Normen
BAO §115 Abs1;
BAO §303 Abs4;
EStG 1988 §19 Abs2;
EStG 1988 §29 Z2;
EStG 1988 §30 Abs4;
BAO §115 Abs1;
BAO §303 Abs4;
EStG 1988 §19 Abs2;
EStG 1988 §29 Z2;
EStG 1988 §30 Abs4;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Im Betrieb des Beschwerdeführers fand im Jahr 1993 eine Buch- und Betriebsprüfung gemäß § 150 BAO über den Zeitraum 1988 bis 1990 statt. Im Prüfungsbericht vom 30. Juni 1993 wird unter Tz 45 zur Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 1988 bis 1990 auf die Tz 25, 26 und 34 des Berichtes verwiesen. Tz 25 und 26 betreffen jeweils die Gewinnermittlung des vom Beschwerdeführer geführten Gastronomiebetriebes. In Tz 25 sind zu den Jahren 1988 und 1989 näher angeführte Sicherheitszuschläge ausgewiesen, die Tz 26 enthält eine Erhöhung von Kfz-Privatanteilen für die Jahre 1988 bis 1990. Unter Tz 34 werden bei der Berechnung des Einkommens für das Jahr 1990 (Tz 39) angesetzte sonstige Einkünfte im Sinne des § 30 EStG 1988 (Spekulationseinkünfte) ausgewiesen. Im Wesentlichen wird dazu ausgeführt, in den Jahren 1987 bis 1989 seien vom Beschwerdeführer Anteile an einer näher bezeichneten Liegenschaft käuflich erworben worden. Im Jahr 1990 seien 584/2935 Anteile "(= 7 Wohnungen)" veräußert worden. Diese Verkäufe unterlägen der Spekulationsbesteuerung nach § 30 EStG 1988. Ausgehend von "Verkaufserlösen 1990" in Höhe von S 4,614.000,-- gelangte der Prüfer zu einem der "Spekulationsbesteuerung" zu unterziehenden Betrag von S 2,495.949,--.
Mit Bescheiden jeweils vom 2. August 1993 nahm das Finanzamt die Verfahren u.a. hinsichtlich Einkommensteuer 1989 und 1990 gemäß § 303 Abs. 4 BAO wieder auf und verwies zur Begründung auf den Bericht über die abgabenbehördliche Prüfung. Der Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 1989 und der dazu ergangene neue Sachbescheid wurden rechtskräftig.
Mit Schriftsatz vom 27. August 1993 erhob der Beschwerdeführer Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1990. Der Beschwerdeführer habe bis zum Jahr 1990 insgesamt sieben Wohnungen der Liegenschaft veräußert. Bereits im Jahr 1989 seien für die Veräußerung von vier Wohnungen Vorverträge abgeschlossen worden, welche mit dem endgültigen Kaufvertrag vom 27. Juni 1990 erfüllt worden seien. In der Berufung beschäftigte sich der Beschwerdeführer im Wesentlichen mit der Frage der rechnerischen Ermittlung des bei dem Verkaufserlös für sieben Wohnungen von S 4,614.000,-- anteilig zu ermittelnden Spekulationsgewinnes. Mit Berufungsvorentscheidung vom 7. Dezember 1993 gab das Finanzamt der Berufung betreffend Einkommensteuer 1990 im Rahmen der rechnerischen Ermittlung der Spekulationseinkünfte teilweise Folge. Der Beschwerdeführer stellte mit Schriftsatz vom 25. Februar 1994 den Antrag auf Entscheidung über seine Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. In einem ergänzenden Schriftsatz vom 5. April 1995 machte der Beschwerdeführer in Hinblick auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. November 1993, 93/14/0125, die Berücksichtigung von Schuldzinsen für die Jahre 1987 bis 1990 als Werbungskosten bei der Ermittlung der Spekulationseinkünfte geltend. Weiters führte der steuerliche Vertreter in diesem Schriftsatz aus, anlässlich der Durchsicht der Kontoauszüge des Jahres 1989 habe er festgestellt, dass im Zuge der Vorvertragsabschlüsse die Kaufpreissummen von den Wohnungserwerbern zum Zeitpunkt der Vertragsunterfertigung im Jahr 1989 überwiesen worden seien. Es seien dem Beschwerdeführer somit bereits im Jahr 1989 für die Veräußerung von vier Wohnungen insgesamt S 2,614.000,-- zugeflossen. Da bei der Ermittlung der Einkünfte aus Spekulationsgeschäften das Zuflussprinzip nach § 19 EStG gelte, seien die Einkünfte aus Spekulationsgeschäften jener vier Wohnungsveräußerungen im Jahr 1989 zu erfassen.
