Normen
AuslBG §26 Abs1;
AuslBG §26 Abs4;
AuslBG §28 Abs1 Z2 litc;
B-VG Art90 Abs2;
AuslBG §26 Abs1;
AuslBG §26 Abs4;
AuslBG §28 Abs1 Z2 litc;
B-VG Art90 Abs2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark (belangte Behörde) vom 10. Dezember 1998 wurde der Beschwerdeführer wie folgt für schuldig erkannt:
"Sie haben laut Strafantrag des Arbeitsinspektorates G vom 16.08.1996, GZ,: 8960/434-11/1996, anlässlich der Kontrolle am 12.08.1996 um ca. 11.00 Uhr in der M-Halle in S, in der Nähe der Autobahn, W-Weg 20, S, auf Verlangen der Arbeitsinspektionsorgane nicht die Personaldaten der polnischen Staatsangehörigen R und F bekannt gegeben, obwohl der Arbeitgeber, dessen Auftraggeber oder deren Bevollmächtigter verpflichtet ist, die Identität von Personen, die sich in einem in § 26 Abs. 2 AuslBG genannten Ort oder in einem dem Arbeitgeber zurechenbaren Fahrzeug aufhalten, Auskunft zu geben, wenn Grund zur Annahme besteht, dass es sich bei den in Frage kommenden Personen offensichtlich um ausländische Arbeitskräfte handelt, die beschäftigt werden oder zu Arbeitsleistungen herangezogen werden sollen. Sie haben dadurch gegen § 26 Abs. 4 i.V.m. § 28 Abs. 1 Z 2 lit. f AusBG. BGBl. Nr. 218/1975, i.d.g.F. verstoßen."
Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe in der Höhe von S 30.000,-- und eine Ersatzfreiheitsstrafe von neun Tagen verhängt.
Begründet wurde der angefochtene Bescheid zusammengefasst damit, dass der Beschwerdeführer zwar bestritten habe, dass die Ausländer in seinem Betrieb beschäftigt worden wären; das Gebäude, in welchem Arbeiten durchgeführt worden wären, stünde zwar in seinem Eigentum, es wäre jedoch zur Gänze vermietet. Es seien am 12. August 1996 von einschreitenden Beamten des Arbeitsinspektorates drei Personen beim Färbeln der Wand und beim Spachteln eines Sockelrandes beobachtet worden. Zwei von diesen Personen hätten beim Erscheinen der Beamten die Flucht ergriffen, der Dritte angegeben, dass es sich bei den beiden anderen um seine polnischen Landsleute R und F gehandelt habe. Der von den Beamten daraufhin kontaktierte Beschwerdeführer wäre von den Beamten aufgefordert worden, die Namen der beiden geflüchteten Polen bekannt zu geben, er habe ihnen versprochen, er würde dies per Telefax tun, er habe eine solche Mitteilung jedoch bis dato unterlassen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird. Der Beschwerdeführer erachtet den angefochtenen Bescheid vor allem deswegen für rechtswidrig, weil ihm mit dem Bescheid der Behörde erster Instanz eine Übertretung des § 26 Abs. 1 AuslBG, und erst mit dem angefochtenen Bescheid eine solche des § 26 Abs. 4 leg. cit. vorgeworfen worden sei, die belangte Behörde habe derart auf unzulässige Weise erst im Berufungsverfahren den Tatvorwurf ausgetauscht.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 895/1995 lauten:
"Überwachung, Auskunfts- und Meldepflicht
§ 26. (1) Die Arbeitgeber sind verpflichtet, den Landesgeschäftsstellen des Arbeitsmarktservice und den regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice sowie den Trägern der Krankenversicherung und den Arbeitsinspektoraten auf deren Verlangen Anzahl und Namen der im Betrieb beschäftigten Ausländer bekannt zu geben. Die Arbeitgeber und die Ausländer sind auf Verlangen verpflichtet, den vorerwähnten Behörden und den Trägern der Krankenversicherung und den Arbeitsinspektoraten die zur Durchführung dieses Bundesgesetzes notwendigen Auskünfte zu erteilen und in die erforderlichen Unterlagen Einsicht zu gewähren.
(2) Die im Abs. 1 genannten Behörden und die Träger der Krankenversicherung sind zur Durchführung ihrer Aufgaben berechtigt, die Betriebsstätten, Betriebsräume und auswärtigen Arbeitsstellen, die Aufenthaltsräume der Arbeitnehmer sowie bei begründetem Verdacht nicht ortsüblicher Unterbringung auch die vom Arbeitgeber den Arbeitnehmern beigestellten Wohnräume und Unterkünfte zu betreten.
(3) Die im Abs. 1 genannten Behörden und die Träger der Krankenversicherung haben bei Betreten des Betriebes den Arbeitgeber, in jenen Fällen, in denen der Arbeitgeber Arbeitsleistungen bei einem Auftraggeber erbringen lässt, auch diesen, oder deren Bevollmächtigte und den Betriebsrat von ihrer Anwesenheit zu verständigen; hiedurch darf der Beginn der Betriebskontrolle nicht unnötig verzögert werden. Vor Beginn der Betriebskontrolle ist in Betrieben, die der Aufsicht der Bergbehörden unterliegen, jedenfalls der Bergbauberechtigte oder ein von ihm namhaft gemachter Vertreter zu verständigen. Auf Verlangen haben sich die einschreitenden Organe durch einen Dienstausweis auszuweisen. Dem Arbeitgeber, dessen Auftraggeber oder deren Bevollmächtigten sowie dem Betriebsrat steht es frei, die einschreitenden Organe bei der Amtshandlung im Betrieb zu begleiten; auf Verlangen der einschreitenden Organe sind der Arbeitgeber, dessen Auftraggeber oder deren Bevollmächtigte hiezu verpflichtet. Die Betriebskontrolle hat tunlichst ohne Störung des Betriebsablaufes zu erfolgen.
(4) Der Arbeitgeber, dessen Auftraggeber oder deren Bevollmächtigter ist verpflichtet, über die Identität von Personen, die sich an einem in Abs. 2 genannten Ort oder in einem dem Arbeitgeber zurechenbaren Fahrzeug aufhalten, Auskunft zu geben, wenn Grund zur Annahme besteht, dass es sich bei den in Frage kommenden Personen offensichtlich um ausländische Arbeitskräfte handelt, die beschäftigt werden oder zu Arbeitsleistungen herangezogen werden sollen. Die einschreitenden Organe der in Abs. 1 genannten Behörden und die Träger der Krankenversicherung sind berechtigt, die Identität dieser Personen zu überprüfen.
...
Strafbestimmungen
§ 28. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen,
...
2. wer
...
c) entgegen dem § 26 Abs. 1 den Arbeitsinspektoraten, den regionalen Geschäftsstellen und den Landesgeschäftsstellen des Arbeitsmarktservice sowie den Trägern der Krankenversicherung auf deren Verlangen Anzahl und Namen der im Betrieb beschäftigten Ausländer nicht bekannt gibt, die zur Durchführung dieses Bundesgesetzes notwendigen Auskünfte nicht erteilt oder in die erforderlichen Unterlagen nicht Einsicht gewährt,
d) entgegen dem § 26 Abs. 2 den im § 26 Abs. 1 genannten Behörden und Rechtsträgern den Zutritt zu den Betriebsstätten, Betriebsräumen, auswärtigen Arbeitsstellen, Aufenthaltsräumen der Arbeitnehmer, den vom Arbeitgeber den Arbeitnehmern beigestellten Wohnräumen oder Unterkünften nicht gewährt, entgegen dem § 26 Abs. 3 die Durchführung der Amtshandlung beeinträchtigt, oder entgegen dem § 26 Abs. 4 den im § 26 Abs. 1 genannten Behörden und Rechtsträgern die Nachweisung oder die Überprüfung der Identität einer Person, die sich an einem im § 26 Abs. 2 genannten Ort oder in einem dem Arbeitgeber zurechenbaren Fahrzeug aufgehalten hat, verweigert,
mit Geldstrafe von 2000 S bis 30 000 S, im Fall der lit. c bis f von 30 000 S bis 50 000 S;
..."
(Anmerkung: Die Bestimmungen des § 26 Abs. 4 und jene des § 28 Abs. 1 Z. 2 lit. f wurden mit Erkenntnis der Verfassungsgerichtshofes vom 6. Oktober 1999, G 249/98 u.a., als verfassungswidrig aufgehoben; dieses Erkenntnis wurde am 25. November 1999 kundgemacht. Der Beschwerdefall ist kein "Anlassfall", weshalb diese Bestimmung noch anzuwenden war).
Gemäß § 44a Z. 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, u.a. die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Diese muss also im Spruch so eindeutig umschrieben sein, dass kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist. Dabei ist die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Juni 1984, Slg. Nr. 11.466/A, und das hg. Erkenntnis vom 13. September 1999, Zl. 98/09/0084); ist daher im Spruch die Tat so umschrieben, dass eine Zuordnung zu mehreren Tatbeständen möglich ist, so verstößt der Spruch ebenfalls gegen diese Bestimmung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. März 1992, Zl. 91/06/0161, m.w.N.). In der Tatumschreibung muss etwa auch zum Ausdruck kommen, ob ein bestimmter Beschuldigter die Tat in eigener Verantwortung, oder als der für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit strafrechtlich Verantwortliche begangen hat (vgl. etwa das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Jänner 1987, Zl. 86/18/0073, Slg. Nr. 12.375/A).
Diese Erfordernisse werden vom angefochtenen Bescheid nicht erfüllt, sein Spruch enthält überhaupt keinen Hinweis darauf, ob der Beschwerdeführer die ihm vorgeworfene Tat als Arbeitgeber, dessen Auftraggeber oder als ein Bevollmächtigter des einen oder anderen begangen hat. Schon aus diesem Grunde war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, wobei vorliegend dahinstehen kann, ob der vom Beschwerdeführer erhobene Vorwurf einer Auswechslung der ihm vorgeworfenen Tat entgegen § 66 Abs. 4 AVG ebenfalls zutrifft.
Für das fortgesetzte Verfahren wird darauf hingewiesen, dass bei Anwendung der §§ 26 Abs. 1 und 28 Abs. 1 Z. 2 lit. c AuslBG im Lichte des Art. 90 Abs. 2 B-VG und dem darin enthaltenen verfassungsrechtlichen Verbot eines Zwanges zur Selbstbezichtigung nicht der verwaltungsstrafrechtlich sanktionierte gesetzliche Zwang zur Abgabe einer Erklärung erblickt werden kann, durch welchen angesichts der sie begleitenden Umstände der für das Vorliegen und den Nachweis eines Straftatbestandes typischerweise entscheidende Hinweis gegeben wird. § 26 Abs. 1 AuslBG verpflichtet den Arbeitgeber nämlich nicht - weil dies einem Zwang zur Selbstbezichtigung gleich käme - zur Bekanntgabe der Identität eines anlässlich einer Kontrolle konkret angetroffenen Ausländers, sondern enthält bloß eine allgemeine Mitteilungspflicht. Andernfalls hätte es der Gesetzgeber auch nicht für notwendig erachtet, neben § 26 Abs. 1 AuslBG noch die - nunmehr als verfassungswidrig aufgehobene - Bestimmung des § 26 Abs. 4 AuslBG zu erlassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. November 2000, Zl. 98/09/0242, m.w.N.).
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 27. Juni 2001
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