VwGH 98/06/0118

VwGH98/06/011815.10.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde des R und der JW in G, vertreten durch D, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 27. Mai 1998, Zl. 03-12.10 G 74-98/2, betreffend Kanalanschlußverpflichtung (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Gnas, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §68 Abs1;
KanalG Stmk 1988 §4 Abs5;
WRG 1959 §138 Abs2;
WRG 1959 §30;
WRG 1959 §32 Abs2 litc;
WRG 1959 §32;
AVG §56;
AVG §68 Abs1;
KanalG Stmk 1988 §4 Abs5;
WRG 1959 §138 Abs2;
WRG 1959 §30;
WRG 1959 §32 Abs2 litc;
WRG 1959 §32;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- je zur Hälfte binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 14. November 1995 wurden die Beschwerdeführer als Eigentümer der Grundstücke Nr. .171 und Nr. 493/1, KG G., verpflichtet, die Schmutzwässer ihrer bestehenden Bauwerke über die öffentliche Kanalanlage der mitbeteiligten Marktgemeinde abzuleiten. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wiesen die Beschwerdeführer darauf hin, daß sie seit drei Jahren eine gut funktionierende sogenannte Pflanzenkläranlage hätten. Im Juni 1994 sei eine Untersuchung des Ablaufwassers durchgeführt worden, welche sehr gute Werte erbracht habe. Der Untersuchungsbefund wurde beigelegt. Weiters seien die Beschwerdeführer Besitzer einer Landwirtschaft und könnten die Dickstoffe auf eigenem Grund aufbringen.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 5. August 1996 wurde die Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid vom 14. November 1995 abgewiesen. Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt, die bestehende Pflanzenkläranlage sei zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung wasserrechtlich nicht bewilligt gewesen. Aufgrund der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführer hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 21. Oktober 1996 den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Marktgemeinde verwiesen. Die Aufhebung wurde damit begründet, daß in der Begründung des Bescheides des Gemeinderates nicht in ausreichendem Maße auf die in der Berufung geltend gemachten Einwendungen eingegangen worden sei. Spätestens mit Einlangen der Berufung wäre es Pflicht des Gemeinderates gewesen, die Beschwerdeführer gemäß § 13a AVG darüber zu belehren, daß sie gemäß § 4 Abs. 5 vorletzter Satz des Kanalgesetzes 1988 den Nachweis für das Vorliegen einer Ausnahmebewilligung zu erbringen hätten. Dies sei von den Gemeindebehörden jedoch unterlassen worden, weshalb den Beschwerdeführern die Möglichkeit genommen worden sei, tatsächlich die erforderlichen Nachweise über die tatsächlich schon vorhandene schadlose Schmutzwasserentsorgung vorzulegen. Die Beschwerdeführer hätten zwar einen Untersuchungsbefund vorgelegt, doch sei dies in Unkenntnis der tatsächlichen rechtlichen Gegebenheiten geschehen und es sei nicht auszuschließen, daß die Beschwerdeführer in Kenntnis der wahren Rechtslage einen genaueren Nachweis vorgebracht hätten.

Dieser Bescheid blieb unbekämpft.

Mit Verfahrensanordnung vom 10. Dezember 1996 forderte der Gemeinderat die Beschwerdeführer zur Vorlage des Nachweises über das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Ausnahmebewilligung von der Kanalanschlußpflicht bis zum 31. Jänner 1997 auf.

In der Folge legten die Beschwerdeführer ein Gutachten des DI. E.M. vom Jänner 1997 vor, wonach die Beschwerdeführer bereits im Jahre 1992 eine Abwasseranlage nach dem Stand der Technik errichtet hätten. Die häuslichen Abwässer würden in einer Vorkläranlage mit ca. 2 m3 Nutzinhalt auf dem Grundstück Nr. 490 mechanisch gereinigt. Die biologische Reinigungsstufe in Form einer Pflanzenkläranlage befinde sich ebenfalls auf diesem Grundstück. Das gereinigte Abwasser werde schließlich unmittelbar im Anschluß an die Pflanzenkläranlage in einer Bodenmulde oberflächig verrieselt. Die örtliche Besichtigung habe ergeben, daß eine Einwirkung auf eine Wasserversorgungsanlage durch die gegenständliche Abwasseranlage nicht möglich sei. Das Gebiet liege außerdem weder in einem Wasserschon- noch -schutzgebiet. Die Gesamtreinigungsanlage, eine drei-kammrige Vorkläranlage mit 2 m3 Nutzinhalt und die Pflanzenkläranlage mit 28 m2 bzw. 9,3 m2/EW Filteroberfläche, sei ausreichend bemessen und könne als eine Anlage nach dem Stand der Technik bezeichnet werden. Ein Untersuchungsbefund von Prof. H.R. (TU Graz) vom 7. Juli 1994 bestätige, daß die Ablaufwerte weit unter den gesetzlichen Grenzwerten lägen. Die Erfordernisse des Umweltschutzes und der Hygiene im Sinne des § 4 Abs. 5 des Steiermärkischen Kanalgesetzes würden mit hoher Wahrscheinlichkeit erfüllt, sodaß die Voraussetzungen für das Erlangen der Ausnahmegenehmigung gegeben seien.

Der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde legte dieses Gutachten der Bezirksbauleitung Feldbach vor, deren Sachverständiger ausführte, die Anlage entspreche nicht dem Stand der Technik, u. a. deshalb, weil das Mindestvolumen der Vorklärstufe mindestens 5 m3 zu betragen habe und die Verrieselung auch von gereinigtem Abwasser einer wasserrechtlichen Bewilligung bedürfe. Am Tag der Erhebung sei festgestellt worden, daß die Anlage nicht ordnungsgemäß betrieben worden sei.

Diese Äußerung wurde den Beschwerdeführern zur Stellungnahme übermittelt, die dazu ausführten, die mit Erlaß aus 1993 eingeführten Ausführungsrichtlinien und Beweissetzungsgrundsätze könnten auf ihre Anlage nicht angewendet werden, da diese schon vor diesem Zeitpunkt errichtet worden sei. Der am Tag der Besichtigung vorgefundene Zustand beeinträchtige die Funktion der Pflanzenstufe in keiner Weise, was einem Fachmann bekannt sein müßte. Ob eine Emission nach außen, also bei Verrieselung von Reinwasser auf eigenem Grund eine wasserrechtliche Genehmigung erfordere, obliege einer juristischen Beurteilung und liege keinesfalls in der Kompetenz eines technischen Sachverständigen.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 2. Februar 1998 wurde die Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 14. November 1995 neuerlich abgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, das Gutachten des Vertreters des Bezirksbauamtes habe ergeben, daß die gegenständliche Anlage nicht dem Stand der Technik entspreche. Dieses Gutachten sei schlüssig, wogegen das von den Beschwerdeführern vorgelegte Gutachten nicht geeignet sei darzulegen, daß die Anlage den Erfordernissen des Umweltschutzes und der Hygiene im Sinne des § 4 Abs. 5 des Steiermärkischen Kanalgesetzes entspreche, da, wie der Gutachter DI. E.M. selbst in seinem Gutachten behaupte, die Erfordernisse des Umweltschutzes und der Hygiene mit "hoher Wahrscheinlichkeit" erfüllt würden.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung der Beschwerdeführer hat die belangte Behörde nach Einholung einer Stellungnahme zur Bewilligungspflicht mit Bescheid vom 27. Mai 1998 abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, es sei unbestritten, daß es für die gegenständliche Abwasseranlage keine wasserrechtliche Bewilligung gebe. Aus der gesamten Beschreibung der Kläranlage gehe hervor, daß diese jedenfalls wasserrechtlich bewilligungspflichtig sei. An diesem Umstand vermöchten auch die Ausführungen des DI. E.M. nichts zu ändern. Demnach sei bereits die erste Voraussetzung des § 4 Abs. 5 des Kanalgesetzes für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nicht erfüllt, da eine schadlose Entsorgung der Abwässer nicht gewährleistet sei. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur, zuletzt mit Erkenntnis vom 27. Februar 1998, Zl. 97/06/0257, 0258, ausgesprochen habe, habe einer für eine schadlose Abwasserentsorgung im Sinne des § 4 Abs. 5 i.V.m. § 1 Abs. 1 des Steiermärkischen Kanalgesetzes 1988 jedenfalls erforderliche wasserrechtliche Bewilligung der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung voranzugehen, da sie eine notwendige Bedingung für die letztere sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

In der Verfahrensrüge weisen die Beschwerdeführer darauf hin, die belangte Behörde habe sich auf das Gutachten eines befangenen Gutachters, nämlich des DI. H. der Baubezirksleitung Feldbach gestützt. Dieser Amtssachverständige sei deshalb befangen, weil er von vornherein erklärt habe, daß es eine wasserwirtschaftliche anerkannte Grundsatzposition gebe, wonach die Abwasserentsorgung zentral zu erfolgen habe. Demnach werde er bei der Beurteilung der privaten Kläranlage u.a. auch jener der Beschwerdeführer in seiner Funktion als Sachverständiger negative Gutachten abgeben. Diesem Vorwurf ist zu entgegnen, daß sich die belangte Behörde der Begründung ihres Bescheides zufolge nicht auf das Gutachten dieses Sachverständigen gestützt hat. Es kann demnach dahingestellt bleiben, ob dieser Sachverständige befangen war.

Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes rügen die Beschwerdeführer, daß die belangte Behörde zu Unrecht von einer Bewilligungspflicht der Kläranlage ausgegangen sei.

Zur Problematik der Bewilligungspflicht von Kläranlagen im Zusammenhang mit der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 4 Abs. 5 des Steiermärkischen Kanalgesetzes 1988 hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt Stellung genommen. In seinem Erkenntnis vom 19. März 1998, Zl. 97/06/0273, auf dessen ausführliche Begründung gemäß § 43 Abs. 2 verwiesen wird, hat der Verwaltungsgerichtshof unter eingehender Auseinandersetzung mit der Judikatur des hg. Wasserrechtssenates (Senat 07) ausgeführt, daß die Bewilligungspflicht gemäß § 32 WRG 1959 immer dann gegeben ist, wenn nach dem natürlichen Lauf der Dinge mit nachteiligen Einwirkungen auf die Beschaffenheit des Gewässers zu rechnen ist. Es sei bei der Beurteilung der Bewilligungspflicht auch darauf abzustellen, ob nach dem natürlichen Lauf der Dinge und den allgemeinen praktischen Erfahrungen des täglichen Lebens bei einer nicht ordnungsgemäßen Funktion der vorgeschalteten mechanischen Kläranlage und einer nicht sachkundigen und fachkundigen Ausgestaltung und Abdichtung des nachgeschalteten Pflanzenbeetes von einer Versickerung nicht (ausreichend) gereinigter Abwässer auszugehen wäre, welche eine mehr als geringfügige Auswirkung auf das Grundwasser bewirken würde. Eine Anlage, die dazu diene, die an sich (d.h. ohne sie) gegebenen schädlichen Auswirkungen auf ein Gewässer zu beseitigen oder herabzumindern, müsse schon dann als bewilligungspflichtig erachtet werden, wenn nicht von vornherein feststehen könne, daß sie die ihr zugeschriebenen Eigenschaften besitze, und wenn nicht ausgeschlossen werden könne, daß die Anlage ihrer Bestimmung nur unter Einhaltung konkreter Auflagen gerecht werde.

Die Beschwerdeführer ziehen im Beschwerdefall nicht in Zweifel, daß die bei ihnen anfallenden häuslichen Abwässer bei ungereinigtem Versickern schädliche Auswirkungen auf das Grundwasser hätten, wofür im übrigen bereits die Errichtung einer Kläranlage durch die Beschwerdeführer spricht. Eine Aussage oder Feststellung der zuständigen Wasserbehörde, wonach die Anlage keiner wasserrechtlichen Bewilligung bedürfe, haben die Beschwerdeführer nicht vorgelegt. Sie haben immer nur das Erfordernis einer wasserrechtlichen Bewilligung, wovon schon der Gemeinderat im ersten Rechtsgang ausgegangen ist, bestritten.

Vor dem dargestellten Hintergrund vermögen die Beschwerdeführer keine Bedenken der von der belangten Behörde angenommenen Bewilligungspflicht der Kläranlage zu erwecken.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem bereits genannten Erkenntnis vom 19. März 1998 ausgesprochen hat, ist Voraussetzung für die angestrebte Ausnahmebewilligung nicht nur eine tatsächlich vorhandene, sondern auch wasserrechtlich zulässige schadlose Entsorgung. Der Nachweis für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Ausnahme obliegt den Ausnahmewerbern (§ 4 Abs. 5 des Steiermärkischen Kanalgesetzes 1988). Eine schadlose Entsorgung in diesem Sinn liegt daher schon dann nicht vor, wenn die Gewässer zunächst in einer bewilligungspflichtigen Anlage gereinigt werden müssen, eine solche Bewilligung aber (noch) nicht vorliegt. Daraus folgt, daß die Auffassung der belangten Behörde, die Beschwerdeführer hätten im Verfahren vor den Gemeindebehörden den Nachweis einer schadlosen Entsorgung der Abwässer nicht erbracht, zutreffend ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 15. Oktober 1998

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte