Normen
ABGB §6
AMD-G 2001 §2 Z16 idF 2010/I/050
BVG Rundfunk Art1 Abs1
KulturförderungsbeitragsG Wr 2000 §8 Abs1a
KunstförderungsbeitragsG 1981 §1 Abs1 Z1
ORF-G 2001 §1a Z2
ORF-G 2001 §31 Abs10
PrivatradioG 2001 §1 Abs1 idF 2010/I/050
RGG 1999 §1 Abs1
RGG 1999 §2 Abs1
RGG 1999 §5 Abs6
VwGG §47 Abs3
VwGG §47 Abs5
VwRallg
32007L0065 Nov-31989L0552
32010L0013 audiovisuelle Mediendienste
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2015:RO2015150015.J00
Spruch:
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der nunmehrigen Revisionswerberin vom 25. Februar 2014 wurde dem Mitbeteiligten ‑ gestützt auf §§ 1, 2, 3 Abs. 1 und 4 sowie § 6 Abs. 1 RGG, § 31 Abs. 10 ORF Gesetz, § 1 Kunstförderungsbeitragsgesetz und § 1 Wiener Kulturförderungsbeitragsgesetz 2000 ‑ die Zahlung von "Rundfunkgebühren samt der damit verbundenen Abgaben und Entgelte" für den Betrieb einer Rundfunkempfangseinrichtung Radio an einem Standort in Wien für den Zeitraum von 1. Juli 2013 bis 31. Jänner 2014 in der Höhe von insgesamt 50,26 € vorgeschrieben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Mitbeteiligte verfüge an dem genannten Standort über einen Breitband‑Internetanschluss und betreibe an diesem jedenfalls einen Computer (Notebook) mit Lautsprechern. Mit diesem könnten jedenfalls die über das Internet verbreiteten (gestreamten) Hörfunkprogramme des Österreichischen Rundfunks wahrnehmbar gemacht werden. Diese würden synchron mit der terrestrischen Ausstrahlung vollständig verbreitet und könnten ohne weitere Voraussetzungen über einen Web-Browser wahrnehmbar gemacht werden. In rechtlicher Hinsicht wurde ausgeführt, das vom Mitbeteiligten betriebene Gerät (Computer mit Breitband‑Internetanschluss) mache Rundfunk unmittelbar optisch und/oder akustisch wahrnehmbar und sei daher als Rundfunkempfangseinrichtung im Sinne des RGG zu qualifizieren. In der Begründung des Bescheides wurde auch der im Spruch genannte Betrag näher aufgegliedert.
Der Mitbeteiligte erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde. Er machte ‑ mit näheren Ausführungen ‑ geltend, ein Computer mit Internetanschluss erfülle nicht die Voraussetzungen einer Rundfunkempfangseinrichtung.
Mit dem angefochtenen Erkenntnis behob das Bundesverwaltungsgericht den Bescheid der Revisionswerberin ‑ soweit er die Zahlung von Rundfunkgebühren samt den damit verbundenen Abgaben und Entgelten gemäß §§ 1, 2, 3 Abs. 1, 4, 6 Abs. 1 Rundfunkgebührengesetz (RGG) iVm § 31 ORF‑Gesetz (ORF‑G) und § 1 Kunstförderungsbeitragsgesetz vorschreibt ‑ ersatzlos und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG zulässig sei.
Nach Schilderung des Verfahrensganges führte das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen aus, zum entscheidungswesentlichen Sachverhalt könne auf die Ausführungen im bekämpften Bescheid verwiesen werden. Festgehalten werde, dass die am Standort vorhandenen Computer (Notebooks) über keine Rundfunkempfangs-Module ("TV‑Karte" oder "Radio‑Karte") verfügten. Der Mitbeteiligte habe auch geschildert, dass davon ausgegangen werden könne, dass die vorhandenen Geräte (insgesamt vier Notebooks, zwei davon mit angeschlossenen Lautsprechern) über das Internet verbreitete Hörfunkprogramme auch tatsächlich zugänglich machten.
