Normen
AVG §56
Totalisateur Buchmacherwetten Gebühren 1919 §2 Abs1
Totalisateur Buchmacherwetten Gebühren 1919 §2 Abs2
Totalisateur Buchmacherwetten Gebühren 1919 §2 Abs3 Z1
Totalisateur Buchmacherwetten Gebühren 1919 §2 Abs3 Z2
VStG §22 Abs2
VStG §44a Z2
VStG §44a Z3
VStG §7
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §38
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018020223.L00
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Das Land Wien hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom 5. Dezember 2016 wurde dem Revisionswerber vorgeworfen, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der V s.r.o. zu verantworten, dass diese Gesellschaft am 18. Februar 2016 in einem näher bezeichneten Lokal in Wien durch das Zurverfügungstellen von einem betriebsbereiten Wettterminal bei der gewerbsmäßigen Vermittlung von Wetten sowie Wettkundinnen und Wettkunden für Wetten aus Anlass konkret angeführter sportlicher Veranstaltungen mitgewirkt habe, obwohl für die gegenständliche Betriebsstätte eine Bewilligung der Wiener Landesregierung nicht erteilt worden sei. Der Revisionswerber habe dadurch § 2 Abs. 3 Z 2 des Gesetzes betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens (GTBW-G) in Verbindung mit § 9 Abs. 1 VStG übertreten, weshalb über ihn eine Geldstrafe von EUR 2.100 (Ersatzfreiheitsstrafe vier Tage) verhängt wurde. Die Behörde ging davon aus, dass am Tatort ein Wettterminal betrieben worden und für diese Tätigkeit an diesem Standort keine landesrechtliche Bewilligung nach dem GTBW-G vorgelegen sei.
2 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht Wien mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass gemäß § 25a Abs. 1 VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei. Begründend ging es von der Feststellung aus, V habe durch das Zurverfügungstellen der in ihrem Eigentum befindlichen Wettterminals bei der gewerbsmäßigen Vermittlung von Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen mitgewirkt. Rechtlich erachtete das Verwaltungsgericht die Subsumtion unter die vom Magistrat genannte gesetzliche Bestimmung als nicht verfehlt.
3 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
4 Eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
5 In der Zulässigkeitsbegründung der Revision wird u. a. vorgebracht, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, weil es keine Feststellungen über das gewerbliche Vermitteln von Wett(kund)en, die genaue Bezeichnung der Eigentümerin der Wettterminals sowie die Identität des unmittelbaren Täters getroffen habe. Das angefochtene Erkenntnis stehe auch im Widerspruch zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, nach der bei zwei angelasteten unterschiedlichen Delikten keine Gesamtstrafe verhängt werden dürfe.
6 Die Revision ist schon aus diesen Gründen zulässig und auch berechtigt.
7 § 2 des Wiener Gesetzes betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens (GTBW-G), StGBl. Nr. 388/1919 idF LGBl. Nr. 26/2015, lautet auszugsweise:
"Strafbestimmungen
§ 2. (1) Wer ohne Bewilligung der Landesregierung Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen gewerbsmäßig abschließt oder vermittelt oder bei diesem Abschluss (dieser Vermittlung) mitwirkt, wer ohne Bewilligung der Landesregierung aus Anlass sportlicher Veranstaltungen Wettkundinnen und Wettkunden gewerbsmäßig vermittelt, ferner wer die ihm erteilte Bewilligung der Landesregierung überschreitet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist - sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet - mit einer Geldstrafe bis 22.000 Euro und im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 6 Wochen zu bestrafen.
(2) ...
(3) Derselben Strafe unterliegt:
1. wer bei dem gewerbsmäßigen Abschluss oder der gewerbsmäßigen Vermittlung der im ersten Absatz angeführten Wetten mitwirkt;
2. wer bei der gewerbsmäßigen Vermittlung von Wettkundinnen und Wettkunden betreffend der der im ersten Absatz angeführten Wetten mitwirkt;
3. wer in einem zur Ausübung seiner oder ihrer
Erwerbstätigkeit bestimmten, allgemein zugänglichen Betriebsraum (Gast- und Schankgewerbelokalität, Vergnügungsunternehmungen usw.) die gewerbsmäßige Vermittlung oder den gewerbsmäßigen Abschluss der im ersten Absatz bezeichneten Wetten oder die Vermittlung von Wettkundinnen und Wettkunden betreffend der im ersten Absatz angeführten Wetten duldet.
