European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018120021.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber steht als Staatsanwalt in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienstbehörde ist die Oberstaatsanwaltschaft Graz.
2 Mit Bescheid vom 19. Dezember 2017 stellte die Dienstbehörde fest, für die Ermittlung des Besoldungsdienstalters würden gemäß § 12 Abs. 5 Gehaltsgesetz 1956 (GehG) Vordienstzeiten in der Dauer von 394 Tagen angerechnet (Spruchpunkt I.). Das beantragte Mehrbegehren, über sechs Monate hinausgehende Präsenzdienstleistungen gemäß § 12 Abs. 2 Z 1 oder Z 4 oder Abs. 3 GehG anzurechnen, wurde abgewiesen (Spruchpunkt II.). Weiters wurde festgestellt (Spruchpunkt III.), zuzüglich der im Dienstverhältnis (als Richteramtsanwärter) verbrachten, für die Vorrückung wirksamen Zeiten im Gesamtausmaß von 1.096,3334 Tagen ergebe sich somit für die erstmalige Einstufung zum 1. Juli 2017 sowie die weitere Vorrückung ein relevantes Besoldungsdienstalter von 1.490,3334 Tagen (das seien 4 Jahre und 1 Monat). 3 Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde und brachte vor, sein Rechtsmittel richte sich lediglich gegen jenen Teil des behördlichen Abspruches, mit dem keine Anrechnung von Vordienstzeiten über 4 Jahre und 1 Monat hinaus stattgefunden habe. Er begehrte die Anrechnung sämtlicher seiner Vordienstzeiten beim Bundesheer laut Erhebungsblatt vom 9. Oktober 2017 auf Grundlage des § 12 Abs. 2 Z 1 GehG, allenfalls auch im Wege der verfassungskonformen Interpretation oder Analogie.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht diese Beschwerde ab. Es sprach aus, die Revision sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. Begründend wurde ausgeführt, das Wehrgesetz 2001 (WG 2001) sehe in § 1 Abs. 3 letzter Satz ausdrücklich vor, dass mit Personen, die Präsenzdienst leisteten, kein Dienstverhältnis zum Bund begründet werde. Da der Revisionswerber somit während seiner "diversen" Zeiten beim Bundesheer in keinem Dienstverhältnis zu einer Gebietskörperschaft gestanden sei, komme eine Anrechnung nach § 12 Abs. 2 Z 1 GehG nicht in Betracht.
5 Soweit der Revisionswerber auf § 15 Auslandszulagen- und - hilfeleistungsgesetz (AZHG) verweise und ausführe, dass mit ihm ein Vertrag nach dem Vertragsbedienstetengesetz hätte abgeschlossen werden müssen und dieser konkludent zustande gekommen sei, sei dem entgegen zu halten, dass der Revisionswerber nicht Vertragsbediensteter gewesen sei und somit auch kein Dienstverhältnis zu einer Gebietskörperschaft vorgelegen sei. Ein solcher Vertrag hätte auch nicht abgeschlossen werden müssen, da der Revisionswerber sehr wohl Angehöriger des Bundesheeres gewesen sei, weil er als Angehöriger des Milizstandes zum Auslandseinsatzpräsenzdienst iSd. § 19 Abs. 1 Z 8 WG 2001 einberufen worden sei. Wie sich ganz klar aus den Erläuterungen zu § 15 AZHG ergebe, seien Personen, die einen Auslandseinsatzpräsenzdienst ableisteten, von dieser Regelung nicht umfasst (ErläutRV 1632 BlgNR 20. GP 10). Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer bereits 2005 seinen Auslandseinsatzpräsenzdien st geleistet. Die generelle Möglichkeit, Personen in militärischer Verwendung nach § 15 Auslandszulagen- und Hilfeleistungsgesetz aufzunehmen, bestehe jedoch erst seit 2015 (BGBl. I Nr. 65/2015). 6 Die Tätigkeiten des Revisionswerbers seien daher ausschließlich unter dem Gesichtspunkt des § 12 Abs. 3 GehG zu prüfen. Die Absolvierung von Präsenzdiensten (z.B. als Kommandant eines Granatwerferzuges oder eines Jägerzuges) sei hinsichtlich der in Aussicht genommenen Tätigkeit als Staatsanwalt schon nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht als einschlägige Berufstätigkeit zu werten. Dies sei vom Revisionswerber auch zu keinem Zeitpunkt behauptet worden. Kader-/Miliz- sowie Waffenübungen dienten schon nach der gesetzlichen Definition im Rahmen des Wehrgesetzes 2001 primär dem Zweck der Ausbildung und Festigung des Erlernten (vgl. § 20 Abs. 1 sowie § 21 Abs. 1 WG 2001). Somit könne auch die Rechtsansicht des Revisionswerbers in Bezug auf die Gleichheitswidrigkeit im Vergleich zu im Dienststand befindlichen Militärpersonen nicht geteilt werden. Der Verfassungsgerichtshof habe die Verfassungskonformität des § 12 Abs. 2 Z 4 GehG mittlerweile bestätigt. In seiner Beschwerdeablehnung sei ausgeführt worden, dass gegen das Festlegen einer einheitlichen gesetzlichen Höchstgrenze in § 12 Abs. 2 Z 4 GehG für die Anrechnung von Zeiten, in denen der Zivildienst (/Präsenzdienst) abgeleistet worden sei, keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestünden (vgl. VfGH 14.3.2017, E 623/2017). Da sich aus dem Wortlaut des § 12 GehG eindeutig ergebe, dass Zeiten des Präsenzdienstes mit (höchstens) sechs Monaten anrechenbar seien, sei die Beschwerde abzuweisen.
7 Die Revision beantragt, das angefochtene Erkenntnis dahin abzuändern, dass damit der Beschwerde Folge gegeben werde; in eventu wird beantragt, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
8 Zur Begründung ihrer Zulässigkeit macht die Revision geltend, es liege ein Verstoß gegen die Richtlinien 79/7/EWG und 2006/54/EG im Sinne einer unzulässigen Diskriminierung aufgrund des Geschlechts vor. Es gebe faktisch kaum Frauen, die freiwillig Waffen- und Kaderübungen sowie Auslandseinsatzpräsenzdie nste leisteten und bei denen sich die Frage der Nichtanrechnung solcher Zeiten als Folge einer "sachwidrigen gesetzlichen Negierung des Dienstverhältnis-Charakters" einer Zeit beim Bundesheer stelle.
9 Weiters seien die Fragen zu klären, wer als Angehöriger des Bundesheeres zu qualifizieren sei und ob ein Verstoß gegen § 15 AZHG einen konkludenten Abschluss eines Dienstvertrages zur Folge habe.
10 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
13 Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
14 Vorausgeschickt wird, dass für die Prüfung des Erkenntnisses eines Verwaltungsgerichts durch den Verwaltungsgerichtshof stets die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Entscheidung maßgeblich ist (vgl. VwGH 11.11.2016, Ro 2016/12/0010). Dabei sind später herausgegebene Gesetzesänderungen auch dann irrelevant, wenn sie rückwirkend erfolgen (vgl. VwGH 9.9.2015, Ro 2015/12/0025, Rn. 58).
15 Zu einem inhaltsgleichen Zulässigkeitsvorbringen hat der Verwaltungsgerichtshof bei Anwendbarkeit derselben Rechtslage (§ 12 GehG idF. BGBl. I Nr. 64/2016) in seinem Beschluss vom 28. Februar 2019, Ra 2018/12/0023, bereits Stellung bezogen:
"Soweit sich die Zulässigkeitsbegründung erstmalig auf eine Diskriminierung wegen des Geschlechts beruft, ist ihr Folgendes entgegenzuhalten: Dass die ‚gesetzliche Negierung des Dienstverhältnis-Charakters' der Ableistung von Auslandspräsenz- oder Präsenzdienst im Rahmen der Einberufung aus der Miliz sachwidrig wäre, wird in der Zulässigkeitsbegründung nicht aufgezeigt.
Im Übrigen ist nicht ersichtlich, aufgrund welcher rechtlichen Grundlage abzuleiten sein sollte, dass ein allfälliger Verstoß gegen § 15 Abs. 1 AZHG den konkludenten Abschluss eines Dienstvertrages zur Folge hätte (zum Fehlen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung bei eindeutiger Rechtslage siehe z. B. VwGH 20.12.2017, Ra 2017/12/0124). Somit hängt aber auch das Schicksal der Revision nicht von der Frage ab, ob der Revisionswerber als Angehöriger des Bundesheeres zu qualifizieren ist und mit ihm gemäß § 15 AZHG ein Dienstvertrag abzuschließen gewesen wäre (vgl. hiezu jedoch auch § 1 Abs. 3 Z 1 WehrG iVm § 19 Abs. 1 Z 8 WehrG)."
16 Hingewiesen wird darauf, dass sich mit der zweiten Dienstrechts-Novelle 2019, BGBl. I Nr. 58/2019, die Rechtslage geändert hat und Zeiten des Präsenzdienstes nunmehr wieder zur Gänze anrechenbar sind. Bei bereits erfolgter Feststellung der Vordienstzeiten nach § 12 Abs. 5 GehG in einer ab dem 12. Februar 2015 geltenden Fassung sind zusätzliche Zeiten nach § 12 Abs. 4 GehG nachträglich auf Antrag anrechenbar (vgl. § 175 Abs. 98 Z 2 GehG).
17 Aus den dargelegten Erwägungen liegen die Voraussetzungen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vor, weshalb die Revision ohne weiteres Verfahren in nicht-öffentlicher Sitzung zurückzuweisen war.
Wien, am 6. November 2019
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