European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018070476.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom 21. Oktober 2017 gab die Bezirkshauptmannschaft Lienz einem Antrag des revisionswerbenden Vereins nach dem Umweltinformationsgesetz und dem Auskunftspflichtgesetz keine Folge.
2 Die dagegen erhobene Beschwerde des revisionswerbenden Vereins wurde mit dem nun in Revision gezogenen Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 3. April 2018 zurückgewiesen. Die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen.
3 Die Zurückweisung der Beschwerde stützte das Verwaltungsgericht darauf, dass weder im Zeitpunkt der Antragstellung noch im Zeitpunkt der Erhebung der Beschwerde ein Beschluss des diesbezüglich vereinsintern zuständigen Vorstands zur Antragstellung bzw. Beschwerdeerhebung vorgelegen sei. Ebenso wenig habe ein Beschluss bestanden, den einschreitenden Rechtsanwalt mit der generellen ständigen Vertretung des Vereins zu beauftragen und den Obmann zur Erteilung der konkreten Aufträge an ihn zu betrauen. Nachträgliche Genehmigungen kämen in solchen Fällen nicht in Frage.
4 Weiters komme dem Obmann nach den Vereinsstatuten keine unbeschränkte Vertretung nach außen zu, insbesondere nicht bei Rechtsgeschäften zwischen dem Verein und Vorstandsmitgliedern, zu denen auch der beauftragte Rechtsanwalt zähle. Bei der Stellung eines Antrags wie des verfahrensgegenständlichen läge keine Gefahr in Verzug vor, weshalb der Obmann auch nicht - entsprechend § 14 Abs. 1 des Vereinsstatuts - selbstständig Anordnungen hätte treffen dürfen; dies gelte auch für die innerhalb einer Frist von vier Wochen mögliche Beschwerdeerhebung, zumal die Einberufung des zuständigen Vorstands auch kurzfristig möglich wäre.
5 Schließlich habe die Beschwerde auch deshalb zurückgewiesen werden müssen, weil kein aufrechtes Vollmachtsverhältnis zum einschreitenden Rechtsvertreter im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung nachgewiesen habe werden können; die Beschwerde sei daher dem ohne Berechtigung einschreitenden Anwalt zuzurechnen gewesen, dem die Beschwerdelegitimation fehle. Diesbezüglich sei das Verwaltungsgericht nach § 10 Abs. 2 AVG berechtigt gewesen, sich über das Vorliegen der Bevollmächtigung Klarheit zu verschaffen.
6 Die ordentliche Revision sei nicht zuzulassen gewesen, weil die zu lösenden Rechtsfragen anhand der klaren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einwandfrei einer Beantwortung hätten zugeführt werden können (wird jeweils näher ausgeführt).
7 Gegen diesen Beschluss wandte sich der revisionswerbende Verein an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluss vom 24. September 2018, E 1937/2018-5, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof abtrat.
8 In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten außerordentlichen Revision macht der revisionswerbende Verein Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
9 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
12 Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung (VwGH 18.1.2018, Ra 2017/07/0134, mwN). Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen (VwGH 14.12.2017, Ra 2017/07/0124, mwN), noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (VwGH 23.5.2017, Ra 2017/05/0062, mwN).
13 In den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG bei einer außerordentlichen Revision gesondert vorzubringenden Gründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung über die Revision zu lösen hätte (VwGH 21.11.2014, Ra 2014/02/0114, mwN).
14 In den Zulässigkeitsausführungen der Revision nennt der revisionswerbende Verein in knapper Form vier Aspekte des in Revision gezogenen Beschlusses, denen seines Erachtens grundsätzliche Bedeutung zukomme. So stehe das Verwaltungsgericht im Widerspruch zu gesicherter Rechtsprechung auf dem Standpunkt, dass
- entgegen § 6 Abs. 3 Vereinsgesetz 2002 die organschaftliche Vertretungsbefugnis der Vereinsorgane Dritten gegenüber beschränkt sei,
- entgegen § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG sich der Rechtsanwalt nicht auf die erteilte Vollmacht berufen könne,
- die Wirksamkeit der Bevollmächtigung von Amts wegen zu
überprüfen sei,
- Verfahrensanordnungen entgegen § 18 AVG und entgegen § 19 E-GovG erteilt werden können."
15 1. Damit gelingt es der Revision aus nachstehenden Gründen aber nicht, eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen:
16 Dieser abstrakten Art der Fragestellungen fehlt die Verknüpfung zwischen der individualisierten Rechtsfrage, dem vom revisionswerbenden Verein dieser konkret zugrunde gelegten Sachverhalt und der darauf basierenden rechtlichen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes, die den Verwaltungsgerichtshof erst in die Lage versetzte, zu beurteilen, ob eine grundsätzliche Rechtsfrage überhaupt vorliegt (vgl. VwGH 2.8.2018, Ra 2018/05/0198; 10.8.2017, Ra 2016/02/0187; und 2.5.2016, Ra 2016/16/0028, jeweils mwN).
17 In der gesonderten Zulassungsbegründung ist zudem konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshofes uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (VwGH 4.11.2015, Ra 2015/11/0078, mwN). Eine Zulässigkeitsbegründung, die keine Bezugnahme auf Judikatur enthält, entspricht diesen Anforderungen nicht (VwGH 10.9.2018, Ra 2018/19/0110); dies gilt auch vorliegendenfalls für die Behauptung, die Rechtsansichten des Verwaltungsgerichts widersprächen "gesicherter Rechtsprechung".
18 Bereits daran scheitert die Zulässigkeit der vorliegenden Revision.
19 2. Dazu kommt fallbezogen, dass die in Zweifel gezogene Vorgangsweise des Verwaltungsgerichts nach § 10 Abs. 1 und 2 AVG in Übereinstimmung mit der Rechtslage und der einschlägigen Rechtsprechung steht:
20 2.1. § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG eröffnet einer zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugten Person die Möglichkeit, sich anstelle des urkundlichen Nachweises lediglich auf die erteilte Vollmacht zu berufen. Das bedeutet nicht, dass die Berufung auf die erteilte Vollmacht nach § 10 Abs. 1 AVG das Vorliegen einer - auch im Innenverhältnis wirksam zustande gekommenen - Vollmacht ersetzen kann; es entfällt lediglich die Pflicht des urkundlichen Nachweises eines zustande gekommenen Bevollmächtigungsverhältnisses. Treten Zweifel über den Inhalt und Umfang sowie über den Bestand einer Vertretungsbefugnis auf, so ist die Behörde (bzw. das Verwaltungsgericht) nach § 10 Abs. 2 AVG (in Verbindung mit § 17 VwGVG) befugt, sich Klarheit darüber zu verschaffen und die Vollmacht nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen (vgl. VwGH 24.7.2018, Ra 2018/08/0074; 8.7.2004, 2004/07/0101).
21 Bestehen konkrete Zweifel, ob der betreffende Parteienvertreter tatsächlich bevollmächtigt war, so hat die Behörde von Amts wegen entsprechende Ermittlungen vorzunehmen (VwGH 16.6.2011, 2008/18/0284; 22.3.1996, 95/17/0384); nichts anderes gilt für das Verwaltungsgericht. Die vorliegendenfalls vorgenommene amtswegige Überprüfung der Wirksamkeit der Bevollmächtigung findet ihre Grundlage daher bereits im AVG. In den Zulässigkeitsausführungen wird das Vorliegen eines Zweifelsfalls nicht in Abrede gestellt; im Übrigen handelte es sich bei dieser Annahme um eine grundsätzlich nicht revisible Entscheidung im Einzelfall.
22 3. Mit der Frage, ob "Verfahrensanordnungen entgegen § 18 AVG und entgegen § 19 E-GovG erteilt werden können", macht der revisionswerbende Verein einen Verfahrensmangel geltend. Die Zulässigkeit einer Revision im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel setzt aber die Relevanz des Verfahrensmangels für das Verfahrensergebnis voraus (VwGH 20.3.2017, Ra 2016/17/0265, 0266, mwN).
23 Nähere Ausführungen zur Relevanz dieses möglichen Verfahrensmangels finden sich in der Revision aber nicht. Auch aus diesem Grund liegt darin keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG.
24 4. Die Revision war daher aus den genannten Gründen zurückzuweisen.
Wien, am 13. Dezember 2018
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