Normen
FlVfGG §15
FlVfLG Tir 1978 §33 Abs2 litc Z2
FlVfLG Tir 1978 §33 Abs5
FlVfLG Tir 1996 §33 Abs2 litc Z2
FlVfLG Tir 1996 §33 Abs5
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2017:RO2016070017.J00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die revisionswerbenden Parteien haben dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von insgesamt € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit an die Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde (AB) gerichteter Eingabe vom 16. Februar 2015 beantragte die erstrevisionswerbende Partei, die AB möge feststellen, dass die GrSt. Nrn. 327 und 877/1 sowie die Überlandgrundstücke Nrn. 472/1 und 472/2 der KG Z., allesamt vorgetragen in EZ 36 GB 87101, A.,nicht aus Erträgen aus der Nutzung der Substanz erwirtschaftet worden und sohin sämtliche Nutzungen hinsichtlich der Grundstücke nicht als Substanznutzung iSd § 33 Abs. 5 TFLG 1996 anzusehen seien.
2 Mit Bescheid vom 15. März 2016 wies die AB den Antrag der erstrevisionswerbenden Partei als unbegründet ab.
3 Gegen diesen Bescheid erhoben alle revisionswerbenden Parteien Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol.
4 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 30. August 2016 wies das Landesverwaltungsgericht Tirol diese Beschwerde nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung als unbegründet ab.
5 In seinen Entscheidungsgründen hielt das Landesverwaltungsgericht zusammenfassend fest, dass Grundstücke, die mit dem aus dem Substanzwert von Gemeindegut erwirtschafteten Vermögen erworben worden seien („Ersatzanschaffungen“), selbst nicht zu Gemeindegut würden. Solche Grundstücke seien somit keine Gemeindegutsgrundstücke. Dies bedeute aber nicht, dass auf derartige Grundstücke § 33 Abs. 5 TFLG 1996 nicht anzuwenden sei. Ersatzanschaffungen seien nämlich als Substanzerlöse zu qualifizieren und zählten zum Substanzwert.
6 Im gegenständlichen Fall sei der Ankauf der antragsgegenständlichen Grundstücke, die mit rechtskräftigem Bescheid der AB vom 22. März 2011 als Nicht-Gemeindegut im Sinne des § 33 Abs 2 lit c Z 2 TFLG 1996 qualifiziert worden seien, mit durch den Verkauf von Holz erzielten Erlösen finanziert worden. Die beim Holzverkauf erzielten Einnahmen stellten eindeutig einen Substanzerlös dar. Die als Nicht-Gemeindegut festgestellten antragsgegenständlichen Grundstücke des Regulierungsgebietes seien aus Erträgen aus der Substanznutzung erwirtschaftet worden. Sie seien folglich dem Substanzwert iSd § 33 Abs 5 TFLG 1996 zuzuordnen.
7 Somit sei die Beschwerde gegen den Bescheid der AB vom 15. März 2016 als unbegründet abzuweisen gewesen.
8 Die Zulässigkeit der Revision begründete das Landesverwaltungsgericht wie folgt:
„Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat sich bei den zu klärenden Rechtsfragen ‑ Substanzanspruch der Gemeinde, Umfang der am Gemeindegut bestehenden Nutzungsrechte etc ‑ an der einschlägigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl insbesondere VfGH 11.06.2008, Zahl B 464/07; 02.10.2013, Zahlen B 550/2012 ua) und am Verwaltungsgerichtshoferkenntnis vom 25.07.2013, Zahl 2012/07/0029, orientiert. Die ordentliche Revision wird dennoch zugelassen, weil die den Gegenstand dieses Verfahrens bildende Rechtsfrage ‑ Substanzwertanspruch auch auf als Nicht-Gemeindegut festgestellte Grundstücke ‑ bislang von den Höchstgerichten des öffentlichen Rechts nicht zu beurteilen war. Darüber hinaus kommt der vorliegenden Entscheidung eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu. Sie betrifft aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Fragen des materiellen Rechts.“
9 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision, die in einem gesonderten Abschnitt „zur Zulässigkeit“ auf die zitierten Zulässigkeitsausführungen des Landesverwaltungsgerichtesin seinem angefochtenen Erkenntnis verweist. Demnach liege eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Rechtsfrage, „ob auch auf als Nicht-Gemeindegut festgestellten Grundstücken ein Substanzwertanspruch für die substanzberechtigten Gemeinden bestehe“, nicht vor.
10 Die AB erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Revision als unbegründet beantragte.
11 Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B‑VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B‑VG).
12 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
13 Nach § 34 Abs. 1a erster Satz VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 nicht gebunden.
14 Entgegen den Zulässigkeitsausführungen des Landesverwaltungsgerichtes liegt zur den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildenden Rechtsfrage sehr wohl Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes vor.
15 Zum einen werden nach ständiger Rechtsprechung Grundstücke, die aus dem Vermögen, das aus dem Substanzwert von Gemeindegut erwirtschaftet wurde, erworben wurden (Ersatzanschaffungen), selbst nicht Gemeindegut. Auf den Substanzwert dieser Grundstücke kann daher seitens der Gemeinde nicht zugegriffen werden, weil ein solches Zugriffsrecht für die Gemeinde nur in Bezug auf Grundstücke besteht, die Gemeindegut sind (VwGH 26.3.2015, Ra 2014/07/0036, und 28.4.2016, 2013/07/0256). Zum anderen hat der Verfassungsgerichtshof zum Anspruch der Gemeinde auf den in der Vergangenheit für den Erwerb (einer Ersatzanschaffung) eingesetzten Substanzwerterlös die Auffassung vertreten, dass dieser Gegenstand einer vermögensrechtlichen Auseinandersetzung zwischen der Agrargemeinschaft und der Gemeinde sein kann (VfGH 10.12.2010, VfSlg. 19.262, und wiederum VwGH 26.3.2015, Ra 2014/07/0036). Dieser Rechtsprechung lag bereits die Überlegung zugrunde, dass der zum Kauf des Ersatzgrundstückes eingesetzte Substanzwerterlös der Gemeinde zusteht. Eine Aussage dahingehend, dass die Ersatzgrundstücke ihrerseits nicht (als Substanzwerterlöse) zum Substanzwert zählten, ist dieser Judikatur hingegen nicht zu entnehmen. Damit liegt auch kein Widerspruch dieser Rechtsprechung zur aktuellen Rechtslage, insbesondere zu § 33 Abs. 5 lit. a TFLG 1996 idF LGBl. Nr. 70/2014 vor. Ein „Anpassungsbedarf der Rechtsprechung“ besteht somit nicht (VwGH 25.2.2016, Ro 2015/07/0031).
16 Auch der Revision ist eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht zu entnehmen.
17 Die Revision eignet sich sohin wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen war.
18 Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
19 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 25. Oktober 2017
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