daher den Bescheid daher aufheben, da unter Berücksichtigung der für den ersten Abschnitt angerechneten Semesterstunden sowie unter Berücksichtigung des Umstandes, dass Kurse aufeinander aufbauen - d.h. dass in den pädagogischen didaktischen Fächern erst nach Abschluss eines Kurses eine anderer besucht werden kann -sich bereits daraus eine Studienzeit von mehreren Semestern im ersten Studienabschnitt ergibt, unabhängig davon wie viele anderen Stunden angerechnet wurden.
Auch ist in Betrachtung der Gesamtstudienzeit von 12 Semestern trotz Studienwechsel bei einer Mindeststudienzeit von 10 Semestern zu bemerken, dass den Zielen des FLAG 1967 hinsichtlich Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit von K1a eindeutig entsprochen wurde. Der Studienwechsel führte bereits zum Verlust von einem Semester Familienbeihilfenbezug, eine daraus fälschlich abgeleitete Zeitüberschreitung des Studienabschnitts würde zu einer weiteren Ungleichbehandlung gegenüber denjenigen führen, die ohne Studienwechsel ebenso in 12 Semestern das Studium beenden.
ln der Durchführungsrichtlinie zum FLAG heißt es:
19.9: Die "vorgesehene Studienzeit" steht dem Studierenden jedenfalls zur Gänze zur Verfügung.
21.10. Erfolgt nach dem Abbruch eines Studiums eine Berufsausbildung im Sinne des § 2
Abs. 1 fit. b erster Satz FLAG 1967, richtet sich die Dauer eines allfälligen Familienbeihilfenbezuges wiederum nach der Dauer dieser Berufsausbildung.
Die vorgesehene Studienzeit für das Lehramt Mathematik /Informatik beträgt 10 Semester + 2 Toleranzsemester. Genau dieser Grundsatz ist hier zur Anwendung zu bringen. Daher erscheint die vorliegende Interpretation des FLAG durch das FA YY willkürlich und im Widerspruch zum Gleichheitsgrundsatz.
Eine weitere Bestimmung der Durchführungsrichtlinie zum FLAG lautet:
21.6. Bei einem Wechsel von der Studienrichtung Medizin zur Studienrichtung Zahnmedizin, der der zitierten gesetzlichen Bestimmung des § 17 Abs. 3 StudFG entspricht, wird Familienbeihilfe für die volle vorgesehene Studienzeit der Studienrichtung Zahnmedizin gewährt.
Das lässt in Zusammenhang mit 19.9 den Analogieschluss zu:
Bei einem Wechsel der Studienrichtung von der Technischen Mathematik zur UF Mathematik/Informatik sollte doch auch die volle vorgesehene Studienzeit der zweiten Studienrichtung UF Mathematik/Informatik gewährt werden.
ln einer andern Bestimmung der Durchführungsrichtlinie zum FLAG heißt es:
19. 7 "Wird ein Studienabschnitt in der Zulassungsfrist des nächstfolgenden Semesters erfolgreich abgeschlossen, kann dem mit diesem Monat beginnenden nächsten Studienabschnitt das beim vorherigen Studienabschnitt nicht benötigte Semester hinzugerechnet werden."
Das bedeutet, dass Toleranzsemester in den nächsten Studienabschnitt mitgenommen werden können. Daraus ist abzuleiten, dass dem Gesetzgeber in erster Linie die Gesamtstudiendauer von Bedeutung ist, solange die Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit vorhanden ist. Das ist bei K1b eindeutig der Fall.
Der erste Studienabschnitt hat sich verlängert, der zweite dagegen verkürzt sich um die gleichen Monate, da die vorgesehene Mindeststudiendauer mit den beiden Toleranzsemestern ausreicht.
Zusammenfassung:
Die Rückzahlung der Familienbeihilfe wird für den Zeitraum von Oktober 2010 bis Mai 2011 mit der Begründung zurückgefordert, dass der erste Studienabschnitt nicht in der vorgesehen Zeit abgelegt wurde.
Ich berufe dagegen mit folgenden Begründungen:
1. Für das Ablegen der UF Mathematik/ Informatik gewährt der Staat 12 Semester Familienbeihilfe. Meine Tochter schafft das ebenfalls in dieser Zeit, trotz des Studienwechsels. Ich erwarte eine Gleichbehandlung meiner Tochter mit einer Studentin, die von Anfang an diesen Weg eingeschlagen hat. Der Staat bekommt in beiden Fällen die gleiche Leistung: eine ausgebildete Lehrkraft in zwei gesuchten Fächern, daher stehen beiden auch die gleichen Leistungen zu.
