Normen
AsylG 2005 §10 Abs3;
AsylG 2005 §55;
AsylG 2005 §56;
AsylG 2005 §58 Abs2;
BFA-VG 2014 §9 Abs2;
BFA-VG 2014 §9 Abs3;
B-VG Art133 Abs4;
FrPolG 2005 §52 Abs3;
EMRK Art8;
VwGG §34 Abs1;
AsylG 2005 §10 Abs3;
AsylG 2005 §55;
AsylG 2005 §56;
AsylG 2005 §58 Abs2;
BFA-VG 2014 §9 Abs2;
BFA-VG 2014 §9 Abs3;
B-VG Art133 Abs4;
FrPolG 2005 §52 Abs3;
EMRK Art8;
VwGG §34 Abs1;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die beiden Mitbeteiligten sind mongolische Staatsangehörige. Die Zweitmitbeteiligte reiste bereits im Juni 2004 in das Bundesgebiet ein, ihre Tochter, die Erstmitbeteiligte, folgte ihr - damals noch 13-jährig - im Jänner 2006 nach.
2 Ein Asylantrag der Zweitmitbeteiligten blieb erfolglos, sie wurde außerdem rechtskräftig in die Mongolei ausgewiesen. Ein von der Erstmitbeteiligten gestellter Antrag auf internationalen Schutz wurde dann in der Folge (ebenfalls) vollinhaltlich abgewiesen, auch hiermit war eine Ausweisung in die Mongolei verbunden. Der entsprechende Bescheid des Asylgerichtshofes erwuchs am 18. Februar 2011 in Rechtskraft.
3 In der Folge waren die beiden (von ihrer letzten bekannten Anschrift 2011/2012 amtlich abgemeldeten) Mitbeteiligten für die Behörden nicht greifbar. Sie stellten dann aber im September 2014 Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln nach § 56 AsylG 2005, die das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit Bescheiden vom 30. Juni 2015 abwies. Unter einem erließ es jeweils gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen die Mitbeteiligten eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG, sprach gemäß § 52 Abs. 9 FPG aus, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Mongolei zulässig sei und erkannte einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidungen gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab.
4 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 23. Februar 2016 bestätigte das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Abweisung der Anträge nach § 56 AsylG 2005 (Spruchpunkte A. I.). Im Übrigen gab es der Beschwerde gegen die genannten Bescheide des BFA Folge und stellte bezüglich der beiden Mitbeteiligten gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG fest, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei; der Erstmitbeteiligten wurde unter einem gemäß § 54 Abs. 1 Z 1, § 58 Abs. 2 iVm § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ein Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt, der Zweitmitbeteiligten gemäß § 54 Abs. 1 Z 2, § 58 Abs. 2 iVm § 55 Abs. 2 AsylG 2005 ein Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung", ebenfalls für die Dauer von zwölf Monaten (Spruchpunkte A. II.). Außerdem sprach das BVwG gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei (Spruchpunkte B).
5 Nach der zuletzt genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich (u.a.) wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG "nicht zur Behandlung eignen", ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).
7 In dieser Hinsicht macht die Amtsrevisionswerberin zunächst geltend, das BVwG habe nicht ausreichend begründet, warum es - den Angaben der beiden Mitbeteiligten folgend - von einem durchgehenden Inlandsaufenthalt seit 2006 (Erstmitbeteiligte) bzw. seit 2004 (Zweitmitbeteiligte) ausgegangen sei. Hätte sich das BVwG nicht nur auf die Aussagen der Mitbeteiligten gestützt, sondern sich auch mit den Ermittlungsergebnissen des BFA auseinandergesetzt, sei nicht auszuschließen, dass es hinsichtlich der Erstmitbeteiligten nicht von einem für wesentlich erachteten zehn Jahre überschreitenden Inlandsaufenthalt ausgegangen wäre.
8 Mit diesem, die Beweiswürdigung des BVwG in Frage stellenden Vorbringen würde nur dann eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung angesprochen werden, wenn das BVwG seine Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. zuletzt - mit näherer Begründung - etwa den hg. Beschluss vom 17. März 2016, Ra 2016/22/0017). Das ist indes nicht der Fall, wobei vorweg anzumerken ist, dass sich das BVwG hinsichtlich der Feststellung eines ununterbrochenen Inlandsaufenthaltes der Mitbeteiligten seit 2006 bzw. seit 2004 nicht nur auf die Angaben der Mitbeteiligten berufen hat. Ergänzend verwies es nämlich einerseits - zutreffend - darauf, dass auch das BFA in seinen Bescheiden vom 30. Juni 2015 ungeachtet widersprüchlicher Ermittlungsergebnisse zu den tatsächlichen Wohnadressen der Mitbeteiligten deren durchgehenden Aufenthalt im Bundesgebiet seit ihrer Einreise nicht in Zweifel gezogen hat. Andererseits führte das BVwG aber nicht unplausibel aus, ein Verlassen des Bundesgebietes durch die beiden Mitbeteiligten würde insbesondere "nicht stimmig erscheinen".
9 Weiter macht die Amtsrevisionswerberin in ihren Zulassungsausführungen geltend, dass das BVwG von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Abwägung nach Art. 8 EMRK abgewichen sei. Dabei verweist sie allerdings selbst auf hg. Judikatur, wonach bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen ist (vgl. aus letzter Zeit nur das hg. Erkenntnis vom 14. April 2016, Ra 2016/21/0029 bis 0032).
10 Nach den Feststellungen des BVwG ist davon auszugehen, dass sich insbesondere auch die Erstmitbeteiligte, auf die die Amtsrevisionswerberin in diesem Zusammenhang zurückkommt, seit mehr als zehn Jahren im Bundesgebiet aufhält. Dass der Erstmitbeteiligten aber, wie in der Revision weiter ausgeführt wird, ein strafrechtliches Fehlverhalten anzulasten sei, welches ungeachtet der Dauer ihres inländischen Aufenthaltes die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme rechtfertigen würde, ist nicht zu sehen. Das offenkundig darauf bezugnehmende Vorbringen, die Erstmitbeteiligte habe im Asylverfahren eine falsche Identität angegeben, widerspricht jedenfalls der Aktenlage. Von daher braucht die strafrechtliche Relevanz des - aktenwidrig - vorgeworfenen Fehlverhaltens nicht näher untersucht zu werden.
11 Die gerügte Abweichung von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist daher nicht erkennbar. Der Vollständigkeit halber ist im gegebenen Kontext aber noch darauf hinzuweisen, dass die unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommene Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG im Allgemeinen - wenn sie wie hier auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG ist (vgl. nur den jüngst ergangenen hg. Beschluss vom 14. April 2016, Ra 2016/21/0079).
12 Warum schließlich die amtswegige Erteilung von Aufenthaltstiteln nach § 55 AsylG 2005 an die beiden Mitbeteiligten - wie die Amtsrevisionswerberin noch meint - deshalb hg. Judikatur widerspreche, weil es das BVwG unterlassen habe, die beiden Mitbeteiligten zu einer Antragsänderung in Richtung § 55 AsylG 2005 anzuleiten, ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar. Dass es bei Abweisung eines Antrags nach § 56 AsylG 2005 gegebenenfalls - wenn dies, wie hier vom BVwG angenommen, gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist - zur amtswegigen Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 zu kommen hat, entspricht jedenfalls der klaren Rechtslage (§§ 55 und 58 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 Abs. 3 BFA-VG, § 10 Abs. 3 AsylG 2005 und § 52 Abs. 3 FPG). Auch insoweit vermag die Revision daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzuzeigen (vgl. nur den hg. Beschluss vom 28. Jänner 2016, Ra 2015/21/0232), weshalb sie zusammenfassend gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unzulässig zurückzuweisen war.
Wien, am 24. Mai 2016
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