VwGH 98/06/0045

VwGH98/06/004525.6.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde der O in R, vertreten durch D und H, Rechtsanwälte in B, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 4. Februar 1998, Zl. I-2-1/1998, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. B OHG in R, 2. Gemeinde Mittelberg, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §8;
BauG Vlbg 1972 §29 Abs2;
BauG Vlbg 1972 §30 Abs1 litb;
BauG Vlbg 1972 §30 Abs1;
BauG Vlbg 1972 §30 Abs2;
BauG Vlbg 1972 §6 Abs10;
BauG Vlbg 1972 §6;
BauRallg;
RPG Vlbg 1996 §14 Abs4;
RPG Vlbg 1996 §14 Abs8;
AVG §56;
AVG §8;
BauG Vlbg 1972 §29 Abs2;
BauG Vlbg 1972 §30 Abs1 litb;
BauG Vlbg 1972 §30 Abs1;
BauG Vlbg 1972 §30 Abs2;
BauG Vlbg 1972 §6 Abs10;
BauG Vlbg 1972 §6;
BauRallg;
RPG Vlbg 1996 §14 Abs4;
RPG Vlbg 1996 §14 Abs8;

 

Spruch:

Der Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Das Land Vorarlberg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Den Verwaltungsakten ist zu entnehmen, dass die erstmitbeteiligte Partei (in der Folge kurz: Bauwerberin) bereits im Februar 1996 um die baupolizeiliche Bewilligung zum Umbau und zur Erneuerung eines bestehenden Tankstellengebäudes auf einem Grundstück im Gemeindegebiet eingekommen war. Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin eines angrenzenden Grundstückes. Beide Grundstücke grenzen ihrerseits an die Kleinwalsertalstraße (B 201).

In der Folge kam es zu Projektänderungen. Gemäß der verfahrensgegenständlichen Baubeschreibung vom 18. Februar 1997 ist beabsichtigt, den bestehenden Tankstellen- und Garagentrakt abzubrechen. Im neu herzustellenden Gebäude sollen im Untergeschoß eine Tiefgarage, ein Lagerraum und ein Abstellraum errichtet werden, im Erdgeschoß die Tankstelle mit Kassa und Büro, Kunden-WC, weiters eine Werkstatt mit zwei Hebebühnen, ein manueller Waschplatz mit einer Hebebühne sowie einem Lager, und ein Personal-WC mit Umkleideraum/Dusche. Auf dem Flachdach dieses Gebäudes soll ein eingeschossiges Wohnhaus mit Satteldach errichtet werden. In der Baubeschreibung wird auf entsprechende Baupläne vom "18. Februar 1997/16. April 1997" verwiesen (daraus ist unter anderem zu entnehmen, dass die Tankstelle mit zwei Zapfsäulen ausgestattet werden soll).

Mit Kundmachung vom 22. April 1997 wurde eine Bauverhandlung für den 13. Mai 1997 mit dem Beifügen anberaumt, wer irgendwelche Einwendungen gegen die Genehmigung vorzubringen habe, werde eingeladen, sich zu diesem Zweck bei der Verhandlung einzufinden oder sich durch einen schriftlich Bevollmächtigten vertreten zu lassen. Einwendungen, die nicht spätestens bei dieser Verhandlung geltend gemacht würden, könnten keine Berücksichtigung mehr finden.

Diese Kundmachung (Ladung) erging unter anderem auch an die Beschwerdeführerin.

In der Bauverhandlung vom 13. Mai 1997 erhob die Beschwerdeführerin folgende Einwendungen:

"1. Auf Grund des im Gebäude geplanten Waschplatzes ist mit großen Lärmbelästigungen zu rechnen.

2. Durch die dargestellten Parkplätze zwischen der Tankstelle und ihrem Grundstück werden durch die damit verbundenen Rangiertätigkeiten ebenfalls Lärmbelästigungen erwartet.

3. Durch den Tankstellen- und Servicebetrieb ist ein großes Verkehrsaufkommen zu erwarten bzw. jetzt schon feststellbar. Ihr danebenliegendes Gästehaus wird dadurch stark beeinträchtigt.

4. Der Tankwagen der Firma ARAL steht bei Anlieferung des Öfteren direkt vor meinem Haus auf dem öffentlichen Gehsteig. Ich fühle mich durch dieses Fahrzeug belästigt und habe auch hinsichtlich der Brandgefahr meine Bedenken.

Grundsätzlich stelle ich fest, dass der geplante Neubau meinen Nachbarinteressen widerspricht."

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 6. Juni 1997 wurde

I. für den geplanten Neubau gemäß § 36 Abs. 1 des Vorarlberger Straßengesetzes 1969 eine Abstandsnachsicht zu einer bestimmten Straße (Anmerkung: das ist nicht die Bundesstraße) zugelassen,

II. gemäß § 6 Abs. 9 des Vorarlberger Baugesetzes (BauG.) mit Genehmigung des Gemeindevorstandes eine Abstandsnachsicht zu zwei Grundstücken erteilt (Anmerkung: nicht zu einem Grundstück der Beschwerdeführerin),

III. die angestrebte Baubewilligung unter Vorschreibung von Auflagen erteilt,

IV. die Einwendung der Beschwerdeführerin betreffend die durch den Betrieb des Waschplatzes befürchtete Lärmbelästigung als unzulässig zurückgewiesen,

V. ihre Einwendung, wonach durch die geplanten Parkplätze zwischen der Tankstelle und ihrem Grundstück und die damit verbundenen Rangiertätigkeiten ebenfalls Lärmbelästigungen zu erwarten seien, abgewiesen,

VI. ihre Einwendung, dass durch den Tankstellen- und Servicebetrieb ein großes Verkehrsaufkommen zu erwarten bzw. jetzt schon feststellbar sei, abgewiesen,

VII. ihre Einwendung, wonach sie eine Beeinträchtigung und somit Umsatzeinbußen ihres angrenzenden Gästehauses durch den Tankstellen- und Servicebetrieb infolge eines großen Verkehrsaufkommens erwarte, auf den Zivilrechtsweg verwiesen, und VIII. ihre Einwendung, dass durch das Abstellen der Tankwagen bei der Anlieferung auf einer öffentlichen Verkehrsfläche direkt vor ihrem Haus Belästigungen ausgingen und eine Brandgefahr auftrete, als unzulässig zurückgewiesen.

Begründend führte die Behörde zum Spruchpunkt IV. aus, der Einbau eines manuell betriebenen Waschplatzes bedürfe der Betriebsanlagengenehmigung durch die zuständige Bezirkshauptmannschaft. Dabei würden die zu erwartenden Lärmemissionen genau geprüft "und die entsprechenden Maßnahmen des Amtssachverständigen festgelegt" werden. Die Baubehörde habe lediglich in ihrem Verfahren die Nachbarrechte bezüglich der Bauausführung zu prüfen. Mit der bloßen Erstellung der Räumlichkeiten seien noch keine Lärmbeeinträchtigung der Nachbarschaft gegeben.

Zum Spruchpunkt V. heißt es, die Anlage bzw. die Erstellung von Parkplätzen innerorts im bebauten Gebiet bedürfe keiner Baubewilligung. Soweit diese Parkplätze gewerblich genutzt würden und dadurch Rangiertätigkeiten entstünden, werde die Frage der Beeinträchtigung der Nachbarschaft im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren behandelt, sodass insofern keine Zuständigkeit der Baubehörde gegeben sei. Die Baubehörde habe im Ermittlungsverfahren erwogen, "dass die fraglichen drei Parkplätze das ortsübliche Ausmaß nicht übersteigen" und die unmittelbar daneben liegende Bundesstraße eine wesentlich größere Lärmbelästigung darstelle.

Zum Spruchpunkt VI. heißt es, der Nachbar habe keinen Rechtsanspruch darauf, dass sich die Verkehrsverhältnisse auf der öffentlichen Straße nicht änderten. Bezüglich der Frage, ob die öffentliche Verkehrsfläche der beabsichtigten Verwendung des auf dem Baugrundstück zu errichtenden Gebäudes entspreche, komme dem Nachbarn kein Mitspracherecht zu (jeweils Hinweis auf hg. Judikatur).

Zu den Spruchpunkten VII. und VIII. führte die erstinstanzliche Behörde aus, der Einwand, dass durch den Tankstellen- und Servicebetrieb ein großes Verkehrsaufkommen und damit auch Umsatzeinbußen für das Gästehaus der Beschwerdeführerin zu erwarten bzw. jetzt schon feststellbar seien, sei gemäß § 30 Abs. 2 BauG. auf den Zivilrechtsweg zu verweisen gewesen, weil sich diese Einwendung auf das Privatrecht stütze. Das Abstellen des Tankwagens auf der öffentlichen Verkehrsfläche sei eine Frage des Kraftfahrrechtes, diese Einwendung sei somit unzulässig.

Dagegen erhob die - nunmehr anwaltlich vertretene - Beschwerdeführerin Berufung, in welcher sie unter anderem begehrte, ein gewerbetechnisches und ein medizinisches Sachverständigengutachten einzuholen.

Mit Erledigung vom 14. Oktober 1997 übermittelte die Berufungsbehörde der Beschwerdeführerin (zu Handen ihrer Vertreter) verschiedene Gutachten, die im gewerberechtlichen Genehmigungsverfahren erstattet worden waren, zur Stellungnahme, weil diese Gutachten auch zur Abklärung der für die Baubehörde maßgebenden Fragen verwertbar seien. Weiters wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass das Vorbringen in der Berufung, das bewilligte Projekt entspreche nicht dem der Bauverhandlung zugrundeliegenden Projekt, unzutreffend sei. Die erteilte Baubewilligung habe das verhandelte Projekt zum Gegenstand. Zum Berufungsvorbringen, die "Maße des Bauprojektes seien erst nach der Bauverhandlung ausgesteckt worden", sei festzuhalten, dass der Verhandlungsleiter anlässlich der Bauverhandlung mehrfach ausdrücklich die anwesenden Nachbarn befragt habe, ob ein Phantomgerüst gewünscht werde. Mangels Einwandes sei die nachträgliche Errichtung eines solchen Gerüstes toleriert worden.

Mit Schriftsatz vom 29. Oktober 1997 äußerte sich die Beschwerdeführerin (lediglich) dahin, dass der Antragsteller gemäß § 29 Abs. 2 BauG. bis zur mündlichen Verhandlung die Gebäudeecken in der Natur darzustellen und die Grundstücksgrenzen kenntlich zu machen habe. Diese Bestimmung sei zwingend und es sei ein schlüssiger Verzicht diesbezüglich durch die Nachbarn nicht möglich. Darüber hinaus habe sich die Beschwerdeführerin gegen das Bauprojekt ausgesprochen und habe keineswegs zugestimmt, dass vom Abstecken der Grenzen bzw. von einem Phantomgerüst Abstand genommen werde. Zudem hätte die Darstellung der Geschoßhöhe, der Traufenhöhe, und der Dachneigung erfolgen müssen.

Mit Bescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde vom 16. Dezember 1997 wurde der Berufung keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass die im Spruchpunkt IV. angeführte Einwendung der Beschwerdeführerin (nicht zurückgewiesen, sondern) abgewiesen werde.

Nach Wiedergabe des Verfahrensganges führte die Berufungsbehörde zusammengefasst aus, die Beschwerdeführerin habe hinsichtlich der Abstandsnachsichten betreffend die Grundstücke anderer Personen keine Einwendungen erhoben, weshalb sie gemäß § 42 AVG präkludiert sei. Darüber hinaus stehe ihr diesbezüglich kein Mitspracherecht zu. Auch hinsichtlich des erstmals im Berufungsverfahren erhobenen Einwandes, dass bei der mündlichen Verhandlung entgegen der Vorschrift des § 29 Abs. 1 BauG. die Gebäudeecken und die Grundstücksgrenzen nicht dargestellt worden seien, sei die Beschwerdeführerin präkludiert. Das Ausstecken der Gebäudeecken und Grundstücksgrenzen wäre zudem zur Wahrung von Nachbarrechten nur dann bedeutsam gewesen, wenn die Einhaltung von Abständen oder Abstandsflächen gegenüber dem Grundstück der Beschwerdeführerin in Frage gestanden wäre. Das sei offensichtlich nicht der Fall. Im Übrigen stehe ihr auch diesbezüglich kein Mitspracherecht zu (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 26. April 1990, Zl. 90/06/0011). Entgegen der Beurteilung der erstinstanzlichen Baubehörde komme der Beschwerdeführerin aber hinsichtlich der durch den Betrieb des Waschplatzes befürchteten Immissionen gemäß § 6 Abs. 10 BauG. ein Mitspracherecht zu. Das zu bebauende Grundstück sei ebenso wie das Grundstück der Beschwerdeführerin im Flächenwidmungsplan als Baufläche/Mischgebiet gewidmet. Nach dem gewerbetechnischen Gutachten würden die Arbeiten in der Waschhalle bei geschlossenen Hallentoren bei den nächstgelegenen Wohnnachbarn, wenn überhaupt, nur in sehr verkehrsarmen Zeiten hörbar sein, dies jedoch nicht in einem unzumutbaren Ausmaß. Mit einer wesentlichen Störung des Wohnens sei demnach nicht zu rechnen. Die zu erwartenden Immissionen hielten sich im Rahmen des in der Widmungskategorie "Mischgebiet" zulässigen Ausmaßes. Keinesfalls sei mit einer das ortsübliche Maß übersteigenden Belästigung zu rechnen. Damit stehe der Beschwerdeführerin kein Anspruch auf Festsetzung größerer Abstände oder Abstandsflächen zu, sodass die diesbezügliche Einwendung abzuweisen gewesen sei.

Was die befürchtete Lärmstörung durch die Rangiertätigkeit bei den Parkplätzen zwischen der Tankstelle und dem Grundstück der Beschwerdeführerin anlange, seien nach Auffassung der Berufungsbehörde angesichts der dort geplanten drei Parkplätze für das Wohnen wesentlich störende Auswirkungen nicht zu erwarten, geschweige denn solche, die das ortsübliche Ausmaß überschritten. Vor allem aber könnten gemäß § 6 Abs. 10 BauG. größere Abstandsflächen und Abstände nur für Bauwerke, nicht aber für Abstellplätze festgesetzt werden (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1991, Zl. 89/06/0106).

Im Übrigen schloss sich die Berufungsbehörde der Beurteilung der erstinstanzlichen Behörde an.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung, der mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge geben wurde.

Begründend führte die belangte Behörde nach zusammengefasster Darstellung des Vorbringens in der Vorstellung aus, nach § 29 Abs. 2 BauG. seien einerseits zur mündlichen Verhandlung die Gebäudeecken in der Natur darzustellen und die Grundstücksgrenzen kenntlich zu machen. Andererseits seien die Geschoß- und Traufenhöhe sowie die Dachneigung in der Natur darzustellen, wenn (unter anderem) eine Ausnahme von den Abstandsvorschriften gemäß § 6 Abs. 9 BauG. zugelassen werden solle. Der von der Beschwerdeführerin aufgezeigte Verstoß gegen diese Bestimmung stelle keinen wesentlichen Verfahrensmangel dar, weil ein subjektiv-öffentliches Recht des Nachbarn auf Auspflockung nicht bestehe. Vorliegendenfalls sei ergänzend festzuhalten, dass die Ausnahme gemäß § 6 Abs. 9 BauG. nicht die Liegenschaft der Beschwerdeführerin betroffen habe, sodass diesbezüglich ihre Verfahrensrechte nicht beeinträchtigt worden seien. Im Übrigen sei dieses Vorbringen, wie die Berufungsbehörde zutreffend festgestellt habe, ohnedies präkludiert.

Was die befürchteten Immissionen (Lärmbelästigung) und Gefährdungen (Brandgefahr durch Tankwagen) anlange, sei Folgendes festzuhalten:

Bei der Beurteilung der Frage, ob durch ein Bauvorhaben das in § 6 Abs. 10 BauG. genannte ortsübliche Ausmaß an Belästigungen für die Nachbarn überschritten werde oder nicht, sei vor allem die bestehende Flächenwidmung maßgebend. Sei demnach durch einen Flächenwidmungsplan eine bestimmte Widmungskategorie festgelegt, so seien die Immissionen, die sich im Rahmen des in einer solchen Widmungskategorie üblichen Ausmaßes hielten, als zumutbar anzusehen. Die Bauliegenschaft sei als Bau-Mischgebiet gewidmet. Nach § 14 Abs. 4 des Raumplanungsgesetzes, LGBl. Nr. 39/1996 in der Fassung LGBl. Nr. 33/1997, seien Mischgebiete Gebiete, in denen Wohngebäude und sonstige Gebäude und Anlagen zulässig seien, die das Wohnen nicht wesentlich störten. Eine Tankstelle mit dazugehörigen Anlagen (Waschplatz, Service-Werkstatt) könne als eine für ein Mischgebiet geradezu typische gewerbliche Betriebsanlage bezeichnet werden.

