VwGH Ra 2017/07/0010

VwGHRa 2017/07/001028.6.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger, die Hofrätin Dr. Hinterwirth und die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision des A S in A, vertreten durch Saxinger, Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH in 4020 Linz, Böhmerwaldstraße 14, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 29. November 2016, Zl. 405- 1/87/1/4-2016, betreffend Übertretung des WRG 1959 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
VwRallg;
WRG 1959 §10;
WRG 1959 §137 Abs2 Z1;
WRG 1959 §27 Abs1 lita;
WRG 1959 §29 Abs1;
WRG 1959 §29;
WRG 1959 §50 Abs1;
WRG 1959 §9 Abs1;
WRG 1959 §9 Abs2;
WRG 1959 §9;

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1 Mit Schreiben vom 16. Dezember 2015 teilte der Revisionswerber unter Berufung auf diverse Vorgespräche der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung (im weiteren: BH) mit, dass er auf seine näher bezeichneten Wasserrechte betreffend die Kraftwerke S-H I und S-H II verzichte. Die Anlagen würden mit Jahresende 2015 stillgelegt.

2 Unter einem wurde darauf hingewiesen, dass die J GmbH unter Vorlage der erforderlichen Projektunterlagen um die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung eines Wehrkraftwerkes ansuchen werde. Die bisher vom Revisionswerber für seine Wasserkraftanlagen genutzte Wehranlage an der I.-Ache bleibe somit weiter bestehen und werde Teil der geplanten Wasserkraftanlage.

3 Das Ausleitungsgerinne (Mbach) werde stillgelegt und teilweise verfüllt. Die Krafthäuser würden teilweise umgebaut und anderweitig genutzt. Zusammenfassend seien im Sinne von Löschungsvorkehrungen näher beschriebene Maßnahmen, darunter die Verfüllung des Mbaches in den Bereichen ca. km 0,35 - km 0,50 und ca. km 0,72 - km 0,85 vorgesehen.

4 Der Revisionswerber erstattete weiters Vorschläge über die Vorgangsweise bei vorhandenen Einleitungen von Straßenwässern bzw. vorgereinigten Oberflächenwässern und verwies abschließend darauf, dass Teile des Mbaches verkauft worden seien.

5 Der Revisionswerber errichtete im Jänner 2016 eine den Werkskanal verschließende Mauer und verfüllte die im Schreiben vom 16. Dezember 2015 bezeichneten Teile des Werkskanals abflachend zum Kraftwerk hin.

6 Mit Straferkenntnis vom 20. Juni 2016 legte die BH dem Revisionswerber zur Last, er habe zu verantworten, dass eine den Werkskanal verschließende Mauer mit einer lichten Höhe von ca. 1,65 m unterwasserseitig und nur leicht abgesetzt von der Siedlungsbrücke mit einer lichten Breite von ca. 3,5 m und einer lichten Höhe von 1,75 m (Wegverbindung von 434/1 und 434/2, je KG A) errichtet und der Werkskanal ab dort bis auf Höhe der Zufahrt zu GN 56/4, KG A, und dann abflachend zum ehemaligen Kraftwerk verfüllt worden sei, obwohl für diese Maßnahmen eine wasserrechtliche Bewilligung erforderlich gewesen wäre. Der Revisionswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 137 Abs. 2 Z 1 iVm § 9 Abs. 1 oder 2 WRG 1959 begangen.

Deshalb verhängte die BH über den Revisionswerber eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 4.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 192 Stunden) zuzüglich Verfahrenskosten in der Höhe von EUR 400,--.

7 Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Revisionswerber Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Salzburg (LVwG).

8 Mit Erkenntnis vom 29. November 2016 gab das LVwG der Beschwerde des Revisionswerbers insofern statt, als die verhängte Geldstrafe auf EUR 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 100 Stunden) reduziert wurde; im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen (Spruchpunkt I.). Die Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde reduzierten sich auf EUR 100,--; für das Beschwerdeverfahren fielen keine Kosten an (Spruchpunkt II.).

Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde nicht zugelassen (Spruchpunkt III.).

9 Begründend führte das LVwG aus, mit dem der BH mit Schreiben vom 16. Dezember 2015 zur Kenntnis gebrachten Verzicht sei das erteilte Wasserbenutzungsrecht ex lege erloschen und damit auch die Berechtigung zur Wassernutzung des Wassers aus der I.- Ache. Die vom Revisionswerber daraus abgeleitete "Pflichtenkollision" werde vom LVwG aus folgendem Grund nicht gesehen:

10 Die Unterlassung einer weiteren Wasserbenutzung setze nicht notwendiger- und zwingenderweise die aktive Maßnahme der Verfüllung des Werkskanals und die Errichtung einer Betonmauer voraus. Es sei noch nachvollziehbar, dass durch das Schließen des Fluders ein Wassereinlauf aus der I.-Ache in den Werkskanal unterbunden werden sollte. Jedoch sei es nicht nachvollziehbar, warum im Vorgriff auf zu treffende Löschungsvorkehrungen umgehend eine Verfüllung des Werkskanals in Angriff zu nehmen gewesen sei. Es sei gerade Sinn und Zweck eines behördlichen Löschungsverfahrens gemäß § 29 WRG 1959, unter Beiziehung der in diesem Verfahren gesetzlich vorgesehenen Parteien und nach Beurteilung durch Sachverständige, Umfang und Art der notwendigen Maßnahmen zu prüfen und in weiterer Folge festzulegen.

11 Zudem falle die gesetzliche Instandhaltungspflicht des Wasserbenutzungsberechtigten vor dem Hintergrund des Schutzzwecks nicht schon mit dem Zeitpunkt der Erklärung des Verzichts auf das Wasserbenutzungsrecht weg, sondern erst mit jenem Zeitpunkt, in welchem der Wasserbenutzungsberechtigte nach § 29 Abs. 1 WRG 1959 seine Anlagen entweder vollständig beseitigt oder den von der Behörde in anderer Weise vorgeschriebenen Zustand hergestellt habe. Der Revisionswerber hätte auch aus diesem Grund die Anlagen, konkret den Werkskanal, im wasserrechtlich bewilligten Zustand bis zum Abschluss des Löschungsverfahrens zu erhalten gehabt.

12 Vom Revisionswerber sei ohnedies nicht bestritten worden, dass vor Erlassung des Löschungsbescheides und den gemäß § 29 Abs. 1 WRG 1959 anzuordnenden Löschungsvorkehrungen die ihm vorgeworfenen Maßnahmen gesetzt worden seien. In rechtlicher Hinsicht sei damit von der Erfüllung des objektiven Tatbestandes der Verwaltungsstrafnorm auszugehen, da erst mit behördlicher Anordnung der Löschungsvorkehrungen mittels Bescheid diese bewilligungsfrei seien und vor diesem Zeitpunkt einer wasserrechtlichen Bewilligung bedurft hätten.

13 Vom Revisionswerber werde mangelndes Verschulden geltend gemacht und dieses mit einem unverschuldeten Rechtsirrtum begründet, da es sich bei den Maßnahmen um eine entschuldbare Vorwegnahme einer behördlichen Vorschreibung gehandelt habe und die Behörde ihn gemäß § 13a AVG darauf hinweisen hätte müssen, dass die Verfüllung des Werkskanals nur nach behördlicher Vorschreibung zulässig sei.

14 Gemäß § 5 Abs. 2 VStG entschuldige Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt habe, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet sei und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen habe können.

15 Übereinstimmend sei dargelegt worden, dass es im Zuge der beabsichtigten Stilllegung der Wasserkraftanlage schon seit Herbst 2015 laufenden Kontakt zwischen Betreiber und Wasserrechtsbehörde gegeben habe. Man könne hinsichtlich des vorgebrachten dauernden Kontakts mit der Behörde nun aber auch davon ausgehen, dass der Revisionswerber durch explizites Nachfragen bei der Behörde oder auch bei seinem Projektanten hinsichtlich der Zulässigkeit der Vornahme von Maßnahmen während des laufenden Löschungsverfahrens Rechtssicherheit erlangen hätte können und die Begehung einer Verwaltungsübertretung zu verhindern gewesen wäre. Gegenständlich sei von einer Erkundungspflicht auszugehen, da für den Revisionswerber erkennbar hätte sein müssen, dass eine Abänderung eines Teiles einer Wasserkraftanlage durch das Verfüllen des Werkskanals und die Errichtung einer Mauer nicht so ohne weiteres durchgeführt werden dürfe und einer wasserrechtlichen Bewilligung bedurft hätte. Unterlasse der Revisionswerber bei gebotener Informationspflicht derartige Erkundigungen, so sei ein einschlägiger Verbotsirrtum jedenfalls vorwerfbar.

