VwGH Ra 2019/20/0110

VwGHRa 2019/20/011015.4.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Rechtssache der Revision des F N T in E, vertreten durch Mag. Nadja Lorenz, Rechtsanwältin in 1070 Wien, Burggasse 116, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Dezember 2018, Zl. I403 2195018-1/14E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §45 Abs2
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019200110.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Kameruns, reiste am 21. Juli 2017 legal in das Bundesgebiet ein. Am 22. August 2017 stellte er in Belgien einen Antrag auf internationalen Schutz. Der Revisionswerber wurde am 19. Jänner 2018 nach der Dublin III-VO nach Österreich überstellt. Am 22. Jänner 2018 stellte er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).

2 Als Fluchtgrund brachte der Revisionswerber zusammengefasst vor, er gehöre der englischsprachigen Minderheit in Kamerun an und sei Englischlehrer gewesen. Er sei ein Mitglied der SCNC ("Southern Cameroons National Council") gewesen, die sich für die Unabhängigkeit der anglophonen von den französischen Teilen Kameruns einsetze. Der Revisionswerber sei zudem Mitbegründer eines Vereins SCACUF gewesen, der ebenfalls für einen unabhängigen Staat Südkamerun gekämpft habe. Dieser Verein habe auch einen eigenen TV-Sender SCBC betrieben, der seinen Sitz in Südafrika gehabt habe. Damit dieser TV-Sender in Kamerun empfangen werden habe können, habe der Revisionswerber mehrere Satellitenanlagen gekauft. Als das Militär davon erfahren habe, seien diese zum Haus des Revisionswerbers gekommen und hätten ihn und die anwesenden Techniker geschlagen, festgenommen und abtransportiert. Dem Revisionswerber sei in weiterer Folge aber die Flucht gelungen. Während der Suche nach dem Revisionswerber habe das Militär seinen Bruder umgebracht. Im Falle seiner Rückkehr müsse er mit seiner Festnahme und der Todesstrafe rechnen. Darüber hinaus befürchte der Revisionswerber, von den Familien der damals mit ihm inhaftierten Techniker verfolgt zu werden, weil diese glauben würden, dass der Revisionswerber sie festnehmen habe lassen, um selbst freizukommen.

3 Mit Bescheid vom 11. April 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass die Abschiebung nach Kamerun zulässig sei und legte die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 21. Dezember 2018 wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Beschwerde nach Durchführung einer Verhandlung ab und sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei. Begründend führte das BVwG im Wesentlichen aus, der Revisionswerber habe sein Fluchtvorbringen nicht glaubhaft machen können. Es sei ihm auch nicht gelungen, Umstände darzulegen, dass ihm im Fall einer Rückkehr ein reales Risiko einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung drohe.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit zusammengefasst vor, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes ab, weil die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen über das vorgebrachte Treffen des Revisionswerbers mit dem "selbsternannten Präsidenten Ambazonias" und einer daraus resultierenden Verfolgungsgefahr unschlüssig seien. Die vom BVwG ins Treffen geführten Unstimmigkeiten und Widersprüche der Aussage des Revisionswerbers betreffend den Sitz der SCNC würden vor dem Hintergrund der einschlägigen Berichtslage nicht vorliegen. Ebenso bestünden die dem Revisionswerber vorgeworfene Steigerung und Unstimmigkeit seines Vorbringens zu seiner Funktion innerhalb der SCNC bzw. Tätigkeiten für diese Organisation nicht.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. VwGH 31.1.2019, Ra 2019/20/0028, mwN).

9 Eine solche Unvertretbarkeit der Beweiswürdigung vermag der Revisionswerber nicht aufzuzeigen. Das BVwG hat sich nach Durchführung einer Verhandlung mit dem Fluchtvorbringen des Revisionswerbers ausführlich auseinandergesetzt und ist in einer nicht unvertretbaren Beweiswürdigung zum Ergebnis gekommen, der Revisionswerber habe keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft machen können. Auch wenn die Revision einzelne Begründungselemente der umfassenden Beweiswürdigung herausnimmt und - zum Teil unter Hinweis auf das Vorliegen behaupteter Ermittlungsmängel - zu relativieren versucht, gelingt es ihr nicht, die Erwägungen des BVwG insgesamt derart zu erschüttern, dass diese auf vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Bedenken stoßen würde.

10 In den Zulassungsausführungen der Revision wird zu Recht darauf hingewiesen, dass dem BVwG bei der Annahme der Behauptung einer gemeinsamen Verhaftung des Revisionswerbers mit dem Generalsekretär der SCNC im Jahr 2013 eine Aktenwidrigkeit unterlaufen ist. Allerdings hat sich das BVwG nicht entscheidungsrelevant darauf gestützt. Im Übrigen begründete das BVwG entgegen den Revisionsausführungen die mangelnde Glaubwürdigkeit des Vorbringens zu einer Verhaftung im Jahr 2013 auch nicht ausschließlich damit (vgl. Ausführungen Erkenntnis S. 38).

11 Insoweit der Revisionswerber rügt, ihm sei kein Parteiengehör in Bezug auf die vom BVwG in der Beweiswürdigung zur Frage der Echtheit des vorgelegten SCNC-Mitgliedsausweises herangezogenen ACCORD-Anfragebeantwortung vom 16. März 2004 zum Aussehen derartiger Mitgliedsausweise eingeräumt worden, ist ihm zu entgegnen, dass sich das Recht auf Parteiengehör nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf den von der Behörde festzustellenden maßgebenden Sachverhalt bezieht. Die Beweiswürdigung im Sinn des § 45 Abs. 2 AVG, also die Frage aus welchen Gründen die Behörde welchen Beweismitteln zu folgen gedenkt, zählt aber nicht zu den Ergebnissen des Beweisverfahrens (vgl. VwGH 23.2.2017, Ra 2016/20/0089, mwN).

12 Soweit in der Revision vorgebracht wird, das BVwG hätte noch weitere Ermittlungsschritte zur Beurteilung der Echtheit des vorgelegten Mitgliedsausweises setzen müssen, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits klargestellt, dass die Frage, ob auf Basis eines Ermittlungsverfahrens ein "ausreichend ermittelter Sachverhalt" vorliegt oder ob weitere amtswegige Erhebungen erforderlich sind, regelmäßig keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist, sondern eine jeweils einzelfallbezogen vorzunehmende Beurteilung darstellt (vgl. VwGH 14.3.2019, Ra 2019/01/0071). Einen derart krassen Fehler in der durch das BVwG vorgenommenen Beurteilung zeigt das Zulässigkeitsvorbringen nicht auf.

13 Soweit die Revision die unterbliebene Anfrage an den Sender SCBC zur Tätigkeit des Revisionswerbers als Informant rügt, macht sie Verfahrensmängel geltend. Werden Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 20.11.2018, Ra 2018/20/0528, mwN). Der Revisionswerber hat daher die Relevanz der Mängel durch ein konkretes tatsächliches Vorbringen aufzuzeigen (vgl. VwGH 31.1.2019, Ra 2018/22/0301, mwN). Fallbezogen erfüllt die Zulässigkeitsbegründung diesen Anforderungen nicht. Darüber hinaus ist auf die sehr eingeschränkte Zulässigkeit von Ermittlungen im Ausland hinzuweisen (vgl. VwGH 18.1.2017, Ra 2016/18/0197, mwN).

14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 15. April 2019

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