VwGH Ra 2017/12/0006

VwGHRa 2017/12/000613.9.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler, Hofrat Dr. Zens, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer, Hofrat Mag. Feiel und Hofrätin MMag. Ginthör als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die Revision des A B in A, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs Kai 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 18. November 2016, Zl. LVwG 49.27-2207/2015-2, betreffend ersatzlose Bescheidaufhebung i.A. Erhöhung einer Dienstzulage gemäß § 58 GehG (vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde: Landesschulrat für Steiermark), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
GehG 1956 §57 Abs4 idF 2016/I/064;
GehG 1956 §58 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Der Revisionswerber steht als Landeslehrer in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Steiermark. Seine Dienststelle ist die Landesberufsschule X, in welcher er seit 1. Juni 2005 die Position eines Direktor-Stellvertreters bekleidet.

2 Am 8. Juni 2015 richtete er an den Landesschulrat für Steiermark eine Eingabe folgenden Inhaltes:

"Sehr geehrter Herr Mag. X!

Wie bereits die Vorsitzende der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, Frau Dir. Y, versucht hat eine Rechtsauskunft darüber zu erhalten, ob Direktor - Stellvertreter ebenso wie Direktoren ein Anrecht besitzen, bereits nach acht Jahren in den Genuss einer Vorrückung zu gelangen, ersuche ich Sie daher persönlich um Bewertung dieser Frage.

Da einige Bundesländer in Österreich keinen Unterschied zwischen Direktor - Stellvertretern und Direktoren bezüglich der Vorrückungszeit machen und nach Auskunft der Gewerkschaft aus dem Gesetzestext nicht interpretiert werden kann, dass Direktor - Stellvertreter erst nach Ablauf von 12 Jahren eine Vorrückung erhalten, ersuche ich höflichst um Ausbezahlung des Differenzbetrages, falls ich darauf einen Anspruch haben sollte, da ich nunmehr seit zehn Jahren in dieser Funktion tätig bin."

3 Daraufhin sprach die Dienstbehörde mit Bescheid vom 2. Juli 2015 wie folgt ab:

"Es wird festgestellt, dass Ihnen gem. § 57 Abs. 4 in Verbindung mit § 58 Abs. 1 Gehaltsgesetz 1956, in der geltenden Fassung, die Erhöhung der Dienstzulage für Direktorstellvertreter um 15 v. H. erst nach 12-jähriger Ausübung der Funktion des Leiterstellvertreters gebührt, sofern Sie nicht noch zwischenzeitlich mit der Leitung der Schule betraut werden, somit voraussichtlich erst mit 01.06.2017."

4 Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Steiermark. Darin vertrat er u. a. die Auffassung, der Spruch des angefochtenen Bescheides sei mangelhaft gefasst. Sein Antrag sei auf die Auszahlung des ihm seines Erachtens schon nach achtjähriger Ausübung der Funktion eines stellvertretenden Direktors gebührenden Erhöhungsbetrages der Dienstzulage gemäß § 57 Abs. 4 in Verbindung mit § 58 Abs. 2 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54 (im Folgenden: GehG), gerichtet gewesen. Die Dienstbehörde hätte daher rechtens festzustellen gehabt, dass ihm dieser Bezugsbestandteil ab dem 1. Juni 2013 gebühre. In diesem Sinne formulierte der Revisionswerber auch seinen Beschwerdeantrag.

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark wurde in Stattgebung dieser Beschwerde der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG ersatzlos behoben. Das Landesverwaltungsgericht Steiermark sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

6 Begründend führte es nach Darstellung des Verfahrensganges sowie der anzuwendenden Gesetzesbestimmungen Folgendes aus:

"Wie sich aus dem Antrag und der Beschwerde ergibt, war Ziel des Antrages des Beschwerdeführers jedenfalls nicht die Feststellung der Zeitdauer der Wartefrist für eine Erhöhung seiner Zulage. Vielmehr zielte der Antrag darauf ab, dass ihm die gebührende Erhöhung rückwirkend ausbezahlt werde.

Der Auffassung der belangten Behörde, es liege ein Antrag auf Feststellung vor, dass ihm die strittige Erhöhung erst mit 01.06.2017 zusteht, steht daher dem erklärten Willen des Beschwerdeführers entgegen, welcher sein Anbringen im Schreiben vom 08.06.2015 insofern klar formuliert hat, als er um Ausbezahlung des Differenzbetrages ersuchte. Der Auffassung der belangten Behörde, es liege ein Antrag auf bescheidmäßige Feststellung der Wartefrist vor, steht daher dem erklärten Wille des Beschwerdeführers entgegen und wäre die belangte Behörde bei Zweifel des Inhaltes des Antrages angehalten gewesen, gemäß § 1 Abs 1 DVG iVm § 13 AVG den Beschwerdeführer Gelegenheit zur Klarstellung seines Antrages zu geben (vgl. VwGH 04.07.2001, Zl. 2000/12/0038).

Da somit keiner auf die Erlassung des angefochtenen Feststellungsbescheides gerichteter Antrag des Beschwerdeführers vorlag und auch ein im öffentlichen Interesse gelegener Anlass zur Erlassung eines solchen Bescheides nicht erkennbar ist, erweist sich die außerhalb einer gesetzlichen Ermächtigung ausgesprochene Feststellung als unzulässig (vgl. VwGH 16.09.2013, Zl. 2012/12/0139).

Der Bescheid war daher spruchgemäß zu beheben."

7 Die Revision sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig, da die gegenständliche Entscheidung weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweiche, noch es an einer solchen Rechtsprechung fehle. Auch sei die diesbezügliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision vor dem Verwaltungsgerichtshof.

9 Als Zulassungsgrund führt der Revisionswerber ins Treffen, das Landesverwaltungsgericht Steiermark habe verkannt, dass die Dienstbehörde schon auf Grund seines verfahrenseinleitenden Antrages berechtigt und verpflichtet war, feststellend über die Frage der Gebührlichkeit des Erhöhungsbetrages zu seiner Dienstzulage gemäß § 57 Abs. 4 in Verbindung mit § 58 Abs. 2 GehG abzusprechen. Die Zulässigkeit dieser Vorgangsweise folge auch aus dem hg. Erkenntnis vom 27. September 2011, 2010/12/0131. Einen solchen Abspruch habe der Landesschulrat für Steiermark im Ergebnis auch getätigt, bringe der Spruch des vor dem Landesverwaltungsgericht Steiermark angefochtenen Bescheides doch hinreichend klar zum Ausdruck, dass die Dienstbehörde den in Rede stehenden Bezugsbestandteil für Zeiträume vor Bescheiderlassung jedenfalls als nicht gebührlich erachte.

10 Der Revisionswerber macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Erkenntnisses mit dem Antrag geltend, der Verwaltungsgerichtshof möge in der Sache selbst entscheiden; hilfsweise wird die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit beantragt.

11 Der Landesschulrat für Steiermark erstattete eine Revisionsbeantwortung, in welcher er die Auffassung der Revision teilt, wonach das Landesverwaltungsgericht Steiermark vorliegendenfalls nicht mit ersatzloser Aufhebung des angefochtenen Bescheides hätte vorgehen dürfen. Auch er beantragt, der Verwaltungsgerichtshof möge in der Sache selbst entscheiden; hilfsweise möge das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

12 § 57 Abs. 1, 2 und 4 GehG in der Fassung dieses Paragrafen

nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 64/2016 lautete:

"Dienstzulagen

§ 57. (1) Den Leitern von Unterrichtsanstalten gebührt eine Dienstzulage, die durch die Verwendungsgruppe, die Dienstzulagengruppe und die Dienstzulagenstufe bestimmt wird. Die Dienstzulagengruppe richtet sich nach Bedeutung und Umfang der Anstalt. Die Einreihung der Anstalten in die Dienstzulagengruppen ist vom zuständigen Bundesminister durch Verordnung festzusetzen.

(2) Die Dienstzulage beträgt für Leiterinnen und Leiter

 

 

in der Dienst-zulagengruppe

in der Dienstzulagenstufe

 

1

2

3

 

 

Euro

 

a) in der Verwendungsgruppe L PH

I

885,4

946,1

1004,9

II

796,2

851,9

904,6

III

708,1

756,7

803,3

IV

618,9

662,5

704,0

V

531,8

567,3

602,7

b) in der Verwendungsgruppe L 1

I

790,1

843,8

895,5

II

710,1

760,8

806,3

III

631,1

675,7

717,2

IV

552,1

590,6

628,1

V

474,1

506,5

537,9

c) in der Verwendungsgruppe L 2a 2

I

361,6

391,0

420,4

II

296,8

320,1

344,4

III

238,1

256,3

274,5

IV

199,6

213,7

228,9

V

166,1

178,3

190,4

d) in den Verwendungsgruppen L 2a 1 und L 2b 1

I

281,6

306,9

331,3

II

237,0

257,3

274,5

III

198,5

213,7

228,9

IV

165,1

179,3

190,4

V

119,5

128,7

136,8

e) in der Verwendungsgruppe L 3

I

222,9

227,9

242,1

II

165,1

171,2

183,4

III

155,0

159,0

168,2

IV

111,4

114,5

121,6

V

78,0

80,0

84,1

VI

54,7

56,7

61,8

    

 

...

(4) Die Dienstzulage der Leiter der Verwendungsgruppe L 2 erhöht sich nach achtjähriger Ausübung der Funktion um 15 vH, nach zwölfjähriger Ausübung der Funktion um 25 vH und nach sechzehnjähriger Ausübung der Funktion um 40 vH. Zeiträume der Ausübung der Leiterfunktion, für die eine Dienstzulage gemäß Abs. 2 lit. d gebührt, und Zeiträume der Ausübung einer Funktion, für die eine Dienstzulage gemäß § 58 Abs. 1 gebührt, sind in die Zeiträume der Ausübung einer Leiterfunktion, für die die Dienstzulage gemäß Abs. 2 lit. c gebührt, zu zwei Dritteln einzurechnen. Zeiträume einer Betrauung mit der Leitung von Unterrichtsanstalten oder mit der pädagogischen Leitung einer Expositur (§ 59 Abs. 1) oder der Ausübung einer Inspektionsfunktion sind der Zeit der Innehabung der Funktion gleichzuhalten."

13 § 58 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 GehG in der Fassung dieses Paragrafen nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 164/2015 lautete:

"§ 58. (1) Eine Dienstzulage gebührt

...

2. den Direktorstellvertretern an Berufsschulen,

...

(2) Die Dienstzulage gemäß Abs. 1 beträgt zwei Drittel der Dienstzulage, die dem Inhaber der Funktion in seiner Verwendungsgruppe und in der Dienstzulagengruppe, in der die Schule (das Universitätsinstitut) eingereiht ist, nach § 57 Abs. 1 und 8 zustehen würde, wenn er Leiter wäre.

..."

14 Wie auch die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens übereinstimmend erkennen, zeigt die oben wiedergegebene Zulassungsbegründung des Revisionswerbers sowohl die Zulässigkeit als auch die inhaltliche Berechtigung der Revision auf:

15 Wie der Revisionswerber auch schon in seiner Beschwerde klargestellt hat, zielte sein Antrag auf Auszahlung des ihm seines Erachtens schon ab 1. Juni 2013 gebührenden Erhöhungsbetrages seiner Dienstzulage gemäß § 57 Abs. 4 iVm § 58 Abs. 2 GehG ab.

16 Nach der herrschenden Rechtsprechung ist über dieses Liquidierungsbegehren als solches kein Leistungsbescheid zu erlassen, wohl aber war - infolge der Unklarheit bzw. Strittigkeit der Gebührlichkeit des in Rede stehenden Bezugsbestandteiles - die Erlassung eines Feststellungsbescheides betreffend die Frage seiner Gebührlichkeit ab dem 1. Juni 2013 zulässig. Auch wenn man davon ausgehen wollte, dass der Antrag des Revisionswerbers mangels ausdrücklichen Begehrens, einen Bescheid zu erlassen, nicht auf eine bescheidförmige Feststellung abgezielt haben sollte, stand es der Dienstbehörde hier auch offen, eine entsprechende Feststellung von Amts wegen zu treffen (vgl. hiezu insbesondere das hg. Erkenntnis vom 27. September 2011, 2010/12/0131). Soweit dem angefochtenen Erkenntnis eine gegenteilige Rechtsauffassung zu entnehmen sein sollte, verstieße sie gegen die zitierte Rechtsprechung.

17 Der Spruch des vor dem Landesverwaltungsgericht Steiermark angefochtenen dienstbehördlichen Bescheides vom 2. Juli 2015, in welchem zum Ausdruck gebracht wird, dass der in Rede stehende Bezugsbestandteil "erst nach 12-jähriger Ausübung der Funktion des Leiterstellvertreters gebührt, ..., somit voraussichtlich erst mit 01.06.2017", kann vor dem Hintergrund der verfahrenseinleitenden Eingabe und dem Gebot einer gesetzeskonformen Auslegung von Bescheiden vertretbarerweise (zur Zulässigkeit einer Revision infolge unvertretbarer Auslegung eines Bescheidspruches vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Juni 2016, Ra 2015/12/0080) nur dahingehend verstanden werden, dass die Dienstbehörde die fehlende Gebührlichkeit des in Rede stehenden Bezugsbestandteiles (auch) für Zeiträume zwischen dem 1. Juni 2013 und der Erlassung ihres Bescheides festgestellt hat.

18 Ungeachtet des Umstandes, dass die dem Bescheidspruch weiter zu entnehmende "Feststellung" des voraussichtlichen Anfallszeitpunktes des in Rede stehenden Bezugsbestandteiles unzulässig ist, worauf die Beschwerde gleichfalls hinwies, lag der Beschwerdeantrag des Revisionswerbers innerhalb derjenigen Verwaltungssache, über die die Dienstbehörde inhaltlich entschieden hat.

19 Vor diesem Hintergrund war das Landesverwaltungsgericht Steiermark aber nicht befugt, den angefochtenen dienstbehördlichen Bescheid ersatzlos aufzuheben; vielmehr hätte es auf Grund der Beschwerde des Revisionswerbers unter korrekter Neufassung des Spruches feststellend darüber abzusprechen gehabt, ob der in Rede stehende Bezugsbestandteil ab 1. Juni 2013 zustand, bejahendenfalls in welcher Höhe.

20 Auf Grund seiner Beschwerde gegen den angefochtenen dienstbehördlichen Bescheid hätte der Revisionswerber Anspruch auf eine solche Feststellung auch dann, wenn sein Antrag nicht auf die Erlassung eines Bescheides gerichtet zu deuten wäre (vgl. auch hiezu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 27. September 2011).

21 Indem das Landesverwaltungsgericht Steiermark diese Rechtslage verkannte, belastete es das angefochtene Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

22 Da sich der Verwaltungsgerichtshof zu einer Entscheidung in der Sache selbst nicht veranlasst sieht, war es daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aus diesem Grunde aufzuheben.

23 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 13. September 2017

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte