Normen
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3;
AsylG 2005 §55;
AsylG 2005 §57;
B-VG Art133 Abs4;
FrPolG 2005 §13 Abs2;
FrPolG 2005 §46;
FrPolG 2005 §52 Abs2 Z2;
FrPolG 2005 §52 Abs9;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §22;
VwGVG 2014 §32;
VwGVG 2014 §33 Abs4;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
Der Revisionswerber, ein iranischer Staatsangehöriger, reiste Anfang September 2012 illegal nach Österreich ein und stellte hier einen Antrag auf internationalen Schutz. Das Bundesasylamt wies diesen Antrag mit Bescheid vom 8. Jänner 2013 ab und verfügte die Ausweisung des Revisionswerbers aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Iran.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit Erkenntnis vom 15. Dezember 2014, Asyl und subsidiären Schutz betreffend, als unbegründet ab. Im Übrigen verwies es gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 "das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung" an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zurück.
Mit Bescheid vom 25. März 2015 sprach das BFA nach ergänzender Vernehmung des Revisionswerbers aus, dass dem Revisionswerber Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 55 und 57 AsylG 2005 nicht erteilt werden. Unter einem wurde gegen den Revisionswerber gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in den Iran zulässig sei. Schließlich setzte das BFA gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das BVwG mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 19. Oktober 2015 als unbegründet ab und es sprach gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass eine Revision gegen sein Erkenntnis gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich (ua.) wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG "nicht zur Behandlung eignen", ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).
In der diesbezüglichen Begründung wird in der Revision unter Bezugnahme auf die in jüngster Zeit erfolgte "Völkerwanderung" von "kriegsgebeutelten" Syrern sowie von Irakern und Iranern nach und durch Österreich geltend gemacht, der Verwaltungsgerichtshof habe sich "rechtlich noch nicht mit der Frage auseinandergesetzt, weshalb bereits in Österreich lebende Iraner, die eine Integration wie der Bf. bereits vollzogen haben, schlechter gestellt sein sollen als ungebildete behauptete Kriegsflüchtlinge aus dem selben Raum". Bei "richtiger Lösung" dieser Rechtsfrage, wäre dem Revisionswerber aufgrund seiner Integration in Österreich ein humanitärer Aufenthaltstitel zu erteilen gewesen. Es wäre nämlich eine "Ungleichbehandlung", wenn "man den nun kommenden Fremden bei der Integration mehr Rechte zugestehen würde als jenen, die aus demselben Raum stammen und bereits in Österreich durch aktive Betätigung" Integrationsschritte - die Revision verweist dazu insbesondere auf die Deutschkenntnisse des Revisionswerbers, seine Mitgliedschaft in einem Karateverein und diesbezügliche sportliche Erfolge sowie auf die "gelebte" Beziehung zu einer iranischen Studentin - gesetzt haben.
Diese Ausführungen unterstellen offenbar, dass allen in letzter Zeit nach Österreich eingereisten (u.a.) iranischen Staatsangehörigen trotz Fehlens von Gründen, welche die Gewährung von internationalem Schutz rechtfertigen, auch dann Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 erteilt werden, wenn dies nicht gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist, und dass gegen diese Personengruppe daher jedenfalls keine Rückkehrentscheidungen gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 2 FPG erlassen werden. Diese Annahme widerspricht jedoch den genannten gesetzlichen Bestimmungen, die in allen Fällen uneingeschränkt anzuwenden sind. Da somit schon die in der Revision unterstellte Prämisse verfehlt ist, stellt sich die darauf aufbauende Rechtsfrage nicht.
Mit der erwähnten Zulassungsbegründung wird der Sache nach aber auch noch die vom BVwG im Zusammenhang mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung an Hand der Kriterien des § 9 BFA-VG vorgenommene Interessenabwägung angesprochen. Diesbezüglich ist jedoch zu entgegnen, dass die einzelfallbezogene Beurteilung, ob ein Eingriff iSd Art. 8 EMRK zulässig oder unzulässig ist, nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann nicht revisibel ist, wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde (siehe zuletzt etwa den Beschluss vom 16. Dezember 2015, Ra 2015/21/0154, mit dem Hinweis auf den grundlegenden Beschluss vom 25. April 2014, Ro 2014/21/0033). Das ist hier aber trotz der Integrationsbemühungen des unbescholtenen Revisionswerbers und seiner Beziehung zu einer - allerdings auch nur vorübergehend aufenthaltsberechtigten - iranischen Staatsangehörigen angesichts des erst etwa dreijährigen, nur auf einem unberechtigten Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz beruhenden Aufenthalts in Österreich eindeutig der Fall.
Weiters macht der Revisionswerber in der Zulassungsbegründung geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe sich noch nicht mit der Rechtsfrage auseinandergesetzt, ob es rechtens ist, trotz eines beim BVwG "offenen" Verfahrens über den von ihm gestellten Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Gewährung von internationalem Schutz eine "vorauseilende" Entscheidung zum Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen und zur Rückkehrentscheidung zu treffen. Die vom BVwG gewählte Vorgangsweise bringe den Revisionswerber aber "in eine gefährliche Lage", weil die Abschiebung "sofort" vollzogen werden und sich erst nachträglich herausstellen könnte, dass der Wiederaufnahmeantrag gerechtfertigt gewesen sei.
Einem Antrag auf Wiederaufnahme des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens kommt keine aufschiebende Wirkung zu. Das ergibt sich aus § 32 VwGVG, in dem sich keine dem § 22 VwGVG für Beschwerden oder dem § 33 Abs. 4 letzter Satz VwGVG für Wiedereinsetzungsanträge vergleichbaren Regelungen finden (siehe idS auch Fuchs in Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, Anm. 12 zu § 32 VwGVG; vgl. weiters Reisner in Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, Rz 41 zu § 32 VwGVG, sowie Schmoll, Die Wiederaufnahme des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, ÖJZ 2014, 101 f). Der noch nicht erledigte Wiederaufnahmeantrag stand daher der - auf der (im ersten Rechtsgang erfolgten) rechtskräftigen Abweisung des Antrags auf Gewährung von internationalem Schutz aufbauenden - Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme in Form der verfügten Rückkehrentscheidung nicht entgegen. Die diesbezügliche Rechtslage ist eindeutig, sodass insoweit hier jedenfalls keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG vorliegt (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 3. Juli 2015, Ra 2015/03/0041, Punkt 5.1. der Begründung, mwN). Eine andere - sich allerdings nicht im gegenständlichen Verfahren stellende - Frage ist, inwieweit die Erfolgschancen des Wiederaufnahmeantrags beim Vollzug der Abschiebung zu berücksichtigen sind (Siehe dazu, dass § 46 FPG auch bei Vorliegen der dort genannten Bedingungen keine unbedingte Abschiebeverpflichtung vorsieht, das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 2008, Zl. 2007/21/0335, und darauf Bezug nehmend das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2011, Zl. 2010/21/0056, was ungeachtet der seither erfolgten Novellierung der genannten Bestimmung vor dem Hintergrund des § 13 Abs. 2 FPG weiterhin maßgeblich sein muss).
In der Revision wird somit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt, sodass sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unzulässig zurückzuweisen war.
Wien, am 28. Jänner 2016
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