Die Definition der Rundfunkempfangseinrichtung in § 1 Abs. 1 RGG stelle auf die Empfangsmöglichkeit von Rundfunkübertragungen im Sinne des BVG‑Rundfunk ab. Während herkömmliche Fernseh‑ und Radiogeräte mit einem Rundfunk-Empfangsmodul unabhängig von der jeweiligen Verbreitungs‑ und Empfangstechnik jedenfalls unter diese Begriffsbestimmung fielen und auch weitere Geräte (etwa Video‑ bzw. DVD‑Recorder) mit einem eingebauten Empfangsmodul oder Set‑Top‑Boxen bzw. Receiver in Verbindung mit einem entsprechenden Ausgabegeräte darunter zu subsumieren seien, sei dies bei PCs, die technologisch nicht dazu ausgerüstet seien, mittels Rundfunktechnologien (Satellit, Kabel, Terrestrik) verbreitete Programme empfangen zu können, nicht der Fall. Der Empfang von Rundfunkprogrammen aus dem Internet mittels Computer unter Einsatz der Streaming‑Technologie sei nicht als Rundfunkdarbietung iSd Art. I Abs. 1 BVG‑Rundfunk zu qualifizieren, da infolge der technisch beschränkten gleichzeitigen (potenziellen) Empfängerzahl nicht von einer von dieser Qualifizierung vorausgesetzten "Punkt zu Mehrpunkt‑Übertragung" an die Allgemeinheit auszugehen sei, sondern von einem individuellen Abruf. Bei einem derartigen Abruf aus dem Internet sei jedoch keineswegs sichergestellt, dass ausreichende Serverkapazitäten bzw. Übertragungsbandbreiten im Netz zur Verfügung stünden, um zu einer gleichzeitigen und unbeschränkten Abrufbarkeit der Programmangebote durch alle potentiellen Empfänger und damit der rundfunktypischen Multicast‑Fähigkeit zu gelangen. Die fehlerfreie und vollständige Übertragung sei nicht garantiert und von freien Kapazitäten abhängig ("Best‑Effort‑Dienst"). Diese technologiebedingte Einschränkung hindere aber eine Qualifikation von Streaming‑Programmangeboten als Rundfunk iSd BVG‑Rundfunk und begründe damit nach dem aktuellen Stand der Technik keine Gebühren‑ oder Programmentgeltpflicht.
§ 1 Abs. 1 RGG forderte eine unmittelbare Wahrnehmbarmachung von Rundfunkübertragungen, um ein Gerät als Rundfunkempfangseinrichtung zu qualifizieren. Diese Unmittelbarkeit sei beim Empfang von gestreamtem Radio nicht gegeben. Für den Empfang von gestreamtem Radio über das Internet sei jedenfalls ‑ zusätzlich zur Hardware ‑ der Abschluss eines Vertrages mit einem Internetprovider und die Installation eines entsprechenden Softwareprogramms notwendig, um einen Web-Browser nutzen zu können. Der reine Anschluss eines Internetmodems an einem Computer reiche also nicht aus, um eine Rundfunkdarbietung wahrnehmbar zu machen.
In den Erläuterungen zum Initiativantrag zu § 1 Abs. 1 RGG (1163/A BlgNR 20. GP ) werde ausgeführt, dass es sich um zur unmittelbaren Wahrnehmbarmachung von Rundfunk bestimmte technische Geräte handle. Ein Computer mit einem Webbrowser werde aber regelmäßig vorrangig für andere Zwecke verwendet und nicht in erster Linie dazu, um damit gestreamte Programme wie Webradio abzurufen. Sie seien somit nicht für die unmittelbare Wahrnehmbarmachung von Rundfunk bestimmt, sodass auch daraus abzuleiten sei, dass keine Rundfunkempfangseinrichtung vorliege. Dem Gesetzgeber könne auch nicht unterstellt werden, dass er über § 1 Abs. 1 RGG durch die Hintertür eine Gebühr für die Benützung von Internet habe einführen wollen.
§ 1 RGG nehme wie § 2 Z 16 AMD‑G auf das BVG‑Rundfunk Bezug. § 2 Z 16 AMD‑G differenziere ausdrücklich zwischen Rundfunkprogrammen iSd Art. I Abs. 1 BVG‑Rundfunk einerseits und anderen, über elektronische Kommunikationsnetze verbreiteten audiovisuellen Mediendiensten anderseits. Wolle man dem Gesetzgeber keine unsystematische Vorgehensweise unterstellen, schließe der alleinige Verweis in § 1 Abs. 1 RGG auf Art. I Abs. 1 BVG‑Rundfunk aus, dass von dieser Bestimmung auch Web‑Radio mitumfasst sei. Geräte, die aus dem Internet gestreamtes Radio wiedergäben, seien auch deswegen keine Rundfunkempfangseinrichtungen.
Für die bewusste Unterscheidung des Gesetzgebers zwischen dem unter das BVG‑Rundfunk fallenden Hörfunk einerseits und über das Internet gestreamtes Radio sprächen auch die Erläuterungen zum Privatradiogesetz (611 BlgNR 24. GP ), wonach Dienste außerhalb des Anwendungsbereiches des BVG‑Rundfunk, wie etwa Web‑Radio oder sonstige Point‑to‑Point‑Dienste nicht erfasst seien.
Auch daraus sei abzuleiten, dass Notebooks, die lediglich aus dem Internet gestreamtes Radio empfangen würden, keine Rundfunkempfangseinrichtungen seien.
Aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes "Lentia" (VfSlg. 9909/1983) sei nichts Gegenteiliges abzuleiten. Insbesondere habe der Gesetzgeber mittlerweile in Materiengesetzen (AMD‑G, Privatradiogesetz) bewusst zwischen dem im Anwendungsbereich des BVG‑Rundfunk liegenden Hörfunk einerseits und Webradio anderseits unterschieden.
Eine Verpflichtung zur Zahlung des ORF‑Programmentgeltes (§ 31 Abs. 10 ORF‑G) bestehe überdies deswegen nicht, weil am Standort ‑ zweifelsohne mobile ‑ Notebooks nicht dauerhaft betrieben würden.
Betreffend den Kulturförderungsbeitrag nach dem Wiener Kulturförderungsbeitragsgesetz 2000 komme dem Bundesverwaltungsgericht keine Zuständigkeit zur Entscheidung zu; insoweit entscheide das Verwaltungsgericht Wien.
Gegen dieses Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes wendet sich die Revision. Der Mitbeteiligte beantragte, die Revision als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Artikel I des Bundesverfassungsgesetzes vom 10. Juli 1974 über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks, BGBl. Nr. 396/1974, (BVG‑Rundfunk) lautet:
"(1) Rundfunk ist die für die Allgemeinheit bestimmte Verbreitung von Darbietungen aller Art in Wort, Ton und Bild unter Benützung elektrischer Schwingungen ohne Verbindungsleitung bzw. längs oder mittels eines Leiters sowie der Betrieb von technischen Einrichtungen, die diesem Zweck dienen.
(2) Die näheren Bestimmungen für den Rundfunk und seine Organisation sind bundesgesetzlich festzulegen. Ein solches Bundesgesetz hat insbesondere Bestimmungen zu enthalten, die die Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, die Berücksichtigung der Meinungsvielfalt, die Ausgewogenheit der Programme sowie die Unabhängigkeit der Personen und Organe, die mit der Besorgung der im Abs. 1 genannten Aufgaben betraut sind, gewährleisten.
(3) Rundfunk gemäß Abs. 1 ist eine öffentliche Aufgabe."
§ 1 Abs. 1 Rundfunkgebührengesetz (RGG, BGBl. I Nr. 159/1999) lautet:
"(1) Rundfunkempfangseinrichtungen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind technische Geräte, die Darbietungen im Sinne des Artikels I Abs. 1 des Bundesverfassungsgesetzes über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks, BGBl. Nr. 396/1974, unmittelbar optisch und/oder akustisch wahrnehmbar machen."
§ 2 Abs. 1 RGG (ebenfalls in der Stammfassung BGBl. I Nr. 159/1999) lautet:
"(1) Wer eine Rundfunkempfangseinrichtung im Sinne des § 1 Abs. 1 in Gebäuden betreibt (Rundfunkteilnehmer), hat Gebühren nach § 3 zu entrichten. Dem Betrieb einer Rundfunkempfangseinrichtung ist deren Betriebsbereitschaft gleichzuhalten."
In den Erläuterungen zum Initiativantrag zum RGG wurde u.a. ausgeführt (1163/A BlgNR 20. GP , 7 ff):
"1. Die derzeit bestehende Bewilligungspflicht für den Betrieb von Radio‑ und Fernsehgeräten ist nicht mehr zeitgemäß und wird durch eine Meldepflicht ersetzt. Dadurch kann der administrative Aufwand wesentlich vermindert werden.
2. Gebührenpflichtig ist ebenfalls aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung nur noch der stationäre Empfang in Räumen, nicht mehr der Mobilempfang (z.B. Autoradios). Das erscheint vor allem auch deshalb sachgerecht, weil Besitzer mobiler Empfangseinrichtungen in aller Regel auch in ihren Wohnungen etc. Radio‑ und Fernsehgeräte betreiben und damit der Gebührenpflicht unterliegen. [...]
Zu Art. I § 1
Der Entwurf definiert Rundfunkempfangseinrichtungen funktionell als die zur unmittelbaren Wahrnehmbarmachung von Rundfunk bestimmten technischen Geräte. Auf eine bestimmte Gerätekonstellation kommt es daher nicht an; entscheidend ist, daß der Rundfunkkonsum dadurch ermöglicht wird. Die fernmelderechtlichen Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes (z.B. Bestimmungen für Funkanlagen und Aufsichtsrechte) bleiben unverändert."
In einer abweichenden persönlichen Stellungnahme der Abgeordneten Mag. Stoisits zum Bericht des Verfassungsausschusses (2039 BlgNR 20. GP , 12) führte diese u.a. aus, es sei zu begrüßen, dass von der fernmeldebehördlichen Bewilligung für Rundfunkgeräte abgegangen und eine Meldepflicht eingeführt werde. Es stelle sich allerdings die Frage, warum nach wie vor für Rundfunkempfangsgeräte eine eigene Gebühr eingehoben werde. Diese Gebühr sei "im Jahre 1999 durch nichts zu rechtfertigen, zumal auch niemand auf die Idee kommt, für Computer eine Gebühr einzuheben".
§ 31 ORF‑G (idF BGBl. I Nr. 126/2011) lautet auszugsweise:
"(1) Jedermann ist zum Empfang der Hörfunk‑ bzw. Fernsehsendungen des Österreichischen Rundfunks gegen ein fortlaufendes Programmentgelt (Radioentgelt, Fernsehentgelt) berechtigt. [...]
(10) Das Programmentgelt ist unabhängig von der Häufigkeit und der Güte der Sendungen oder ihres Empfanges zu zahlen, jedenfalls aber dann, wenn der Rundfunkteilnehmer (§ 2 Abs. 1 RGG) an seinem Standort mit den Programmen des Österreichischen Rundfunks gemäß § 3 Abs. 1 terrestrisch (analog oder DVB‑T) versorgt wird. Der Beginn und das Ende der Pflicht zur Entrichtung des Programmentgeltes sowie die Befreiung von dieser Pflicht richten sich nach den für die Rundfunkgebühren geltenden bundesgesetzlichen Vorschriften."
Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 Kunstförderungsbeitragsgesetz BGBl. Nr. 573/1981 (idF BGBl. I Nr. 92/2013) ist vom Rundfunkteilnehmer zu jeder gemäß § 3 RGG für Radio‑Empfangseinrichtungen zu entrichtenden Gebühr monatlich ein Kunstförderungsbeitrag zu entrichten.
Schließlich unterliegt gemäß § 1 Wiener Kulturförderungsbeitragsgesetz 2000 (LGBl. Nr. 23/2000) der Betrieb einer Rundfunkempfangseinrichtung (§§ 1 und 2 Rundfunkgebührengesetz) in Wien einer Abgabe (Kulturförderungsbeitrag). Die Einbringung der Abgabe obliegt gemäß § 6 Abs. 1 leg. cit. der Revisionswerberin; über Beschwerden gegen Bescheide nach diesem Gesetz entscheidet nach § 8 leg. cit. das Verwaltungsgericht Wien.
Bei der Interpretation einer Gesetzesnorm ist auf den Wortsinn und insbesondere auch auf den Zweck der Regelung, auf den Zusammenhang mit anderen Normen sowie die Absicht des Gesetzgebers abzustellen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Oktober 2011, 2008/15/0200, VwSlg. 8672/F). Erläuterungen zur Regierungsvorlage können im Rahmen der Interpretation des Gesetzes einen Hinweis auf das Verständnis des Gesetzes bieten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Juli 2013, 2012/15/0004, mwN). Gleiches gilt auch für Erläuterungen zu einem Initiativantrag.
Die Gebührenpflicht nach dem RGG gründet im Betreiben einer Rundfunkempfangseinrichtung in Gebäuden, wobei dem Betrieb die Betriebsbereitschaft gleichzuhalten ist. Auch betreffend ORF‑Programmentgelt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 27. November 2014, Zl. Ro 2014/15/0040) und Kunstförderungsbeitrag besteht eine Zahlungspflicht nur dann, wenn die betreffende Person Rundfunkteilnehmer ist, also eine Rundfunkempfangseinrichtung in Gebäuden betreibt oder betriebsbereit hält.
§ 1 Abs. 1 RGG verweist hiezu wiederum auf das BVG‑Rundfunk. Die Legaldefinition von Rundfunk nach diesem Verfassungsgesetz ist sehr weit und führt nach seinem Wortlaut zu absurden Ergebnissen: Demnach bedürfte etwa auch die Einrichtung einer Homepage einer gesetzlichen Ermächtigung (vgl. Korinek, JRP 2000, 129 ff [133]). Es ist anerkannt, dass dieser Begriff daher teleologisch zu reduzieren ist (vgl. Berka in FS‑Öhlinger, 584 ff [589]), da ein derart realitätsfremdes Ergebnis (wie das von Korinek geschilderte Beispiel) dem Verfassungsgesetzgeber nicht zugesonnen werden kann (vgl. Holoubek/Damjanovic/Fuchs/Kalteis in Holoubek/Potacs, Öffentliches Wirtschaftsrecht I³, 1127 ff [1158]).
Bereits Twaroch/Buchner (Rundfunkrecht in Österreich5 [2000], 34 f, Anm. 2.1 zum BVG‑Rundfunk), führten aus, die Definition des Art. I Abs. 1 BVG‑Rundfunk umfasse auch elektronische Darbietungen über das Internet. Die Einbeziehung derartiger Angebote unter den Rundfunkbegriff sei aber vom historischen Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigt gewesen, was man daran ersehen könne, dass Vorläufer des Internet, wie Telefon‑Tonbanddienste, die auch begrifflich als "Rundfunk" gelten könnten, nicht darunter subsumiert worden seien. Internet‑Angebote seien daher nicht als Rundfunk anzusehen, wohl aber Darbietungen über terrestrische Sender, Satelliten und Kabelanlagen.
Diese Ansicht stimmt auch mit der bereits zitierten Stellungnahme einer Abgeordneten zum Nationalrat im Zuge der Beratungen zum RGG überein ("[...] zumal auch niemand auf die Idee kommt, für Computer eine Gebühr einzuheben"). Es handelt sich hiebei zwar um eine vom Hauptbericht (des Verfassungsausschusses) abweichende Stellungnahme (§ 42 Abs. 5 GOG‑NR). Die Abweichung bezog sich aber erkennbar darauf, dass die Abgeordnete eine Gebührenpflicht für Rundfunkgeräte ‑ entgegen dem Ausschussbericht ‑ generell ablehnte. Dass hingegen der Verfassungsausschuss (mehrheitlich) ‑ entgegen der abweichenden Stellungnahme ‑ zum Ergebnis gelangt wäre, dass auch für Computer eine Gebühr einzuheben sei, ist nicht ersichtlich.
Mit BGBl. I Nr. 50/2010 wurden u.a. das ORF‑Gesetz, das Privatfernsehgesetz (dessen Titel wurde mit diesem Gesetz geändert auf Bundesgesetz über audiovisuelle Mediendienste ‑ AMD‑G) und das Privatradiogesetz geändert.
§ 2 Z 16 des AMD‑G (idF BGBl. I Nr. 50/2010) lautet:
"16. Fernsehprogramm: ein audiovisuelles Rundfunkprogramm im Sinne des Artikels I Abs. 1 des Bundesverfassungsgesetzes über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks, BGBl. Nr. 396/1974, oder ein anderer über elektronische Kommunikationsnetze verbreiteter audiovisueller Mediendienst, der von einem Mediendiensteanbieter für den zeitgleichen Empfang von Sendungen auf der Grundlage eines Sendeplans bereitgestellt wird;"
§ 1 Abs. 1 Privatradiogesetz (idF BGBl. I Nr. 50/2010) lautet:
"(1) Dieses Bundesgesetz regelt die Veranstaltung von Hörfunkprogrammen auf drahtlosem terrestrischem Weg (terrestrischer Hörfunk), in Kabelnetzen (Kabelhörfunk) und über Satellit (Satellitenhörfunk)."
In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu BGBl. I Nr. 50/2010 (611 BlgNR 24. GP , 1 ff) wurde u.a. ausgeführt:
"Inhalt /Problemlösung:
Änderung des PrTV‑G (AMD‑G), des ORF‑G und des FERG im Hinblick auf die Umsetzung der Bestimmungen der Mediendiensterichtlinie. Insbesondere Erweiterung des Anwendungsbereiches auf Nicht‑Rundfunkdienste (lineare Dienste und Abrufdienste), [...]
Zu Art. 5 (Änderung des ORF‑Gesetzes) [...]
Die Richtlinie differenziert zwischen Fernsehprogrammen (einschließlich Webcasting bzw. Streaming) und Abrufdiensten. Abrufdienste unterscheiden sich von den Fernsehprogrammen dadurch, dass der Nutzer individuell über den Zeitpunkt des 'Konsums' entscheiden kann, indem er aus einem vom ORF zusammengestellten Sendungskatalog auswählt. [...]
Zu Art. 5 Z 8 (§ 3 Abs. 4a):
Es wird im Sinne der Plattformneutralität klargestellt, dass der ORF berechtigt ist, seine öffentlichrechtlichen Hörfunk- und Fernsehprogramme online zu 'streamen', sofern dies technisch möglich und wirtschaftlich zu rechtfertigen ist. [...]
Zu Art. 6 (Änderung des Privatfernsehgesetzes)
[...]
Das AMD‑G erfasst daher (wie bisher das PrTV‑G) in Z 1 alle Rundfunk‑Fernsehdienste (Terrestrik, Kabel, Satellit) sowie neu hinzutretend auch andere lineare Mediendienste über elektronische Kommunikationsnetze (§ 3 Z 11 TKG 2003) wie etwa Web‑TV oder Live‑Streaming in Mobilfunknetzen. Neu hinzu treten (Z 2) die sogenannten Abrufdienste wie etwa Video‑on‑Demand‑Portale. [...]
Von Bedeutung ist weiters das Ausdehnen des Anwendungsbereiches des AMD‑G über den Bedeutungsgehalt des BVG‑Rundfunk hinaus durch die Bezugnahme auf eine 'allgemeine Öffentlichkeit': Während der fehlende rundfunktypische 'Multicasting'‑Effekt bei Internet‑TV oder sonstigen Streaming‑Angeboten bislang einer Einordnung dieser Dienste unter den Fernsehbegriff entgegen stand, sollen nun im Sinne der Richtlinie auch sonstige Massenverbreitungsphänomene außerhalb des Rundfunkbegriffs erfasst werden. Hinsichtlich des Begriffs der 'allgemeinen Öffentlichkeit' wird Anleihe an der Rechtsprechung zum Medienbegriff des § 1 Abs. 1 lit. a MedienG zu nehmen sein. Zum Sendungsbegriff vgl. die Erläuterungen zu Z 30). Die Bezugnahme auf elektronische Kommunikationsnetze umfasst grundsätzlich jede bestehende und zukünftige Verbreitungstechnologie: Neben den 'Rundfunktechnologien' Terrestrik, Satellit und Kabel in unterschiedlichen Standards und Formaten ist auch das Internet ebenso erfasst wie sonstige IP‑basierende Übertragungstechniken. [...]
Unter Fernsehprogramme (Z 16) fallen weiterhin alle bekannten Erscheinungsformen der Fernsehdarbietungen im Sinne des Art. 1 Abs. 1 BVG‑Rundfunk. Hinzu treten ‑ im Sinne der Vorgaben der Mediendiensterichtlinie ‑ auch andere lineare Dienste, die über elektronische Kommunikationsdienste verbreitet werden, jedoch mangels 'point‑to‑multipoint'‑Verbreitung bislang nicht in den Anwendungsbereich des PrTV‑G fielen. Es sind dies insbesondere das Live‑Streaming von Fernsehprogrammen über das Internet (Web‑TV) oder sonstige IP‑basierende Übertragungstechniken. Entscheidendes Abgrenzungsmerkmal des Fernsehprogramms im Unterschied zu den Abrufdiensten ist die fehlende Einflussmöglichkeit des Nutzers auf den Dienst: Er kann zwar wählen, ob und wenn ja, welches Fernsehprogramm er konsumieren möchte, der konkrete Inhalt sowie der Beginn und das Ende der Verbreitung richten sich aber nach dem Sendeplan des Mediendiensteanbieters. Weiters ist die bekannte und rundfunktypische zeitgleiche Verbreitung des Dienstes an eine allgemeine Öffentlichkeit erforderlich. [...]
