VwGH Ra 2017/06/0191

VwGHRa 2017/06/019124.10.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Dr. Bayjones und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, über die Revision der A Beteiligungsgesellschaft m.b.H. & Co KG in G, vertreten durch Dr. Peter Kammerlander, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Kalchberggasse 12, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 30. Mai 2017, LVwG 50.32- 3287/2015-93, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Bezirkshauptmannschaft Leibnitz; mitbeteiligte Partei: K GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Mario Walcher, Hohenberg, Strauss, Buchbauer Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Hartenaugasse 6), den Beschluss gefasst:

Normen

BauG Stmk 1995 §26;
BauO Wr §134a;
BauRallg;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde die Beschwerde der Revisionswerberin gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft L (im Folgenden: BH) vom 19. April 2011, mit welchem der mitbeteiligten Partei die Baubewilligung für die Errichtung einer Betriebsanlage mit Bürogebäude, Pkw- und Lkw-Abstellflächen, Werkstätte und Asphaltmischanlage auf näher bezeichneten Liegenschaften der KG K erteilt worden war, unter Berücksichtigung der Projektkonkretisierungen der mitbeteiligten Partei betreffend die Betriebszeiten des Siloelevators und der Asphaltmischanlage als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

5 In den zur Zulässigkeit der Revision vorgetragenen Gründen bringt die Revisionswerberin zunächst vor, dass das Bauansuchen von der K GmbH gestellt worden sei, während im angefochtenen Erkenntnis die K Verwaltungs GmbH als Antragstellerin genannt werde. Es liege keine hg. Rechtsprechung dazu vor, dass titellos ein Austausch des Konsenswerbers und eine Übertragung der Berechtigung erfolgen könne. Diese Rechtsproblematik sei nachbarrechtlich von wesentlicher Bedeutung, "so im Falle von Haftungen, Beschwerde wegen Immissionen, Setzung von verwaltungsrechtlichen oder sonstigen Verstößen und der Immissionsbeurteilung etc.".

6 Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor, wenn diese Frage in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits beantwortet wurde, auch wenn diese Rechtsprechung zu anderen Normen, die sich in den entscheidenden Teilen nicht von den im konkreten Fall anzuwendenden Normen unterscheiden, ergangen ist (vgl. den hg. Beschluss vom 5. Oktober 2016, Ra 2016/06/0118, mwN). Dies ist hier der Fall: Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es im Zusammenhang mit Nachbarrechten nach der Bauordnung für Wien irrelevant, wer Bauwerber, Eigentümer der Bauliegenschaft oder Antragsteller ist; den Nachbarn kommt in Bezug auf den Bauwerberwechsel kein Mitspracherecht zu (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 3. Mai 2011, 2009/05/0247, vom 30. Juni 1998, 97/05/0298, und vom 19. März 1991, 86/05/0107). Diese Rechtsprechung ist auf die Rechtslage nach dem Steiermärkischen Baugesetz (Stmk. BauG) übertragbar, sodass insofern eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht vorliegt.

7 Die Revisionswerberin bringt weiters vor, das Verwaltungsgericht habe ihrem Privatgutachter eine geringere fachliche Qualifikation zugeordnet als den Gutachtern der mitbeteiligten Partei und den Amtssachverständigen. Die tatsächlich ausgeführte bauliche Anlage sei nicht ident mit der mit Bescheid der BH vom 19. April 2011 bewilligten Anlage, worauf der Privatgutachter hingewiesen habe. Dennoch seien die Gutachten der Amtssachverständigen auf die errichtete Anlage und die von dieser genommenen Messdaten gegründet. "Zur Frage der Beurteilungsgrundlage und des Einflusses von in den Verfahrensgutachten berücksichtigten Änderungen auf den bewilligten Zustand der Anlage" liege keine Rechtsprechung vor. Zudem werde unzulässig ein Wirkungsunterschied zwischen den bodennahen, diffusen Emissionen hinsichtlich der Wirkung an der Grundstücksgrenze und den Emissionen aus dem Kamin gemacht. Weiters werde nur von einer Jahresdurchschnittsbelastung für Immissionen und insbesondere Geruch ausgegangen, wobei es an einer Definition der Geruchsstärke und der maximalen zeitlichen Dauer eines Einzelereignisses ebenso fehle, wie an der Vorschreibung von Messungen der Schadstoffmengen bzw. Konzentrationen im Kamin.

8 Zunächst ist festzuhalten, dass sich dem angefochtenen Erkenntnis nicht entnehmen lässt, dass das Verwaltungsgericht dem von der Revisionswerberin zugezogenen Privatgutachter eine geringere fachliche Qualifikation zugemessen hätte. Die betreffenden Ausführungen im Erkenntnis stellen vielmehr darauf ab, dass seitens dieses Privatgutachters kein Gegengutachten vorgelegt worden sei. Unabhängig davon ging das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf die in der mündlichen Verhandlung vom 30. Mai 2017 erfolgte Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Revisionswerberin beweiswürdigend davon aus, dass es der Revisionswerberin nicht gelungen sei, eine Unvollständigkeit oder Unschlüssigkeit der Gutachten aufzuzeigen. Diesen Ausführungen tritt die Revisionswerberin in ihrer Revision nicht entgegen. Im Übrigen zeigt die Revisionswerberin auch mit ihrem Vorbringen zu den Emissionen aus dem Kamin angesichts der im angefochtenen Erkenntnis wiedergegebenen Ausführungen des luftreinhaltetechnischen Amtssachverständigen - wonach vom Kamin auf Grund der Höhe der Emissionsfreisetzung und dem großen thermischen Auftrieb keine nennenswerten Geruchsimmissionen zu erwarten seien, vor allem nicht im Nahbereich - keine Unschlüssigkeit des von diesem Sachverständigen erstatteten Gutachtens auf.

9 Darüber hinaus erkennt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass es sich bei einem Baubewilligungsverfahren um ein Projektgenehmigungsverfahren handelt, in dem das in den Einreichplänen und sonstigen Unterlagen dargestellte Projekt zu beurteilen ist, wobei der in den Einreichplänen und den Baubeschreibungen zum Ausdruck gebrachte Bauwille des Bauwerbers entscheidend ist. Eine Beeinträchtigung der Nachbarrechte ist daher nur anhand des in den Einreichplänen dargestellten Projektes zu beurteilen, und es kommt in diesem Verfahren nicht darauf an, welcher tatsächliche Zustand besteht oder ob die Bauausführung tatsächlich anders erfolgt, als im beantragten Projekt angegeben ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. August 2017, Ro 2014/06/0003, sowie das zum Stmk. BauG ergangene hg. Erkenntnis vom 16. Mai 2013, 2013/06/0007, jeweils mwN).

10 Mit ihrer in der Zulässigkeitsbegründung aufgestellten, allgemein gehaltenen Behauptung, die tatsächlich ausgeführte Anlage, deren Emissionen den erstatteten Gutachten zugrunde gelegt worden seien, entspreche nicht der bewilligten Anlage, legt die Revisionswerberin weder konkret dar, dass bzw. inwiefern tatsächlich immissionsrelevante Abweichungen vom bewilligten Projekt vorlägen, noch geht aus ihrem Vorbringen hervor, dass gegebenenfalls die erteilte Baubewilligung zu höheren, ihre Nachbarrechte beeinträchtigenden Immissionen berechtige als sie den erstatteten Gutachten zugrunde gelegt wurden.

11 Im Übrigen muss bei Verfahrensmängeln wie den von der Revisionswerberin geltend gemachten in den Zulässigkeitsgründen auch die Relevanz des Verfahrensmangels dargetan werden. Das heißt, dass der behauptete Verfahrensmangel geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für die Revisionswerberin günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 1. Juni 2017, Ra 2017/06/0094, mwN). Diesen Anforderungen entspricht die vorliegende Revision nicht, weil sie nicht ansatzweise aufzeigt, zu welchen anderen Feststellungen die Einholung eines - im Sinn der Revisionswerberin - ergänzenden Sachverständigengutachtens geführt hätte und inwieweit diese Feststellungen das Ergebnis des angefochtenen Erkenntnisses beeinflusst hätten. Die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels ist somit nicht ersichtlich.

Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 24. Oktober 2017

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte