European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020050160.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 19. Juni 2019 wurde die Revisionswerberin der Übertretung des § 37 Abs. 1 Z 7 iVm § 34 Abs. 2 NÖ Bauordung 2014 schuldig erkannt, da sie es zu verantworten habe, dass einem näher bezeichneten, an sie als Grundstückseigentümerin ergangenen baupolizeilichen Auftrag der zuständigen Baubehörde (Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde H vom 4. Dezember 2015, mit welchem der Revisionswerberin aufgetragen worden war, den Dachbodenaufstieg vom Vorraum in den Dachboden mit einer brandhemmenden Platte auszuführen bzw. einen Abschluss zum Dachboden hin in brandhemmender Ausführung herzustellen) im angelasteten Tatzeitraum nicht Folge geleistet worden sei. Gemäß § 37 Abs. 1 Z 7 NÖ Bauordnung 2014 wurde über die Revisionswerberin eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.000,‑ ‑ samt Ersatzfreiheitsstrafe verhängt und sie gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens verpflichtet.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (in der Folge: LVwG) die dagegen von der Revisionswerberin erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab (1.), verpflichtete die Revisionswerberin gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG zur Zahlung eines Beitrages zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens (2.) und sprach aus, aus dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei (3.).
3 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
7 Gemäß seiner ständigen Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Darin ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte. Dieser ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 2.5.2019, Ra 2018/05/0262, mwN).
8 In der Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit im Wesentlichen vorgetragen, die Revisionswerberin sei ein „Nicht‑Fachmann“, die subjektive Vorwerfbarkeit gemäß § 5 VStG für die angelastete Verwaltungsübertretung liege daher nicht vor. Dass „die Art und Weise der brandhemmenden Ausführung bzw. mit welchen bautechnischen Mitteln die Anforderung herzustellen“ sei, für einen Nicht-Fachmann nicht erkennbar sei, habe der der mündlichen Verhandlung vor dem LVwG beigezogene Amtssachverständige bestätigt. Diesbezüglich liege ein wesentlicher Verfahrensmangel vor. Weiters erfülle das angefochtene Erkenntnis nicht das Bestimmtheitsgebot gemäß § 44a Z 1 VStG und weiche es von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Außerdem habe das LVwG das angefochtene Erkenntnis entgegen § 47 Abs. 4 letzter Satz VwGVG nicht verkündet und sei auch diesbezüglich von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. Schließlich habe entgegen einem diesbezüglichen Beweisantrag keine unmittelbare Beweisaufnahme durch den Amtssachverständigen an Ort und Stelle stattgefunden.
9 Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage dargelegt, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
10 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss der Spruch eines Bescheides, mit dem eine Verpflichtung auferlegt wird, so bestimmt gefasst sein, dass einerseits dem Bescheidadressaten die überprüfbare Möglichkeit gegeben wird, dem Leistungsumfang zu entsprechen, und andererseits ohne weiteres Ermittlungsverfahren und neuerliche Entscheidung eine Vollstreckungsverfügung im Rahmen einer allfälligen Ersatzvornahme ergehen kann (vgl. etwa VwGH 29.9.2016, 2013/07/0296, mwN). Ein behördlicher Auftrag ist bereits dann ausreichend konkretisiert, wenn einem Fachmann erkennbar ist, welche Maßnahmen durchzuführen sind. Einer ausdrücklichen Anführung von mit der fachgerechten Durchführung notwendigerweise verbundenen einzelnen Arbeiten bedarf es nicht (vgl. für viele etwa VwGH 6.9.2011, 2009/05/0348, 15.6.2011, 2011/05/0075 oder auch 28.9.2010, 2009/05/0265, jeweils mwN).
11 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Revisionswerberin eine Übertretung des § 37 Abs. 1 Z 7 iVm § 34 Abs. 2 NÖ Bauordnung 2014 angelastet, da sie dem baupolizeilichen Auftrag des Bürgermeisters der Stadtgemeinde H vom 4. Dezember 2015, mit welchem ihr aufgetragen worden war, auf der näher bezeichneten, in ihrem Eigentum befindlichen Liegenschaft den Dachbodenaufstieg vom Vorraum in den Dachboden mit einer brandhemmenden Platte auszuführen, bzw. einen Abschluss zum Dachboden hin in brandhemmender Ausführung herzustellen, innerhalb des angelasteten Tatzeitraumes nicht nachgekommen sei.
12 Bei einer Verwaltungsübertretung nach § 37 Abs. 1 Z 7 iVm § 34 Abs. 2 NÖ Bauordnung 2014 handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG. Der Täter kann zufolge dieser Bestimmung nur dann straflos bleiben, wenn er glaubhaft macht, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist, bzw. wenn er aufzuzeigen vermag, dass er während des ihm angelasteten Tatzeitraumes alles in seinen Kräften Stehende (Ausschöpfung der tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten) unternommen hat, um dem baupolizeilichen Auftrag zu entsprechen (vgl. in diesem Sinne zu § 23 Abs. 1 Z 24 iVm § 16 Abs. 3 Salzburger Baupolizeigesetz VwGH 30.1.2020, Ra 2019/06/0013, mwN).
