VwGH Ra 2016/12/0015

VwGHRa 2016/12/001526.2.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler sowie die Hofräte Dr. Zens und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Lechner, über die außerordentliche Revision der Mag. SS in H, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs Kai 5, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 3. Dezember 2015, Zl. LVwG 493.33-2699/2015-10, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde i.A. Stellenbewertung (vor dem Landesverwaltungsgericht Steiermark belangte Behörde: Steiermärkische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §13a;
AVG §56;
DBR Stmk 2003 §6 Abs1;
EMRK Art6;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §27;
VwGVG 2014 §31;
AVG §13a;
AVG §56;
DBR Stmk 2003 §6 Abs1;
EMRK Art6;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §27;
VwGVG 2014 §31;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Steiermark. Mit Eingabe vom 26. September 2014 ersuchte sie "um Neubewertung ihrer Stelle".

2 Am 1. Juli 2015 erging an sie ein Schreiben der Steiermärkischen Landesregierung, in welchem nach Verwendung von Solemnitätsformeln auf den Antrag der Revisionswerberin hingewiesen wird und sodann Erwägungen zur Frage der Wertigkeit ihrer Stelle angestellt werden. Das Schreiben schließt sodann wie folgt:

"Anhand der ausgewählten Subfaktoren wurde in einem analytischen Bewertungsverfahren der Punktewert Ihrer Stelle ermittelt. Gemäß § 6 Abs. 1 Stmk. L-DBR sind Stellen mit einem Punktewert zwischen 502 und 577 Punkten der Gehaltsklasse ST 15 zuzuordnen. Entsprechend der durchgeführten Bewertung ist Ihre Stelle der Gehaltsklasse ST 15 zuzuordnen, sodass in der Wertigkeit Ihrer Stelle keine Änderung eingetreten ist.

Mit freundlichen Grüßen

Für die Steiermärkische Landesregierung

Der Abteilungsleiter i.V.

Dr. X

(elektronisch gefertigt)"

3 Gegen dieses Schreiben erhob die Revisionswerberin Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Steiermark.

4 Mit dem angefochtenen Beschluss vom 3. Dezember 2015 wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark die Beschwerde als unzulässig zurück und sprach aus, dass eine ordentliche Revision nicht zulässig sei.

5 Begründend vertrat das Landesverwaltungsgericht Steiermark - zusammengefasst - die Auffassung, der angefochtenen Erledigung der Steiermärkischen Landesregierung vom 1. Juli 2015 komme kein Bescheidcharakter zu. Unter einem Bescheid sei ein individueller, hoheitlicher, im Außenverhältnis ergehender normativer (rechtsgestaltender oder rechtsfeststellender) Verwaltungsakt zu verstehen. Das angefochtene Schreiben erfülle diese Kriterien nicht. Hierauf deuteten die fehlende Rechtsmittelbelehrung und das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid hin. Eine gesetzeskonforme Auslegung streite gegen den Bescheidcharakter, zumal der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 13. September 2006, 2005/12/0180, ausgeführt habe, dass die Erlassung eines Feststellungsbescheides betreffend die Wertigkeit einer Stelle im Bereich des Dienst- und Besoldungsrechtes der Bediensteten des Landes Steiermark, LGBl. Nr. 29/2003, unzulässig sei.

6 Gegen diesen Beschluss richtet sich die außerordentliche Revision vor dem Verwaltungsgerichtshof, welche sich jedoch aus folgenden Gründen als unzulässig erweist:

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Hat das Verwaltungsgericht - wie im gegenständlichen Fall - im Beschluss ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof hingegen nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10 In der Zulässigkeitsbegründung vertritt die Revisionswerberin - zusammengefasst - die Rechtsauffassung, das vom Landesverwaltungsgericht Steiermark zitierte Erkenntnis stehe der Zulässigkeit ihrer Revision gemäß Art. 130 Abs. 4 B-VG nicht entgegen, weil die Anwendung des dort geprägten Rechtssatzes im Revisionsfall zu einer Verweigerung effektiven Rechtsschutzes führte und daher gegen die Garantien des Art. 47 GRC und des Art. 6 EMRK verstieße. Auch habe das Landesverwaltungsgericht Steiermark den fehlenden Bescheidcharakter der bei ihm angefochtenen Erledigung nicht nachvollziehbar begründet. Die Revisionswerberin hätte in dem freilich bestrittenen Fall der Unzulässigkeit des Antrages auf Bewertung ihrer Stelle gemäß § 13a AVG angeleitet werden müssen, einen solchen auf bescheidmäßige Feststellung des ihr gebührenden Gehaltes zu stellen.

11 Mit diesem Vorbringen wird keine Zulässigkeit der außerordentlichen Revision dargetan.

12 Zunächst hängt die Rechtmäßigkeit des angefochtenen zurückweisenden Beschlusses des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark ausschließlich von der Frage ab, ob der Erledigung der Steiermärkischen Landesregierung vom 1. Juli 2015 Bescheidcharakter zukommt. Zu dieser Frage enthält der angefochtene Bescheid auch Begründungselemente, welche auf einer vertretbaren Auslegung der das Verwaltungsgericht im konkreten Fall treffenden verfahrensrechtlichen Begründungspflicht beruhen und insofern keine grundsätzlichen Fragen des Prozessrechtes aufwerfen.

13 Die Qualifikation der Erledigung der Dienstbehörde als Nichtbescheid erweist sich schon aus folgenden Gründen als zutreffend:

14 Das angefochtene Schreiben ist nicht als Bescheid bezeichnet. Auf die ausdrückliche Bezeichnung kann aber nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem "Spruch" der Erledigung eindeutig ergibt, dass die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt, sondern auch, dass sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Der normative Inhalt muss sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung, also in diesem Sinn auch aus ihrer Form, ergeben. Die bloße Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen oder Rechtsbelehrungen kann demnach nicht als verbindliche Erledigung, also nicht als Spruch im Sinne des § 58 Abs. 1 AVG, gewertet werden. Der hier im Schlussabsatz des Schreibens gebrauchten Formulierung, wonach die Stelle der Revisionswerberin der Gehaltsklasse ST 15 zuzuordnen sei, könnte der Charakter eines bescheidmäßigen Abspruches nur insofern zukommen, als darin eine Feststellung eines rechtserheblichen Umstandes verstanden werden könnte. Schon die Wortwahl der Dienstbehörde könnte Zweifel über eine Deutung als feststellenden Abspruch aufkommen lassen, weil es nicht etwa "Es wird festgestellt, dass ...", sondern eben nur "... ist Ihre Stelle der Gehaltsklasse ST 15 zuzuordnen" heißt. Dazu kommt, dass die Erledigung keine bescheidmäßige Gliederung in Spruch und Begründung und auch keine Rechtsmittelbelehrung enthält.

15 Schon vor diesem Hintergrund kann im Zweifelsfall nicht von einem Bescheidcharakter der angefochtenen Erledigung ausgegangen werden (vgl. hiezu auch die hg. Erkenntnisse vom 18. Februar 2015, Ro 2014/12/0013, vom 23. November 2011, 2011/12/0185, vom 5. September 2008, 2007/12/0161, und vom 23. Oktober 2006, 2003/12/0155).

16 Im Übrigen hat sich das Landesverwaltungsgericht Steiermark bezüglich der gesetzeskonformen Auslegung der Erledigung als Nichtbescheid zutreffend auf das hg. Erkenntnis vom 13. September 2006, 2005/12/0180, gestützt. Von dieser Rechtsprechung abzugehen sieht sich der Verwaltungsgerichtshof auch nicht veranlasst. Ein Widerspruch zu Art. 47 GRC besteht schon deshalb nicht, weil der vorliegende Fall keinen Unionsrechtsbezug aufweist. Ein Widerspruch zu Art. 6 EMRK liegt gleichfalls nicht vor, weil - wie die Revisionswerberin ohnedies selbst erkennt - die Frage der Wertigkeit ihrer Stelle im Rahmen eines (den Garantien der zuletzt zitierten Bestimmung unterliegenden) Verfahrens zur Feststellung der Höhe des gebührenden Gehaltes als vorweg zu beurteilende Frage zu prüfen wäre.

17 Fehlte es aber am Bescheidcharakter der vor dem Landesverwaltungsgericht Steiermark angefochtenen Erledigung, so war die dagegen erhobene Beschwerde unabhängig davon zurückzuweisen, ob die Dienstbehörde die Revisionswerberin zu einer Abänderung ihres Antrages in Richtung der zuletzt genannten Feststellung hätte anleiten müssen.

18 Aus diesen Gründen war die Revision wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung geeignet und daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 26. Februar 2016

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