(4) ..."
8 Der Verwaltungsgerichtshof judiziert in ständiger Rechtsprechung, dass von einer Vermittlung von Wettkunden schon dann auszugehen ist, wenn Wettterminals aufgestellt oder betrieben werden. Nach § 2 Abs. 3 Z 2 GTBW-G unterliegt derselben Strafe, wer bei der gewerbsmäßigen Vermittlung von Wettkundinnen und Wettkunden betreffend die im § 2 Abs. 1 leg. cit. angeführten Wetten mitwirkt. § 2 Abs. 3 Z 2 GTBW-G enthält eine Regelung der Tatbeteiligung und ordnet an, dass der unmittelbare Täter und der sonstige Tatbeteiligte die Verwirklichung der Tat - mit gleicher Strafdrohung - zu verantworten haben. Die Zurverfügungstellung eines betriebsbereiten Wettterminals stellt in diesem Sinne zweifelsfrei eine Tatbegehung durch sonstigen Tatbeitrag bzw. eine Mitwirkung an den im § 2 Abs. 1 leg. cit. angeführten Wetten dar (vgl. VwGH 23.10.2018, Ra 2018/02/0276 und 0277, mwN). Demnach ist es ausreichend, wenn ein Wettterminal - wie hier - zur Verfügung gestellt wurde und betriebsbereit aufgestellt war.
9 Soweit das Verwaltungsgericht davon ausgeht, das Vorhandensein einer Mehrzahl von Wettterminals stehe außer Streit, zeigt die Revision nicht auf, inwiefern die Existenz bloß eines Wettterminals relevant wäre, weil in der Tatanlastung ohnedies nur ein Gerät genannt wird.
10 Die Gesellschaft, die Eigentümerin des Wettterminals ist, wird in den Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses bloß mit dem Firmenkern ohne Rechtsformzusatz genannt. Die in der Revision behauptete Gefahr einer Doppelbestrafung, weil nicht nur eine V s.r.o. sondern auch eine V & Co k.s. existiere, vermag nicht zu überzeugen, weil mit der Bestätigung des Straferkenntnisses der dort enthaltene Spruch übernommen wird und dieser ausdrücklich die V s.r.o. nennt, welche ein Wettterminal zur Verfügung gestellt habe.
11 Die der V s.r.o. angelastete Mitwirkung an der Vermittlung von Wettkundinnen und Wettkunden betrifft im Spruch des Straferkenntnisses aufgezählte sportliche Veranstaltungen, doch lässt sich mit Blick auf die oben angesprochene Tatbeteiligung dem angefochtenen Erkenntnis nicht entnehmen, an wessen unmittelbarer Tat als Vermittler oder als Buchmacher die vom Revisionswerber vertretene Gesellschaft mitgewirkt hätte. Damit wurden nicht sämtliche Tatbestandselemente der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a Z 2 VStG genannt. Die dem Revisionswerber vorgeworfene Tat ist insoweit nicht unverwechselbar konkretisiert, sodass dieser nicht in die Lage versetzt wurde, auf den Vorwurf zu reagieren und damit sein Rechtschutzinteresse zu wahren (vgl. VwGH 5.12.2017, Ra 2017/02/0186).
12 Für die Annahme der Mitwirkung an einer gewerbsmäßigen Vermittlung von Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen durch Totalisateurinnen und Totalisateure (vgl. § 1 Abs. 2 GTBW-G) fehlen jegliche Anhaltspunkte in dem vom Verwaltungsgericht festgestellten Sachverhalt.
13 Mit dem vom Verwaltungsgericht übernommenen Spruch des bekämpften Straferkenntnisses wurde die Übertretung von zwei Delikten, nämlich die Mitwirkung an der gewerbsmäßigen Vermittlung von Wetten einerseits und von Wettkundinnen und Wettkunden andererseits angelastet und über den Revisionswerber entgegen § 22 Abs. 2 VStG nur eine Gesamtstrafe verhängt, weshalb das angefochtene Erkenntnis auch gegen § 44a Z 3 VStG verstößt (vgl. Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 (2017) § 44a Rz 8, mwN).
14 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. 15 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 27. September 2019
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