Mit Berufungsentscheidung vom 29. Oktober 1996, Zl. B 68- 3a/94, wurde der Berufung betreffend Einkommensteuer 1990 teilweise Folge gegeben. Bei der Ermittlung der Spekulationseinkünfte für das Jahr 1990 wurde in der Berufungsentscheidung der im Jahr 1989 zugeflossene Veräußerungserlös von S 2,614.000,-- nicht mehr berücksichtigt (Spekulationsgewinn 1990 insgesamt S 483.858,--).
Mit Bescheid vom 5. Dezember 1996 nahm das Finanzamt das Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer für 1989 nach § 303 Abs. 4 BAO wieder auf. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Wiederaufnahme des Verfahrens erfolge auf Grund der im Berufungsverfahren neu hervorgekommenen Tatsachen über das Zufließen von "Spekulationsgewinnen" in den Jahren 1989 und 1990. Der Spekulationsgewinn für 1989 ermittle sich ausgehend von einem Veräußerungserlös von S 2,614.000,-- mit einem Betrag von S 1,168.507,--.
Der Beschwerdeführer erhob mit Schriftsatz vom 9. Dezember 1996 gegen den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 1989 Berufung. Er brachte vor, im Zuge der Betriebsprüfung betreffend die Jahre 1988 bis 1990 sei das Vorliegen von Spekulationsgeschäften hinsichtlich der Liegenschaft festgestellt worden. Dem Betriebsprüfer seien zur Feststellung und Berechnung der Spekulationsgewinne sämtliche Unterlagen, wie Kaufverträge, Wohnungseigentumsverträge und Kontoauszüge vorgelegt worden, aus denen "das Zufließen der Kaufpreissummen von 4 Wohnungen in Höhe von S 2,614.000,-- im Jahr 1989 zweifelsfrei erkennbar war". Diese Tatsachen seien daher bereits im Ermittlungsverfahren der Spekulationsgewinne im Zeitpunkt der Betriebsprüfung bekannt gewesen. Da die Tatsachen über das Zufließen der Spekulationsgewinne nicht erst im Berufungsverfahren - wie in der Bescheidbegründung des Finanzamtes irrtümlich ausgeführt -, sondern bereits im Betriebsprüfungsverfahren neu hervorgekommen seien, entspreche die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht dem Gesetz.
In der abweisenden Berufungsvorentscheidung vom 8. April 1997 wies das Finanzamt darauf hin, dass das Berufungsvorbringen nicht den Tatsachen entspreche. Selbst dem Beschwerdeführer sei zunächst nicht bewusst gewesen, dass Zuflüsse zum Teil bereits im Jahr 1989 stattgefunden hätten. Weder in der Berufungsschrift vom 27. August 1993 noch in den ergänzenden Ausführungen vom 19. Oktober 1993 oder im Vorlageantrag vom 25. Februar 1994 sei ein allfälliges Wissen um den Zuflusszeitpunkt zu Tage getreten. Erst mit der ergänzenden Eingabe vom 5. April 1995 habe der Beschwerdeführer mitgeteilt, er habe nunmehr die Kontoauszüge des Jahres 1989 durchgesehen und dabei Überweisungsvorgänge in diesem Zeitraum festgestellt. Die Behauptung des Beschwerdeführers, die Betriebsprüfung habe von diesen Umständen schon anlässlich der Prüfung Kenntnis erlangt, finde in der Aktenlage keine Deckung. Das Betriebsprüfungsorgan sei nach Vorhalt des Anbringens vom 5. April 1995 vielmehr gezwungen gewesen, die ursprünglichen Prüfungshandlungen zu ergänzen und die maßgebenden Kontoauszüge beizuschaffen. Offensichtlich unter dem Eindruck dieser neuen Beweismittel habe der Prüfer am 11. Oktober 1995 eine den Standpunkt des Beschwerdeführers befürwortende Stellungnahme abgegeben. Es lägen daher "sehr wohl" neu hervorgekommene Tatsachen bzw. Beweismittel vor, die im Sinne des § 303 Abs. 4 BAO die Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertigten.
In der in der Berufungsvorentscheidung erwähnten Stellungnahme des Prüfers vom 11. Oktober 1995 ist u.a. davon die Rede, dass der Ansatz der Veräußerungserlöse ursprünglich nach § 4 Pkt. IV des Schenkungs/Wohnungseigentums/Kaufvertrages zur Gänze für das Jahr 1990 erfolgt sei, weil erst zu diesem Zeitpunkt die rechtliche Situation endgültig festgestanden bzw. die Verbücherung durchgeführt worden sei. Die Kaufpreise seien "aber wie folgt zugeflossen:" (es folgt unter Hinweis auf beiliegende Belegkopien eine Auflistung der einzelnen Käufer samt Kaufpreis und Zuflussjahr)
Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz vom 7. Mai 1997 führte der Beschwerdeführer ergänzend aus, es sei ihm selbstverständlich immer bekannt gewesen, dass ihm die Verkaufserlöse aus dem Verkauf der Eigentumswohnungen teilweise bereits im Jahr 1989 zugeflossen seien; er sei sich lediglich nicht bewusst gewesen, dass diese Erlöse auch der Einkommensbesteuerung unterliegen könnten. Der Beschwerdeführer habe schon im Jahr 1993 seine gesamten Verkaufserlöse für den Prüfungszeitraum 1988 bis 1990 gegenüber der Abgabenbehörde uneingeschränkt offen gelegt und den steuerlichen Vertreter beauftragt, dem zuständigen Prüfungsorgan sämtliche Kontoauszüge über die Verkaufserlöse zur Verfügung zu stellen. Dem "fachkundigen geschulten Prüfungsorgan" der Abgabenbehörde sei daher bei Durchsicht dieser Belege vollkommen klar und leicht nachvollziehbar gewesen, dass ein Teil der Verkaufserlöse bereits im Jahr 1989 zugeflossen sei. Das Prüfungsorgan habe anlässlich der Betriebsprüfung im Jahr 1993 auch sämtliche Belege durchgesehen, wie "ich" (Anm.: d. i. der den Schriftsatz verfassende Steuerberater) selbst habe beobachten können. Anders wäre eine Ermittlung der Gesamtsumme der Verkaufserlöse gar nicht möglich gewesen. Da diese Tatsache somit der Abgabenbehörde bereits im Jahr 1993 hinlänglich bekannt gewesen sei, könne das spätere Erinnern der Behörde an diese ihr schon bekannte Tatsache, wie dies im Rahmen des Berufungsverfahrens gegen die Einkommensbesteuerung des Jahres 1990 geschehen sei, keine neu hervorgekommene Tatsache nach § 303 Abs. 4 BAO bilden. Es sei auch unrichtig, dass in der Eingabe vom 5. April 1995 zum Ausdruck gebracht worden sei, dass erst "nunmehr" die Kontoauszüge des Jahres 1989 durchgesehen worden seien. Vielmehr habe sich der Schriftenverfasser ganz allgemein auf die Durchsicht der Belege bezogen, ohne den Zeitpunkt der eigenen Feststellung dieses Umstandes zu nennen. Unrichtig sei weiters der Hinweis in der Berufungsvorentscheidung, dass das Betriebsprüfungsorgan anlässlich der Prüfung keine Kenntnis von den Zuflüssen der Verkaufserlöse erhalten habe. Wie bereits dargelegt, habe der Steuerberater selbst eigenhändig dem Prüfer die Mappe mit sämtlichen Belegen übergeben und auch selbst gesehen, dass dieser sämtliche Belege durchgesehen habe. Dies sei dadurch zu beweisen, dass der Prüfer im Zug der Durchsicht der Bankauszüge der Jahre 1988 und 1989, welche gemeinsam in einer Kontoauszugsmappe abgelegt seien, auf den Beleg betreffend die Rückzahlung eines Darlehens gestoßen sei, wodurch vom Prüfer ursprünglich die Anschaffungskosten der Wohnungen vermindert worden seien. Richtig sei, dass im Jahr 1995 von der Abgabenbehörde zweiter Instanz die Anfertigung von Fotokopien gewünscht worden sei. Im Zuge einer ergänzenden Prüfungshandlung im Jahr 1995, deren Hauptzweck die Überprüfung der in der Ergänzung zum Vorlageantrag vom 5. April 1995 als Werbungskosten absetzbaren beantragten Schuldzinsen gewesen sei, seien die Überweisungsbelege der Zuflüsse der Wohnungsverkäufe des Jahres 1989 nochmals in Fotokopie übergeben worden. Von neuen Tatsachen bzw. einem neuen Vorbringen im Jahre 1995 könne überhaupt keine Rede sein. Als "Beweis" wird im Vorlageantrag u.a. die Vernehmung des Steuerberaters als Zeugen und die Vernehmung des Beschwerdeführers beantragt.
Nach Durchführung einer Berufungsverhandlung gab die belangte Behörde der Berufung mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge. Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, dass dem Betriebsprüfer (als Hilfsorgan der Veranlagungsstelle) die Tatsache zeitlich verschobener Zahlungsströme schon während des Prüfungsvorganges bekannt geworden sei, sei weder dem Prüfungsergebnis noch den daran anknüpfenden Berufungsausführungen zu entnehmen. Nachvollziehbar sei lediglich, dass der Prüfer, und ihm folgend das Finanzamt, von einem effektiven Verkaufserlös im Jahr 1990 in Höhe von S 4,614.000,-- ausgegangen sei. Das vom Beschwerdeführer vorgelegte Berechnungsblatt biete keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Prüfer bei der Einsichtnahme in die Belege über das genannte Darlehen hinaus von einem anders gelagerten Zahlungszeitpunkt hinsichtlich der vier Wohnungsveräußerungen Kenntnis erlangt habe, "noch dafür, in welchem Umfang ihm Kontoauszüge tatsächlich zur Verfügung standen". Aus den Berufungsausführungen betreffend 1990 (Eingabe vom 19. Oktober 1993) sei vielmehr abzuleiten, dass die Sachlage nicht in der nunmehr behaupteten Vollständigkeit bekannt gewesen sein könne. Anders sei es nämlich nicht zu erklären, weshalb auch der Steuerberater, der die Durchsicht der Belege angeblich selbst beobachtet habe, für die Berechnung des Spekulationsgewinnes 1990 ebenfalls den Veräußerungserlös für sieben Wohnungen als zutreffend angesehen habe und diese Wohnfläche lediglich um den von der Spekulationsfrist nicht umfassten Teil gekürzt habe. Ein Wissen von einem vor dem Jahr 1990 erzielten Veräußerungserlös, das schon in diesem Verfahren zu einer betraglichen Berichtigung von rund S 2 Mio. geführt hätte, sei aus dieser Vorgangsweise nicht zu entnehmen (es sei nur eine Sicht der Dinge erkennbar, die - wie beim Prüfer - offenbar auf den Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag 1990 gestützt gewesen sei). Zur Ermittlung des Gesamterlöses aus den Wohnungsverkäufen habe es entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers keiner Belegeinsicht bedurft, weil die einzelnen Verkaufspreise sowohl unter § 4 des Kaufvertrages aus dem Jahr 1990 als auch in den am 29. Oktober 1990 eingereichten Abgabenerklärungen (§ 10 Grunderwerbsteuergesetz) betraglich angeführt gewesen seien. Da die Tatsache des Kaufpreiszuflusses für vier Wohnungen in Höhe von S 2,614.000,-- im Jahr 1989 erstmals in der Eingabe vom 5. April 1995 Erwähnung gefunden habe und eine Kenntnis des Prüfers zum Zeitpunkt der früheren Prüfungshandlungen nicht ersichtlich sei, sei die Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 303 Abs. 4 BAO zu Recht erfolgt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer wendet Verjährung ein und bringt vor, die belangte Behörde habe es gänzlich unbeachtet gelassen, dass die amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 1989 im Jahr 1996 "gemäß § 304 iVm §§ 4 und 207 BAO schon längst verfristet und verjährt war, zumal im Jahre 1996 die 5jährige Verjährungsfrist längst abgelaufen war und Gründe für eine längere Verjährung weder behauptet wurden noch aktenkundig sind".
Zu diesem Vorbringen ist auf die Bestimmung des § 209 Abs. 1 BAO zu verweisen, nach der die Verjährung durch jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung unterbrochen wird (mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen). Solche Unterbrechungshandlungen in Bezug auf den Abgabenanspruch für das Jahr 1989 wurden durch die im Jahr 1993 durchgeführte abgabenbehördliche Prüfung und die dadurch veranlasste Bescheiderlassung vom 2. August 1993 zweifellos gesetzt, sodass die fünfjährige Verjährungsfrist des § 207 Abs. 2 BAO mit Ablauf des Jahres 1993 neu zu laufen begann. Die neuerliche Wiederaufnahme des Verfahrens im Jahr 1996 erfolgte somit noch innerhalb dieser Verjährungsfrist, sodass die Einrede der Verjährung ins Leere geht.
Bei einem verfahrensrechtlichen Bescheid wie dem der Wiederaufnahme von Amts wegen wird die Identität der Sache, über die abgesprochen wurde, durch den Tatsachenkomplex begrenzt, der als neu hervorgekommen von der für die Wiederaufnahme zuständigen Behörde zur Unterstellung unter den von ihr gebrauchten Wiederaufnahmetatbestand herangezogen wurde (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Mai 1991, 90/14/0262).
Bei der (erstmaligen) Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 1989 mit dem Bescheid vom 2. August 1993 dienten als Wiederaufnahmegründe die unter den Tz 25 und 26 des Betriebsprüfungsberichtes vom 30. Juni 1993 getroffenen Feststellungen bezüglich Sicherheitszuschläge bzw. Kfz-Privatanteil. Aus den Gründen der unter Tz 34 enthaltenen Feststellungen zu den Spekulationseinkünften fand 1993 nur eine Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens 1990, nicht auch des Einkommensteuerverfahrens 1989 statt. Damit wurde aber die (neuerliche) Wiederaufnahme des Verfahrens mit Bescheid vom 5. Dezember 1996 wegen der neu hervorgekommenen Tatsachen in Bezug auf den Zufluss der Spekulationseinkünfte aus anderen Gründen verfügt als aus jenen im Bescheid vom 2. August 1993. Die Wiederaufnahme des "wiederaufgenommenen Verfahrens" war damit entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht nicht etwa wegen entschiedener "Sache" unzulässig (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Juli 1999, 97/13/0131).
Gemäß § 303 Abs. 4 BAO ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen u.a. in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Neuhervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens derart zu beurteilen, dass es darauf ankommt, ob der Abgabenbehörde im wieder aufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wieder aufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können (vgl. beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. März 2001, 98/13/0026).
Entscheidend für die in der Beschwerde bestrittene Berechtigung zur Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens 1989 ist somit, ob beim Ergehen des Einkommensteuerbescheides vom 2. August 1993 der Sachverhalt in Bezug auf den Zufluss der Einkünfte aus den Spekulationsgeschäften der Abgabenbehörde so vollständig bekannt war, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nach durchgeführter Wiederaufnahme erlassenen Entscheidung (der Zuordnung eines Teiles der Spekulationseinkünfte zum Jahr 1989) hätte gelangen können. Ein behördliches Verschulden an der Nichtfeststellung der maßgebenden Tatsachen bzw. Beweismittel im Erstverfahren schließt die Wiederaufnahme von Amts wegen nicht aus. Eine nachträglich anders geartete rechtliche Beurteilung oder Würdigung eines schon bekannt gewesenen Sachverhaltes allein rechtfertigt den behördlichen Eingriff in die Rechtskraft allerdings nicht (vgl. z. B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. April 1998, 95/15/0108).
Einzuräumen ist, dass der Prüfungsbericht vom 30. Juni 1993 keine Ausführungen darüber enthält, dass ein Zufluss eines Teiles der Einnahmen aus den in Rede stehenden Veräußerungsgeschäften bereits im Jahr 1989 erfolgt wäre. Der Beschwerdeführer vertrat im Berufungsverfahren betreffend die gegenständliche Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens 1989 allerdings unter Bezugnahme auf verschiedene Beweismittel die Ansicht, die Wiederaufnahme sei unzulässig, weil dem Prüfer im Rahmen des Prüfungsverfahrens sämtliche Belege betreffend die Spekulationsgeschäfte zur Verfügung gestellt worden seien und aus diesen der Zufluss der Geldbeträge ersichtlich gewesen sei.
Zu diesem Vorbringen ist zu sagen, dass das Zurverfügungstellen von Belegen zwar für sich allein noch nicht unbedingt bedeutet, dass dem Prüfer der Sachverhalt tatsächlich vollständig bekannt geworden ist, die belangte Behörde wäre aber im Rahmen der sie treffenden amtswegigen Ermittlungspflicht (vgl. § 115 BAO) jedenfalls verpflichtet gewesen, den Prüfer darüber zu befragen, inwieweit ihm tatsächlich konkret die in Betracht kommenden Belege, aus denen der Zufluss der Veräußerungserlöse in Bezug auf die konkreten Veräußerungsgeschäfte im Jahr 1989 erkennbar war, zur Verfügung gestellt wurden. Zu Recht weist die Beschwerde auf eine derart unterbliebene Einvernahme des Betriebsprüfers hin, zumal auch aus dem aktenkundigen Schreiben des Prüfers vom 11. Oktober 1996 (betreffend Überprüfungshandlungen anlässlich der Mitteilung des Beschwerdeführers im ergänzenden Schriftsatz vom 5. April 1995) diesbezüglich nichts zu entnehmen ist.
Der angefochtene Bescheid war damit bereits deshalb wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften nach § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen (etwa zur "Negierung" der Beweisanträge) näher einzugehen war. Außerhalb der das Abflussprinzip des § 19 Abs. 2 EStG 1988 durchbrechenden eigenständigen Regelung zur Ermittlung der Höhe der Spekulationseinkünfte nach § 30 Abs. 4 EStG 1988 (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. November 1993, 93/14/0124), ist zur steuerlichen Erfassung der sonstigen Einkünfte nach § 29 Z. 2 iVm § 30 EStG 1988 das Zu- und Abflussprinzip nach § 19 leg. cit. maßgebend. Der in der Beschwerde u.a. - insoweit auch im Widerspruch zu der Eingabe vom 5. April 1995 - vertretenen Ansicht, die Erfassung des Spekulationsgewinns wäre erst mit dem Abschluss des Kaufvertrages und der grundbücherlichen Durchführung der Veräußerungsgeschäfte im Jahr 1990 vorzunehmen, kann nicht gefolgt werden, zumal von einem "titellosen Geldzufluss" im Jahr 1989 im Hinblick auf die bereits 1989 abgeschlossenen Vorverträge als relevante schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäfte (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. November 1988, 87/13/0096) nicht gesprochen werden kann.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II Nr. 501/2001. Die Umrechnung der Stempelgebühr beruht auf § 3 Abs. 2 Z 2 Eurogesetz BGBl I Nr. 72/2000.
Wien, am 12. September 2002
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