Die weitere Begründung des angefochtenen Bescheides lässt sich dahin zusammenfassen, dass aufgrund der im gewerberechtlichen Verfahren eingeholten und von der Berufungsbehörde zutreffend verwerteten Gutachten nicht von einer das ortsübliche Ausmaß übersteigenden Belästigung oder gar einer Gefährdung der Nachbarn im Sinne des § 6 Abs. 10 BauG. ausgegangen werden könne. Im Übrigen, so heißt es abschließend, hätten die vom gewerbetechnischen Amtssachverständigen vorgeschlagenen Auflagen zum Betrieb der Tankstelle sowie der Werkstatt und des Waschplatzes als Betriebsauflagen Aufnahme in die Betriebsanlagengenehmigungen des Landeshauptmannes von Vorarlberg (Bescheid vom 12. September 1997) und der Bezirkshauptmannschaft Bregenz (Bescheid vom 7. November 1997) gefunden, weshalb die Nachbarrechte durch die "Betriebsanlagen" (gemeint wohl: Betriebsauflagen) in diesen beiden Bescheiden ohnedies ausreichend geschützt würden.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligte Gemeinde, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im Recht auf Schutz der Gesundheit vor Beeinträchtigungen durch Luft und Lärm als Nachbar im Sinne der §§ 30 und 6 BauG. sowie in ihrem Recht auf ein mängelfreies Verfahren und eine mängelfreie Bescheidbegründung verletzt.

Zu Letzterem (Verletzung verfahrensrechtlicher Vorschriften) ist der Beschwerdeführerin vorweg entgegenzuhalten, dass die Verfahrensrechte der Nachbarn (nur) soweit reichen, als ihnen subjektiv-öffentliche Rechte eingeräumt sind (siehe dazu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1994, Zl. 93/06/0115, mwN).

Die Rechte der Nachbarn im Baubewilligungsverfahren nach dem Vorarlberger Baugesetz, LGBl. Nr. 39/1972 (BauG.), werden in § 30 Abs. 1 und Abs. 2 leg. cit. wie folgt umschrieben:

"(1) Über Einwendungen der Nachbarn, die sich auf Rechte stützen, die durch folgende Vorschriften begründet werden, ist in der Erledigung über den Bauantrag abzusprechen:

a) § 4, soweit mit Auswirkungen auf Nachbargrundstücke zu rechnen ist;

b) § 6, insoweit er den Schutz der Nachbarn aus Rücksichten des Brandschutzes und der Gesundheit, insbesondere Belichtung, Luft und Lärm, betrifft;

c) § 9 Abs. 1, hinsichtlich von Einfriedungen an der Grenze eines Nachbargrundstückes;

d) § 12 Abs. 1, insoweit er sich auf Einrichtungen auf Nachbargrundstücken bezieht, die eines besonderen Schutzes gegen Lärm und sonstige Belästigungen bedürfen;

e) § 17, soweit mit Auswirkungen auf Nachbargrundstücke zu rechnen ist;

f) § 37 Abs. 4, soweit er dem Schutz der Nachbarn dient.

(2) Einwendungen der Parteien, mit denen die Verletzung anderer als im Abs. 1 genannter öffentlich-rechtlicher Vorschriften behauptet wird, sind als unzulässig zurückzuweisen, Einwendungen, die sich auf das Privatrecht stützen, sind auf den Rechtsweg zu verweisen."

Die Aufzählung der Nachbarrechte im § 30 Abs. 1 BauG. ist - wie sich aus Abs. 2 dieser Bestimmung zweifelsfrei ergibt - eine taxative (siehe dazu das Erkenntnis vom 21. Mai 1992, Zl. 91/06/0143, unter Hinweis auf Vorjudikatur u.a.).

Daraus ergibt sich zunächst, dass die Bestimmung des § 29 Abs. 2 BauG. (hinsichtlich der Darstellung der Gebäudeecken in der Natur und der Kenntlichmachung der Grundstücksgrenzen sowie - unter bestimmten Voraussetzungen - überdies der Darstellung der Geschoß- und Traufenhöhe sowie der Dachneigung) dem Nachbarn kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht vermittelt (siehe dazu auch das hg. Erkenntnis vom 26. April 1990, Zl. 90/06/0011), zumal diese Darstellung in der Natur nur der Veranschaulichung dienen soll und daran nichts zu ändern vermag, dass die projektgegenständlichen Baupläne maßgeblich sind.

Die Beschwerdeführerin bringt vor, die Nachbarn "wurden bei der Bauverhandlung nicht darüber informiert, dass das zu bewilligende Projekt nicht dem Projekt entspricht, welches in der Bauverhandlung präsentiert wurde. Das im gegenständlichen Bauverfahren bewilligte Projekt stellt nämlich eine Änderung zu dem im Gemeindevorstand präsentierten Projekt dar, aufgrund dessen auch eine Abstandsnachsicht gewährt wurde". Abgesehen davon, dass dieses Vorbringen (wie schon im Berufungsverfahren) widersprüchlich ist und wohl gemeint sein dürfte, dass das Projekt, welches in der Bauverhandlung präsentiert wurde, vor der Bauverhandlung (aber nach der Genehmigung des Gemeindevorstandes betreffend die Erteilung der Abstandsnachsicht gemäß § 6 Abs. 9 BauG.) geändert worden sei, sagt die Beschwerdeführerin nicht, um welche Änderungen es da gehen soll, sodass dieser Einwand nicht nachvollziehbar ist. Da die Abstandsnachsicht gemäß § 6 Abs. 9 BauG. nicht Grundstücke der Beschwerdeführerin betraf, ist auch aus diesem Blickwinkel nicht ersichtlich, inwiefern durch diese behauptete, aber nicht näher dargelegte Änderung die Beschwerdeführerin in subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten verletzt worden sein sollte.

Aus der taxativen Aufzählung der Nachbarrechte in § 30 Abs. 1 BauG. ergibt sich weiters, dass weder hinsichtlich der Einhaltung des Flächenwidmungsplanes noch hinsichtlich eines allgemeinen Schutzes vor Immissionen ein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht besteht, wohl aber - fallbezogen - gemäß § 30 Abs. 1 lit. b BauG. hinsichtlich der Einhaltung der Vorschriften des § 6 leg. cit. über die Abstandsflächen (vgl. dazu ebenfalls das Erkenntnis vom 21. Mai 1992, Zl. 91/06/0143, unter Hinweis auf Vorjudikatur).

Nur soweit in den Vorschriften über die Abstandsflächen auch an jene über die Flächenwidmung bzw. an die in diesem Zusammenhang jeweils zulässigen Immissionen angeknüpft wird, sind diese auch im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Nachbarrechten im Sinne des § 6 BauG. von Bedeutung.

§ 6 BauG. lautet im hier interessierenden Zusammenhang auszugsweise:

"(7) Von der Nachbargrenze müssen oberirdische Gebäude mindestens drei Meter entfernt sein.

(8) ...

(9) Wegen der besonderen Form oder Lage des Baugrundstückes oder aus Gründen einer zweckmäßigeren Bebauung kann die Behörde mit Genehmigung des Gemeindevorstandes von den in Abs. 2 bis 8 vorgeschriebenen Abstandsflächen und Abständen Ausnahmen zulassen, wenn dadurch die Interessen des Brandschutzes, der Gesundheit sowie des Schutzes des Landschafts- und Ortsbildes nicht beeinträchtigt werden.

(10) Die Behörde kann auch größere als in den Abs. 2 bis 8 vorgeschriebene Abstandsflächen und Abstände festsetzen, wenn der Verwendungszweck eines Bauwerkes eine das ortsübliche Maß übersteigende Belästigung oder eine Gefährdung der Nachbarn erwarten lässt."

Bei der Beurteilung der Frage, ob durch das Bauvorhaben das im § 6 Abs. 10 BauG. genannte ortsübliche Ausmaß an Belästigung überschritten wird oder nicht, ist insbesondere auch die bestehende Flächenwidmung maßgebend, daher ist bedeutsam, ob es sich also um ein Wohngebiet usw. handelt. Ist demnach durch einen Flächenwidmungsplan eine bestimmte Widmungskategorie festgelegt, so sind die Emissionen, die sich im Rahmen des in einer solchen Widmungskategorie üblichen Ausmaßes halten, als zumutbar anzusehen, und zwar auch dann, wenn sie z.B. das Ausmaß der in der unmittelbaren Nähe eines anderen Gebäudes feststellbaren Immissionen übersteigen (vgl. die Erkenntnisse vom 23. Juni 1988, Zl. 86/06/0161, BauSlg. Nr. 1138, mit weiteren Hinweisen, und vom 23. Jänner 1990, Zl. 87/06/0001).

Im Sinne der wiedergegebenen Rechtsprechung ist daher insbesondere zu prüfen, ob das verfahrensgegenständliche Vorhaben in einem Gebiet der Widmungsart "Baufläche-Mischgebiet" zulässig ist.

Die Beschwerdeführerin bringt vor, die belangte Behörde habe § 14 Abs. 4 RPG in der Fassung LGBl. Nr. 33/1997, somit in einer im Beschwerdefall nicht maßgeblichen Fassung angewendet.

Dem ist einerseits zu entgegnen, dass die belangte Behörde damit offenbar die Fassung des RPG und nicht des § 14 Abs. 4 leg. cit. gemeint hat, andererseits aber aus den Beschwerdeausführungen klar wird, dass die Beschwerdeführerin sich (zumindest teilweise) auf die Fassung des § 14 Abs. 4 RPG LGBl. Nr. 15/1973, vor der Novelle LGBl Nr. 34/1996, bezieht.

Das RPG LGBl. Nr. 15/1973, darunter auch § 14, wurde durch die Novelle LGBl. Nr. 34/1996 nicht unerheblich geändert. Gemäß dem mit dieser Novelle eingefügten § 51a Abs. 4 gilt § 14 Abs. 1 bis 4, 7 und 8 in der ab dem 1. August 1996 geltenden Fassung (das ist die Fassung aufgrund dieser Novelle) auch für jene Flächen, die vor diesem Zeitpunkt als Bauflächen, Freiflächen und Vorbehaltsflächen gewidmet wurden. Sodann wurde das RPG mit der Kundmachung LGBl. Nr. 39/1996 wiederverlautbart. Mit der Kundmachung LGBl. Nr. 72/1996 erfolgte eine Druckfehlerberichtigung. In dem am 8. April 1997 ausgegebenen und versendeten 12. Stück des Landesgesetzblattes wurde unter Nr. 33 der Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes kundgemacht, womit (ua.) § 14 Abs. 7 RPG (idF LGBl. Nr. 39/1996) als verfassungswidrig aufgehoben wurde, wobei die Aufhebung am 1. März 1998 in Kraft trat. Diese Aufhebung ist somit vorliegendenfalls ohne Belang (weil einerseits Abs. 7 leg. cit. hier nicht anzuwenden ist und es sich hier andererseits nicht um einen "Anlassfall" handelt).

Daraus folgt, dass im Beschwerdefall das RPG in der Fassung LGBl. Nr. 39/1996 und der Kundmachung LGBl. Nr. 72/1996 (Druckfehlerberichtigung) anzuwenden ist; soweit die Beschwerdeführerin auf Grundlage einer früheren Fassung argumentiert, insbesondere im Zusammenhang mit dem Fehlen des Wortes "wesentlich" im § 14 Abs. 4 RPG, geht ihr Vorbringen daher fehl.

Der im Beschwerdefall maßgebende § 14 RPG (wie gesagt, idF LGBl. Nr. 39/1996) lautet auszugsweise:

"(4) Mischgebiete sind Gebiete, in denen Wohngebäude und sonstige Gebäude und Anlagen zulässig sind, die das Wohnen nicht wesentlich stören. In Mischgebieten können Zonen festgelegt werden, in denen Gebäude und Anlagen für land- und forstwirtschaftliche Zwecke errichtet werden dürfen.

...

(8) Ob ein Gebäude oder eine Anlage mit einer Widmung nach den Abs. 2 bis 7 vereinbar ist, ist nicht nur nach der Art des Gebäudes oder der Anlage, sondern auch nach den Maßnahmen zur Verhinderung störender Auswirkungen, deren Durchführung technisch möglich ist und rechtlich festgelegt wird, zu beurteilen."

