Normen
12010P/TXT Grundrechte Charta Art47 Abs2;
BDG 1979 §15b;
Berufstätigkeiten besonders belastende 2007 §1 Z4 lita;
B-VG Art133 Abs4;
MRK Art6;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §24 Abs4;
VwRallg;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2017:RO2016120003.J00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Der Revisionswerber steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist das Bundeskriminalamt.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 23. Dezember 2014, mit welchem im Hinblick auf den Antrag des Revisionswerbers vom 4. März 2014 festgestellt wurde, dass per 31. März 2014 keine Monate der beruflichen Tätigkeit des Revisionswerbers als Schwerarbeitsmonate im Sinne von § 15b Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) zu qualifizieren seien, ab. Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.
3 Nach Darstellung des Verfahrensgangs traf das Verwaltungsgericht nähere Feststellungen zu dem Arbeitsplatz des Revisionswerbers und zu den mit diesem Arbeitsplatz verbundenen Tätigkeiten für Zeiträume beginnend mit 1. Jänner 2002 bis 31. März 2014. Dabei legte das Verwaltungsgericht die dem Revisionswerber im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zur Stellungnahme übermittelten Arbeitsplatzbeschreibungen sowie eine Note des für Personalangelegenheiten zuständigen Büros des Bundeskriminalamtes betreffend die tatsächlich ausgeübten (mit den Arbeitsplatzbeschreibungen übereinstimmenden) Tätigkeiten zugrunde. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung sah das Verwaltungsgericht unter Verweis auf § 24 Abs. 4 VwGVG ab.
4 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, dass die Verordnung der Bundesregierung über besonders belastende Berufstätigkeiten, BGBl. II Nr. 501/2006, auf eine "Gefährdung" abstelle. Zusätzlich erfordere die genannte Verordnung jedoch eine weitere unabdingbare Tatbestandsvoraussetzung, und zwar dass zumindest die Hälfte der monatlichen Dienstzeit des betroffenen Beamten als wachespezifischer Außendienst zu qualifizieren sei. Es liege auf der Hand, dass von einem wachespezifischen Außendienst im Sinne der in Rede stehenden Verordnung nur dann ausgegangen werden könne, wenn die Dienstverrichtung außerhalb der Büroräumlichkeiten erfolge. Im vorliegenden Fall sei davon auszugehen, dass der Revisionswerber lediglich im Zeitraum von 1. Juli 2010 bis 31. März 2014 wachespezifische Außendiensttätigkeiten, und zwar in den Tätigkeitsfeldern "Rückholung von Auszuliefernden und Teilnahme an der Schleierfahndung" im Ausmaß von 5 % zweifelsfrei verrichtet habe. Soweit für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum die "Verrichtung exekutiver Einsätze und Journaldienste" im Ausmaß von 10 % beziehungsweise im Ausmaß von 35 % ausgewiesen würden, sei festzuhalten, dass diese Tätigkeiten jeweils nur einen Teilbereich der mit 10 % beziehungsweise 35 % quantifizierten Tätigkeitsbereiche umfassen würden. Daraus ergebe sich, dass der Revisionswerber keinesfalls mehr als die Hälfte seiner monatlichen Dienstzeit tatsächlich als wachespezifischen Außendienst zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit ausgeübt habe. Die Voraussetzungen gemäß § 15b BDG 1979 in Verbindung mit § 1 Z 4 lit. a der Verordnung BGBl. II Nr. 105/2006 seien daher nicht gegeben.
5 Das Verwaltungsgericht erklärte im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für zulässig, erachtete die Revision in seiner Begründung jedoch für unzulässig. In einem solchen Fall ist vom Vorliegen einer ordentlichen Revision auszugehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. November 2016, Ro 2015/11/0015, sowie das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2014, Ro 2014/03/0063).
6 Zur Zulässigkeit der Revision führte der Revisionswerber aus, dass Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu den Fragen fehle, in welchem Ausmaß Beamten des Exekutivdienstes Außendienste als Schwerarbeitsmonate angerechnet würden, wie die "Schwerarbeitsverordnung" in Verbindung mit der Verordnung der Bundesministerin für Inneres über die Bemessung der Vergütung für besondere Gefährdung der Beamten des Exekutivdienstes "praktisch" anzuwenden sei und welche Tätigkeiten konkret als wachespezifischer Außendienst zu qualifizieren seien. Im Übrigen sei das Verwaltungsgericht von der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs insofern abgewichen, als es in rechtswidriger Weise von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen habe.
7 Die Bundesministerin für Inneres erstatte eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Zurückweisung der Revision, hilfsweise deren Abweisung beantragte.
8 Die Revision erweist sich aus nachstehenden Gründen als nicht zulässig:
9 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
11 § 15b Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. Nr. 333/1979 idF BGBl. I Nr. 53/2007, lautet auszugsweise:
"Versetzung in den Ruhestand bei Vorliegen von Schwerarbeitszeiten
§ 15b. (1) Der Beamte ist auf seinen schriftlichen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn er zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand eine nach dem vollendeten
18. Lebensjahr zurück gelegte ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit von 504 Monaten, davon mindestens 120 Schwerarbeitsmonate innerhalb der letzten 240 Kalendermonate vor dem Zeitpunkt der Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand, aufweist. Die Versetzung in den Ruhestand kann dabei frühestens mit dem der Vollendung des 60. Lebensjahres folgenden Monatsletzten in Anspruch genommen werden. Beamten, die die Anspruchsvoraussetzungen zum Zeitpunkt der Vollendung des 60. Lebensjahres oder danach erfüllen, bleiben diese auch bei einer späteren Ruhestandsversetzung gewahrt.
(2) Ein Schwerarbeitsmonat ist jeder Kalendermonat, in dem mindestens 15 Tage Schwerarbeit vorliegen. Die Bundesregierung hat mit Verordnung festzulegen, unter welchen psychisch oder physisch besonders belastenden Arbeitsbedingungen Schwerarbeit vorliegt.
(3) Der Beamte des Dienststandes, der sein 57. Lebensjahr vollendet hat, kann eine bescheidmäßige Feststellung der Anzahl seiner Schwerarbeitsmonate zu dem dem Einlangen des Antrags folgenden Monatsletzten beantragen. Dieses Antragsrecht wird mit Rechtskraft der Feststellung konsumiert.
(4) § 15 Abs. 2 bis 4 ist sinngemäß anzuwenden."
Die Verordnung der Bundesregierung über besonders belastende Berufstätigkeiten, BGBl. II Nr. 105/2006, lautet auszugsweise:
"Anwendung von Bestimmungen der Schwerarbeitsverordnung
§ 1. Die Verordnung der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz über besonders belastende Berufstätigkeiten samt Anlage, BGBl. II Nr. 104/2006, (Schwerarbeitsverordnung), ist auf Beamte und Bundestheaterbedienstete mit den Maßgaben anzuwenden, dass ...
4. als Schwerarbeit auch Tätigkeiten mit erhöhter
Gefährdung gelten, bei denen das tatsächliche regelmäßige Risiko für Leib und Leben im Einsatz die Grenze von allgemein akzeptierter Gefahr in erheblichem Ausmaß übersteigt. Als solche gelten ausschließlich Tätigkeiten von
a) Exekutivorganen des öffentlichen Sicherheitsdienstes
nach dem Sicherheitspolizeigesetz (SPG), BGBl. Nr. 566/1991, die zumindest die Hälfte ihrer monatlichen Dienstzeit tatsächlich als wachespezifischen Außendienst zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit ausüben, und ..."
12 Soweit in der Revision in allgemeiner Weise neben der Definition des wachespezifischen Außendienstes und der "praktischen" Anwendung der "Schwerarbeitsverordnung" als grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne von Art. 133 Abs. 4 B-VG die Fragestellung erachtet wird, in welchem Ausmaß Außendienste als Schwerarbeitsmonate anzurechnen seien, ist dem Revisionswerber entgegenzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof nicht zur Lösung abstrakter Rechtsfragen berufen ist. In den in der Revision in abstrakter Weise aufgezeigten Fragen kann noch keine auf den Revisionsfall bezogene, ausreichend konkretisierte Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG erblickt werden, von deren Beantwortung das Schicksal der vorliegenden Revision betreffend Feststellung von Schwerarbeitsmonaten gemäß § 15b BDG 1979 abhängen würde (vgl. zu lediglich abstrakten Rechtsfragen beispielsweise den hg. Beschluss vom 19. April 2016, Ra 2016/12/0029).
13 Fallbezogen ist weiters festzuhalten, dass dem Revisionswerber die jeweiligen Arbeitsplatzbeschreibungen sowie die mit diesen inhaltlich in Einklang stehende - mit der Dienstvorgesetzten des Revisionswerbers akkordierte - Note des Bundeskriminalamtes, welche u.a. auf die vom Revisionswerber tatsächlich verrichteten Tätigkeiten Bezug nimmt, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zur Kenntnis gebracht wurden. Der vorliegende Fall ist mit der dem hg. Beschluss vom 25. Jänner 2017, Ra 2016/12/0109, zugrundeliegenden Konstellation sohin insofern nicht vergleichbar, als gegenständlich die vom Revisionswerber tatsächlich verrichteten (nach den anzuwendenden Rechtsvorschriften maßgeblichen) Tätigkeiten in zutreffender Weise berücksichtigt wurden. Dass die vom Revisionswerber tatsächlich verrichteten Tätigkeiten von den in der Arbeitsplatzbeschreibung dargelegten Tätigkeiten abweichen würden, wurde vom Revisionswerber selbst in der Revision nicht konkret behauptet. Vielmehr stützte sich der Revisionswerber im verwaltungsgerichtlichen Verfahren selbst auf die Arbeitsplatzbeschreibungen, ging von den dort beschriebenen Tätigkeiten aus und zog daraus unter Verweis auf § 3 und § 20 SPG lediglich andere rechtliche Schlussfolgerungen.