16 Die vorzeitige Durchführung von Maßnahmen ohne die hierfür erforderliche wasserrechtliche Bewilligung stelle eine Verwaltungsübertretung mit nicht zu vernachlässigendem Unrechtsgehalt und kein Bagatelldelikt dar, was sich auch aus der Höhe der Strafdrohung deutlich ergebe.

17 Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision führte das LVwG aus, es sei keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen gewesen, der grundsätzliche Bedeutung zukomme. Weder weiche die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehle es an einer Rechtsprechung zu § 29 in Verbindung mit § 9 WRG 1959. Weiters sei die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es lägen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

18 In der gegen das angefochtene Erkenntnis erhobenen außerordentlichen Revision macht der Revisionswerber Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend.

19 Mit Schriftsatz vom 7. März 2017 erstattete die belangte Behörde eine Revisionsbeantwortung, in der sie die Zurückbzw. Abweisung der Revision beantragte.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

20 1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

21 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

22 Gemäß § 34 Abs. 1a erster Satz VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

23 2. Der Revisionswerber macht zur Zulässigkeit der Revision zum einen geltend, es mangle an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob Änderungen an baulichen Anlagen, die der Benützung von Gewässern gedient hätten, einer wasserrechtlichen Bewilligung bedürften, wenn das Wasserrecht bereits ex lege erloschen sei und zudem faktisch keine Tagwässer mehr verwendet würden.

Zum anderen stelle sich die Frage, ob die gesetzliche Instandhaltungspflicht des (ehemaligen) Wasserbenutzungsberechtigten auch in gleichem Ausmaß wie während des aufrechten, bewilligten Zustands fortbestehe, selbst wenn nach Verzicht auf das Wasserrecht keine zur Nutzung bereitstehenden Tagwässer mehr vorhanden seien.

24 3. Die hier wesentlichen Bestimmungen des WRG, BGBl. Nr. 215/1959, in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 54/2014, lauten:

"Besondere Wasserbenutzung an öffentlichen Gewässern und privaten Tagwässern.

§ 9. (1) Einer Bewilligung der Wasserrechtsbehörde bedarf jede über den Gemeingebrauch (§ 8) hinausgehende Benutzung der öffentlichen Gewässer sowie die Errichtung oder Änderung der zur Benutzung der Gewässer dienenden Anlagen. Auf Antrag hat die Behörde festzustellen, ob eine bestimmte Benutzung eines öffentlichen Gewässers über den Gemeingebrauch hinausgeht.

(2) Die Benutzung der privaten Tagwässer sowie die Errichtung oder Änderung der hiezu dienenden Anlagen bedarf dann einer Bewilligung der Wasserrechtsbehörde, wenn hiedurch auf fremde Rechte oder infolge eines Zusammenhanges mit öffentlichen Gewässern oder fremden Privatgewässern auf das Gefälle, auf den Lauf oder die Beschaffenheit des Wassers, namentlich in gesundheitsschädlicher Weise, oder auf die Höhe des Wasserstandes in diesen Gewässern Einfluß geübt oder eine Gefährdung der Ufer, eine Überschwemmung oder Versumpfung fremder Grundstücke herbeigeführt werden kann.

(3) ...

Erlöschen der Wasserbenutzungsrechte.

§ 27. (1) Wasserbenutzungsrechte erlöschen:

a) durch den der Wasserrechtsbehörde zur Kenntnis

gebrachten Verzicht des Berechtigten;

...

Vorkehrungen bei Erlöschen von Wasserbenutzungsrechten.

§ 29. (1) Den Fall des Erlöschens eines Wasserbenutzungsrechtes hat die zur Bewilligung zuständige Wasserrechtsbehörde festzustellen und hiebei auszusprechen, ob und inwieweit der bisher Berechtigte aus öffentlichen Rücksichten, im Interesse anderer Wasserberechtigter oder in dem der Anrainer binnen einer von der Behörde festzusetzenden angemessenen Frist seine Anlagen zu beseitigen, den früheren Wasserlauf wiederherzustellen oder in welcher anderen Art er die durch die Auflassung notwendig werdenden Vorkehrungen zu treffen hat.

...

(3) Ist die weitere Erhaltung einer Anlage nach Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes im öffentlichen Interesse, insbesondere zum Schutze, zur Abwehr oder zur Pflege der Gewässer erforderlich, so können die öffentlichen Körperschaften (Bund, Länder, Gemeinden, Gemeindeverbände und Wasserverbände), wenn dagegen die Erhaltung nur im Interesse von Beteiligten wünschenswert erscheint, diese Beteiligten von dem bisher Berechtigten die Überlassung der vorhandenen Wasserbauten, soweit dies notwendig ist, ohne Entgelt verlangen. Dabei hat jene Körperschaft den Vorzug, die mit den bisher Wasserberechtigten einen Vertrag, betreffend die Übernahme dieser Anlagen, abgeschlossen hat. Die weitere Erhaltung und die Leistung der erst künftig fällig werdenden Entschädigungen für etwa aufrecht bleibende Zwangsrechte (§ 70 Abs. 1) obliegt denjenigen, denen die Anlage überlassen wurde.

...

(7) Die Bekanntgabe, dass den behördlichen Anordnungen gem. Abs. 1 entsprochen wurde, ist der zuständigen Behörde vom bisher Berechtigten schriftlich anzuzeigen. Mit der Ausführungsanzeige übernimmt der bisher Berechtigte der Behörde gegenüber die Verantwortung für die bescheidmäßige und fachtechnische Ausführung der behördlichen Anordnungen.

...

Instandhaltung.

§ 50. (1) Sofern keine rechtsgültigen Verpflichtungen anderer bestehen, haben die Wasserberechtigten ihre Wasserbenutzungsanlagen einschließlich der dazugehörigen Kanäle, künstlichen Gerinne, Wasseransammlungen sowie sonstigen Vorrichtungen in dem der Bewilligung entsprechenden Zustand und, wenn dieser nicht erweislich ist, derart zu erhalten und zu bedienen, daß keine Verletzung öffentlicher Interessen oder fremder Rechte stattfindet. Ebenso obliegt den Wasserberechtigten die Instandhaltung der Gewässerstrecken im unmittelbaren Anlagenbereich.

(2) Nachteilige Wirkungen ihrer Anlagen (Abs. 1) auf andere Gewässerstrecken haben die Wasserberechtigten durch entsprechende Maßnahmen zu beheben. Bestehen bereits Schutz- oder Regulierungsbauten, so haben die Wasserberechtigten die Mehrkosten ihrer Instandhaltung zu tragen.

...

Strafen.

§ 137. (1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist, sofern die Tat nicht nach Abs. 2, 3 oder 4 einer strengeren Strafe unterliegt, mit einer Geldstrafe bis zu 3 630 EUR zu bestrafen, wer

...

20. ihn gemäß § 50 Abs. 1, 2 oder 6 treffende Erhaltungspflichten vernachlässigt;

...

(2) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist, sofern die Tat nicht nach Abs. 3 oder 4 einer strengeren Strafe unterliegt, mit einer Geldstrafe bis zu 14 530 EUR, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu vier Wochen, zu bestrafen, wer

1. ohne gemäß § 9 Abs. 1 oder 2 erforderliche wasserrechtliche Bewilligung oder entgegen einer solchen Tagwässer benutzt oder der Benutzung dienende Anlagen errichtet, ändert oder betreibt;

2. ..."

25 4. Vorab ist in Erinnerung zu rufen, dass der Revisionswerber der BH mit Schreiben vom 16. Dezember 2015 mitteilte, auf das erteilte Wasserbenutzungsrecht betreffend die Wasserkraftanlagen S-H I und S-H II zu verzichten und die Anlagen mit Jahresende 2015 stillzulegen. Der Revisionswerber errichtete im Jänner 2016 eine den Werkskanal verschließende Mauer und verfüllte den Werkskanal, sodass keine Tagwässer mehr verwendet werden konnten.

26 Vorauszuschicken ist weiters, dass hinter der aufgeworfenen Rechtsfrage eine Bestrafung nach § 137 Abs. 2 Z 1 WRG 1959 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 oder 2 leg. cit. steht. Die Erfüllung des Tatbestands gemäß § 137 Abs. 2 Z 1 WRG 1959 setzt voraus, dass für die Benutzung von Tagwässern oder die Errichtung oder Änderung der hiezu dienenden Anlagen eine gemäß § 9 Abs. 1 oder 2 leg. cit. erforderliche wasserrechtliche Bewilligung fehlt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2013, 2011/07/0254). Nur dann, wenn im vorliegenden Fall eine Bewilligungspflicht nach dieser Bestimmung des WRG 1959 gegeben wäre, wäre die wegen der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung angenommene Strafbarkeit rechtens.

27 5. Ein Verzicht im Sinne des § 27 Abs. 1 lit. a WRG 1959 ist eine einseitige, bedingungsfeindliche, nicht annahmebedürftige, unwiderrufliche, aber ex post feststellungsbedürftige öffentlich-rechtliche Willenserklärung des Berechtigten; die Motive hiefür sind unbeachtlich (vgl. etwa die hg. Beschlüsse vom 22. Dezember 2011, 2011/07/0186, sowie vom 23. April 2014, 2013/07/0168). Er wird wirksam, sobald er der Behörde zur Kenntnis gelangt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. März 2007, 2003/07/0148).

28 Indem die belangte Behörde Kenntnis vom Verzicht des Revisionswerbers auf die näher genannten Wasserrechte erlangte, ist die wasserrechtliche Bewilligung des Revisionswerbers betreffend die Wasserbenutzungsanlage Ende 2015 ex lege erloschen.

29 6. Fraglich ist nun, ob die Änderung einer Anlage, die vor Erlöschen der wasserrechtlichen Bewilligung als Wasserbenutzungsanlage diente - gegenständlich die Verfüllung des Werkskanals sowie die Errichtung einer den Werkskanal verschließenden Mauer - einer Bewilligung gemäß § 9 WRG 1959 bedarf, obwohl einerseits das Wasserrecht bereits ex lege erloschen ist und andererseits in Folge der Änderung keine Tagwässer mehr benutzt werden.

30 § 9 WRG 1959 unterscheidet zwischen der Verleihung des Rechtes zur Benützung des Wassers (Gewässers) und der damit verbundenen Herstellung, Verwendung oder Änderung der dazu notwendigen Anlagen.

31 Gegenstand der Bewilligung nach § 9 WRG 1959 ist die Inanspruchnahme des Gewässers; Anlagen sind nur insoweit Gegenstand einer Bewilligung nach §§ 9 oder 10 WRG 1959, als sie der Wasserbenutzung dienen.

32 § 9 WRG 1959 stellt auch bei der Bewilligungsbedürftigkeit einer Anlagenänderung darauf ab, dass es sich um eine zur Wasserbenutzung dienende Anlage handelt. Das könnte bei einer Anlage fraglich sein, wenn das Wasserbenutzungsrecht erloschen und überdies die Wasserbenutzung eingestellt ist. Es könnte die allein am Wortlaut orientierte Auffassung vertreten werden, eine solche Anlage sei keine Anlage zur Wasserbenutzung (mehr), sodass auch eine Änderung keiner Bewilligung bedürfe. Eine solche Auslegung lässt aber mehrere wesentliche Aspekte außer Betracht.

33 Zunächst ist zu bedenken, dass § 9 WRG 1959 den "Normalfall" der Verleihung eines Wasserbenutzungsrechtes bzw. der Änderung eines aufrechten Wasserbenutzungsrechtes regelt. Aus der Anknüpfung der Bewilligungsbedürftigkeit einer Anlagenänderung an den Umstand, dass diese der Wasserbenutzung dient, kann daher für den Sonderfall der zu einem erloschenen Wasserbenutzungsrecht gehörigen Anlage nichts gewonnen werden.

34 Dass eine Auslegung des § 9 WRG 1959 dahin, dass die Bewilligungspflicht für Anlagenänderungen nur dann zum Tragen kommt, wenn das Wasserbenutzungsrecht noch nicht erloschen ist und wenn noch eine Wasserbenutzung erfolgt, nicht dem System des WRG 1959 entspricht, wird bei einem Blick auf § 29 WRG 1959 und die dazu ergangene Rechtsprechung deutlich. Aus § 29 WRG 1959 ergibt sich, dass der (abtretende) Wasserbenutzungsberechtigte nicht bereits mit dem Zeitpunkt des Erlöschens seines Wasserbenutzungsrechtes der aus diesem resultierenden Pflichten enthoben ist.

35 So hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrmals ausgesprochen, dass von einem vollständigen Wegfall der aus § 50 Abs. 1 WRG 1959 erfließenden Pflichten schon im Zeitpunkt des Eintrittes des Erlöschensfalles des § 27 Abs. 1 lit. a WRG 1959 (Verzicht) nicht die Rede sein kann. Die gesetzliche Instandhaltungspflicht des Wasserbenutzungsberechtigten fällt nicht schon mit dem Zeitpunkt seiner Erklärung des Verzichts auf das Wasserbenutzungsrecht, sondern erst mit jenem Zeitpunkt weg, in welchem er nach § 29 Abs. 1 WRG 1959 seine Anlagen entweder vollständig beseitigt oder den von der Behörde in anderer Weise vorgeschriebenen Zustand (notwendige Vorkehrungen) hergestellt hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. Oktober 1994, 93/07/0049, VwSlg 14151/A, und vom 23. Februar 2012, 2010/07/0039).

36 Es wäre nun ein Widerspruch, wenn der (abtretende) Wasserbenutzungsberechtigte auf der einen Seite zur Erhaltung seiner Anlagen bis zur Herstellung des von der Wasserrechtsbehörde nach § 29 WRG 1959 vorgeschriebenen Zustandes verpflichtet wäre, während er auf der anderen Seite seine Anlagen nach Belieben ohne behördliche Bewilligung ändern könnte.

37 Auch die Literatur geht von einer Bewilligungspflicht für Anlagenänderungen im Zeitpunkt zwischen dem Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes und der Herstellung des behördlich vorgeschriebenen Zustandes aus: "Der gemäß § 29 Abs. 1 erteilte Auftrag zur Entfernung von Anlagen ersetzt jedoch die ansonst nach § 9 erforderliche Änderungsbewilligung" (Raschauer, Wasserrecht, Rz 8 zu § 29). "Die Beseitigung einer noch bestehenden Anlage bedarf als ‚Änderung' der wr. Bewilligung oder eines bescheidmäßigen Auftrages" (Grabmayr/Rossmann, Das österreichische Wasserrecht2, Rz 6 zu § 29).

38 Die Frage des Revisionswerbers ist daher dahingehend zu beantworten, dass die Änderung einer Anlage, die vor Erlöschen der wasserrechtlichen Bewilligung als Wasserbenutzungsanlage diente, auch dann bewilligungspflichtig ist, wenn das Wasserrecht bereits ex lege erloschen ist und in Folge der Änderung keine Tagwässer mehr benutzt werden.

39 7. Der Revisionswerber bringt weiters vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob die gesetzliche Instandhaltungspflicht des (ehemaligen) Wasserbenutzungsberechtigten in gleichem Ausmaß fortbestehe wie während des aufrechten, bewilligten Zustandes, selbst wenn nach Verzicht auf das Wasserrecht keine zur Nutzung bereitstehenden Tagwässer mehr vorhanden seien. Es entspreche dem Verständnis des Revisionswerbers, dass die gesetzliche Instandhaltungspflicht nur vor dem Hintergrund des Schutzes von Dritten zu sehen sei und sich ab Erlöschen des Wasserbenutzungsrechts auch auf diejenigen Gefahrenquellen erstrecken könne, die noch bzw. erst dann von der Anlage ausgingen.

40 Dazu ist darauf hinzuweisen, dass der Revisionswerber (nur) wegen der Verwaltungsübertretung des § 137 Abs. 2 Z 1 WRG 1959 in Verbindung mit § 9 leg. cit., nicht aber wegen der Verwaltungsübertretung des § 137 Abs. 1 Z 20 iVm § 50 Abs. 1 WRG 1959 bestraft wurde. Die Nichteinhaltung der Instandhaltungspflichten des § 50 WRG 1959 wurde dem Revisionswerber daher nicht vorgeworfen.

41 Daher ist die geltend gemachte Frage keine solche von grundsätzlicher Bedeutung, hängt doch das Schicksal der angefochtenen Entscheidung nicht von ihrer Beantwortung ab.

8. Die Revision erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Wien, am 28. Juni 2017

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