2. Gesetze können nie alle Einzelfälle regeln. Es gibt in der Rechtsprechung den Grundsatz: Wenn die wörtliche Anwendung einer Bestimmung zu einem Unrecht führt, ist sie sinngemäß anzuwenden. Der Sinn der Regelung (vorgeschriebene ETCS, Zeitpunkt der Diplomprüfung) ist es, Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit sicher zu stellen, Studien verzögerungen zu verhindern und dem Staat unnötige Kosten zu ersparen. Hier verletzt die buchstäbliche Anwendung einer Bestimmung den Gleichheitsgrundsatz und führt zu Unrecht- im Vergleich mit einer Studentin, die von Anfang an das Lehramt inskribiert hat.
3. Es war K1b überhaupt nicht möglich, die 1. Diplomprüfung zu dem Zeitpunkt abzulegen, den das Finanzamt errechnet. Durch den Studienwechsel musste sie alle pädagogischen Fächer nachmachen, die zum Teil nur aufbauend möglich waren. Die Behörde sollte von Bürgern nichts Unmögliches verlangen. Dementsprechend stellen die Durchführungsrichtlinien zum FLAG auf die Gesamtstudiendauer ab, nicht auf einen Studienabschnitt
4. Für den "verspäteten" Studienwechsel wurde K1b mit der Rückforderung der Familienbeihilfe für 1 Semester bestraft. Jetzt soll sie für das gleiche "Delikt", einen angeblich "schädigenden" Studienwechsel, nochmals bestraft werden. Das ist unfair.
5. Dass sie aber für den zweiten Studienabschnitt wesentlich kürzer braucht als erlaubt, dafür bekommt sie keine Belohnung. Für die Bemessung der Familienbeihilfe sollte doch die Gesamtzeit des Studiums herangezogen werden und diese ist nun absehbar: sie wird 12 Semester betragen.
Ich berufe auch gegen die Einstellung der Familienbeihilfe mit März 2012.
Im oa. Bescheid heißt es:
"Weiters war die Familienbeihilfe für 3/2012 zu gewähren und danach wegen der Altersgrenze nach FLAG 1967 einzustellen."
Die mir telefonisch mitgeteilte Erläuterung war:
Hätte K1b von Anfang an das Lehramt inskribiert, könnte sie bis Juni 2012 noch Familienbeihilfe beziehen, da ihr die Familienbeihilfe für die Mindeststudiendauer und ein Jahr zustehen würde. Durch den Studienwechsel kommt diese Bestimmung nicht zur Anwendung und die Zahlung der Familienbeihilfe wird mit dem 24. Geburtstag eingestellt.
Aus den oben angeführten Gründen und mit Berufung auf die Durchführungsrichtlinien zum FLAG (19.9; 21.10) erwarte ich eine Gleichbehandlung mit jenen Studentinnen, die von Anfang an das Lehramt inskribiert haben. Diese bekommen die Familienbeihilfe bis zum 25. LJ, wenn ihr Studium vor dem 19. LJ begonnen wurde und es mehr als 10 Semester Mindeststudiendauer hat. Dies trifft auch bei K1b zu.
Daher berufe ich gegen die Einstellung der Familienbeihilfe für K1c mit März 2012.
Weiter ersuche ich um Aussetzung der Einhebung der Zahlung von 1.791,29 EURO (Buchungsmitteilung 2) bis zur Klärung des Sachverhalts. Der Betrag von 1.283,30 EURO (Buchungsmitteilung 1) wurde bereits überwiesen.
Eine weitere Bitte:
Lt Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe vom 7. Mai 2012 wurde K1b für folgende Zeiten Familienbeihilfe gewährt:
Apr.1994 - Sept. 2009
Juli 2010 - Sept. 2010
Juni 2011 -März 2012
Lt. UFS Bescheid vom 12.4.2012 stand K1b die Familienbeihilfe auch für die Zeit von März 2010 bis Juni 2010 zu. Ich bitte um Korrektur der Mitteilung."
Das Bundesfinanzgericht geht von folgendem Sachverhalt aus.
Der UFS hat in seiner Entscheidung vom 12.4.2012 im Wesentlichen festgehalten, dass sich auf Grund des Wechsels der Studienrichtung von Technischer Mathematik zu UF Mathematik/Informatik nach Absolvierung von 6 Semestern mit Beginn des Wintersemesters 2009/2010 und der erfolgten Anrechnung von Vorstudienzeiten in Ausmaß von 5 Semestern die Wartezeit für die Wiedergewährung der Familienbeihilfe auf 1 Semester verkürzt. Die Wartezeit betraf das Wintersemester 2009/2010, also die Zeit von Oktober 2009 bis Februar 2010. Im Zeitraum März 2010 bis Juni 2010 lagen die Voraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbeträge vor.
Zu entscheiden ist nun darüber, inwiefern sich die Anzahl der angerechneten Semester auf die Studienzeit des neuen Studiums auswirkt.
Nach § 2 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
a) für minderjährige Kinder,
b) für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr (24. Lebensjahr ab 1.7.2011) noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (z.B. Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß.
Wenn also die gesamten Vorstudienzeiten in die neue Studienrichtung eingerechnet werden, liegt im Sinne des § 17 Abs 2 Z 1 StudFG kein Studienwechsel vor, jedoch wird die Studienzeit (die Anspruchsdauer des neuen Studiums bzw Studienabschnittes) um die angerechneten Semester verkürzt.
Wird der Studienerfolg in ECTS-Punkten bemessen, ist die Anzahl der anerkannten ECTS-Punkte aus den Vorstudien maßgeblich. Das Arbeitspensum eines Studienjahres ist nach § 51 Abs 2 Z 26 UG 2002 für alle Bildungseinrichtungen und für alle Studien mit 60 ECTS-Punkten bemessen, daher ist pro Anerkennung von Vorstudienleistungen im Ausmaß von 30 ECTS-Punkten ein Semester zu berücksichtigen (bei Anerkennung von 1 bis 30 ECTS-Punkten ein Semester, bei Anerkennung von 31 bis 60 ECTS-Punkten zwei Semester usw). Wird mit dieser Anrechnung die Semesteranzahl der Vorstudien erreicht, wird vom Gesetzgeber damit unterstellt, dass für das nunmehr betriebene Studium der annähernd gleiche (Zeit)Aufwand erforderlich gewesen wäre. Die angerechneten Semester sind in die Anspruchsdauer des neuen Studiums einzurechnen (Verkürzung der Anspruchsdauer) und der Studienwechsel bleibt nach § 17 Abs 2 Z 1 StudFG ohne weitere Folgen (vgl. FLAG-Kommentar Csaszar/Lenneis/Wanke, § 2 Rz 101).
Für den vorliegenden Fall ergibt sich daraus, dass die erfolgte Anrechnung der Vorstudienzeit im Ausmaß von 5 Semestern die Studienzeit des neuen Studiums um diese Semesteranzahl verkürzt.
Diesbezüglich stellt der Unabhängige Finanzsenat in seiner Entscheidung vom 10.08.2012, RV/1578-W/10, Folgendes fest:
"Zusätzlich zur Verkürzung der Wartezeit ergibt sich für den gegenständlichen Fall folgende Konsequenz: Werden für das neu begonnene Studium aus dem Vorstudium drei Semester angerechnet, verkürzt sich nicht nur die Wartezeit um diese drei Semester, sondern auch die vorgesehene Studienzeit des zweiten Studiums wird um die Anrechnungssemester verkürzt. Der erste Studienabschnitt des Pharmaziestudiums umfasst nur zwei Semester, damit besteht bei drei angerechneten Semestern für den ersten Studienabschnitt unter Berücksichtigung eines Toleranzsemesters kein Anspruch mehr."
Die Studienzeit für den ersten Studienabschnitt des neuen Studiums der Tochter des Beschwerdeführers beträgt 7 Semester (incl. 1 Toleranzsemester). Auf Grund der 5 Anrechnungssemester endete die Studienzeit mit 30.9.2010. Weil der erste Studienabschnitt aber nicht in dieser Zeit beendet wurde - die Diplomprüfung wurde im Juni 2011 abgelegt - bestand im Beschwerdezeitraum kein Anspruch auf die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag (§ 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetz 1988).
Über den weiteren Anspruch auf die Familienbeihilfe für die Tochter des Beschwerdeführers wurde vom Finanzamt in einem eigenen Verfahren mit Bescheid abgesprochen.
Aus den angeführten Gründen war daher wie im Spruch angeführt zu entscheiden.
Gegen dieses Erkenntnis ist die Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig, da die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG abhing. Die Entscheidung kann sich auch nicht auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützen.
Linz, am 5. Juni 2015
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, FLAG |
betroffene Normen: | § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |