VwGH Ra 2016/16/0028

VwGHRa 2016/16/00282.5.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und Hofrat Dr. Thoma sowie Hofrätin Mag. Dr. Zehetner als Richter unter Beiziehung der Schriftführerin Mag. Baumann über die Revision der S R in H in T, vertreten durch Ullmann, Geiler und Partner, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Maria Theresien-Straße 17-19, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 31. Dezember 2015, Zl. RV/3300006/2013, betreffend Zurückweisung einer Berufung i.A. Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG und Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG, den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016160028.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Erkenntnis des Spruchsenates beim Finanzamt Innsbruck als Organ des Finanzamtes Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom 2. Juli 2012 wurde die Revisionswerberin des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG und der Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG schuldig erkannt und hiefür mit einer Geldstrafe in der Höhe von EUR 11.000,--, im Falle deren Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe von sechs Wochen bestraft und zum Ersatz der Verfahrenskosten von EUR 500,-- verpflichtet.

2 Mit Schreiben vom 28. Februar 2013 erhob die rechtsfreundlich vertretene Revisionswerberin Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, in eventu Berufung gegen das Erkenntnis vom 2. Juli 2012: Das zitierte Erkenntnis sei ihr erstmals am 1. Februar 2013 zugestellt worden, womit sie erstmals Kenntnis darüber erlangt habe, dass am 2. Juli 2012 eine mündliche Verhandlung bei der genannten Behörde stattgefunden habe. Eine ordnungsgemäße Ladung zu dieser Verhandlung sei ihr nicht zugekommen. Sie beantrage daher die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der mündlichen Verhandlung.

3 Mit Bescheid vom 18. März 2013 wies die Finanzstrafbehörde erster Instanz den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab und mit einem weiteren Bescheid vom 19. März 2013 die Berufung gegen das zitierte Erkenntnis zurück. Begründend führte die Finanzstrafbehörde erster Instanz in ihrem Bescheid vom 19. März 2013 zusammengefasst aus, die Berufung sei nicht fristgerecht erhoben worden. Das zitierte Erkenntnis sei am 7. November 2011 beim Zustellpostamt hinterlegt worden, womit das Dokument als zugestellt gelte. Die neuerliche Zustellung des gleichen Dokumentes würde keine Rechtswirkungen auslösen. Die am 28. Februar 2013 eingebrachte Berufung sei somit verspätet.

4 Mit Schriftsatz vom 18. April 2013 erhob die Revisionswerberin einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der gegenständlichen Rechtsmittelfrist, in eventu Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid der Finanzstrafbehörde erster Instanz vom 19. März 2013. In ihrer Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid vom 19. März 2013 wandte sie sich zusammengefasst gegen die Annahme einer gültigen Zustellung des zitierten Erkenntnisses im November 2012.

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde gegen den Bescheid vom 19. März 2013 als unbegründet ab und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei. Begründend führte das Gericht nach Darstellung des Verfahrensganges und Zitierung aus dem Finanzstrafgesetz sowie aus dem Zustellgesetz aus:

"Das gegenständliche Dokument wurde nach dem im Strafakt der Beschwerdeführerin erliegenden Zustellnachweis nach einem am 6. November 2012 bei der aufrechten Meldeadresse der Beschwerdeführerin durchgeführten Zustellversuch beim zuständigen Postamt hinterlegt und am 7. November 2012 erstmals zur Abholung bereitgehalten.

Eine Ortsabwesenheit im Sinne des § 17 Abs. 3 Zustellgesetz wurde von der Beschwerdeführerin nicht vorgebracht. Die entscheidungsrelevanten Beschwerdeausführungen, welche keine Beweisanträge beinhalten, sind darauf gerichtet, dass am 7. November 2012 keine rechtmäßige Zustellung des Erkenntnisses des Spruchsenates erfolgt sein soll, weil eine Verständigung über die Hinterlegung des Dokumentes nicht erfolgt sei bzw. dass der Hinterlegung kein erfolgloser Zustellversuch vorangegangen sei.

Dazu ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die Rechtswirksamkeit des Zustellvorganges nicht davon abhängt, dass dieser dem Zustellempfänger zur Kenntnis gelangt. Weder eine Beschädigung noch die Entfernung der Hinterlegungsanzeige durch andere Personen hat Einfluss auf die Gültigkeit der Zustellung (vgl. § 17 Abs. 4 Zustellgesetz). Die Unwirksamkeit der Zustellung kann daraus nicht abgeleitet werden (VwGH 24.3.2004, 2004/04/0033).

Mit der Behauptung, der Hinterlegung sei kein erfolgloser Zustellversuch vorangegangen, bestreitet die Beschwerdeführerin implizit die Richtigkeit der Angaben des Zustellers im Rückschein, wonach ein solcher erfolgt und die Verständigung von der Hinterlegung in das Hausbrieffach eingelegt worden sei. Die vom Zusteller erstellten Zustellnachweise sind öffentliche Urkunden, die den Beweis dafür erbringen, dass die Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist. Wird - wie von der Beschwerdeführerin ausgeführt - behauptet, es würden Zustellmängel vorliegen, so ist diese Behauptung auch entsprechend zu begründen und sind Beweise dafür anzuführen, die die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet erscheinen lassen. Die bloße Behauptung, keine Hinterlegungsanzeige vorgefunden zu haben, ist nicht als Angebot eines Gegenbeweises anzusehen (VwGH 19.3.2003, 2002/08/0061).

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, keine Hinterlegungsanzeige vorgefunden zu haben, ist nicht ausreichend, die sich aus dem Rückschein ergebenden Angaben des Postzustellers, es sei eine solche Anzeige im Hausbrieffach des Empfängers eingelegt worden, zu entkräften.

Nur der Vollständigkeit halber wird darauf verwiesen, dass das Bundesfinanzgericht am 1. Juli 2013 eine schriftliche Anfrage an die für die Beschwerdeführerin zuständige Poststelle gerichtet hat, primär um die Praxis bei der Anzahl der Zustellversuche abzuklären, weil von der Finanzstrafbehörde Vordrucke verwendet wurden, welche noch zwei Zustellversuche vor Hinterlegung vorsahen. Weiters wurden Fragen zum Zustellvorgang gestellt. Dem Bundesfinanzgericht wurde dazu in einem undatierten Schreiben des Distributionsleiters der Zustellbasis mitgeteilt, dass (entsprechend der damals bereits gültigen Rechtslage) die Hinterlegung erfolgte, wenn beim ersten Zustellversuch niemand angetroffen werden konnte. Es seien dort keine Umstände bekannt, wonach die Beschwerdeführerin keine Hinterlegungsanzeige hätte vorfinden können; der damalige Zusteller sei nicht mehr im Unternehmen tätig. Auch aus diesen Angaben des Distributionsleiters ergeben sich somit keine Umstände, welche das Beschwerdevorbringen stützen können.

Es ist somit davon auszugehen, dass die gegenständliche Zustellung am 7. November 2012 erfolgte (§ 17 Abs. 3 Zustellgesetz).

Da somit die Berufung gegen das Erkenntnis des Spruchsenates vom 2. Juli 2012 nicht innerhalb der in § 150 Abs. 2 FinStrG bestimmten Monatsfrist eingebracht wurde, ist die Zurückweisung als nicht fristgerecht durch die Finanzstrafbehörde zu Recht erfolgt, weshalb die gegenständliche Beschwerde als unbegründet abzuweisen war."

Abschließend begründete das Gericht die Unzulässigkeit einer Revision.

6 Die vorliegende außerordentliche Revision begründet ihre Zulässigkeit - abgesehen von der Negation der Ausführungen des Gerichts über die Unzulässigkeit - mit der Wiedergabe des Art. 133 Abs. 4 B-VG, von allgemein gehaltenen Leitsätzen aus zivilgerichtlicher Judikatur zum Vorliegen erheblicher Rechtsfragen und der Wiedergabe des § 25a Abs. 4 VwGG mit der Conclusio, vor diesem Hintergrund liege auch in der gegenständlichen Angelegenheit eine grundsätzliche Rechtsfrage vor, da die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes auf einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage beruhe, nachdem insbesondere wesentliche Verfahrensvorschriften missachtet worden seien. Daher sei aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtseinheit ein Bedürfnis zur Korrektur dieses Fehlers gegeben.

7 Hat das Verwaltungsgericht im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird (außerordentliche Revision).

8 Der gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gebotenen gesonderten Darstellung der Gründe, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird, wird nicht schon durch Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung Genüge getan. Ebenso wenig genügt es, wenn die Revision im Rahmen der Darstellung der Gründe nach § 28 Abs. 3 VwGG ohne konkrete Bezugnahme auf den Revisionsfall die Zulässigkeit nur unter Gebrauch allgemeiner Ausführungen behauptet (vgl. etwa den Beschluss vom 19. November 2015, Ra 2015/16/0107, mwN).

9 Vor dem Hintergrund dieses Maßstabes ist die vorliegende Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG ohne weitere Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Wien, am 2. Mai 2016

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