14 Vor diesem Hintergrund ist der Ansicht des Verwaltungsgerichts, wonach in dem in Rede stehenden Zeitraum keine Schwerarbeitsmonate im Sinne von § 15 BDG 1979 festzustellen seien, nicht entgegen zu treten. Wie sich aus den maßgeblichen und insofern eindeutigen Normen ergibt (vgl. insbesondere § 1 Z 4 lit. a der Verordnung der Bundesregierung, BGBl. II Nr. 105/2006; zum Fehlen einer Rechtsfrage im Sinne von Art. 133 Abs. 4 B-VG bei eindeutiger Rechtslage siehe etwa den hg. Beschluss vom 9. September 2016, Ra 2016/12/0062), kämen als Schwerarbeitsmonate anzurechnende Zeiten nur solche Monate in Betracht, in denen tatsächlich zumindest die Hälfte der Dienstzeit als Außendienst ausgeübt wurde. Entgegen der vom Revisionswerber im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vertretenen Ansicht ist diesbezüglich nicht auf das Vorliegen "operativer Ermittlungstätigkeiten", sondern auf die tatsächliche Verrichtung von Außendiensten abzustellen. Aus den auf die tatsächliche Verrichtung von Tätigkeiten Bedacht nehmenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts, denen auch in der Revision nicht substantiiert entgegen getreten wird, ergibt sich, dass keineswegs die Hälfte der Dienstzeit des Revisionswerbers tatsächlich im Außendienst ausgeübt wurde. Sohin ist schon unter diesem Aspekt die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts, wonach keine Monate als Schwerarbeitsmonate festzustellen seien, nicht zu beanstanden.
15 Mit dem Hinweis des Revisionswerbers, wonach das Verwaltungsgericht gegenständlich zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung verpflichtet gewesen wäre, wird ebenfalls keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt. Nach der ständigen hg. Judikatur (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 18. September 215, Ra 2015/12/0012) darf von einem Verzicht auf eine mündliche Verhandlung dann ausgegangen werden, wenn ein rechtskundig vertretener Beschwerdeführer keinen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung stellt und überdies in seinem Rechtsmittel keine Einvernahmen von Beweispersonen begehrt werden. Im vorliegenden Fall hat es der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch den Sekretär der Gewerkschaft öffentlicher Dienst (rechtskundig) vertretene Revisionswerber verabsäumt, in der Beschwerde einen Verhandlungsantrag zu stellen, und wurden auch keine konkreten Beweisanbote erstattet.
16 Vor diesem Hintergrund bestand jedenfalls kein auf Art. 6 EMRK (oder auf Art. 47 Abs. 2 GRC) zu gründender Anspruch des Revisionswerbers auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 2016, Ra 2016/12/0073). Soweit das Unterbleiben der Durchführung einer solchen (ungeachtet des Verzichtes) von Amts wegen gerügt wird, setzte ein Erfolg dieser Verfahrensrüge des Unterbleibens einer nicht gemäß Art. 6 EMRK oder Art. 47 Abs. 2 GRC gebotenen Verhandlung jedenfalls das Vorliegen einer Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels voraus (vgl. hiezu das genannte Erkenntnis vom 19. Oktober 2016 und den hg. Beschluss vom 25. Februar 2016, Ra 2015/16/0127). Zur Dartuung der Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels bringt der Revisionswerber (im Übrigen ausschließlich unter den Revisionsgründen) vor, bei Erörterung der Arbeitsplatzbeschreibungen hätte sich ergeben, dass mehr als 50 % der von ihm ausgeübten Tätigkeiten (nach Ansicht des Revisionswerbers mit wachspezifischem Außendienst gleichzusetzende) "operative Ermittlungstätigkeiten" dargestellt hätten. Auf diese Frage kommt es jedoch aus den oben unter Rz 14 genannten Gründen nicht an. Eine substantiierte Behauptung, dass der Revisionswerber tatsächlich Außendienst versehen hätte, umfasst das Revisionsvorbringen nicht. Dem Hinweis auf die nach Ansicht des Revisionswerbers von amtswegen durchzuführende mündliche Verhandlung fehlt es somit an der erforderlichen Relevanz.
17 Die ordentliche Revision war folglich, da mit dem Revisionsfall entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Lösung von Rechtsfragen im Sinne von Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht verbunden ist, gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG mit Beschluss zurückzuweisen.
18 Der Kostenausspruch stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013.
Wien, am 25. September 2017
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