VwGH Ra 2017/06/0072

VwGHRa 2017/06/00721.8.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Dr. Bayjones und Mag.a Merl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, über die Revision 1. des J N, 2. des C N, beide in V und beide vertreten durch Dr. Christoph Schneider, Rechtsanwalt in 6700 Bludenz, Bahnhofstraße 8 a, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 13. Februar 2017, LVwG-318-12/2015-R1, betreffend Abweisung eines Bauansuchens (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Gemeindevertretung der Gemeinde Vandans; mitbeteiligte Partei: E K in V, vertreten durch Dr. Michael Battlogg, Rechtsanwalt in 6780 Schruns, Gerichtsweg 2; weitere Partei: Vorarlberger Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §8;
BauG Vlbg 2001 §26 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §27;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017060072.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg (LVwG) wurde in Stattgebung der Beschwerde des Mitbeteiligten der Antrag der Revisionswerber vom 19. September 2014 auf Erteilung der Baubewilligung für die wesentliche Änderung des Nebengebäudes auf einem näher bezeichneten Grundstück durch Änderung der Dacheindeckung gemäß § 18 Abs. 1 lit. a Baugesetz (BauG) abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

5 Begründend führte das LVwG aus, im Fall einer Bewilligung für bauliche Änderungen sei es erforderlich, dass ein rechtskräftiger Baukonsens, von dem abgewichen werden soll bzw. auf den sich die bauliche Änderung beziehe, vorhanden sei. Für das gegenständliche (Neben‑)Gebäude liege keine Baubewilligung vor. Auch die Rechtsvermutung der Konsensmäßigkeit des Nebengebäudes greife im vorliegenden Fall nicht. Schon im Zeitpunkt der Errichtung wäre eine Baubewilligung hiefür erforderlich gewesen. Eine solche liege jedoch nicht vor, sodass aus diesen Gründen von einem rechtmäßigen Bestand des in Rede stehenden Gebäudes nicht ausgegangen werden könne.

6 In den zur Zulässigkeit der Revision vorgetragenen Gründen führen die Revisionswerber aus, das LVwG habe in Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes seine Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis überschritten, indem es nicht nur die nachbarrechtlich erhobenen Einwendungen, sondern auch das Bestehen eines Baukonsenses für das Gebäude geprüft habe. Auch sei das LVwG von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum vermuteten Baukonsens abgewichen, bei deren Anwendung von einem vermuteten Baukonsens auszugehen sei. Das Verfahren sei weiters grob mangelhaft geblieben, weil das LVwG den Bürgermeister zur Frage des allfälligen Baukonsenses nicht von sich aus einvernommen habe.

7 Mit diesem Vorbringen werden keine Rechtsfragen dargelegt, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

8 Soweit der Revisionswerber ein Abgehen des Verwaltungsgerichtes von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes behauptet, genügt sein Vorbringen mangels näherer Konkretisierung den Anforderungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht, zumal schon nicht konkret - unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes - angegeben wird, von welcher hg. Judikatur das Verwaltungsgericht nach Ansicht des Revisionswerbers abgewichen sein soll (vgl. dazu etwa den hg. Beschluss vom 1. Juni 2017, Ra 2017/06/0074).

9 Das LVwG begründete die Versagung der Baubewilligung in Abänderung des bei ihm angefochtenen Berufungsbescheides damit, dass ein rechtskräftiger Baukonsens, auf den sich die bauliche Änderung bezieht, nicht vorhanden sei. Einem Nachbarn im Sinne des § 26 Abs. 1 BauG kommt auch ein Mitspracherecht im Hinblick darauf zu, ob eine Baubewilligung, die Grundlage für eine Änderungsbewilligung ist, überhaupt noch aufrecht ist (vgl. die hg. Erkenntnisse jeweils vom 25. September 2007, 2006/06/0001, zum Stmk BauG 1995, sowie 2006/06/0007, zur TBO 2001). Das LVwG hat seine Prüfungsbefugnis im Sinne des § 27 VwGVG demnach nicht überschritten.

10 Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung können nicht nur solche des materiellen, sondern auch des Verfahrensrechtes sein. Eine solche erhebliche Bedeutung kommt der Entscheidung jedenfalls dann zu, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. November 2014, Ra 2014/07/0052, mwN).

11 Ob das LVwG im Rahmen seiner Ermittlungspflicht (vgl. §§ 37, 39 Abs. 2 AVG - zur Geltung des Amtswegigkeitsprinzips im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. April 2017, Ra 2017/18/0049, mwN) weitere Ermittlungsschritte setzen muss (im Revisionsfall über die bei der Baubehörde, der Bezirksverwaltungsbehörde und dem Landesarchiv gepflogenen Erhebungen hinaus) den Bürgermeister von Amts wegen zur Frage des bestehenden Konsenses einvernehmen; dass das LVwG diesbezüglich Erhebungen durchgeführt und Parteiengehör eingeräumt hat, wird von den Revisionswerbern nicht in Abrede gestellt), unterliegt einer einzelfallbezogenen Beurteilung. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. den hg. Beschluss vom 24. März 2015, Ra 2015/05/0001).

12 Mit dem oben wiedergegebenen Vorbringen zeigt die Revision keine Umstände auf, die Bedenken bezüglich einer Verletzung tragender Grundsätze des Verfahrensrechtes hervorrufen können.

13 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 1. August 2017

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