Zu Art. 7 (Änderung des Privatradiogesetzes)
Zu Art. 7 Z 1,2 und 3 (§ 1):
Die Änderung in Abs. 1 trägt der Übertragung der bislang im PrTV‑G geregelten Kabelhörfunkveranstaltung und der Satellitenhörfunkveranstaltung in das PrR‑G Rechnung. Da auch die Schaffung der rechtlichen Grundlagen für digitalen terrestrischen Hörfunk vorgenommen wird entfällt die Beschränkung auf analoge Übertragungstechniken. Nicht erfasst sind Dienste außerhalb des Anwendungsbereiches des BVG‑Rundfunk, wie etwa Web‑Radio oder sonstige Point‑to‑Point‑Dienste."
Der Verwaltungsgerichtshof schließt sich der Ansicht von Twaroch/Buchner (aaO) an, wonach der historische Gesetzgeber mit Art. I Abs. 1 BVG‑Rundfunk elektronische Darbietungen über das Internet nicht erfassen wollte (siehe zur teleologischen Reduktion von Art. I Abs. 1 BVG‑Rundfunk auch Berka, aaO; Holoubek/Damjanovic/Fuchs/Kalteis, aaO). In diesem Sinne sind auch die ErlRV zum Gesetz BGBl. I Nr. 50/2010 zu verstehen.
Die mit BGBl. I Nr. 50/2010 umgesetzte Richtlinie 2007/65/EG vom 11. Dezember 2007, definierte als "Fernsehprogramm" "einen audiovisuellen Mediendienst, der von einem Mediendiensteanbieter für den zeitgleichen Empfang von Sendungen auf der Grundlage eines Sendeplans bereitgestellt wird" (ein "linearer audiovisueller Mediendienst"; Artikel 1 lit. e der Richtlinie) und stellte diesem Begriff jenen des "audiovisuelle[n] Mediendienst[es] auf Abruf" (Artikel 1 lit. g der Richtlinie) gegenüber (Mediendienst, "der von einem Mediendiensteanbieter für den Empfang zu dem vom Nutzer gewählten Zeitpunkt und auf dessen individuellen Abruf hin aus einem vom Mediendiensteanbieter festgelegten Programmkatalog bereitgestellt wird"; "nicht‑linearer audiovisueller Mediendienst").
Bei Erlassung des Gesetzes BGBl. I Nr. 50/2010 ging der nationale Gesetzgeber ‑ wie aus den zitierten Erläuterungen hervorgeht ‑ davon aus, dass der Begriff "Fernsehprogramme" (laut Richtlinie) über den Begriff "Rundfunk" iSd BVG‑Rundfunk hinausgehe. Dem entsprechend erfolgte die Definition in § 2 Z 16 AMD‑G, wonach ein Fernsehprogramm nicht nur audiovisuelle Rundfunkprogramme iSd BVG‑Rundfunk, sondern auch andere über elektronische Kommunikationsnetze verbreitete audiovisuelle Mediendienste umfasse, die für den zeitgleichen Empfang bereitgestellt würden. Diese (zusätzliche) Regelung wäre überflüssig, würde man annehmen, dass auch über elektronische Kommunikationsnetze verbreitete audiovisuelle Mediendienste (mit zeitgleichem Empfang) dem Begriff des Rundfunks iSd BVG‑Rundfunk entsprechen würden. Es ist aber im Allgemeinen nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber Überflüssiges regelt.
"Live‑Streaming" fällt daher zwar unter den Begriff "Fernsehprogramm" iSd Richtlinie 2007/65/EG (so auch ausdrücklich Erwägungsgrund 20 der genannten Richtlinie; vgl. nunmehr Erwägungsgrund 27 der Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste) und ebenso unter den Begriff "Fernsehprogramm" iSd § 1a Z 2 ORF‑Gesetz, erfüllt aber nicht den Begriff des "Rundfunks" iSd BVG‑Rundfunk.
Rundfunkempfangseinrichtungen iSd RGG sind somit lediglich jene Geräte, die "Rundfunktechnologien" verwenden (drahtloser terrestrischer Weg, Kabelnetze, Satellit). Einem solchen Verständnis entspricht nunmehr auch der Wortlaut des § 1 Abs. 1 Privatradiogesetz.
Ein Computer, über den mittels dieser Rundfunktechnologien Rundfunkprogramme empfangen werden können (etwa mittels TV‑ oder Radiokarte, DVB‑T‑Modul), ist demnach als Rundfunkempfangsgerät zu beurteilen. Ein Computer lediglich mit einem Internetanschluss ‑ ohne Rundfunktechnologie ‑ ist hingegen kein Rundfunkempfangsgerät (vgl. Holoubek/Kassai/Traimer, Grundzüge des Rechts der Massenmedien5, 121; ähnlich Kogler/Traimer/Truppe, Österreichische Rundfunkgesetze³, 894 f).
Darauf, ob (auch noch im Zeitpunkt der Erlassung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Erkenntnisses) technische Beschränkungen betreffend "Live‑Streaming" bestanden, was in der Revision bestritten wird, kommt es nicht an, da auch das Wegfallen derartiger Beschränkungen nichts daran ändern würde, dass es sich um keinen Empfang unter Verwendung von Rundfunktechnologien handelt. Ebenso kommt es nicht darauf an, ob das Notebook nicht dauerhaft am Standort betrieben wurde. Das Verwaltungsgericht hätte sohin auch bei Einhaltung der als verletzt gerügten Verfahrensvorschriften nicht zu einem anderen Erkenntnis kommen können.
Das Bundesverwaltungsgericht hat schließlich auch ‑ entgegen den Revisionsausführungen ‑ nicht eine Zuständigkeit wahrgenommen, die ihm nicht zukommt. Wenn auch in der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses abschließend angeführt wird, der angefochtene Bescheid sei ersatzlos zu beheben gewesen, so bezieht sich dies nach dem völlig klaren und keiner Auslegung durch die Begründung bedürfenden Spruch des Erkenntnisses lediglich auf die Rundfunkgebühren, das ORF‑Programmentgelt sowie den Kunstförderungsbeitrag. Nicht umfasst von der Behebung ist ‑ wie ebenfalls aus der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses hervorgeht, wenn dort ausgeführt wird, dem Bundesverwaltungsgericht komme keine Zuständigkeit zur Entscheidung betreffend das Wiener Kulturförderungsbeitragsgesetz zu ‑ die Entscheidung der Revisionswerberin betreffend diese Landesabgabe. Insoweit wird das Landesverwaltungsgericht Wien über die Beschwerde des Mitbeteiligten zu entscheiden haben.
Da der Mitbeteiligte lediglich über mehrere Computer mit Internetanschluss, aber über keine TV‑Karte oder Radio‑Karte (oder DVB‑T‑Module) verfügte, liegt kein Rundfunkempfangsgerät vor; der Mitbeteiligte ist kein Rundfunkteilnehmer.
Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der von der revisionswerbenden Partei beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet in §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH‑AufwErsV. Gemäß § 47 Abs. 3 VwGG haben Mitbeteiligte einen Anspruch auf Aufwandersatz im ‑ hier vorliegenden ‑ Fall der Abweisung der Revision. Zu leisten ist der Aufwandersatz bei Abweisung der Revision an sich vom Revisionswerber. Da Revisionswerber im hier vorliegenden Fall aber die belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht ist, ist der Aufwandersatz im Sinne des § 47 Abs. 5 VwGG von dem Rechtsträger zu tragen, in dessen Namen die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verwaltungsverfahren gehandelt hat. Dabei handelt es sich ‑ schon im Hinblick auf die Weisungsbefugnis des Bundesministers für Finanzen (§ 5 Abs. 6 RGG) ‑ um den Bund (anderes würde gelten, wäre die Eintreibung des Wiener Kulturförderungsbeitrages Gegenstand des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof; in diesem Fall wäre im Hinblick auf die Weisungsbefugnis der Wiener Landesregierung nach § 8 Abs. 1a Wiener Kulturförderungsbeitragsgesetz 2000 das Land Wien der betroffene Rechtsträger).
Wien, am 30. Juni 2015
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