Im Beschwerdefall ist daher zu prüfen, ob es sich hier um "Gebäude und Anlagen" handelt, "die das Wohnen nicht wesentlich stören" (§ 14 Abs. 4 RPG). Bei der Prüfung der Widmungskonformität kommt es aber gemäß Abs. 8 leg. cit. zwar nicht nur auf die Betriebstype als solche, sondern auch "auf die Maßnahmen zur Verhinderung störender Auswirkungen, deren Durchführung technisch möglich ist und rechtlich festgelegt wird", an (vgl. dazu auch die Erläuternden Bemerkungen zur Novelle LGBl. Nr. 34/1996, 8. Beilage im Jahr 1996 zu den Sitzungsberichten des XXVI. Vorarlberger Landtages, S 22/23, wonach mit dieser Bestimmung der als unbefriedigend erachteten "Betriebstypenjudikatur" des Verwaltungsgerichtshofes gewissermaßen entgegengewirkt werden sollte).

Daraus ergibt sich, dass nunmehr für die Beurteilung der Widmungskonformität nicht nur ein Betriebstypenvergleich im Sinn der hg. Judikatur anzustellen ist, sondern gegebenenfalls auch die im Projekt vorgesehenen Maßnahmen zur Verhinderung störender Auswirkungen zu berücksichtigen sind. Letztere jedoch nur insoweit, als sie "rechtlich festgelegt" werden, was die bescheidmäßige Verankerung voraussetzt (dies kann entweder durch die Bewilligung der bereits im Projektsantrag enthaltenen Maßnahme oder durch die Bewilligung des Projekts unter Erteilung einer geeigneten Auflage erfolgen).

Die Baubehörden haben aber solche Maßnahmen im Sinne des Abs. 8 leg. cit. (mangels entsprechender Auflagen) nicht angeordnet, sodass bei der Beurteilung der Widmungskonformität vom eingereichten Vorhaben auszugehen ist (wobei aber als Maßstab für die Widmungsverträglichkeit des zu beurteilenden Betriebs im Baubewilligungsverfahren nach Art der in solchen Betrieben üblicherweise und nach dem jeweiligen Stand der Technik verwendeten Anlagen und Einrichtungen einschließlich der zum Schutze vor Belästigungen typisch getroffenen Maßnahmen, sowie nach Art der dort entsprechend diesen Merkmalen herkömmlicherweise entfalteten Tätigkeit das Ausmaß und die Intensität der dadurch verursachten Emissionen maßgebend ist - siehe dazu ebenfalls das hg. Erkenntnis vom 21. Mai 1992, Zl. 91/06/0143, aber auch das in weiterer Folge ergangene hg. Erkenntnis vom 17. März 1994, Zl. 93/06/0217).

Diese Beurteilung kann aber im Beschwerdefall mangels eines entsprechenden Gutachtens noch nicht abschließend vorgenommen werden. Zu Unrecht haben sich die Berufungsbehörde und die belangte Behörde in diesem Zusammenhang auf das im gewerberechtlichen Verfahren eingeholte Gutachten des gewerberechtlichen Sachverständigen berufen (zur Verwertbarkeit von Gutachten, die im gewerberechtlichen Verfahren eingeholt wurden, durch die Baubehörden siehe abermals das zuvor genannte hg. Erkenntnis Zl. 91/06/0143), dies jedenfalls deshalb, weil dieser Sachverständige sein Gutachten unter Bedachtnahme auf bestimmte, von ihm vorgeschlagene Auflagen erstattete, welche aber nicht Gegenstand des beschwerdegegenständlichen Bauverfahrens waren. Kann aber solcherart die Widmungskonformität nicht schon im Hinblick auf ausreichende Maßnahmen im Sinne des § 14 Abs. 8 RPG bejaht werden, hätte im Sinne der Betriebstypenjudikatur geklärt werden müssen, ob diese vom Sachverständigen als erforderlich erachteten Auflagen im Sinne des zuvor Gesagten (siehe die genannten Erkenntnisse Zl. 91/06/0143 und Zl. 93/06/0217) Maßnahmen sind, die bei solchen Betrieben (ohnedies) üblicherweise zum Schutz vor Immissionen getroffen werden und daher im Rahmen der Betriebstypenprüfung zu beachten sind. Das Verfahren vor den Gemeindebehörden ist somit mangelhaft geblieben.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da die in der genannten Verordnung angeführten Pauschalsätze die Umsatzsteuer mitumfassen.

Wien, am 25. Juni 1999

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