13 Die Revision stellt in ihren Zulässigkeitsgründen nicht dar, dass die Revisionswerberin als Adressatin des baupolizeilichen Auftrages vom 4. Dezember 2015 innerhalb des angelasteten Tatzeitraumes alles in ihren Kräften Stehende unternommen habe, um diesem nachzukommen. Insbesondere wird auch nicht vorgebracht, die Revisionswerberin habe sich mit einem Fachmann darüber ins Einvernehmen gesetzt, auf welche Art und Weise bzw. mit welchen bautechnischen Mitteln der aufgetragene brandhemmende Abschluss zum Dachboden herzustellen sei. Das Zulässigkeitsvorbringen der Revisionswerberin zu ihrem behaupteten mangelnden Verschulden geht daher ins Leere; die Tatsache, dass laut Zulässigkeitsvorbringen nach dem angelasteten Tatzeitraum in der Angelegenheit ein weiterer baupolizeilicher Auftrag der Baubehörde (vom 18. Dezember 2019) ergangen ist, ändert daran nichts. Auch darauf, ob es sich bei der Revisionswerberin selbst um einen „Nicht-Fachmann“ handelt, kommt es für die Verschuldensfrage gegenständlich nicht an.
14 Soweit die Revision in ihren Zulässigkeitsgründen weiters rügt, das angefochtene Erkenntnis stehe im Widerspruch zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 1 VStG, legt sie nicht dar, dass die Tatumschreibung nicht so präzise gewesen wäre, dass die Revisionswerberin ihre Verteidigungsrechte nicht hätte wahren können oder sie der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt wäre (vgl. etwa VwGH 5.4.2019, Ra 2018/17/0075, 0076, mwN). Im Übrigen wird nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes den an die gesetzmäßige Ausführung der Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gestellten Anforderungen nicht entsprochen, wenn die revisionswerbende Partei bloß allgemein behauptet, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, ohne konkret bezogen auf den Sachverhalt unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes darzutun, von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Verwaltungsgericht ihrer Ansicht nach in welchen Punkten abgewichen sein soll (vgl. für viele etwa VwGH 2.5.2019, Ra 2019/05/0059, mwN).
15 Wenn in der Zulässigkeitsbegründung der Revision darüber hinaus vorgebracht wird, es sei entgegen § 47 Abs. 4 VStG eine mündliche Verkündung des Erkenntnisses nicht erfolgt, genügt es, darauf hinzuweisen, dass nach dem Verhandlungsprotokoll zur mündlichen Verhandlung vor dem LVwG am 12. Juni 2020 der Rechtsvertreter der Revisionswerberin (diese selbst war bei der mündlichen Verhandlung nicht anwesend) auf die Verkündung des Erkenntnisses verzichtet hat. Hat die Partei aber, sei es auch durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter, in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich auf die Verkündung des Erkenntnisses verzichtet, so kann sie durch die Unterlassung der mündlichen Verkündung in ihren Rechten nicht verletzt sein (vgl. etwa VwGH 26.02.2019, Ra 2018/03/0134, mwN).
16 Soweit die Revisionswerberin zur Zulässigkeit der Revision schließlich vorbringt, es habe entgegen einem diesbezüglichen Beweisantrag keine unmittelbare Beweisaufnahme durch den Amtssachverständigen an Ort und Stelle stattgefunden, ist dazu auszuführen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Beweisanträgen grundsätzlich zu entsprechen ist, wenn die Aufnahme des darin begehrten Beweises im Interesse der Wahrheitsfindung notwendig erscheint; dementsprechend dürfen Beweisanträge nur dann abgelehnt werden, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt werden, es auf sie nicht ankommt oder das Beweismittel an sich ungeeignet ist, über den Gegenstand der Beweisaufnahme einen Beweis zu liefern und damit zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts beizutragen (vgl. etwa VwGH 29.4.2015, Ra 2015/06/0032, mwN). Ob eine Beweisaufnahme in diesem Sinn notwendig ist, unterliegt aber der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. etwa VwGH 25.5.2016, Ra 2015/06/0116, mwN). Eine derart krasse Fehlbeurteilung zeigt die Revision im Hinblick auf den in der Zulässigkeitsbegründung angesprochenen Beweisantrag der Durchführung eines Ortsaugenscheines weder auf, noch ist eine solche ‑ insbesondere im Hinblick darauf, dass der angelastete Tatzeitraum bereits mit Oktober 2018 endet und nach der unbestritten gebliebenen Feststellung des LVwG im angefochtenen Erkenntnis zwischenzeitlich augenscheinlich eine bauliche Veränderung durch Einbau einer Einschubtreppe hergestellt wurde ‑ zu sehen.
17 In der Revision werden damit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 31. August 2020
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