BVwG I403 2195018-1

BVwGI403 2195018-121.12.2018

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1 Z2
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:I403.2195018.1.00

 

Spruch:

I403 2195018-1/14E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX StA. Kamerun, vertreten durch die Caritas Burgenland, St. Rochus-Str. 15, 7000 Eisenstadt, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.04.2018, Zl. 1170638404-180074173, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

 

A)

 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Kameruns, reiste am 21.07.2017 legal mit einem Reisepass sowie einem österreichischen Visum in das Bundesgebiet ein.

 

Am 22.08.2017 stellte er einen Antrag auf internationalen Schutz in Belgien, wurde jedoch nach durchgeführten Konsultationen aufgrund der Dublin III-Verordnung am 19.01.2018 nach Österreich überstellt.

 

Am 22.01.2018 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich und wurde am selben Tag von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Hinsichtlich seiner Fluchtgründe gab er an, in seinem Herkunftsstaat Kamerun als Englisch-Lehrer gearbeitet zu haben. Am 21.11.2016 hätte er an einer Demonstration von Englisch-Lehrern teilgenommen, da die Regierung Französisch-Lehrer an die Schule des Beschwerdeführers beordert hätte, um die englische Sprache in Kamerun endgültig abzuschaffen. Im Zuge der Demonstration seien einige Lehrer festgenommen worden. Als am 08.12.2016 Studenten für die Freilassung der Lehrer demonstriert hätten, seien sechs von ihnen durch Regierungstruppen getötet worden. In weiterer Folge hätten sich englischsprachige Personen in Kamerun formiert und einen eigenen Staat mit dem Namen Südkamerun gefordert. Der Beschwerdeführer habe entsprechendes Bildmaterial im Internet sowie im Fernsehen veröffentlicht, dafür sogar 20 Satellitenanlagen gekauft und verteilt. Eines Nachts sei der Beschwerdeführer, gemeinsam mit anderen Aktivisten, durch Regierungstruppen festgenommen und geschlagen worden. Dem Beschwerdeführer sei jedoch die Flucht gelungen. Als ihn die Regierungstruppen an seiner Wohnadresse gesucht hätten, hätten sie den Bruder des Beschwerdeführers erschossen. Im Falle seiner Rückkehr befürchte der Beschwerdeführer seine Festnahme und die Todesstrafe.

 

In seiner niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA, belangte Behörde) am 06.03.2018 gab der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner Fluchtgründe an, dass es am 21.11.2016 zu einem Streik der Lehrervereinigung (CATTU) gekommen sei mit dem Ziel die Regierung aufzufordern, der englischsprechenden Bevölkerung zu ihrem Recht zu verhelfen. Am 08.12.2016 sei es zu einem neuerlichen Streik von Lehrern und Studenten gekommen, mit dem Ziel, die im Zuge des vorangegangenen Streiks vom 21.11.2016 inhaftierten Personen freizulassen. Im Zuge massiver Unruhen während des Streiks sei es zur Tötung von sechs Studenten gekommen. Der Beschwerdeführer habe in weiterer Folge, gemeinsam mit anderen, den Verein SCACUF (Southern Cameroon Ambazonia Consortium United Front) gegründet, um für einen unabhängigen Staat Südkamerun zu kämpfen. Die Regierung habe die Anhänger des Vereins als Separatisten und Terroristen angesehen und das Internet in Südkamerun gesperrt. Daraufhin habe der Verein einen eigenen TV Sender in Südafrika gegründet mit dem Namen SCBC (Southern Cameroon Broadcasting Corporation). Der Beschwerdeführer habe für den TV Sender als Informant berichtet, Menschenrechtsverletzungen in Südkamerun aufgezeigt und an den Sender übermittelt. Um den Sender auch der Bevölkerung in Kamerun zugänglich machen zu können, habe der Beschwerdeführer 20 Satellitenanlagen selbst gekauft, weitere 40 Satellitenanlagen seien durch Spenden finanziert worden. Am 25.05.2017 habe der Beschwerdeführer Techniker mit der Installation der Satellitenanlagen beauftragt. Als das Militär davon erfahren habe, seien sie am 31.05.2017 zum Haus des Beschwerdeführers in Pinyin gekommen, hätten den Beschwerdeführer und die Techniker geschlagen, festgenommen und abtransportiert. Dem Beschwerdeführer sei jedoch als einzigem die Flucht vom Transportwagen gelungen. Der Beschwerdeführer habe sich in weiterer Folge in einem Bauernhaus versteckt gehalten, während das Militär ihn an seiner Wohnadresse gesucht habe und hierbei seinen Bruder angeschossen hätte, welcher in weiterer Folge verstorben sei. Im Anschluss habe der Beschwerdeführer erfahren, dass der Minister in Kamerun einen Bescheid erlassen habe, dass man den Beschwerdeführer tot oder lebendig finden solle, sodass der Beschwerdeführer mit der Hilfe eines Freundes die Flucht ergriffen habe und via Flugzeug aus Kamerun nach Belgien ausgereist sei. Weiters würden nunmehr die Familien der vermutlich ermordeten Techniker die Familie des Beschwerdeführers in Kamerun bedrohen, da diese glauben würden, der Beschwerdeführer habe die Techniker festnehmen lassen, um selbst freizukommen.

 

Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA vom 11.04.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 i. V.m. § 2 Abs.1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kamerun abgewiesen (Spruchpunkt II.). Mit Spruchpunkt III. wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz erlassen (Spruchpunkt IV.), und es wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Kamerun zulässig sei (Spruchpunkt V.). Mit Spruchpunkt VI. wurde festgelegt, dass die Frist für eine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

 

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht am 08.05.2018 Beschwerde erhoben und eine Vollmacht für die Vertretung durch die Caritas Burgenland vorgelegt. Inhaltlich wurde moniert, das BFA habe den Sachverhalt äußerst mangelhaft ermittelt, darüber hinaus vorgelegte Beweismittel nicht berücksichtigt oder falsch ausgewertet. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgereicht möge

 

-den angefochtenen Bescheid - allenfalls nach Verfahrensergänzung - beheben und dem Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten zuerkennen

 

-eine mündliche Beschwerdeverhandlung anberaumen

 

-in eventu den angefochtenen Bescheid bezüglich des Spruchpunktes II. beheben und dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkennen

 

-den angefochtenen Bescheid bezüglich des Spruchpunktes III. aufheben bzw. dahingehend abändern, dass die Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig erklärt wird

 

-in eventu den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückverweisen.

 

Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 31.08.2018 vorgelegt.

 

Am 13.11.2018 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Innsbruck, eine mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers abgehalten.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

1.1. Zur Person und zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

 

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Kameruns. Seine Identität steht fest. Er ist volljährig, Angehöriger der Volksgruppe Ngemba und bekennt sich zum christlichen Glauben. Er stammt aus XXXX und lebte in XXXX.

 

Er hat insgesamt 14 Jahre die Schule und 3 Jahre ein College besucht. Vor seiner Ausreise aus Kamerun hat er als Englisch-Lehrer gearbeitet sowie als Grundbesitzer sein Geld verdient.

 

Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine familiären Anknüpfungspunkte. Seine gesamte Familie, insbesondere seine Mutter, seine Geschwister, seine Frau sowie seine drei minderjährigen Kinder, lebt in Kamerun.

 

Der Beschwerdeführer hat einen Alphabetisierungskurs und verschiedene Deutschkurse besucht und spricht Deutsch auf A2-Niveau. Er hat auch einige Bekanntschaften geschlossen. Ansonsten weist er in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, gesellschaftlicher sowie kultureller Hinsicht auf.

 

Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten und bestreitet seinen Lebensunterhalt über die Grundversorgung.

 

Der Beschwerdeführer ist erwerbsfähig und leidet an keiner lebensbedrohlichen oder dauerhaft behandlungsbedürftigen Gesundheitsbeeinträchtigung. Der Bluthochdruck, seine Zahnprobleme und seine psychischen Probleme können in Kamerun einer adäquaten Behandlung zugeführt werden, zudem beeinträchtigen diese nicht seine Erwerbsfähigkeit.

 

Der Beschwerdeführer verließ Kamerun am 21.07.2017; er reiste mit einem Schengen-Visum nach Österreich. Das Visum wurde ausgestellt für eine Teilnahme an einem Kongress des "XXXX", der vom 23.07. bis 26.07.2017 in XXXX stattfand. Der Beschwerdeführer reiste weiter nach Belgien, wo er am 22.08.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Er wurde am 19.01.2018 nach Österreich überstellt und stellte am 22.01.2018 im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aus Kamerun geflüchtet ist, da er aufgrund seines politischen Aktivismus für die Unabhängigkeit des anglophonen Landesteils Kameruns der Gefahr einer staatlichen Verfolgung ausgesetzt ist. Das entsprechende Vorbringen ist nicht glaubhaft. Sonstige Fluchtgründe wurden nicht vorgebracht.

 

1.2. Zur Situation in Kamerun:

 

Hinsichtlich der aktuellen Sicherheitslage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers werden anhand des aktuellen "Länderinformationsblattes der Staatendokumentation" (Stand 23.03.2017) zu Kamerun folgende Feststellungen getroffen:

 

Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

 

KI vom 5.6.2018: Kameruns Armee tötet im anglophonen Westen 22 Menschen und verhaftet anglophone Aktivisten zu langjährigen Haftstrafen

 

22 Menschen wurden am Freitag, den 25.5.2018, bei einem Zusammenstoß zwischen der Armee und einer Gruppe von "Kriminellen" im englischsprachigen Nordwesten Kameruns getötet, erfuhr die AFP am Samstag von einem Abgeordneten der Opposition (JA 26.5.2018). Im unruhigen englischsprachigen Teil von Kamerun hat die Armee mindestens 22 Menschen getötet. Die Zusammenstöße ereigneten sich im Dorf Menka im Westen des Landes, wie Nji Tumasang, ein Politiker der Oppositionspartei Sozialdemokratische Front (SDF), mitteilte. Die Armee bestätigte den Vorfall und bezeichnete die Getöteten als "Terroristen". Die Armee erklärte, sie habe in dem Ort "mehrere Terroristen neutralisiert" (DS 27.5.2018; vgl. DW 27.5.2018; JA 26.5.2018). Der Armee sei gemeldet worden, dass sich in Menka "eine Gruppe von Terroristen" aufhalte, erklärte ein Armeesprecher im Online-Netzwerk Facebook. Soldaten hätten daraufhin ein Hotel umstellt und sich einen "langen Schusswechsel" mit den Bewohnern geliefert. Bewohner bestätigten, dass es eine Schießerei gegeben habe und in den Hotelzimmern mehrere Leichen gefunden worden seien (DS 27.5.2018; vgl. DW 27.5.2018).

 

Die Sicherheitskräfte gehen in der Region seit Ende 2016 gegen Separatisten vor, die eine Abspaltung des englischsprachigen Westen Kameruns vom französischsprachigen Rest des Landes fordern. Die Separatisten setzen sich für die Unabhängigkeit zweier Regionen im Westen Kameruns ein, in denen der überwiegende Teil der englischsprachigen Bevölkerung lebt. Etwa ein Fünftel der Kameruner gehört der anglophonen Minderheit an, die übrigen Bewohner des zentralafrikanischen Landes bilden die französischsprachige Mehrheit. Die sprachliche Aufteilung des Landes ist eine Folge der Kolonialzeit. Die Unabhängigkeitsbewegung beklagt eine Diskriminierung der Anglophonen durch die Frankophonen. Sie erklärte im Oktober 2017 symbolisch die Unabhängigkeit der "Republik Ambazonia", nachdem Kameruns Präsident Paul Biya ihre Forderung nach mehr Autonomie zurückgewiesen hatte (DW 27.5.2018). Seit Ende 2017 hat sich die Sicherheitslage in den englischsprachigen Regionen des Nordwestens und Südwestens erheblich verschlechtert, da bewaffneten Separatistengruppen vermehrt Gewaltaktionen gegen Staatssymbole (Gendarmerieangriffe, Entführungen von Beamte, Auseinandersetzungen mit der Armee) unternahmen (JA 7.4.2018). In den englischsprachigen Regionen des Nordwestens und Südwestens kam es seit 2016 fast täglich zu Kämpfen zwischen den kamerunischen Sicherheitskräften und bewaffneten Männern, die die "Wiederherstellungskräfte" eines englischsprachigen Staates forderten (JA 7.4.2018; vgl. JA 26.5.2018). Nach Angaben der International Crisis Group (ICG) wurden seit Ende 2016 "mindestens 120" Zivilisten und "mindestens 43" Mitglieder der Sicherheitskräfte getötet (JA 7.4.2018; vgl. JA 26.5.2018). Yaoundé reagierte mit Gewalt und setzte einen starken Sicherheitsapparat ein. Die Armee wurde mehrfach des Missbrauchs durch Zeugenaussagen in der Presse und in sozialen Netzwerken beschuldigt (JA 7.4.2018).

 

Die tiefe Krise, die Yaoundé in seinen englischsprachigen Regionen durchlebt, könnte die Präsidentschaftswahlen Ende 2018 stören (7.4.2018).

 

Zudem verurteilte ein Militärgericht in Yaounde am 28.5.2018 sieben anglophone Aktivisten zu Haftstrafen zwischen zehn und 15 Jahren (BAMF 28.5.2018; vgl. BBC 26.5.2018) sowie zur Zahlung einer Geldstrafe in Höhe von je rund 41.000 Euro. Ein Angeklagter wurde freigesprochen. Der bekannteste der Angeklagten ist Mancho Bibixy, ein Radiomoderator aus der englischsprachigen Region Nordwest, der wegen Terrorismus, Feindseligkeit gegen das Heimatland, Sezession, Revolution und Aufstand zu 15 Jahren Haft verurteilt wurde. Er hatte am 21.11.2016 in Bamenda zu Demonstrationsteilnehmern gesprochen und dabei die Marginalisierung der englischsprachigen Minderheit in Kamerun kritisiert (BAMF 28.5.2018; vgl BBC 26.5.2018). Im Jänner 2017 waren er und die weiteren Angeklagten verhaftet worden (BAMF 28.5.2018).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

KI vom 2.5.2018: Anhalten der Proteste und Gewalt in den englischsprachigen Regionen Süd- und Nordwest Kamerun

 

Als Anfang Oktober 2017 der "Präsident" Sisiku Ayuk die Unabhängigkeit Ambasoniens ausrief, löste diese eine schwere Krise aus (DS 1.2.2018). Diese einseitige Proklamation der unabhängigen Republik "Ambazonie" markierte einen Wendepunkt und Zehntausende von Menschen flohen (JA 17.2.2018). Die Unabhängigkeitsbewegung beklagt die Diskriminierung der Anglophonen durch die französischsprachige Mehrheit. Präsident Paul Biya reagiert mit aller Härte und ordnet immer wieder Durchsuchungen und Reisebeschränkungen an (TS 4.4.2018). Die Armee reagierte mit dem Einsatz von Kampfhubschraubern und gepanzerten Fahrzeugen, um den zunehmenden, bewaffneten Aufstand niederzuschlagen (JA 17.2.2018). Mindestens 40 Militärangehörige und mehr als 500 Zivilisten wurden seit Ausbruch der sogenannten anglophonen Krise Ende 2016 im englischsprachigen Raum Kameruns getötet, so das Central African Human Rights Defenders Network (REDHAC). Darüber hinaus sind nach Angaben des UNHCR mehr als 7.000 Menschen in den Bundesstaat Cross River in Nigeria geflohen. Die nigerianische Emergency Management Agency (SEMA) nennt eine Zahl von 28.000 Menschen (AN 14.4.2018). Nach anderen Angaben sind in den vergangenen Monaten bereits 43.000 Menschen ins benachbarte Nigeria geflohen. Sie verweilen zumeist in den Grenzregionen, etwa in Danare oder Boki. Unten ihnen befinden sich auch politisch Aktive, die Guerilla-Attacken organisieren. Die große Mehrheit sucht aber einfach nur Schutz vor der kamerunischen Regierungsgewalt - Verhaftungen stehen dort an der Tagesordnung. Den Schutz, den sie suchen, finden sie in Nigeria nur bedingt. Wenn Nigeria "Separatisten" aufspürt, liefert das Land sie an Kamerun aus. Außerdem will Nigeria verhindern, Separatisten im eigenen Land zu inspirieren (DS 1.2.2018). Die Menschen in den Flüchtlingslagern sind kampfbereit und die Zahl der potenziellen Kämpfer wird auf rund 5.000 geschätzt (JA 17.2.2018).

 

Mit Beginn des Jahres stand Präsident Biya noch immer vor einer der größten Krisen des Landes. Diese Krise war nicht neu, das Ausmaß der Eskalation schon. Truppen der Armee spüren weiterhin geflohene separatistische Rebellen in Niger auf (DS 1.2.2018) und Nigerias Nationaler Sicherheitsberater bekräftigte, dass Nigeria bereit sei, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um nicht als Transitzone benutzt zu werden (JA 8.2.2018). Mitte Jänner 2018 äußerte sich Amnesty International besorgt über das Schicksal der in Nigeria inhaftierten Separatisten, die "mit Folter bedroht werden könnten und in ihr Heimatland einem unfairen Prozess ausgesetzt wären" (JA 31.1.2018). Der Anführer der anglophonen Separatistenbewegung, Sisiku Ayuk Tabe, wurde bereits am 5. Jänner 2018 zusammen mit 9 seiner Anhänger in einem Hotel in Abuja verhaftet (JA 8.2.2018; vgl. JA 31.1.2018).

 

Als Reaktion auf den Einsatz der kamerunischen Armee entwickelte sich die gesellschaftspolitische Krise in den Regionen des Nordwestens und Südwestens Kameruns allmählich zu einem bewaffneten Konflikt geringer Intensität, der durch isolierte Angriffe auf die Symbole des Staates (Gendarmerie, Entführungen von Beamten, Zusammenstöße mit der Armee), gekennzeichnet sind (JA 12.4.2018; vgl. AN 14.4.2018, JA 23.4.2018). Der Westen des Landes wurde in der Vergangenheit wirtschaftlich kaum bedacht, während etwa Biyas Heimatprovinz im Süden die meisten Infrastrukturgelder erhielt. Die Regionen der anglophonen Bevölkerung werfen der Regierung außerdem zunehmend eine "Französisierung" vor. Weil die Regierung auf diesen wachsenden Unmut zumeist mit Ignoranz reagierte, organisierten Anglophone immer öfter Demonstrationen, die zum Teil in Gewalt eskalierten (DS 1.2.2018).

 

Die Separatisten, die für die Unabhängigkeit des englischsprachigen Teils Kameruns kämpfen, forderten die Vertreter und Sicherheitskräfte Kameruns auf, ihr Territorium zu verlassen (JA 12.4.2018).

 

Der Anführer der Ambazonian Defence Forces (ADF) ist Lucas Cho Ayaba. Der ADF bildet zusammen mit drei weiteren Milizen - den Southern Cameroons Defence Forces (SOCADEF), den Southern Cameroons Defence Forces (SCDF) und der Ambazonia Restoration Army (ARA) - die Hauptkräfte, deren Gesamtzahl an Kombattanten auf über 300 geschätzt wird, so die International Crisis Group (ICG). Daneben gibt es etwa zehn gewalttätige Gruppen oder Selbstverteidigungsgruppen mit durchschnittlich zehn bis 30 Mitgliedern (JA 17.2.2018).

 

Laut eigenen Angaben verfolgen die Separatisten zwei Ziele bei der "Verteidigung" der Heimat: sie unregierbar zu machen und die Kosten der "Besatzung" (durch die kamerunische Armee) zu erhöhen (JA 17.2.2018).

 

In Kamerun wurde berichtet, dass Dörfer im englischsprachigen Nordwesten in Brand gesteckt wurden und Hunderte von Bewohnern wegen Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und separatistischen Rebellen geflohen seien. Das Militär behauptet, dass bewaffnete Separatisten mindestens acht Dörfer im Nordwesten Kameruns niedergebrannt haben; jedoch erklärten die Bewohner, dass das Feuer vom Militär gelegt wurde (VOA 20.4.2018).

 

Zudem kam es in der anglophonen Zone zu einem bewaffneten Angriff auf den Konvoi des Gouverneurs. Quellen berichteten von Schüssen und mehreren Verwundeten im Konvoi (JA 23.4.2018).

 

Es scheint wenig Hoffnung auf einen Dialog zu geben. Präsident Paul Biya meint, er werde keine Gespräche führen, die die nationale Einheit bedrohen (VOA 20.4.2018). Somit ist eine Entspannung der Situation noch nicht in Sicht. Kameruns Bevölkerung soll darüber hinaus dieses Jahr zu den Urnen, um ihren Langzeitpräsidenten Biya wieder zu wählen (DS 1.2.2018).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

KI vom 23.10.2017: Verhaftungen und Todesfälle bei Demonstrationen in den englischsprachigen Regionen Süd- und Nordwest Kamerun

 

Die Lage im Kamerun ist angespannt (DW 3.10.2017). Kameruns Anglophonen-Krise erreichte einen neuen Tiefstand (IRIN 4.10.2017), als laut Amnesty International, im Zuge der Proteste für die Unabhängigkeit der englischsprachigen Regionen Süd- und Nordwest Kamerun (BAMF 16.10.2017; vgl. DW 3.10.2017), Sicherheitskräfte zwischen 17 und 20 Menschen töteten (DS 2.10.2017; vgl. DW 3.10.2017, BAMF 16.10.2017). Ferner kam es vom 1.10. bis 8.10.2017 zu willkürlichen Verhaftungen in beiden Regionen. In Bamenda (Hauptstadt der Region Nordwest) wurden mindestens 200 Personen und in Buea (Hauptstadt der Region Südwest) mindestens 300 in überfüllte Haftanstalten gebracht (BAMF 16.10.2017; vgl. DM 16.10.2017). Die Regierung reagiert mit Repression, weil sich die englischsprachigen 20 Prozent der Kameruner zunehmend durch die französischsprachige Zentralregierung unterdrückt sehen und an eine Abspaltung vom Staat denken. Als sich mit Demonstrationen von 50.000 Menschen, eine neue Protestwelle abzeichnete, kam es zum Einsatz des Militärs (DS 2.10.2017).

 

Anführer der Proteste proklamierten symbolisch am Sonntag, 1.10.2017, die Unabhängigkeit des selbst ernannten Staates "Ambazonia" (DW 3.10.2017; vgl. DS 2.10.2017, JA 12.10.2017), bestehend aus den beiden anglophonen Provinzen des Landes an der Grenze zu Nigeria (DW 3.10.2017; vgl. DS 2.10.2017). Die Proteste wurden von den Sicherheitskräften gewaltsam unterdrückt: 10 Tote laut Regierung, 17 laut Amnesty International, 100 laut dem Zentralafrikanischen Netzwerk für Menschenrechtsverteidiger (JA 12.10.2017; vgl. DW 3.10.2017).

 

Bereits im Dezember 2016 kam es in Bamenda und in der Universitätsstadt Buea zu heftigen Ausschreitungen. Polizei und Armee griffen brutal ein. Staatlich gelenkten Medien informieren nicht objektiv, so dass Falsch- und Hassmeldungen große Wirkung entfalten können. Viele Kameruner bestätigen, dass sie verunsichert sind und gar nicht wissen, wer eigentlich hinter den einzelnen Protestaktionen steckt. Das führt auch dazu, dass viele Angestellte und Geschäftsleute in den anglophonen Regionen seit Wochen montags zu Hause bleiben. Per anonymen Anruf oder SMS wird montags "Ghosttown" ausgerufen - alle Geschäfte und Märkte bleiben zu. Man weiß nicht, ob die Anordnungen aus Überzeugung oder aus Angst befolgt werden (DF 6.5.2017).

 

Viele englischsprachige Kameruner protestieren seit fast einem Jahr gegen Benachteiligung, die sich nach ihrer Ansicht in sprachlicher Diskriminierung, mangelnder Repräsentation in staatlichen Instanzen sowie in einer zunehmenden Zentralisierung niederschlägt (DS 2.10.2017). Die Wurzel des Missstands liegt in der Wut über die Unterentwicklung der Region, ihrer fehlenden politischen Repräsentation und der wahrgenommenen Erosion eines anglophonen Kulturerbes (IRIN 4.10.2017). Gemäß einer Meldung der UN-Nachrichtenagentur IRIN vom Oktober 2017 hat sich die Aufruhr im Zuge der Forderung nach einer Rückkehr zu einem längst aufgelösten föderalistischen System insofern verstärkt, als nun auch zunehmenden Forderungen nach völliger Sezession geäußert werden (JA 2.10.2017; vgl. IRIN 4.10.2017). Diese Szenarien werden von Yaoundé kategorisch abgelehnt (JA 2.10.2017) und Demonstranten werden als "Terroristen" bezeichnet (DS 2.10.2017). Statt mit politischen Gesprächen auf die Beschwerden einzugehen, versucht Präsident Biya die Revolte mit Gewalt zu zerschlagen. Mit solchen Maßnahmen erzielt der Präsident das Gegenteil seiner Absicht: Nachdem die Westkameruner zunächst nur die Wiederherstellung der Föderation gefordert hätten, treten sie nun immer mehr für eine Abspaltung ein (DS 2.10.2017).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

Politische Lage

 

Kamerun ist eine Präsidialrepublik. Zwar kann die Staatsform als semipräsidentiell bezeichnet werden, d.h. es gibt neben dem Präsidenten als zweite Exekutivgewalt den Regierungschef (= Premierminister), dessen Regierung dem Parlament verantwortlich ist, aber die Verfassung sichert dem Staatspräsidenten - seit 1982 ist dies Paul Biya - eine überragende Stellung (GIZ 2.2017a; vgl. USDOS 3.3.2017). Legislative und Justiz haben nur geringe Kontrolle über die Exekutive (BS 2016).

 

Das Land wird seit 1966 von der Partei "Rassemblement Démocratique du Peuple Camerounais" (RDPC, bis 1985 "Union Nationale Camerounaise") regiert. Staatspräsident Paul Biya (82 Jahre) regiert seit 1982. Die nächsten Präsidentenwahlen finden turnusgemäß 2018 statt. Nach Einführung des Mehrparteiensystems fanden 1992 zum ersten Mal Parlaments- und Präsidentenwahlen statt. Diese und nachfolgende Wahlen verliefen nicht ganz regulär. Die seit 1996 geltende Verfassung ist eine Präsidialverfassung nach französischem Vorbild und sieht die Schaffung eines Verfassungsgerichts vor, was allerdings bis heute nicht geschehen ist. Das politische System Kameruns ist auf den Präsidenten ausgerichtet, der die verschiedenen politischen, ethnischen und regionalen Kräfte im Lande so an der Macht beteiligt, dass sie in einer effizient austarierten Balance verharren (AA 9.12.2016).

 

Die jetzt gültige Verfassung ist die 3. seit dem Erlangen der Unabhängigkeit im Jahr 1960. Diese 3. Verfassung wurde unter Biya inzwischen dreimalig einer Revision unterzogen: 1984, in der Phase der Machtkonsolidierung Biyas, wurde der Staat in "Republik Kamerun" umbenannt und die Provinzgrenzen neu gezogen. 1996 wurden die Weichen für eine moderate Dezentralisierung gestellt. So wurde die Einrichtung einer zweiten Parlamentskammer (Senat) beschlossen und die Amtszeit des Staatspräsidenten auf sieben Jahre, mit einmaliger Möglichkeit der Wiederwahl, festgesetzt. 2008 kam es zur vorläufig letzten Verfassungsänderung: die RDPC /CPDM nutzte ihre breite Parlamentsmehrheit und beschloss sowohl eine unbeschränkte Amtszeit des Präsidenten, als auch dessen Immunität über die Zeit der Präsidentschaft hinaus (GIZ 2.2017a).

 

Bei den letzten Präsidentschaftswahlen Anfang Oktober 2011 wurde Paul Biya mit deutlicher Mehrheit im Amt bestätigt und bleibt damit kamerunischer Präsident für die nächsten sieben Jahre. Paul Biya erhielt 78% der Stimmen. Gemäß offiziellen Angaben soll die Wahlbeteiligung bei 65% gelegen haben (GIZ 2.2017a; vgl. BS 2016). Mit ihren 22 Präsidentschaftskandidaten landete die Opposition weit abgeschlagen. Der Ausgang dieser Wahl war kaum überraschend, im Land herrscht Resignation hinsichtlich eines demokratischen Wandels vor, scharfe Kritik wird vor allem von den im Ausland lebenden Kamerunern geäußert (GIZ 2.2017a).

 

Parlaments- und Kommunalwahlen werden zeitgleich mit den Präsidentschaftswahlen abgehalten. Nach wiederholter Wahlterminverlegung (die Opposition hatte immer wieder Reformen des Wahlverfahrens angemahnt) fanden am 30. September 2013 die bislang letzten Parlaments- und Kommunalwahlen statt; - mit wenig überraschendem Ergebnis: Die RDPC/CPDM behauptete sich mit Abstand (GIZ 2.2017a). Ihr gehören 148 (zuvor 152) der 180 Abgeordneten an. Als größte Oppositionspartei stellt die SDF (Mitglied der Sozialistischen Internationale) 18 Abgeordnete, während 5 kleinere Parteien insgesamt 14 Sitze erhielten. Die Kommunalwahlen entschied die RDPC ebenfalls klar für sich: Sie kann in 305 Kommunen allein regieren, die Oppositionsparteien lediglich in 24 (AA 9.12.2016).

 

Am 14.4.2013 wurden zum ersten Mal Senatoren für die 2.Kammer gewählt - 17 Jahre nach Schaffung der verfassungsrechtlichen Grundlagen. Großer Gewinner war die RDPC/CPDM (GIZ 2.2017a; vgl. AA 9.12.2016). Senatspräsident ist der 81-jährige Marcel Niat Njifendji, ex-Vizepremierminister. Er würde im Falle der Amtsunfähigkeit des Staatspräsidenten übergangsweise dessen Amtsgeschäfte führen (AA 9.12.2016).

 

Die über 200 Parteien bieten kaum politische Alternativen: Die meisten Oppositionsparteien, so auch die SDF, kranken an ähnlich überkommenen Strukturen wie die Regierungspartei RDPC. Parteigründer sind oftmals gleichzeitig ewige Vorsitzende (in einigen Fällen inzwischen deren Söhne) und führen ihre Partei in autokratischem Stil. Zudem stützen sich die meisten Oppositionsparteien auf eine regionale Hochburg (meist der Herkunftsort des Vorsitzenden). So auch die SDF: 13 ihrer 18 Parlamentssitze errang sie in der anglophonen Region Nord-West, aus der Parteigründer und Vorsitzender John Fru Ndi (74 Jahre) stammt (AA 9.12.2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

Sicherheitslage

 

Für den Großteil des Staatsgebiets Kameruns wird seitens des französischen Außenministeriums bzgl. Reisen nicht abgeraten. Abgeraten wird lediglich von Reisen in die Grenzgebiete zu Nigeria, dem Tschad und der zentralafrikanischen Republik; in die Provinz Extrême-Nord und den nördlichen Teil der Provinz Nord. Reisen in die Provinzen Nord und Adamoua sollten nur unternommen werden, wenn diese dringend notwendig sind (FD 17.3.2017b). In den englischsprachigen Regionen um die Städte Bamenda und Buea kommt es nach Streiks von Teilen der anglophonen Bevölkerung zu gewalttätigen Demonstrationen und Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften, die bereits mehrere Todesopfer und Verletzte gefordert haben. Das österreichische Außenministerium warnt ausdrücklich vor Reisen in den Norden des Landes. Reisen in die Grenzgebiete zum Tschad und zur zentralafrikanischen Republik sollen nur unternommen werden, wenn diese dringend notwendig sind. Die Lage ist gespannt und unsicher und kann sich innerhalb kürzester Zeit verschlechtern. Das Risiko von Überfällen durch gewalttätige Straßenräuber sowie Entführungen ist besonders hoch. In den letzten Jahren wurden mehr als 20 ausländische Staatsangehörige im Norden des Landes entführt (BMEIA 17.3.2017).

 

Derzeit steht Kamerun vor großen Herausforderungen, da sich das Umfeld in den Nachbarländern Zentralafrikanische Republik und Nigeria destabilisiert hat. An der Grenze zur Zentralafrikanischen Republik ist es seit Ausbruch der Seleka-Rebellion im Dezember 2012 mehrfach zu bewaffneten Übergriffen auf kamerunische Orte gekommen. Seit Beginn der Rebellion sind über 259.000 Flüchtlinge aus der Zentralafrikanischen Republik in Kamerun eingetroffen (AA 9.12.2016). Das Grenzgebiet mit der Zentralafrikanischen Republik gilt wegen dieser grenzüberschreitender Übergriffe bewaffneter Gruppen der dortigen Rebellen als unsicher (AA 17.3.2017; vgl. FH 2016). Es kam dort auch zu Gefechten zwischen zentralafrikanischen Rebellen und kamerunischen Kräften (FH 2016).

 

In der Provinz Extrême-Nord, die an die Hochburg der Boko Haram in Nigeria grenzt, kommt es zu wiederholten Einfällen der Extremisten (FH 2016). Im Norden Kameruns, besonders in der Region Extreme-Nord, bedrohen Übergriffe von Boko Haram die Stabilität. Die Regierung geht u. a. mit Militäreinsätzen gegen die Bedrohung vor. Vor allem in der Region Extrême -Nord sind fast 59.000 Menschen aus Nigeria geflüchtet (AA 9.12.2016).

 

In der Provinz Extrême-Nord besteht ein hohes Entführungsrisiko für Ausländer. An der Grenze zu Nigeria und in Maroua, der Hauptstadt der Region Extrême-Nord, ist es zu Selbstmordanschlägen mit zahlreichen Todesopfern gekommen (AA 17.3.2017; vgl. FD 17.3.2017a). Auch in den Grenzgebieten zu Nigeria in den Provinzen Nord und Adamaoua können terroristische Aktivitäten vorkommen (FD 17.3.2017b). Laut einem Bericht der International Crisis Group wurden im Zuge der Angriffe durch Boko Haram, seit März 2014, 1.500 Menschen getötet und 155.000 verdrängt (IRIN 11.1.2017). Boko Haram war vor allem in der Region Extrême-Nord für Menschenrechtsverstöße verantwortlich (AI 22.2.2017).

 

Gewarnt wird darüber hinaus vor Reisen zur Halbinsel Bakassi und Umgebung aufgrund fortdauernder Sicherheitsprobleme. Im gesamten Golf von Guinea gibt es Bandenunwesen. In der Vergangenheit gab es Überfälle und Geiselnahmen auf Küstenorte, Fischkutter, Öltanker oder Ölplattformen (AA 17.3.2017; vgl. BMEIA 17.3.2017).

 

Die allgemeine Sicherheitslage ist vor allem in den Städten bzw. auf den Überlandstraßen von zunehmender Gewaltkriminalität gekennzeichnet (GIZ 2.2017a). In den Regionen Nord und Adamaoua sowie in den Grenzgebieten zu Nigeria und Tschad kommt es vermehrt zu gewalttätigen Raubüberfällen (AA 17.3.2017).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sicherheitsbehörden

 

Die Gendarmerie Nationale ist die nationale Polizei. Sie hat militärischen Charakter und ist Teil der Streitkräfte. Sie interveniert im nichtstädtischen Bereich, also auf dem Lande. Dagegen untersteht die Police Nationale dem Innenministerium (GIZ 2.2017a). Verhaftungen werden von der Gendarmerie und den verschiedenen Untergliederungen der Polizei ausgeführt: allgemeine Polizei (Sécurité publique), Inlandsgeheimdienste (Renseignements Généraux, Surveillance du Territoire), Kriminalpolizei (Police Judiciaire), Grenzpolizei (Police des Frontières) sowie von der Spezialeinheit GSO (Groupement Spécial d'Opérations) (AA 9.12.2016). Letztere ist eine Eliteeinheit der Polizei. Es gibt auch Spezialeinheiten zur Bekämpfung von Straßenräubern, wie die im März 1998 gegründete Brigade Anti-Gang (auch: Groupement mobile d'intervention GMI, unités antigangs), das 2000 gegründete Commandement Opérationnel (CO, auch: special oder operational command) oder die seit 2006 im Einsatz befindliche Brigade d'intervention rapide (BIR) (GIZ 2.2017a). Auch die Militärpolizei darf Verhaftungen durchführen, wenn sie im Rahmen von Unruhen eingesetzt wird. Der Auslandsgeheimdienst DGRE, der auch im Inland eingesetzt wird, nimmt in Einzelfällen ebenfalls Verhaftungen vor (AA 9.12.2016).

 

Probleme der Polizeikräfte sind zunehmende Gewalt und Banditentum auf der einen, Korruption, willkürliche Verhaftungen und Folter auf der anderen Seite (GIZ 2.2017a). Die Sicherheitskräfte sind zum Teil schlecht ausgebildet, bezahlt und ausgerüstet (AA 9.12.2016).

 

Quellen:

 

 

 

Ombudsmann

 

Die Nationale Kommission für Menschenrechte und Freiheiten (CNDHL - das Comité National des Droits de l'Homme et des Libertés) verfolgt Menschenrechtsverletzungen und prangert Haftbedingungen an. Im Rahmen ihrer begrenzten Spielräume veröffentlicht sie einen jährlichen Bericht (AA 9.12.2016) Insgesamt wird die Kommission unter Berücksichtigung der ihr zur Verfügung stehenden Ressourcen als effektiv beschrieben (USDOS 3.3.2017).

 

Quellen:

 

 

 

Allgemeine Menschenrechtslage

 

Das Bewusstsein für Menschenrechte und Menschenrechtsverletzungen ist in der Gesellschaft nur eingeschränkt ausgeprägt, obwohl sich zahlreiche Menschenrechtsorganisationen für eine Sensibilisierung von Bevölkerung und Regierung in diesem Bereich engagieren. Der Justizapparat ist schwerfällig und zeigt wenig Einsatzbereitschaft. Dies gilt auch bei Ermittlungen bezüglich Menschenrechtsverletzungen und beim Schutz von Menschenrechtsverteidigern (AA 9.12.2016).

 

Die Verfassung von 1996 garantiert die Grundrechte im Sinne der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10.12.1948, der Charta der Vereinten Nationen vom 26.06.1945 und der Banjul Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker vom 26.06.1981. Kamerun ist an folgende Menschenrechtsabkommen gebunden:

 

* Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung vom 7.3.1966, ratifiziert am 24.6.1971;

 

* Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 19.12.1966, ratifiziert am 27.9.1984;

 

* Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte von 1966, ratifiziert (durch Beitritt) am 27.6.1984;

 

* Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau vom 18.12.1979, ratifiziert am 23.8.1994;

 

* Fakultativprotokoll zum Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, ratifiziert am 7.1.2005;

 

* Übereinkommen über die Rechte des Kindes vom 20.11.1989, ratifiziert am 11.1.1993;

 

* Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vom 10.12.1984, ratifiziert am 19.12.1986;

 

* Banjul Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker vom 26.6.1981, ratifiziert am 21.10.1981 (AA 9.12.2016).

 

Kamerun durchlief am 01.05.2013 nach 2009 zum zweiten Mal das Universelle Periodische

 

Überprüfungsverfahren des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen in Genf. Diese bezogen sich auf das Verbot von weiblicher Genitalverstümmelung, die Verbesserung der Situation in Haftanstalten, die Realisierung einer faktischen Gleichheit aller Bürger insbesondere im Arbeitsmarkt und eine Reform des rechtlichen Rahmenwerks im Mediensektor. Das dritte Überprüfungsverfahren für Kamerun ist für das Frühjahr 2018 geplant. Staatliche Repressionen aufgrund Nationalität, Religion oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder Ethnie sind nicht bekannt. Diskriminierung aufgrund von Rasse, Sprache, Geschlecht oder sozialem Status ist durch die Verfassung verboten. Die freie sexuelle Orientierung zählt in Kamerun nicht zu den Grundrechten (AA 9.12.2016).

 

Die wichtigsten Menschenrechtsprobleme im Land sind Folter und Misshandlungen durch die Sicherheitskräfte (AI 22.2.2017; FH 2016; vgl. USDOS 9.12.2016), vor allem von Häftlingen; Mangel an fairen und schnellen Gerichtsverfahren und lebensbedrohliche Haftbedingungen. Andere bedeutende Menschenrechtsmissachtungen sind willkürliche Festnahmen, überlange Untersuchungshaft und Verstöße gegen die Privatsphäre. Die Regierung belästigt Journalisten und schränkt die Bewegungs-, Meinungs- und Pressefreiheit ein (AI 22.2.2017; vgl. USDOS 9.12.2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

Meinungs- und Pressefreiheit

 

Obwohl das Gesetz die Meinungs- und Pressefreiheit vorsieht, werden Medienvergehen unter Strafe gestellt und die Regierung schränkt diese Freiheiten ein. Allerdings gab es im Jahr 2014 weniger diesbezügliche Berichte, als in den Jahren zuvor. Beamte bedrohen, schikanieren und inhaftieren Personen oder Organisationen, welche die Politik der Regierung kritisieren oder gegensätzliche Ansichten vertreten (USDOS 3.3.2017). Im kamerunischen Strafrecht findet sich bei bestimmten Straftatbeständen ein für Journalisten verschärftes Strafmaß, etwa bei rassistischer Diffamierung und bei Geheimnisverrat im Strafverfahren, das aber selten zur Anwendung kommt. Ein systematisches Vorgehen des Staates gegen die Pressefreiheit ist nicht festzustellen. Journalisten werden teilweise in ihrer Arbeit behindert. Einschüchterungsversuche sind schwer einer Person oder Institution zuzuordnen, werden aber von den Betroffenen häufig im Umfeld der Regierungspartei RDPC oder im Präsidialamt verortet. Bei der Berichterstattung über bestimmte Themen, etwa Spekulationen über den Gesundheitszustand des Präsidenten oder seine sexuelle Orientierung, laufen Journalisten Gefahr, wegen Diffamierung vor Gericht gebracht zu werden (AA 9.12.2016; vgl. FH 2016). Im Jahr 2014 wurden mehrere Journalisten verhaftet, (FH 2016), manche wurden misshandelt (USDOS 3.3.2017).

 

Die kamerunische Medienlandschaft ist vielfältig.

Regierungskritische und oppositionelle Meinungen werden veröffentlicht. Der staatliche Rundfunk und die über 70 lokalen privaten Radiosender sind von vorherrschender Bedeutung für die öffentliche Meinungsbildung. In den großen Städten laufen die drei privaten Fernsehsender dem staatlichen Fernsehsender CRTV den Rang ab. Sie befassen sich zunehmend mit sensiblen Themen wie Korruption und Arbeitslosigkeit, bei denen Versäumnisse der Regierung deutlich werden. Zeitungen haben in Kamerun einen geringeren Einfluss auf die öffentliche Meinung, erreichen jedoch Multiplikatoren wie Journalisten, Funktionsträger und Intellektuelle (AA 10.2.2015).

 

Quellen:

 

 

 

 

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit / Opposition

 

Obwohl die Verfassung Versammlungsfreiheit garantiert, schränkt die Regierung dieses Recht in der Praxis ein (USDOS 3.3.2017; vgl. AA 9.12.2016; vgl. FH 2016). Die Rechte auf Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit wurden nach wie vor unterdrückt (AI 22.2.2017). Versammlungen werden zum Teil nicht genehmigt bzw. gewaltsam aufgelöst. In diesem Zusammenhang kommt es auch zu vorübergehenden Festnahmen. Im Wahljahr 2013 wurden mehrere Veranstaltungen regierungskritischer Organisatoren (Podiumsdiskussionen, Pressekonferenzen) verboten und vereinzelt gewaltsam aufgelöst. Als Grund wurde zumeist die Gefährdung der öffentlichen Ordnung angeführt (AA 9.12.2016).

 

Organisatoren von öffentlichen Versammlungen, Demonstrationen oder Prozessionen sind gesetzlich dazu verpflichtet, Behördenvertreter vorab darüber zu informieren. Gesetzlich ist eine vorherige Zustimmung der Regierung jedoch nicht vorgesehen. Amtsträger behaupten dennoch regelmäßig, dass das Gesetz implizit eine behördliche Bewilligung von öffentlichen Veranstaltungen erfordert. Folglich verweigert die Regierung häufig die Bewilligung von Veranstaltungen bzw. wendet sie Gewalt an, um nicht genehmigte Veranstaltungen zu unterbinden (USDOS 3.3.2017).

 

Obwohl die Verfassung Vereinigungsfreiheit garantiert (USDOS 3.3.2017; vgl. AA 9.12.2016), schränkt die Regierung dieses Recht in der Praxis ein (USDOS 3.3.2017; vgl. AA 9.12.2016; vgl. BS 2016). Vereinigungsfreiheit ist in der Praxis besser garantiert als Versammlungsfreiheit (BS 2016). Gesetzlich sind Organisationen nicht zulässig, die sich gegen die Verfassung, die Gesetzte, die Moral richten; oder sich gegen die territoriale Integrität, die nationale Einheit, die nationale Integration oder die Republik stellen (USDOS 25.6.2015).

 

Trotz Mehrparteiensystems - Kamerun weist einen außerordentlichen Parteienreichtum auf - und mehr oder minder ordentlichen Wahlen, wird die kamerunische Politik durch den Präsidenten und 'seine' Partei, die RDPC/ CPDM, die ehemalige Einheitspartei, dominiert (GIZ 2.2017a; vgl. BS 2016). Die meisten Oppositionsparteien sind desorganisiert und taktisch schwach (BS 2016). Politische Auseinandersetzungen finden kaum im parlamentarischen Rahmen statt, da die Assemblée Nationale/National Assembly inzwischen weitgehend von der RDPC/CPDM beherrscht wird (GIZ 2.2017a).

 

Beliebig datierte Partei- und Mitgliedsausweise können günstig auf dem Markt erworben werden. Parteiregister belegen nur die Zahlung des Mitgliedsbeitrages; von einem politischen Engagement kann allein aufgrund eines Mitgliedsausweises oder eines Parteiregisterauszugs nicht ausgegangen werden (AA 9.12.2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

Opposition

 

Systematische politische Verfolgung findet in Kamerun nicht statt, jedoch können sich Oppositionsparteien nur schwer entfalten. Es sind vereinzelte Fälle bekannt, in denen wegen der bloßen Mitgliedschaft in einer Oppositionspartei oder im SCNC staatliche Repression ausgeübt wurde. In einigen Fällen ist es vereinzelt und vorübergehend zu Festnahmen oder Gewaltanwendung der Sicherheitskräfte gegen Oppositionelle, in der Regel im Zusammenhang mit der Planung bzw. Durchführung von nicht genehmigten Demonstrationen gegen die Regierung, gekommen. (AA 9.12.2016).

 

Kamerun hat einen anglophonen und einen frankophonen Teil. Die Frankophonen machen 80 % der Bevölkerung aus und dominieren die Regierung. 1994 wurde der separatistische "Southern Cameroons National Council" (SCNC) gegründet. Der SCNC setzt sich aus mehreren Splitterfraktionen zusammen, die das Ziel eint, den anglophonen Teil Kameruns vom frankophonen Teil abzuspalten. Der SCNC steht damit außerhalb der Verfassung und ist nicht als politische Partei anerkannt. Am 1.10.1996 hat der SCNC die Unabhängigkeit der Region "Southern Cameroons" verkündet: Seitdem versucht sie, jedes Jahr am 1. Oktober Protestmärsche zu veranstalten, die von den Behörden jedoch stets verboten werden. Der Einfluss des SCNC ist minimal. Die Mitglieder werden nicht systematisch verfolgt (AA 9.12.2016). Einige SCNC-Aktivisten wurden im Jahr 2013 inhaftiert (BS 2016). Es gibt außerparlamentarische Winkelzüge von staatlicher Seite gegen Versammlungen oder Aktionen der englischsprachigen Separatistenbewegung SCNC und deren Sympathisanten. Aktuell kommt es seit Oktober 2016 in der anglophonen Region zu verschiedensten Protestaktionen. Was mit Streiks von Rechtsanwälten und Lehrern begann wuchs sich inzwischen zu einer allgemeinen Bewegung von anglophonen Bürgerprotesten aus. Der Staat schickt Militär und Polizei und sperrt die Internetleitungen in den anglophonen Provinzen (GIZ 2.2017a).

 

Der kamerunische Staat widmet den Aktivitäten der Exilorganisationen wenig Aufmerksamkeit. Eine staatliche Verfolgung kamerunischer Staatsangehöriger wegen oppositioneller Tätigkeit im Ausland ist bis auf einen Einzelfall aus dem Jahr 2008 nicht bekannt (AA 9.12.2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

Ethnische Minderheiten

 

In Kamerun leben über 250 ethnische Gruppen mit unterschiedlichen Traditionen (AA 9.12.2016). In diesem völkerreichen Land treffen somit unterschiedlichste Kulturen, Lebensformen, Sprachen und Religionen - deren Grenzen teilweise auch Ethnien-übergreifend verlaufen - aufeinander (GIZ 2.2017b). Gegensätze und Interessenskonflikte zwischen verschiedenen Ethnien, Nomaden und Sesshaften bzw. Viehhaltern und Ackerbauern, allochthonen und autochthonen Bevölkerungsgruppen, Frankophonen und Anglophonen, Stadt- und Landbevölkerung, "Nordisten" und "Südisten", Christentum und Islam führten und führen manchmal auch zu gewalttätigen Auseinandersetzungen (GIZ 2.2017b), die jedoch lokal begrenzt bleiben (AA 9.12.2016). Teilweise werden diese Konflikte auch von einzelnen Eliten oder politischen Parteien instrumentalisiert, auch wenn Kamerun bisher zu einem der vergleichsweise stabilsten Länder der Region zählte (GIZ 2.2017b).

 

Eine nach ethnischer Zugehörigkeit diskriminierende Gesetzgebung oder Verwaltungspraxisgibt es nicht. Aufgrund ihrer einfachen Lebensweise wird die Volksgruppe der Baka (Pygmäen) sozial ausgegrenzt; sie erhalten für die gleiche Arbeit häufig niedrigeren Lohn alsandere (AA 9.12.2016). Die Baka sehen sich der Diskriminierung ausgesetzt (FH 2016), nehmen aber etwa als Kandidaten bei Wahlen Teil - wiewohl sie im Senat, der Nationalversammlung oder in höheren Regierungsämtern nicht repräsentiert sind (USDOS 3.3.2017).

 

Den wirtschaftlich überdurchschnittlich erfolgreichen Bamiléké wird mit Sozialneid begegnet, der sich in der Regel auf verbale Angriffe beschränkt. Gesellschaftliche Diskriminierung von Albinos soll vereinzelt vorkommen (AA 9.12.2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

Medizinische Versorgung

 

Seit den 90er Jahren befindet sich das staatliche Gesundheitssystem Kameruns in der Umstrukturierung. Ziele sind Dezentralisierung, Qualitätskontrolle und die Einbindung der Bevölkerung in Verwaltung und Finanzierung von Gesundheitseinrichtungen. Allerdings lassen die Ergebnisse der staatlichen Gesundheitspolitik weiterhin zu wünschen übrig. Absoluter Ärztemangel aufgrund mangelnder Ausbildungsplätze und die wenigen Ärzte lassen sich vorwiegend in den städtischen Zentren nieder, unzulängliche Infrastruktur und knappe Arzneimittel sind nur einige der Missstände, die die medizinische Versorgungslage Kameruns kennzeichnen. Verschärft wird die Situation durch die Abwanderung von Gesundheitspersonal ins Ausland (GIZ 2.2017b).

 

Kostenlose Gesundheitsversorgung besteht in Kamerun nicht. Für bestimmte Berufsgruppen (z. B. Militär) gibt es staatliche oder halbstaatliche Versorgungseinrichtungen mit geringem Kostenbeitrag. Der Abschluss einer privaten Krankenversicherung ist möglich. Generell übernimmt die Familie medizinische Behandlungskosten. In den Städten gibt es Krankenhäuser und andere medizinische Einrichtungen, in denen überlebensnotwendige Maßnahmen durchgeführt werden können. Die Behandlung chronischer Krankheiten, insbesondere in den Bereichen Innere Medizin und Psychiatrie, wird in den öffentlichen Krankenhäusern der größeren Städte vorgenommen. Für HIV-Infizierte gibt es seit 1997 ein von ausländischen Gebern (WHO/Weltbank, Frankreich, Deutschland) unterstütztes kostenloses staatliches Programm der Heilfürsorge (AA 9.12.2016).

 

Die Versorgung mit Medikamenten erfolgt überwiegend aus Frankreich, Indien und Nigeria; grundsätzlich wird hierdurch ein weites Spektrum abgedeckt. Die gezielte Einfuhr von Medikamenten aus Deutschland - ausgenommen zum persönlichen Gebrauch - ist problematisch, da Medikamente aufgrund von Erfahrungen mit Medikamentenspenden an medizinische Einrichtungen ohne französischen und englischen Beipackzettel nicht in den Verkehr gebracht werden dürfen (AA 9.12.2016).

 

Quellen:

 

 

 

Bewegungsfreiheit

 

Die Verfassung und weitere Gesetze gewährleisten die Bewegungsfreiheit im Land, Auslandsreisen, Emigration und Repatriierung. Diese Rechte werden jedoch manchmal eingeschränkt. Sicherheitskräfte fordern an Straßensperren und Kontrollpunkten Bestechungsgelder und schikanieren Reisende. Die Polizei hielt häufig Reisende auf, um Identifikationsdokumente, Fahrzeugregistrierungen und Steuereinnahmen als Sicherheits- und Einwanderungsbekämpfungsmaßnahmen zu überprüfen. Das Gesetz verbietet das Zwangsexil und die Regierung setzt es auch nicht ein. Allerdings bleiben einige Bürger im freiwilligen Exil, weil sie die Regierung fürchten (USDOS 3.3.2017).

 

Jedoch könnte nach Personen auch landesweit gefahndet werden, was im Regelfall aber nicht geschieht. Bürger, die auf Veranlassung lokaler Behörden hin verfolgt werden, können dem durch Umzug in die Hauptstadt oder in die Stadt eines entfernten Landesteils Kameruns entgehen (AA 9.12.2016).

 

Quellen:

 

 

 

Behandlung nach Rückkehr

 

Es sind keine Fälle bekannt, in denen kamerunische Staatsangehörige nach ihrer Rückkehr festgenommen oder misshandelt worden sind. Eine staatliche Verfolgung allein wegen der Stellung eines Asylantrags erfolgt nicht. Freiwillige Rückkehrer, deren Asylantrag abgelehnt wurde, können sich an ein spezielles Reintegrationsprojekt des Malteserordens wenden (AA 9.12.2016).

 

Quellen:

 

 

Dokumente und Dokumentensicherheit

 

Es gibt praktisch für jede Urkunde und jedes Dokument professionelle Fälschungen. Die Fälschung von Dokumenten wird in der Bevölkerung oft als Notwendigkeit betrachtet, die Dokumentenlage an die aktuelle Lebenssituation anzupassen. Von den Behörden geht keine Initiative aus, diese Praktiken einzudämmen. Beliebig datierte Partei- und Mitgliedsausweise können günstig auf dem Markt erworben werden. Parteiregister belegen nur die Zahlung des Mitgliedsbeitrages; von einem politischen Engagement kann allein aufgrund eines Mitgliedsausweises oder eines Parteiregisterauszugs nicht ausgegangen werden. Selbst bei echten Dokumenten kann nicht von der inhaltlichen Richtigkeit ausgegangen werden, da Dokumente auch bei offiziellen Stellen gekauft werden können. Personenstandsurkunden wie Geburtsurkunden können außerdem auf legalem Weg neu beschafft werden, wenn sich die betreffende Person an ein Gericht wendet und um eine Anordnung zur Nachbeurkundung nachsucht. Die Quote überhaupt nicht beurkundeter Geburten wird auf etwa 30% geschätzt. Von den Behörden wird wenig Sorgfalt auf die formal korrekte Ausstellung von Urkunden und Dokumenten verwandt (AA 9.12.2016).

 

Quellen:

 

 

Zudem ergeben sich die folgenden Feststellungen aus der vom Beschwerdeführer eingebrachten Anfragebeantwortung von ACCORD vom 23.01.2018 ("Anfragebeantwortung zu Kamerun: Akzeptanz des Nationalrats Südkameruns (SCNC) durch die Regierung; Verhaftung und Gewalt gegenüber SCNC-Mitgliedern; Tötung von SCNC-Mitgliedern; Lage für zurückkehrende geflohene Häftlinge"; a-10477; eingebracht mit Stellungnahme vom 21.03.2018) und dem Bericht von Human Rights Watch vom Juli 2018 mit dem Titel "These Killings Can Be Stopped - Abuses by Government and Separatist Groups in Cameroon's Anglophone Regions":

 

In Kamerun, das lange für seine Stabilität berühmt war, gingen zwischen Oktober und Dezember 2016 englischsprechende Anwälte, Lehrer und Studenten gegen die französische Mehrheit und Herrschaft im Land auf die Straße. Die Sicherheitsbehörden gingen mit massiver Gewalt gegen die Demonstrationen vor und verhafteten Hunderte Demonstranten. Nachdem Verhandlungen im Jänner 2017 scheiterten, ging die Spirale der Radikalisierung weiter und es wurde die Unabhängigkeit für "Ambazonia" gefordert. Am 17.01.2017 wurde der SCNC, eine sezessionistische Bewegung aus den 90er Jahren, verboten. Auch die Leitung des Cameroon Anglophone Civil Society Consortium (CACSC) wurde zunächst festgenommen, gemeinsam mit anderen Aktivisten aber im August 2017 aufgrund eines Präsidentendekrets freigelassen. Das CACSC hatte zuvor im November 2016 aufgrund eines vermeintlichen Mangels der Bereitstellung von Bildung für englischsprachige Kinder in Schulen zu Protesten aufgerufen. Während der SCNC für eine Sezession der englischsprachigen Regionen eintritt, will CACSC einen föderalen Staat. Während der Proteste wurden zwischen Jänner und April 2017 die Telefon- und Internetdienste im Süden gekappt.

 

2017 begannen die Anhänger der Unabhängigkeit mit gewalttätigen Aktivitäten, so wurden bis Juni 2018 58 Schulen beschädigt oder niedergebrannt. Im September 2017 und am 01.10.2017 fanden große Demonstrationen statt, die gewalttätig niedergeschlagen wurden. Etwa 20 Personen wurden getötet. Nach Angaben von Amnesty International wurden rund 500 Personen willkürlich verhaftet.

 

Im Jänner 2018 wurden von den nigerianischen Behörden 47 Aktivisten, darunter der "interim president" der "Republic of Ambazonia" verhaftet und an Kamerun ausgeliefert, wo sie sechs Monaten ohne Kontakt zur Außenwelt gefangen gehalten wurden. Nach den Verhaftungen in Nigeria radikalisierte sich die Unabhängigkeitsbewegung weiter. Im Juni 2018 erklärte die Regierung, dass 80 Angehörige der Sicherheitskräfte durch bewaffnete Separatisten getötet worden seien.

 

2. Beweiswürdigung:

 

Die erkennende Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

 

2.1. Zum Verfahrensgang:

 

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

 

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

 

Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund seiner im Original vorgelegten Identitätsdokumente (Personalausweis, Wählerkarte, Führerschein, Reisepass) fest. Dass der Beschwerdeführer aufgrund einer Einladung zum Kongress des "XXXX", der vom 23.07. bis 26.07.2017 in XXXX stattfand, ein Visum bekam, ergibt sich aus einer Abfrage (CVIS) beim Bundesministerium für Inneres sowie der Teilnehmerliste der Konferenz (vgl. dazu XXXX;

Zugriff am 20.12.2018). Der Beschwerdeführer wurde beim Visumsantrag als Mitarbeiter der "XXXX" angeführt.

 

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seiner Arbeitsfähigkeit sowie seiner Herkunft gründen sich auf die diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers vor dem BFA (Protokoll vom 06.03.2018) und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (Verhandlungsprotokoll vom 13.11.2018). Dass der Beschwerdeführer in Kamerun als Lehrer tätig war, ergibt sich auch aus dem Wählerausweis.

 

Die Feststellungen betreffend die persönlichen Verhältnisse und die Lebensumstände des Beschwerdeführers in Österreich beruhen auf den Aussagen des Beschwerdeführers vor dem BFA am 06.03.2018 und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 13.11.2018 und den vorgelegten Dokumenten (drei Unterstützungsschreiben seiner Deutschlehrer, Teilnahmebestätigung Werte- und Orientierungskurs vom 02.08.2018, Unterstützerschreiben vom 29.09.2018).

 

Der Umstand, dass der Beschwerdeführer in Österreich einen Alphabetisierungs- und Deutschkurs absolviert hat, ergibt sich aus einer vorgelegten Teilnahmebestätigung vom 27.02.2018 bzw. vom 28.09.2018; dass der Beschwerdeführer eine A2-Prüfung bestanden hat, ergibt sich aus dem ÖSD Zertifikat vom 28.11.2018.

 

Hinsichtlich seines Gesundheitszustandes gab der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 13.11.2018 an, aufgrund seiner Situation an Bluthochdruck, Schlaflosigkeit sowie Zahnschmerzen zu leiden. Hinsichtlich der Zahnschmerzen des Beschwerdeführers hat dieser eine Arztbesuchsbestätigung vom 27.02.2018 sowie eine Bestätigung der Burgenländischen Gebietskrankenkasse vom 26.04.2018 in Vorlage gebracht. Letzterer ist zu entnehmen, dass sich seine Beschwerden nach Beginn einer Wurzelbehandlung deutlich gebessert hätten.

 

Überdies gab der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht an, er sei in psychiatrischer Betreuung. Im Verfahren hatte er einen neurologisch-psychiatrischen Befund vom 24.05.2018 sowie eine Bestätigung der XXXX vom 23.04.2018 in Vorlage gebracht. Dem Beschwerdeführer wird eine vegetative Reizsymptomatik sowie eine posttraumatische Belastungsstörung bescheinigt, welche wird mit der Medikation Dominal 80 mg behandelt wird. Eine Computertomographie des Schädels vom 08.06.2018 ergab einen unauffälligen Befund, neurologische Auffälligkeiten wurden verneint. Dem der Beschwerde beigelegten Informationsblatt der belgischen Behörden zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers vom 23.08.2017 ist unter "Conclusion" nur zu entnehmen, dass es keine medizinischen Anmerkungen geben würde. Daraus ergeben sich somit keine Hinweise auf eine Erkrankung.

 

Der Beschwerdeführer leidet somit an keiner lebensbedrohlichen oder dauerhaft behandlungsbedürftigen Gesundheitsbeeinträchtigung. Die Feststellung, dass typische Krankheitsbilder insbesondere in den Bereichen Innere Medizin und Psychiatrie, in öffentlichen Krankenhäusern der größeren Städte Kameruns adäquat behandelt werden können, ergibt sich aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation (siehe Ausführungen unter Punkt A) 1.2.).

 

Die Feststellung bezüglich der strafgerichtlichen Unbescholtenheit entspricht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.

 

2.3. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers:

 

Der Beschwerdeführer hatte im Rahmen seiner Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 18.01.2018 angegeben, in Kamerun als Englisch-Lehrer gearbeitet zu haben. Am 21.11.2016 hätten Englisch-Lehrer gegen die Bestellung von Französisch-Lehrern demonstriert, wobei im Zuge dieser Demonstration mehrere Lehrer festgenommen worden seien. Am 08.12.2016 hätten wiederum Studenten für die Freilassung besagter Lehrer demonstriert. Im Zuge dieser Demonstration seien sechs Demonstranten von Regierungstruppen getötet worden. Der Beschwerdeführer habe Bilder dieser Vorkommnisse im Internet publik gemacht und auch Satellitenanlagen gekauft, um diese Informationen weiter verbreiten zu können. Eines Nachts sei der Beschwerdeführer, neben einigen anderen Leuten, von Regierungstruppen festgenommen worden, jedoch sei dem Beschwerdeführer die Flucht gelungen. Als ihn die Regierungstruppen an seiner Wohnadresse gesucht hätten, hätten diese lediglich seinen Bruder XXXX vorgefunden und erschossen. Im Falle seiner Rückkerhr nach Kamerun befürchte der Beschwerdeführer festgenommen und umgebracht zu werden (Protokoll der Erstbefragung vom 18.01.2018).

 

Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 06.03.2018 verwies der Beschwerdeführer im Einklang mit seinem Vorbringen aus der Erstbefragung auf die beiden Demonstrationen. Die Demonstration vom 21.11.2016 sei von der Lehrergewerkschaft CATTU ausgegangen. Nach der zweiten Demonstration am 08.12.2016, bei welcher sechs Studenten ermordet worden seien, hätten Lehrer sowie Anwälte das Land verlassen. Nach der Gründung des Vereines SCACUF ("Southern Cameroon Ambazonia Consortium United Front"), bei welchem es sich um einen Zusammenschluss mehrerer Berufsgruppen handeln würde, sei dieser von der Regierung als terroristisch eingestuft worden. Daraufhin habe die Gruppe den TV-Sender SCBC ("Southern Cameroon Broadcasting Corporation") in Südafrika gegründet, auf welchem über Menschenrechtsverletzungen in Kamerun berichtet worden sei. In weiterer Folge hätte die Regierung Kameruns das Internet abgeschaltet, woraufhin die SCBC die Informationen von der Stadt XXXX im französischen Teil Kameruns aus nach Südafrika weitergeleitet habe. Um einen Empfang durch die Bevölkerung sicherstellen zu können, habe der Beschwerdeführer einige Satellitenanlagen gekauft und mit Hilfe von fünf Technikern in seiner Heimat XXXX montiert. Nachdem das Militär von der Aktion erfahren habe, sei der Beschwerdeführer am 31.05.2017 gemeinsam mit seinen Technikern festgenommen und auf einen Wagen verladen worden. Im Zuge der Festnahme sei der Beschwerdeführer auch an einem Zahn verletzt worden, welcher ihm nach wie vor Schmerzen bereite. Im Zuge einer Pause habe der Beschwerdeführer jedoch unbemerkt fliehen können und habe sich in weiterer Folge auf einem Bauernhof in XXXX versteckt gehalten. Einige Stunden nach seiner Flucht habe ihn seine Frau informiert, dass das Militär ihn suchen würde und seinen Bruder XXXX, welcher sich an der Wohnadresse des Beschwerdeführers aufgehalten habe, angeschossen hätte. Am 03.06.2017 sei dieser an den Folgen seiner Schussverletzung verstorben und der Beschwerdeführer sei in einen Schockzustand verfallen und erst am 05.06.2017 wieder aufgewacht. Nachdem der Beschwerdeführer noch in Erfahrung gebracht habe, dass der Minister einen Bescheid erlassen habe, wonach man den Beschwerdeführer tot oder lebendig finden solle, habe er Leute kontaktiert, um seine Ausreise zu organisieren. Auf der belgischen Botschaft in Yaounde/Kamerun habe der Beschwerdeführer den Antrag für ein Visum für Österreich gestellt. Nachdem die Familien der Techniker den Beschwerdeführer auf Youtube-Videos gesehen hätten, hätten diese zudem geglaubt, der Beschwerdeführer habe die Techniker verraten, um selbst freizukommen, sodass nun auch die Frau des Beschwerdeführers in Kamerun bedroht werde. Beweise für seine Mitgliedschaft in der CATTU und der SCNC könne der Beschwerdeführer nicht vorlegen (nachträglich brachte er jedoch noch mit Schreiben vom 29.08.2018 einen SCNC-Mitgliedsausweis in Vorlage). Er habe keine Führungstätigkeit in den Organisationen innegehabt. Weiters sei der Beschwerdeführer aufgrund seines politischen Aktivismus bereits zweimal in Haft gewesen, im Jahr 2013 nach einem Treffen mit dem SCNC Präsidenten für 15 Tage sowie im Jahr 2014 nach dem Unabhängigkeitsreferendum von Südkamerun für 31 Tage (Protokoll vom 06.03.2018).

 

Das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers wurde vom BFA im angefochtenen Bescheid für nicht glaubhaft befunden und dies insbesondere damit begründet, dass die seitens des Beschwerdeführers als Beweismittel in Vorlage gebrachten Videos und Berichte allgemeinen Charakters zu Protesten sowie der Lage in Südkamerun seien, welche auch nicht in Widerspruch zu den Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid stehen würden, das individuelle Vorbringen des Beschwerdeführers jedoch keineswegs zu untermauern vermochten. Auch sei auf keinem der seitens des Beschwerdeführers vorgelegten Videos dieser unzweifelhaft zu identifizieren oder dieser in einem der vorgelegten Berichte genannt. Zudem sei das Vorbringen des Beschwerdeführers zum Teil auch nicht mit dem Videomaterial in Einklang zu bringen. Sofern der Beschwerdeführer etwa angeben würde, in Belgien sei es hinsichtlich eines Staatsbesuches des Justizministers von Kamerun zu einem Treffen von mehr als 2000 SCNC-Organisationsmitgliedern gekommen (Protokoll vom 06.03.2018, S 4), so sei auf dem von ihm vorgelegten Video ein Sitzungssaal mit lediglich etwa 40 Personen zu sehen.

 

Die angebliche Mitgliedschaft des Beschwerdeführers in den Organisationen CATTU sowie SCNC würde nach Einschätzung des BFA über die bloße Behauptungsebene nicht hinausgehen, diesbezüglich könne er keinerlei Beweismaterial vorlegen. Auch auf der individuellen Facebook-Seite des Beschwerdeführers seien keinerlei politische Aktivitäten oder Aussagen festgestellt worden. Überdies erachtete es das BFA einerseits für nicht glaubhaft, dass die Techniker festgenommen worden seien, obwohl diese lediglich Satellitenanlagen montiert hätten, andererseits habe der Beschwerdeführers auch seine angebliche Flucht vor den Militärkräften nach seiner Festnahme nicht glaubhaft schildern oder schlüssig darlegen können, warum ausgerechnet er als einziger Betroffener seine Hand- und Fußfesseln hätte lösen und unbemerkt fliehen hätte können. Auch die Schilderungen hinsichtlich der Telefonanrufe seiner Frau, als die Militärs das Wohnhaus gestürmt und seinen Bruder angeschossen hätten, als auch die anschließende zweitägige Bewusstlosigkeit des Beschwerdeführers erachtete das BFA als unplausibel und nicht glaubhaft. Überdies würde der Umstand, dass sich der Beschwerdeführer für weitere 51 Tage nach seiner angeblichen Festnahme in Kamerun aufgehalten habe, ehe er ein Visum beantragt habe und legal mit dem Flugzeug am 21.07.2017 aus Kamerun ausgereist sei, sein Vorbringen hinsichtlich einer staatlichen Verfolgung nicht plausibel untermauern. Nachdem der Beschwerdeführer unter Verwendung seines Reisepasses offiziell und legal auf dem Luftweg aus Kamerun ausreisen konnte, sei dessen staatliche Verfolgung in Kamerun erheblich in Zweifel zu ziehen.

 

Auch dem Konvolut vorgelegter Schreiben seitens des Beschwerdeführers (von Privatpersonen, einem Rechtsanwalt sowie der SCBC) komme im Hinblick auf sein Fluchtvorbringen keinerlei Beweiskraft zu, zumal weder deren Authentizität und Ursprung überprüft werden könne und darüber hinaus noch diverse Widersprüche zum mündlichen Vorbringen des Beschwerdeführers vor dem BFA enthalten seien. So werde in einem Schreiben einer Privatperson namens "XXXX" (angeblich ein Flüchtling mit Wohnsitz in Belgien) dargelegt, der Beschwerdeführer sei nach seiner Ausreise aus Kamerun weiterhin an "Sensibilisierungskampagnen" in Belgien und Frankreich beteiligt gewesen (S 1 des Schreibens). Der Beschwerdeführer habe hingegen vor dem BFA angegeben, nach seiner Flucht, abgesehen von dem einzigen Treffen in Belgien im Hinblick auf den Staatsbesuch des kamerunischen Justizministers, an keiner politischen Kundgebung mehr teilgenommen zu haben und keine politische Funktion ausgeübt zu haben (Protokoll vom 06.03.2018, S 11). Dass der Beschwerdeführer auch in die USA gereist sei, ohne dies im Verfahren dargelegt zu haben, wie es das BFA in seiner Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid angeführt hatte (S 50 des angefochtenen Bescheids), kann seitens des Bundesverwaltungsgerichtes jedoch keinem der als Beweismittel vorgelegten Schreiben entnommen werden.

 

Gestützt auf diese Unstimmigkeiten und Widersprüche kam das BFA zum Schluss, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht glaubhaft sei. In der Beschwerde wurde nochmals auf die umfangreich vorgelegten Dokumente verwiesen und dargelegt, dass der Beschwerdeführer auf zwei der vorgelegten Videos zu sehen sei, einmal als er den "südkamerunischen Präsidenten" am Flughafen in Belgien begrüßt habe und einmal bei der Veranstaltung in Brüssel, bei der es zu Tumulten rund um den Besuch des kamerunischen Justizministers gekommen sei. In der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid wurde insgesamt moniert, das BFA hätte den Sachverhalt nur äußerst mangelhaft ermittelt.

 

Von einem Antragsteller ist ein Verfolgungsschicksal glaubhaft darzulegen. Einem Asylwerber obliegt es, bei den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde bzw. das Gericht muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert.

 

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung muss sich das Bundesverwaltungsgericht jedoch den beweiswürdigenden Erwägungen des BFA anschließen und diesem dahingehend zustimmen, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers den genannten Anforderungen nicht entsprach und somit nicht glaubhaft ist.

 

So ergaben sich in der mündlichen Verhandlung am 13.11.2018 vor dem Bundesverwaltungsgericht weitere Widersprüche und Unstimmigkeiten im Hinblick auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers. So gab der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung an, dass der Southern Cameroons National Council (im Folgenden: SCNC) zu keinem Zeitpunkt in Kamerun ein Büro gehabt hätte, da es sich um eine verbotene Organisation gehandelt habe, welche all ihre Aktivitäten im Geheimen durchführen hätte müssen (Verhandlungsprotokoll vom 13.11.2018, S 8). Allerdings war der SCNC (wie den obigen Länderfeststellungen zu entnehmen ist) erst im Jänner 2017 verboten worden. In der Einvernahme vor dem BFA am 06.03.2018 hatte der Beschwerdeführer noch angegeben, der SCNC hätte seine Parteizentrale in Boja (gemeint wohl: Buea; Protokoll vom 06.03.2018, S 11). Beide Varianten stehen hierbei nicht im Einklang mit einer Anfragebeantwortung von ACCORD vom 16.03.2004, wonach der SCNC seinen Sitz in der Stadt Bamenda hatte (vgl https://www.ecoi.net/de/dokument/1124178.html ).

 

Auch steigerte der Beschwerdeführer die Bedeutung seiner eigenen Funktion innerhalb der Organisation im Beschwerdeverfahren. Während er vor dem BFA am 06.03.2018 noch schlicht angibt, "Mitglied" der SCNC gewesen zu sein (Protokoll vom 06.03.2018, S 11), brachte er in der mündlichen Verhandlung am 13.11.2018 erstmalig vor, Sprecher des SCNC Pinyin Clans gewesen zu sein (Verhandlungsprotokoll vom 13.11.2018, S 9). In seiner Einvernahme vor dem BFA am 06.03.2018 hatte der Beschwerdeführer hingegen noch angegeben, Sprecher der Lehrervereinigung CATTU gewesen zu sein (Protokoll vom 06.03.2018, S 11).

 

Zudem machte der Beschwerdeführer keine konsistenten Angaben zu seiner Tätigkeit für den SCNC. So meinte er in der mündlichen Verhandlung zunächst, dass er als Sprecher des SCNC Pinyin Clans der einzige gewesen sei, der an allgemeinen Treffen, die vom Generalsekretär des SCNC Nfor Ngala Nfor einberufen wurden, teilnahm. Dann wieder meinte er, er habe diesen nur einmal persönlich getroffen und zwar am 22.06.2013, als er mit diesem gemeinsam verhaftet worden sei. Diese Verhaftung wird vom Bundesverwaltungsgericht angezweifelt. Verschiedenen öffentlich zugänglichen Medien (z.B. https://unpo.org/article/16240 ; Zugriff am 20.12.2018), darunter auch dem vom SCNC-verwendeten Blog "The Eye Newspaper"

(https://cameroonlatest.blogspot.com/2013/08/scnc-activists-arrested-in-kumbo.html ;

Zugriff am 20.12.2018) ist zu entnehmen, dass Nfor Ngala Nfor am 27.07.2013 gemeinsam mit 79 anderen SCNC Führern und Aktivisten verhaftet worden war. Andere Aktivisten waren laut der Cameroon Postline im Mai 2013 in Bamenda verhaftet worden (vgl. https://cameroonpostline.com/scnc-activists-still-in-detention-in-bamenda/ ;

Zugriff am 20.12.2018). Von einer Verhaftung des Führers des SCNC am 22.06.2013 wurde dagegen nicht berichtet.

 

Auch das Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, der Beschwerdeführer sei 2005 dem SCNC beigetreten und habe seinen (nachträglich im Beschwerdeverfahren vorgelegten) Mitgliedsausweis 2010 erneuert, da dieser nur 5 Jahre gültig sei (Verhandlungsprotokoll vom 13.11.2018, S 10), entspricht nicht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes. Abgesehen davon, dass dem (zunächst mit Schreiben vom 08.05.2018 in Kopie, dann am 29.08.2018 im Original) vorgelegten angeblichen Mitgliedsausweis des Beschwerdeführers keinerlei Befristung entnommen werden kann, entspricht dieser auch optisch nicht den Beschreibungen eines SCNC-Mitgliedsausweises. Laut der bereits an obiger Stelle zitierten Anfragebeantwortung von ACCORD vom 16.03.2004 ist der Ausweis in schwarzer Schrift auf blauem Untergrund geschrieben, während in Deutschland auch Mitgliedsausweise mit orangefarbenem Untergrund ausgestellt worden sind. Der seitens des Beschwerdeführers vorgelegte Mitgliedsausweis ist dagegen braun und aus Karton. Auch im Hinblick auf eine generelle fünfjährige Befristung der Ausweise ist der Anfragebeantwortung von ACCORD nichts zu entnehmen (vgl https://www.ecoi.net/de/dokument/1124178.html ). Zudem hatte der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung erklärt, er habe seinen Ausweis 2015 nicht wieder erneuern lassen, da Nfor Ngala Nfor bereits in Nigeria gelebt habe und sich die Mitglieder des SCNC aus Furcht bereits versteckt gehalten hätten. Dies entspricht aber nicht der Realität, sandte Nfor Ngala Nfor doch etwa am 31.12.2015 aus Buea eine Grußbotschaft an die SCNC-Mitglieder (https://cameroonlatest.blogspot.com/2016/01/scnc-chairman-nfor-ngala-nfors-new-year.html ;

Zugriff am 20.12.2018) und wurde erst 2017 über sein Verschwinden berichtet (vgl. https://cameroonpostline.com/where-is-scnc-leader-nfor-ngala-nfor/ ;

Zugriff am 20.12.2018).

 

Eine dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Dokument entsprechende Beschreibung hinsichtlich eines offiziellen Mitgliedsausweises der SCNC ist dem Bundesverwaltungsgericht nicht bekannt und verwundert es auch, dass der Beschwerdeführer diesen Ausweis (ebenso wie den angeblichen Mitgliedsausweis für die Lehrergewerkschaft CATTU) erst vorlegte, nachdem ihm im angefochtenen Bescheid vorgehalten wurde, dass er für die angebliche Mitgliedschaft in den Organisationen CATTU sowie SCNC keinerlei Beweismaterial vorgelegt habe. Ungeachtet der Authentizität des vorgelegten Mitgliedsausweises wird auf ein Gutachten der Schweizer Flüchtlingshilfe vom 15.07.2008 verwiesen, wonach der Besitz eines SCNC-Mitgliedsausweises nicht automatisch auf ein tatsächliches Engagement in dieser Organisation schließen lässt. Laut des Gutachtens sei es möglich, so viele SCNC-Mitgliedsausweise wie gewünscht zu erhalten, solange die betreffende Person nur in der Lage sei, dafür zu bezahlen (vgl http://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/herkunftslaender/afrika/kamerun/kamerun-mitgliedschaft-im-scnc.pdf ). Dies entspricht auch dem Befund im Länderinformationsblatt, wonach in Kamerun generell jedes Dokument, ob als Totalfälschung oder als echte Urkunde mit unrichtigem Inhalt, gegen Bezahlung zu beschaffen ist.

 

Der Beschwerdeführer legte den SCNC-Mitgliedsausweis im Original mit Schreiben vom 29.08.2018 vor; er habe diesen in einem Kuvert mit einem (dem Bundesverwaltungsgericht ebenfalls vorgelegten) handschriftlichen, nicht unterschriebenen Zettel erhalten. Diesem Zettel ist zu entnehmen, dass er von einem Postmitarbeiter stamme, welchen der Beschwerdeführer als Englischlehrer unterrichtet habe. Der Brief sei drei Wochen beschlagnahmt worden, da jede Post aus Südkamerun zensuriert werde. Der Postmitarbeiter habe verhindert, dass der Brief an den Beschwerdeführer mit dem SCNC-Ausweis, den sein Cousin ihm geschickt habe, nach Yaounde gebracht wurde. Der Name des Beschwerdeführers sei hier überall angeführt, befinde er sich doch auf der Liste der Terroristen. Das sei der Grund gewesen, dass man die Post konfisziert habe. Der Postmitarbeiter drückt noch sein Beileid in Bezug auf den Tod des Bruders des Beschwerdeführers aus. Auch dieses Schreiben ist aus Sicht der erkennenden Richterin nicht überzeugend: Zunächst einmal kann nicht festgestellt werden, wer den Zettel verfasst hat; dann fällt auf, dass zwar der Postverlauf mitübermittelt wurde, wonach das Poststück am 31.07.2018 in Bamenda aufgegeben wurde, dann am 22.08.2018 in Douala mit "Opening" und "Dispatching" vermerkt wurde und am 24.08.2018 in Österreich ankam, dass das Kuvert selbst aber keinerlei Stempel oder Sticker trägt, mit dem es dem Sendeverlauf zugeordnet werden könnte. Auch bei privaten Post- oder Paketdiensten wird eine Sendung mit einer Sendenummer gekennzeichnet, dies wurde hier unterlassen, so dass davon auszugehen ist, dass dieses Kuvert jedenfalls nicht von Kamerun nach Österreich geschickt worden war. Abgesehen von dem großen Zufall, den es bedeuten würde, dass ein ehemaliger Schüler genau den Brief an den Beschwerdeführer im Verteilzentrum in die Hände bekommt, ist zudem auch davon auszugehen, dass der Postmitarbeiter, wenn der Name des Beschwerdeführers tatsächlich auf einer "Terroristenliste" stünde und der Brief bereits abgefangen war und drei Wochen im Verteilerzentrum war, um weitergeschickt zu werden, den Brief dann nicht einfach mit seinem Unternehmen weiterleiten würde, was im Sendeverlauf ja leicht nachzuvollziehen wäre. Auch dieses Schreiben verstärkt daher die Zweifel am Vorbringen des Beschwerdeführers mehr, als dass es diese entkräftet.

 

Auch die anderen vorgelegten Dokumente können das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht entscheidend stützen: So hatte der Beschwerdeführer dem BFA ein "Affidavit in Support" eines kamerunischen Anwaltes namens XXXX vorgelegt. In diesem mit 12.01.2018 datiertem Schreiben bestätigt der Anwalt, dass der Beschwerdeführer ein langjähriges Mitglied der Cameroon Teachers Trade Union (CATTU) sei und 2005 dem Southern Cameroons National Congress (SCNC) beigetreten sei, sowie dass er 2013 und 2015 jeweils für 15 bzw. 31 Tage festgenommen worden sei. Der Beschwerdeführer sei federführend an den Protesten des Jahres 2016 beteiligt gewesen und sei einer der Sprecher der Southern Cameroons Ambazonia Consortium United Front (SCACUF). Er sei am 01.06.2017 verhaftet worden, doch sei ihm die Flucht gelungen. Der Anwalt betonte, dass das Leben des Beschwerdeführers in Kamerun in Gefahr sei. Das Bundesverwaltungsgericht nimmt dieses Schreiben zur Kenntnis, doch kann es die in dem Schreiben enthaltenen Behauptungen nicht belegen, war der Anwalt doch bei keinem der genannten Ereignisse zugegen, wie auch der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung bestätigte. Es handelt sich beim Inhalt des Schreibens schlicht um eine Nacherzählung dessen, was der Beschwerdeführer im Verfahren erklärt hatte.

 

Der Beschwerdeführer legte dem BFA auch eine Email einer Person namens XXXX vom 14.02.2018 vor, in welcher diese bestätigte, dass der Beschwerdeführer eine der "leading figures" im Kampf um die Unabhängigkeit Südkameruns sei; die Person habe ihn zwischen dem 27.07.2017 und dem 04.08.2017 bei sich in Lille, Frankreich, beherbergt, weil der Beschwerdeführer Teil einer Gruppe gewesen sei, welche in Frankreich für den Kampf mobilisierte. Weiters wurde vom Beschwerdeführer ein Schreiben eines Mannes namens XXXX vom 24.02.2018 ins Verfahren eingebracht, wonach dieser den Beschwerdeführer ab dem 25.07.2017 für einige Tage beherbergt habe, ehe der Beschwerdeführer in eine belgische Flüchtlingsunterkunft gekommen sei. Er bestätigte, dass der Beschwerdeführer in Sensibilisierungskampagnen in Belgien und Frankreich involviert gewesen sei und an Demonstrationen in Brüssel gegen den kamerunischen Minister teilgenommen habe. Auch diesen Kopien kann kein besonderer Beweiswert zugemessen werden. Vielmehr ist es angesichts des dort beschriebenen Umstandes, dass der Beschwerdeführer als Führungsfigur im Unabhängigkeitskampf noch im August 2017 aktiv gewesen sei, schwer nachvollziehbar, dass der - seinen Aussagen nach politisch seit vielen Jahren höchst engagierte - Beschwerdeführer nach seiner Ausreise plötzlich jegliches Engagement für die Unabhängigkeit bzw. Autonomie des südlichen Teiles von Kamerun aufgegeben hat. Zudem hatte der Beschwerdeführer dem BFA erzählt, dass er sein Handy gewechselt und keine Telefonnummern mitgenommen habe; er habe nur mehr die Nummern seiner Angehörigen; er habe nach seiner Einreise alles hinter sich gelassen. Er habe sich komplett aus der Politik zurückgezogen und außer in Belgien an keinen politischen Aktivitäten teilgenommen (Protokoll vom 06.03.2018, S 10 und 11: "Seit 01.06.2017 bin ich nicht mehr politisch aktiv, nur mehr einmal in Belgien."). Erstens widerspricht er damit dem Schreiben, dass ihm auch für Frankreich politisches Engagement zuschreibt und zweitens ist dieser abrupte Gesinnungswechsel wie gesagt zwar nicht undenkbar, aber doch überraschend.

 

Ebenso wenig kann - angesichts der sonstigen Widersprüche - das Schreiben eines XXXX, wonach er den Beschwerdeführer von 19.06.2017 bis 21.07.2017 bei sich in Yaounde versteckt habe, das Vorbringen entscheidend stützen. Entsprechende Schreiben können leicht selbst angefertigt werden bzw. können aus Gefälligkeit erstellt werden.

 

Der Beschwerdeführer hatte, wie bereits erwähnt, angegeben, zweimal festgenommen worden zu sein; einmal bei einer Veranstaltung mit dem Präsidenten des SCNC am 22.06.2013 und einmal bei der Feier des Unabhängigkeitstages am 01.10.2014. Er sei einmal 15 Tage, dann 31 Tage inhaftiert gewesen. Wie bereits weiter oben dargelegt, findet sich die erste Verhaftung nicht in den Medien wieder, was aber angesichts der Prominenz von Nfor Ngala Nfor jedenfalls zu erwarten wäre. Dem BFA ist auch zuzustimmen, dass die Aussagen des Beschwerdeführers zu seiner Teilnahme an Demonstrationen nur schwer mit seiner behaupteten tragenden Rolle in der Bewegung in Einklang zu bringen ist; auf die Frage, ob er bei Demonstrationen dabei gewesen sei, antwortete er dem BFA: "Nur bei der ersten Demonstration." (Nachdenkpause) "Ich habe auch am 01.10.2014 und am 02.11.2016 an Demonstrationen teilgenommen." Wenn er tatsächlich seit 2005 aktives Mitglied des SCNC gewesen wäre, dann wäre davon auszugehen, dass er auch schon früher und zudem bei mehreren Anlässen dabei gewesen wäre, gab es in Kamerun alleine am 01.10. jeden Jahres Demonstrationen der anglophonen Bevölkerung, die diesen Tag zu ihrem "Unabhängigkeitstag" erkoren hat. Zudem meinte er im Rahmen der anderen Befragungen (siehe etwa Protokoll der Erstbefragung vom 22.01.2018, S 6), dass die Demonstrationen der Englischlehrer am 21.11.2016 und am 08.12.2016 (und nicht am 02.11.2016) stattgefunden haben würden. In der Beschwerde meinte er dann sogar, er sei "Mitorganisator von Demonstrationen" gewesen, was ansonsten aber keine Erwähnung fand und auch nicht näher ausgeführt wurde.

 

Überdies verwechselte der Beschwerdeführer in seiner Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 13.11.2018 augenscheinlich die Organisation "Southern Cameroons Ambazonia Consortium United Front" (SCACUF), an deren Gründung er angeblich beteiligt gewesen sei ("Wir haben einen Verein gegründet namens SCACUF"; Protokoll vom 06.03.2018, S 8) mit der Organisation "Cameroon Anglophone Civil Society Consortium" (CACSC). Der Beschwerdeführer führte auf die konkrete Frage der erkennenden Richterin, was er denn über das CACSC wisse, aus, die korrekte Bezeichnung der Organisation sei SCACUF und es handle sich hierbei um einen Zusammenschluss "aller Berufsgruppen". Jedoch war es laut einer im Akt enthaltenen Anfragebeantwortung von ACCORD vom 23.01.2018 der CACSC, welcher im November 2016 aufgrund eines vermeintlichen Mangels der Bereitstellung von Bildung für englischsprachige Kinder in Schulen zu Protesten aufgerufen hatte, welche von Lehrern und von Rechtsanwälten unterstützt worden seien (S 2 der Anfragebeantwortung). Eine derartige Unkenntnis hinsichtlich der unterschiedlichen Protestbewegungen in den anglophonen Regionen Kameruns lässt einen tatsächlichen Aktivismus des Beschwerdeführers im Rahmen dieser Bewegungen zweifelhaft erscheinen.

 

Zudem erscheint an den Ausführungen des Beschwerdeführers fragwürdig, dass dieser trotz angeblich zweimaliger Verhaftung weiterhin in der Lage war, in einer öffentlichen Schule als Lehrer zu arbeiten. Auf diesen Umstand in der mündlichen Verhandlung am 13.11.2018 angesprochen, antwortete dieser lediglich ausweichend mit: "Ja, das war ja meine Arbeit" (Verhandlungsprotokoll vom 13.11.2018, S 13).

 

Das konkrete Fluchtvorbringen stützte sich ja darauf, dass der Beschwerdeführer Satellitenanlagen installieren wollte, um in Pinyin den Empfang des Senders "Southern Cameroons Broadcasting Corporation (SCBC)" zu ermöglichen. In der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 20.03.2018 wurde auf einen Online-Artikel der Cameroon Concord News, "Ambazonia TV threatening Biya¿s control of Southern Cameroons" vom 23.08.2017 (abrufbar unter http://www.cameroonconcordnews.com/ambazonia-tv-threatening-biyas-control-of-southern-cameroons/ ;

Zugriff am 20.12.2018) verwiesen, wonach in Südkamerun über Satellitenschüsseln der Sender SCBC, der drei Monate zuvor seine Arbeit aufgenommen habe, empfangen werde. Auf den ersten Blick scheint dieser Artikel das Vorbringen des Beschwerdeführers zu stützen, doch ist auch wiederum denkbar, dass der Beschwerdeführer seine Fluchtgeschichte in Kenntnis dieses Artikels aufgebaut hat. Sowohl diesem Artikel wie auch der Homepage des Senders selbst ist zu entnehmen, dass der Sender seine Arbeit im April 2017 aufgenommen hat. Der Beschwerdeführer wurde seinen Angaben nach bereits Ende Mai 2017 verhaftet. Dennoch beschreibt er sich, unter anderem in der Stellungnahme vom 20.03.2018 als "geheimen Vorortberichterstatter", der über die Lage des anglophonen Teils berichtet habe, was den Eindruck einer längeren Tätigkeit für den Sender vermittelt. In der mündlichen Verhandlung erklärte er zudem auf Nachfrage der Richterin, dass er bereits nach den Vorfällen des 08.12.2016 für den Sender tätig geworden sei und dass der Sender gegründet worden sei, als die Internetverbindungen gekappt worden seien. Dies war im Dezember 2016/Jänner 2017 der Fall. Tatsächlich wurde der Sender aber erst im April 2017 gegründet (Handbook SCBC, S 6, abrufbar unter https://scbctv.com/shares/handbook/ ; Zugriff am 20.12.2018).

 

Auch einem von ihm vorgelegten Schreiben mit einem Briefkopf von SCBC, der allerdings nicht dem Logo der Homepage des Senders (vgl. https://scbctv.com/ ; Zugriff am 18.12.2018) entspricht, ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer eine der wichtigsten Informationsquellen des Senders gewesen sei. Während dem Briefkopf zu entnehmen ist, dass der Sender seinen Sitz in Johannesburg, Südafrika hat, ist auf der genannten Homepage Pretoria als Sitz des Senders genannt. Im Übrigen wäre anzunehmen, dass Mitarbeiter des Senders in Kenntnis wären, dass man Johannesburg schreibt und nicht "Johhannesburg". Es bestehen daher von Seiten des Bundesverwaltungsgerichtes massive Zweifel an der Echtheit des Schreibens.

 

In der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 20.03.2018 wurde beantragt, eine Anfrage bei SCBC zu stellen; diesbezüglich muss allerdings festgehalten werden, dass - wie bereits ausgeführt - erhebliche Zweifel an der Echtheit des Schreibens bestehen. Eine Überprüfung der am Briefkopf und in der Stellungnahme angegebenen Adresse ergab zudem, dass das Apartmenthaus "XXXX" nicht in der vom Beschwerdeführer angegebenen Straße liegt, sondern als offizielle Adresse die angrenzende XXXX führt. Aufgrund des Umstandes, dass sich auf der Homepage eine andere Adresse des Senders findet, sieht das Bundesverwaltungsgericht davon ab, eine schriftliche Anfrage an die vom Beschwerdeführer genannte, nicht verifizierbare Adresse durchzuführen. Soweit in dieser Stellungnahme im Übrigen auch eine Anfrage an den Rechtsanwalt des Beschwerdeführers beantragt wurde, unterbleibt auch diese, weil der Beschwerdeführer selbst angab, dass der Anwalt nichts aus eigener Beobachtung berichten könnte und seines Wissens nicht politisch aktiv gewesen sei (Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 13.11.2018).

 

Der Beschwerdeführer gibt an, dass seine Zahnschmerzen von einem Schlag eines Soldaten resultieren. Dies kann aber nicht abschließend festgestellt werden; Hauptursache für das Erkranken eines Zahnes sind Kariesbakterien. Aber auch ein Schlag, kieferorthopädische Behandlungen oder das Beschleifen eines Zahns für eine Krone können zum "Absterben" des Zahnnervs führen (vgl. z.B. https://www.zahnschmerzen.net/ursachen/ ; Zugriff am 20.12.2018). Selbst wenn festgestellt werden könnte, dass die Zahnschmerzen Resultat eines Schlages sind, kann dennoch nicht eruiert werden, in welchem Zusammenhang der Beschwerdeführer diesen Schlag erlitten hat.

 

Zur Untermauerung seines Vorbringens machte der Beschwerdeführer auch noch geltend, dass er in Belgien einerseits den "südkamerunischen Präsidenten" am Flughafen abgeholt und andererseits bei einem Termin mit dem kamerunischen Justizminister dabei gewesen sei. Er legte entsprechende Filmmitschnitte auf zwei DVDs vor, auf welchen er seinen Angaben nach zu sehen ist. Dies kann von der erkennenden Richterin nicht abschließend beurteilt werden, doch beweisen diese Mitschnitte jedenfalls nicht, dass er ein führendes Mitglied der Unabhängigkeitsbewegung war und deswegen in Kamerun verfolgt worden war. Zudem sind beide Videos öffentlich abrufbar, so dass sich auch aus deren Besitz kein Naheverhältnis zur Unabhängigkeitsbewegung ergibt.

 

Auf dem ersten Video, welches auch unter https://www.youtube.com/watch?v=MjxywPoANjQ (Zugriff am 20.12.2018) abrufbar ist, ist zu sehen, dass es in einem Raum, in dem mehrere Personen um einen langen Tisch sitzen, zu Tumulten kommt. Der Beschwerdeführer gibt an, dass er ebenfalls an diesem Tisch sitzend zu sehen ist. Dies erscheint allerdings aufgrund der zu diesem Termin getätigten widersprüchlichen Aussagen zumindest zweifelhaft; so hatte der Beschwerdeführer dem BFA am 06.03.2018 erklärt, dass er ein persönliches Gespräch mit dem Minister gewünscht habe und deswegen nach Brüssel gefahren sei: "Ich habe den Minister getroffen, ich hatte einen Streit mit ihm, dann hat mich seine Leibwache geschlagen. Es gab eine Schlägerei zwischen den Leibwächtern und den Organisationsmitgliedern, dann kam die Polizei. Wir trafen uns in einer Halle, in der mehr als 2000 Personen anwesend waren. Die Veranstaltung wurde aufgrund der Vorfälle abgebrochen." Wie bereits weiter oben erwähnt wurde, hatte das BFA zu Recht beanstandet, dass in dem auf dem Video zu sehenden Raum jedenfalls keine 2000 Personen Platz finden. In der Beschwerde wurde nochmals behauptet, dass im Saal ungefähr 2000 Menschen Platz hätten, da der Saal ein Obergeschoß habe, das auf dem Video nicht zu sehen sei. Tatsächlich befinden sich etwa 50 bis 100 Personen im Raum und ist es aus Sicht der erkennenden Richterin nicht vorstellbar - selbst wenn es ein Obergeschoß geben würde - dass der Raum derart viele Personen fassen würde. Dies müsste dem Beschwerdeführer bewusst sein, wenn er tatsächlich bei der Veranstaltung war. In der mündlichen Verhandlung versuchte er seine Beschreibung auch abzuschwächen, indem er nun von einem Saal für rund 1000 Personen sprach und davon, dass etwa 300 anwesend gewesen seien. Auch das sonstige (oben zitierte) Vorbringen ist dem Video nicht zu entnehmen: Die Person, die laut Beschwerde der Beschwerdeführer sein soll (kariertes Hemd neben einer Frau in blauer Kleidung), ist jedenfalls weder in direktem Streit mit dem Minister noch mit dem Leibwächter zu sehen. In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass er vom Leibwächter des Ministers wiederholt mit einem Stuhl geschlagen worden sei, auch dies ist dem Video nicht zu entnehmen. Diese Person ist auch immer nur von hinten oder kurz von der Seite zu sehen und handelt es sich um ein offenbar mit einem Mobiltelefon aufgenommenes Video, so dass eine Identifizierung des Beschwerdeführers nicht möglich ist.

 

Auf dem zweiten Video sind mehrere Personen zu sehen, die eine ankommende Person am Flughafen in Brüssel begrüßen. Laut dem Beschwerdeführer handelt es sich dabei um die Ankunft von XXXX am 24.08.2017. Das Video ist auch auf YouTube öffentlich zugänglich (vgl. XXXX; Zugriff am 18.1.2018). Laut Beschwerdeschriftsatz handelt es sich bei einem Mann XXXX, zu sehen ab Minute XXXX, um den Beschwerdeführer. Eine Beurteilung, ob es sich dabei tatsächlich um den Beschwerdeführer handelt, kann von der erkennenden Richterin, insbesondere aufgrund der schlechten Bildqualität, nicht getroffen werden. Selbst wenn es sich dabei aber um den Beschwerdeführer handeln sollte, kann daraus nicht geschlossen werden, dass dem Beschwerdeführer eine tragende Rolle in der Unabhängigkeitsbewegung zukommt bzw. kann aufgrund des Videos nicht von einer besonderen Gefährdung des Beschwerdeführers ausgegangen werden. Es wird von der erkennenden Richterin nicht verkannt, dass XXXX im Exil in Nigeria im Jänner 2018 verhaftet wurde (vgl. etwa den Bericht im Guardian vom 07.01.2018; abrufbar unter XXXX; Zugriff am 20.12.2018). Dass aber der Beschwerdeführer wegen dieses Videos verfolgt wird, wie er behauptete (So wäre die Rückkehr nach Kamerun "mein Todesurteil, wegen der Videos im Internet. Wurde mein Name öffentlich und ich bin in ganz Kamerun bekannt und gesucht."; Protokoll vom 06.03.2018, S 12), ist alleine schon deswegen unwahrscheinlich, weil sich aus dem Video keine besondere Nahebeziehung zwischen dem selbsternannten "Präsidenten" Südkameruns und dem Beschwerdeführer ergibt und auch dessen Name nicht öffentlich gemacht wurde. Dass sich der Beschwerdeführer in Bezug auf seine Rückkehrbefürchtungen derart auf diese Videos stützt, erscheint - wenn man seine Fluchtgeschichte glauben würde - ebenfalls nicht plausibel: Wenn er tatsächlich diese tragende Rolle in der Unabhängigkeitsbewegung innegehabt und wegen der Unterstützung des Oppositionssenders (bereits zum dritten Mal) verhaftet worden wäre, wäre dies alleine ausreichend, um eine Verfolgung durch die Behörden anzunehmen; die Videos wären diesbezüglich nur der geringste Grund.

 

Bei der Beurteilung der Gefährdungssituation von "Rückkehrern", die sich im Ausland exilpolitisch betätigt haben, kommt es in Bezug auf den geltend gemachten Nachfluchtgrund darauf an, ob der Asylwerber infolge seiner exilpolitischen Betätigung in das Blickfeld der für die Staatssicherheit zuständigen Behörden seines Herkunftsstaates geraten konnte. Zur Beantwortung dieser Frage sind zwei Gesichtspunkte zu berücksichtigen, einerseits, ob der Asylwerber auffällig "regimekritisch" in Erscheinung getreten ist, andererseits, ob er aus der Sicht der Behörden des Herkunftsstaates als Gefahr für das Regime eingeschätzt werden könnte (VwGH 14.1.2003, 2001/01/0398; 21.11.2002, 2002/20/0242). Abgesehen von den zwei Gelegenheiten, die nach Aussage des Beschwerdeführers auf den Videos zu sehen sind, war der Beschwerdeführer nicht exilpolitisch tätig. Unabhängig von den oben dargelegten Zweifeln, ob es sich auf den Videos tatsächlich um die Person des Beschwerdeführers handelt, ist der Beschwerdeführer auf den Videos jedenfalls nicht in einer exponierten Rolle zu sehen und kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass er nur aufgrund der Videos von Kameruns Regierung als Gefahr für das Regime eingeschätzt werden könnte. Ein asylrelevanter Nachfluchtgrund liegt daher nicht vor.

 

In einer Stellungnahme vom 25.05.2018 wurden Fotos eines kaputten Wirtschaftsgebäudes vorgelegt; der Beschwerdeführer erklärte, es würde sich dabei um sein landwirtschaftliches Gebäude handeln, das mitsamt den darin gelagerten landwirtschaftlichen Produkten angezündet worden sei. Die Fotos habe ihm seine Frau übermittelt, die sich mit den Kindern immer an verschiedenen Orten aufhalte, da sie die Rache der Familien der Techniker fürchten würde. Wie oben dargelegt ist aber das Vorbringen rund um das Engagement des Beschwerdeführers für den Sender SCBC nicht glaubhaft, so dass auch nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Bedrohung durch die Familien der angeblich inhaftierten Techniker real existiert. Es kann vom Bundesverwaltungsgericht nicht festgestellt werden, um welches Gebäude es sich bei den Bildern handelt und aus welchem Grund es verbrannt ist; die vorgelegten Fotos eignen sich daher auch nicht, um das Vorbringen des Beschwerdeführers zu bescheinigen.

 

In einer Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 30.05.2018 wurde darauf verwiesen, dass am 25.05.2018 das XXXX wegen des Verdachts, dass dort ein geheimes SCNC-Treffen abgehalten worden sei, gestürmt wurde und dass dies zahlreiche Todesopfer gekostet habe. Dazu wurde ein Bericht einer Homepage namens "XXXX" vom 25.05.2018 zitiert (abrufbar unter XXXX Zugriff am 21.12.2018). Dem ist allerdings entgegenzuhalten, dass anderen Medienberichten zu entnehmen ist, dass es sich um bewaffnete Bandenmitglieder und nicht um Kämpfer für die Unabhängigkeit gehandelt habe, die in dem bereits geschlossenen XXXX Hotel Unterschlupf gesucht hatten (vgl. dazu etwa XXXX vom 28.05.2018, abrufbar unter XXXX oder auch XXXX vom 25.05.2018, abrufbar unter XXXX; Zugriff jeweils am 21.12.2018). Unabhängig davon wird von der erkennenden Richterin aber ohnehin nicht verkannt, dass Aktivisten für die Unabhängigkeit Südkameruns aktuell Repressionen durch die kamerunische Regierung ausgesetzt sind. Dem Beschwerdeführer ist es jedoch im gegenständlichen Verfahren nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass er zu diesen Aktivisten für die Unabhängigkeit Südkameruns zählt.

 

Ausgehend von den genannten Widersprüchen und Unstimmigkeiten kommt das Bundesverwaltungsgericht, wie zuvor schon das BFA, zum Schluss, dass es nicht glaubhaft ist, dass der Beschwerdeführer Kamerun aufgrund der Gefahr einer staatlichen Verfolgung wegen seines angeblichen politischen Aktivismus innerhalb diverser Bewegungen in den anglophonen Regionen Südkameruns verlassen hat. Es ist weder glaubhaft, dass er von den Behörden noch von den Familien der (angeblich) inhaftierten Techniker, die für ihn die Satelliten für SCBC montiert hätten, verfolgt oder bedroht wird. Eine Gefährdung seiner Person für den Fall der Rückkehr ergibt sich daher nicht.

 

Das Bundesverwaltungsgericht kommt daher zu dem Schluss, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine konkrete, gegen seine Person gerichtete Verfolgung bzw. Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen.

 

Die belangte Behörde hatte auch den Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen, unter Hinweis darauf, dass für den Beschwerdeführer keine besondere Gefährdungssituation bestehe und nicht davon auszugehen sei, dass der Beschwerdeführer in eine ausweglose Situation geraten würde. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich diesen tragenden Erwägungen des BFA an und geht davon aus, dass der erwerbsfähige Beschwerdeführer mit Grundbesitz und mit akademischer Ausbildung durchaus in der Lage sein wird können, sich in seinem Herkunftsstaat Kamerun wieder eine Lebensgrundlage zu schaffen.

 

Es ist letztlich davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nicht in eine existenzbedrohende Lage geraten würde. Der Beschwerdeführer ist auch nicht von willkürlicher Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bedroht.

 

2.4. Zu den Länderfeststellungen

 

Zu den zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat ausgewählten Quellen wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nicht-staatliche Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um kritische Sachverhalte geht, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme unterstellt werden kann. Zudem werden auch Quellen verschiedener Menschenrechtsorganisationen herangezogen, welche oftmals das gegenteilige Verhalten aufweisen und so gemeinsam mit den staatlich-diplomatischen Quellen ein abgerundetes Bild ergeben. Bei Berücksichtigung dieser Überlegungen hinsichtlich des Inhaltes der Quellen, ihrer Natur und der Intention der Verfasser handelt es sich nach Ansicht der erkennenden Richterin bei den Feststellungen um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material (vgl. VwGH, 07.06.2000, Zl. 99/01/0210).

 

Der Beschwerdeführer trat den Quellen und deren Kernaussagen im Beschwerdeverfahren auch nicht entgegen, sondern verwies im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 13.11.2018 sogar auf diese, um sein Fluchtvorbringen zu untermauern (Verhandlungsprotokoll vom 13.11.2018, S 21).

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Zu A)

 

3.1. Zum Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids):

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1, Abschnitt A, Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Im Hinblick auf eine behauptete staatliche Verfolgung des Beschwerdeführers aufgrund seines angeblichen politischen Aktivismus in diversen anglophonen Bewegungen in Südkamerun ist festzustellen, dass dieses Vorbringen, wie in der Beweiswürdigung unter Punkt A)

2.3. dargelegt, nicht glaubhaft ist. Sonstige Fluchtgründe wurden nicht vorgebracht. Dem Beschwerdeführer ist es damit im gesamten Verfahren nicht gelungen, eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen.

 

Aus diesen Gründen ist festzustellen, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat Kamerun keine Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht und Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides zu bestätigen ist.

 

3.2. Zum Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids):

 

Gemäß § 8 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG 2005 idgF ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Gemäß § 8 Abs. 2 leg. cit. ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

 

Nach der früheren ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes war bei der Prüfung betreffend die Zuerkennung von subsidiärem Schutz eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen waren, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (VwGH, 21.02.2017, Ro 2017/18/005). Der Verwaltungsgerichtshof stellte daher für die Gewährung von subsidiärem Schutz insbesondere auf den Maßstab des Artikel 3 EMRK ab (vgl. etwa VwGH, 25.04.2017, Ra 2016/01/0307).

 

Allerdings hatte der EuGH in seinem Urteil vom 18.12.2014, M¿Bodj/Belgien, C-542/13 , klargestellt, dass eine Verletzung des Art. 3 EMRK nicht automatisch zur Gewährung des Status von subsidiärem Schutz nach Art 15 der Status-Richtlinie (Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004) führt. Konkret führt er in Rz 40 aus: "Der Umstand, dass ein an einer schweren Krankheit leidender Drittstaatsangehöriger nach Art. 3 EMRK in der Auslegung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in absoluten Ausnahmefällen nicht in ein Land abgeschoben werden kann, in dem keine angemessene Behandlung vorhanden ist, bedeutet deswegen aber nicht, dass es ihm erlaubt werden muss, sich auf der Grundlage des subsidiären Schutzes nach der Richtlinie 2004/83 in einem Mitgliedstaat aufzuhalten." Subsidiärer Schutz nach Art. 15 lit. A und b der Statusrichtlinie verlangt nach dieser Auslegung durch den EuGH, dass der ernsthafte Schaden durch das Verhalten von Dritten verursacht werden muss und nicht bloß Folge allgemeiner Unzulänglichkeiten im Herkunftsland ist. Zugleich hielt der EuGH in dieser Entscheidung auch fest, dass es unionsrechtlich unzulässig ist, den in der Statusrichtlinie vorgesehenen Schutz Drittstaatsangehörigen zuzuerkennen, die sich in Situationen befinden, die keinen Zusammenhang mit dem Zweck dieses internationalen Schutzes aufweisen, etwa aus familiären oder humanitären Ermessensgründen.

 

Die in dem Urteil vom 18.12.2014, M¿Bodj/Belgien vom EuGH entwickelten Grundsätze wurde im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 06.11.2018, Ra 2018/01/0106 aufgenommen und festgestellt, dass der österreichische Gesetzgeber die unionsrechtlichen Vorgaben der Statusrichtlinie zur Gewährung des Status subsidiär Schutzberechtigter in § 8 Abs. 1 AsylG entgegen der oben angeführten Rechtsprechung des EuGH umgesetzt hat.

 

In seiner Entscheidung vom 21.11.2018, Ra 2018/01/0461 wiederholt der Verwaltungsgerichtshof, dass es der Statusrichtlinie widerspricht, einem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten unabhängig von einer Verursachung durch Akteure oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt im Herkunftsstaat zuzuerkennen.

 

Zur Frage der unionsrechtskonformen Auslegung des innerstaatlichen Rechts hat der EuGH zuletzt in der Rechtssache C-384/17 vom 04.10.2018 (Dooel Uvoz-Izvoz Skopje Link Logistic M&N gegen Budapest Rendorfokapitanya) festgelegt, dass von Gerichten alles zu tun ist, um die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu gewährleisten, wobei dies seine Schranken in den allgemeinen Rechtsgrundsätzen findet und nicht als Grundlage einer Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen darf. Wenn eine konforme Auslegung nicht möglich ist, ist das nationale Gericht verpflichtet, das Unionsrecht in vollem Umfang anzuwenden und die Rechte, die dieses dem Einzelnen einräumt, zu schützen, indem es notfalls jede Bestimmung unangewendet lässt, deren Anwendung im konkreten Fall zu einem unionsrechtswidrigen Ergebnis führt.

 

Die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten ist daher nach den Kriterien des Art. 15 der Statusrichtlinie zu prüfen.

 

Artikel 15 der Statusrichtlinie, der die Voraussetzung für die Vergabe des Status eines subsidiär Schutzberechtigten festlegt, lautet:

 

Als ernsthafter Schaden gilt

 

a) die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe oder

 

b) Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung eines Antragstellers im Herkunftsland oder

 

c) eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

 

Im gegenständlichen Fall ist der Beschwerdeführer weder durch die Todesstrafe noch durch einen bewaffneten Konflikt bedroht. In Kamerun herrscht kein Bürgerkrieg. Der Beschwerdeführer bzw. dessen Leben und dessen Unversehrtheit sind nicht infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bedroht. Art 15a bzw. c der Statusrichtlinie sind nicht erfüllt.

 

Nach der oben zitierten Rechtsprechung des EuGH, der für die Auslegung des Unionsrechts zuständig ist, ist es für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des Art. 15 b der Statusrichtlinie erforderlich, dass der ernsthafte Schaden durch das Verhalten von Dritten (Akteuren) verursacht werden muss oder von einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt ausgeht. Nicht umfasst ist dagegen die reale Gefahr jeglicher etwa auf allgemeine Unzulänglichkeiten im Heimatland zurückzuführenden Verletzung von Art. 3 EMRK.

 

Wie bereits im Zuge der Prüfung des Status des Asylberechtigten festgestellt wurde, ist nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer von den Behörden Kameruns bedroht wäre. Eine Gefahr einer Art. 3 EMRK Verletzung durch das konkrete Handeln (auch im Sinne von Unterlassungshandlungen) dritter Personen kann nicht festgestellt werden.

 

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides war daher abzuweisen.

 

3.3. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

 

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde unter Zitierung des § 57 AsylG 2005 zwar ausgesprochen hat, dass ein Aufenthaltstitel "aus berücksichtigungswürdigen Gründen" gemäß § 57 AslG 2005 nicht erteilt werde, dass sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides jedoch unzweifelhaft ergibt, dass die belangte Behörde tatsächlich rechtsrichtig über eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG 2005 abgesprochen und eine solche nicht erteilt hat.

 

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird. Die formellen Voraussetzungen des § 57 AsylG 2005 sind allerdings nicht gegeben und werden in der Beschwerde auch nicht behauptet. Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz war dem Beschwerdeführer daher nicht zuzuerkennen.

 

Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.

 

3.4. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

 

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wurde. Es ist daher zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für unzulässig zu erklären ist.

 

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet wie folgt:

 

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

 

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

 

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

 

4. der Grad der Integration,

 

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

 

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

 

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

 

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

 

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Im gegenständlichen Fall verfügt der Beschwerdeführer über kein iSd Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben in Österreich. Vielmehr hält sich seine gesamte Familie, insbesondere seine Frau und seine 3 minderjährigen Kinder, in Kamerun auf. Zu prüfen ist somit ein etwaiger Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers.

 

Unter Berücksichtigung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/01/0479 zu einem dreijährigen Aufenthalt im Bundesgebiet oder auch Erkenntnis vom 15.12.2015, Ra 2015/19/0247 zu einem zweijährigem Aufenthalt in Verbindung mit dem Umstand, dass der Beschwerdeführer mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet war), des Verfassungsgerichtshofes (29.11.2007, B 1958/07-9, wonach im Fall eines sich seit zwei Jahren im Bundesgebiet aufhältigen Berufungswerbers die Behandlung der Beschwerde wegen Verletzung des Art. 8 EMRK abgelehnt wurde; ebenso 26.04.2010, U 493/10-5 im Falle eines fünfjährigen Aufenthaltes) und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (siehe etwa EGMR, 08.04.2008, Nnyanzi v. UK, 21878/06) muss angesichts der kurzen Dauer des Inlandsaufenthaltes von etwa zehn Monaten davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers das Interesse an der Achtung seines Privat- und Familienlebens überwiegt.

 

Es liegen angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers auch keine Aspekte einer außerordentlichen Integration vor; er hat zwar begonnen Deutsch zu lernen und hat Bekanntschaften geschlossen, doch reicht dies nicht, um davon auszugehen, dass seine privaten Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung überwiegen.

 

Es sind - unter der Schwelle des Art. 2 und 3 EMRK - aber auch die Verhältnisse im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens zu berücksichtigen, so sind etwa Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder auch Behandlungsmöglichkeiten bei medizinischen Problemen bzw. eine etwaigen wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung psychischer Probleme auch in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen (vgl. dazu VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119). Eine diesbezüglich besonders zu berücksichtigende Situation liegt aber nicht vor; der Beschwerdeführer leidet zwar an Bluthochdruck und Schlafproblemen sowie zeitweise an Zahnschmerzen, doch sind diese Beschwerden nicht derart schwerwiegend, dass sie seine Erwerbsfähigkeit beeinflussen würden; zudem verfügt der Beschwerdeführer in Kamerun über Familie und ist er Eigentümer einiger Grundstücke und Häuser.

 

Hinsichtlich seiner strafrechtlichen Unbescholtenheit ist auszuführen, dass dies nach Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen darstellt (VwGH 21.01.1999, 98/18/0420), da der VwGH davon ausgeht, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält.

 

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher, dass die im angefochtenen Bescheid angeordnete Rückkehrentscheidung keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellt.

 

Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes IV. gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.

 

3.5. Zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides):

 

Im angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 52 Abs. 9 Fremdenpolizeigesetz (FPG) festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Kamerun zulässig ist.

 

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei. Für die gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmende Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung gilt der Maßstab des § 50 FPG (VwGH 15.09.2016, Ra 2016/21/0234).

 

§ 50 FPG lautet:

 

(1) Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

 

(2) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

 

(3) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

 

Hinweise auf eine allgemeine existenzbedrohende Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen für Kamerun nicht vor, sodass aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 und/oder 3 EMRK abgeleitet werden kann.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des EGMR obliegt es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (Beschluss des VwGH vom 23.02.2016, Ra 2015/01/0134 mit Verweis auf das Urteil des EGMR vom 05.09.2013, I gegen Schweden Nr. 61204/09; sowie Erkenntnis des VwGH vom 25.02.2016, Ra 2016/19/0036 sowie vom 13.09.2016, Ra 2016/01/0096-3). Dies wurde vom Beschwerdeführer nicht substantiiert dargelegt, vielmehr gab er stets an, in Kamerun über ein ausreichendes Einkommen verfügt zu haben. Selbst wenn er seine Stelle als Lehrer nicht mehr bekommen sollte, so hatte er diese nur an zwei Tagen in der Woche ausgeübt; ansonsten war er als Geschäftsmann tätig und lebte auch von den Einnahmen der geerbten Grundstücke und Häuser. Es ist daher jedenfalls davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat seine dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht in eine dauerhaft aussichtslose Lage gerät.

 

Es ergibt sich insgesamt kein reales Risiko, dass es durch die Rückführung des Beschwerdeführers nach Kamerun zu einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe kommen würde.

 

Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.

 

3.6. Zur Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheids):

 

Im angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt. Dass besondere Umstände, die der Beschwerdeführer bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hätte, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen würden, wurde nicht vorgebracht.

 

Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes VI. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.

 

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

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