VwGH Ra 2015/06/0087

VwGHRa 2015/06/00871.8.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler sowie Hofrätin Mag.a Merl und Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, über die Revision des H E in R, vertreten durch Dr. Georg Huber, Rechtsanwalt in 6330 Kufstein, Josef-Egger-Straße 8, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 15. Juli 2015, LVwG-2015/35/1127-3, betreffend Übertretung nach dem Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Kufstein), den Beschluss gefasst:

Normen

VStG §44a;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 24. März 2015 wurde dem Revisionswerber folgende Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zur Last gelegt:

"Sie haben folgende Verwaltungsübertretung begangen:

Tatzeit: 15.02.2014, 19.24 Uhr

Tatort: Gemeinde Kufstein, Richtungsfahrbahn: Zams A 12, km 3,800

Fahrzeug(e): Sonderkraftfahrzeug (Kennzeichen) Sie haben als Zulassungsbesitzer den Nachweis über die Zuordnung des Fahrzeuges zur erklärten EURO-Emissionsklasse nicht fristgerecht nachgeholt und dadurch die nicht ordnungsgemäße Entrichtung fahrleistungsabhängiger Maut für die Benützung von Mautstrecken verursacht. Das angeführte Fahrzeug wurde am angeführten Ort gelenkt, ohne die fahrleistungsabhängige Maut für mehrspurige Kraftfahrzeuge mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht vom mehr als 3,5 t ordnungsgemäß zu entrichten.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 20 Abs. 3 i.V.m. §§ 6 und 7 Abs. 1 BStMG

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende

Strafe verhängt:

Geldstrafe (EUR): 300,00

Gemäß: § 20 Abs. 3 Bundesstraßen Mautgesetz BGBl. 109/2002

i. d.g.F.

Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden"

2 Die gegen dieses Straferkenntnis vom Revisionswerber erhobene Beschwerde wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol (LVwG) vom 15. Juli 2015 als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für unzulässig erklärt.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 In der Revision wird zu ihrer Zulässigkeit vorgebracht, der Verwaltungsgerichtshof habe die Frage, ob eine "Go Vertriebsstelle" der ASFINAG zuzurechnen sei, noch nicht beantwortet. Diese Frage sei aber von allgemeiner Bedeutung, zumal zahlreiche Verfahren anhängig seien, im Zuge derer die Zulassungsbescheinigung bei der Go Vertriebsstelle eingebracht worden sei, von der ASFINAG bzw. den Behörden jedoch vorgeworfen werde, die Nachweisdokumente nicht übermittelt zu haben. Sohin liege keine Rechtsprechung zur Frage vor, ob die Go Vertriebsstelle der ASFINAG zuzurechnen sei bzw. ob diese Gehilfe im Sinne des Gesetzes der ASFINAG sei. Diese Frage sei aber von allgemeiner Bedeutung, weil tagtäglich an Go Vertriebsstellen die Zulassungsbescheinigungen im Zuge der Anmeldung von EURO-Emissionsklassen vorgelegt würden.

8 Von der Beantwortung der Frage, ob eine Go Vertriebsstelle der ASFINAG zuzurechnen sei, hängt das Schicksal der vorliegenden Revision jedoch nicht ab (vgl. zu dieser Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision etwas den hg. Beschluss vom 3. Oktober 2016, Ra 2016/06/0110).

9 Im Teil B unter Punkt 5.2 der aufgrund des § 14 Abs. 1 BStMG erlassenen Mautordnung für die Autobahnen und Schnellstraßen Österreichs (hier: Version 38; gültig mit 1. Jänner 2014) wird die Deklaration der relevanten EURO-Emissionsklasse geregelt. Zwar wird darin u.a. ausgeführt, dass ein Nachweis der Rechtmäßigkeit der verlangten EURO-Emissionsklasse an der Go Vertriebsstelle "nicht erforderlich" ist, was - für sich allein betrachtet - nicht von Vornherein ausschlösse, dass ein entsprechender Nachweis an einer Go Vertriebsstelle zulässig wäre. Allerdings wird zum Einen vor dem zitierten Satz normiert, dass an der Go  Vertriebsstelle die Rechtmäßigkeit der Hinterlegung der verlangten EURO-Emissionsklasse nicht geprüft wird, und zum Anderen nach dem eingangs erwähnten Satz ausdrücklich festgehalten, dass die Rechtmäßigkeit der verlangten EURO-Emissionsklasse der ASFINAG durch entsprechende Nachweisdokumente entweder vorab (siehe Punkt 5.2.2.2) oder im Nachhinein (siehe Punkt 5.2.2.1) nachzuweisen ist.

10 Unter Punkt 5.2.2.1 (Nachweisprüfung im Nachhinein) der Mautordnung wird festgehalten, dass die Nachweisprüfung nicht vor Ort an der Go Vertriebsstelle sondern zentral durch die ASFINAG erfolgt. Die erforderlichen Dokumente sind "der ASFINAG zu übermitteln". In weiterer Folge werden (taxativ) jene Möglichkeiten angeführt, die für die Übermittlung der Dokumente an die ASFINAG zur Verfügung stehen. Es handelt sich dabei um die postalische Übermittlung (an die Adresse der ASFINAG Maut Service GmbH, z.H. ASFINAG SERVICE CENTER / Emissionsklassen, in Salzburg), die Übermittlung per Telefax (an die Telefaxnummer der ASFINAG Maut Service GmbH), die Übermittlung per E-Mail an die Adresse info@asfinag.at ) und die Übermittlung unter Nutzung des Selfcare-Portals (an die Adresse www.go-maut.at ). Ferner wird im Abschnitt 5.2.2.1 normiert, dass die für die Nachweisprüfung erforderlichen Nachweisdokumente binnen 14 Kalendertagen (einlangend), gerechnet ab Hinterlegung der verlangten EURO-Emissionsklasse an einer Go Vertriebsstelle, an die ASFINAG zu übermitteln sind und dass eine Übermittlung der Nachweise direkt von der Go Vertriebsstelle nicht möglich ist.

11 Gemäß Punkt 5.2.2.2 (Nachweisprüfung im Vorhinein) besteht für Kraftfahrzeuge, die ordnungsgemäß zum Mautsystem angemeldet wurden (aktiver Vertrag), alternativ die Möglichkeit, Nachweisdokumente - vor tatsächlicher Hinterlegung der EURO-Emissionsklasse an einer Go Vertriebsstelle - "der ASFINAG" vorab zur Prüfung zu übermitteln. Dabei wird nach Abschluss der Nachweisprüfung durch die ASFINAG die nachgewiesene EURO-Emissionsklasse im Zentralsystem hinterlegt. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass in diesem Fall die Übermittlung der Nachweisdokumente "an die ASFINAG" auf eine andere Art als bei der Nachweisprüfung im Nachhinein bzw. direkt von einer Go Vertriebsstelle erfolgen kann. Vielmehr regelt Punkt 5.2.2.2 für den Fall einer Nachweisprüfung im Vorhinein ausdrücklich, dass an einer Go Vertriebsstelle die Hinterlegung der EURO-Emissionsklasse ebenfalls zu verlangen ist und diese EURO-Emissionsklasse auf der Go-Box hinterlegt wird, wenn sie mit der "vorab nachgewiesenen" EURO-Emissionsklasse übereinstimmt. Die Hinterlegung der entsprechenden EURO-Emissionsklasse auf der Go-Box (bei Übereinstimmung) an einer Go Vertriebsstelle setzt somit die bereits zeitlich zuvor durch die ASFINAG durchzuführende Nachweisprüfung anhand jener Dokumente, die der ASFINAG vorab zu übermitteln sind, voraus.

12 Kann nach der insoweit klaren Rechtslage (vgl. zum Nichtvorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung bei eindeutiger Rechtslage etwa den hg. Beschluss vom 15. Dezember 2015, Ra 2015/02/0094, mwN) entsprechend den Bestimmungen der Mautordnung der Nachweis der Rechtmäßigkeit der verlangten EURO-Emissionsklasse aber nicht an einer Go Vertriebsstelle erfolgen, ist es vorliegend irrelevant, ob eine Go Vertriebsstelle der ASFINAG als Gehilfe zuzurechnen ist.

13 Ferner wird in der Zulässigkeitsbegründung der Revision ausgeführt, es sei gegen die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verstoßen worden, nach der im Spruch des Straferkenntnisses die essenziellen Tatbestandsmerkmale zum Ausdruck zu bringen seien. Gegenständlich sei aus dem Straferkenntnis nicht ersichtlich, dass der Revisionswerber die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung mit einem Fahrzeug mit über 3,5 t höchstzulässigem Gesamtgewicht begangen habe, wobei aus dem Spruch ersichtlich sei, dass ein solches Delikt nur mit Fahrzeugen mit mehr als 3,5 t höchstzulässigem Gesamtgewicht begangen werden könne.

Diesem Vorbringen mangelt es bereits an einer konkreten Darlegung jener Rechtsprechung, von der das LVwG gegebenenfalls abgewichen sein sollte (vgl. dazu den hg. Beschluss vom 5. Oktober 2016, Ra 2016/06/0102). Darüber hinaus ist das LVwG (durch die Bestätigung des Spruches des erstinstanzlichen Straferkenntnisses) nicht im behaupteten Sinn von der hg. Rechtsprechung abgewichen.

14 Gemäß § 44a VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses unter anderem die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dies hat nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes durch Angabe von Tatort, Tatzeit sowie des wesentlichen Inhaltes des Tatgeschehens zu erfolgen. Der Spruch eines Straferkenntnisses muss so gefasst sein, dass die Subsumtion einer als erwiesen angenommenen Tat unter die verletzte Verwaltungsvorschrift eindeutig und vollständig erfolgt, also aus der Tathandlung zugleich auf das Vorliegen der bestimmten Übertretung geschlossen werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. April 2011, 2010/08/0091, mwN).

15 Beim Erfordernis einer genauen Tatumschreibung im Sinne des § 44a Z 1 VStG kommt es darauf an, den Beschuldigten in die Lage zu versetzen, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und ihn rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2014, 2012/17/0549).

16 Die Tatumschreibung im erstinstanzlichen Straferkenntnis enthielt u.a. die Nennung des konkreten Kraftfahrzeuges, dessen Zulassungsbesitzer der Revisionswerber sei und hinsichtlich dessen der Nachweis über die Zuordnung zur erklärten EURO-Emissionsklasse nicht fristgerecht nachgeholt worden sei. Darüber hinaus wurde dargelegt, dass das angeführte Fahrzeug am angeführten Ort gelenkt worden sei, ohne die fahrleistungsabhängige Maut "für mehrspurige Kraftfahrzeuge mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t" ordnungsgemäß zu entrichten.

17 Damit wurde den Anforderungen des § 44a VStG dahingehend, dass der Revisionswerber die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung hinsichtlich eines Fahrzeuges mit über 3,5 t höchstzulässigem Gesamtgewicht begangen habe, entsprochen. Es ist auch nicht zu erkennen, dass der Revisionswerber gehindert gewesen wäre, durch entsprechende Beweise den Tatvorwurf zu widerlegen. Abgesehen davon behauptet der Revisionswerber gar nicht, dass dieses Tatbestandselement (Kraftfahrzeug, dessen höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt) nicht erfüllt gewesen sei. Vielmehr führt er in seiner Revision einleitend selbst aus, er habe in einer E-Mail vom 2. Februar 2014 mitgeteilt, dass eine Auflastung des in Rede stehenden Fahrzeuges auf 3850 kg erfolgt sei.

18 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 1. August 2017

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