VwGH 96/19/3295

VwGH96/19/329524.3.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens,

Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch den zur Verfahrenshilfe beigegebenen Rechtsanwalt Dr. S in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. Juni 1996, Zl. 101.379/3-III/11/94, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992 §3;
AufG 1992 §5 Abs1;
AufG 1992;
AVG §56;
FrG 1993 §10 Abs1 Z1;
FrG 1993 §18;
FrG 1993 §20 Abs1;
FrG 1993 §23;
FrG 1993 §26;
EMRK Art8;
VwRallg;
AufG 1992 §3;
AufG 1992 §5 Abs1;
AufG 1992;
AVG §56;
FrG 1993 §10 Abs1 Z1;
FrG 1993 §18;
FrG 1993 §20 Abs1;
FrG 1993 §23;
FrG 1993 §26;
EMRK Art8;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. Juni 1996 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 1. Juni 1994 auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 5 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufG) und § 10 Abs. 1 Z. 1 Fremdengesetz (FrG) abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, das gegen den Beschwerdeführer am 14. März 1994 erlassene Aufenthaltsverbot der Bundespolizeidirektion Wien, Fremdenpolizeiliches Büro, sei am 21. Juli 1994 durch den Bescheid der Sicherheitsdirektion Wien vom 12. Juli 1994, Zl. SD 288/94, in Rechtskraft erwachsen. Die dagegen beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachte Beschwerde sei mit Erkenntnis vom 11. Jänner 1996, Zl. 94/18/0793, als unbegründet abgewiesen worden. Damit liege ein Sichtvermerksversagungsgrund vor. Auf die weiteren Einwendungen des Beschwerdeführers - auch im Zusammenhang mit seinen persönlichen Verhältnissen - sei nicht weiter einzugehen.

Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 1 AufG darf Fremden eine Bewilligung unter anderem nicht erteilt werden, wenn ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt.

Nach § 10 Abs. 1 Z. 1 FrG ist die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn gegen den Sichtvermerkswerber ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot besteht, es sei denn, daß die Voraussetzungen für eine Wiedereinreisebewilligung (§ 23) vorliegen.

In der Beschwerde bleibt unbestritten, daß gegen den Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides ein rechtskräftiges (durchsetzbares) Aufenthaltsverbot bestanden hat. Der Beschwerdeführer macht jedoch geltend, daß der Grund, der zur Erlassung dieses Aufenthaltsverbotes geführt habe, nämlich der fehlende Nachweis des Besitzes der Mittel zum Unterhalt des Beschwerdeführers, weggefallen sei. Die belangte Behörde hätte daher "bei Zugrundelegung des relevanten Sachverhaltes" von sich aus die amtswegige Aufhebung des Aufenthaltsverbotes gemäß § 27 FrG veranlassen müssen.

Damit kann der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzeigen. Solange ein Aufenthaltsverbot aufrecht ist, kann einem Antrag auf Aufenthaltsbewilligung - auch wenn er sich auf § 3 AufG stützt - kein Erfolg beschieden sein, weil das Aufenthaltsverbot - wie dargestellt - einen Ausschließungsgrund gemäß § 5 Abs. 1 AufG darstellt. Maßgeblich für die Beurteilung ist der Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat weder zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Erlassung des rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes im Sinne des § 18 FrG gegeben waren oder weggefallen sind noch ob die Voraussetzungen für die Aufhebung des Aufenthaltsverbotes nach § 26 FrG vorliegen.

Soweit der Beschwerdeführer bemängelt, daß sich die belangte Behörde mit der Frage, ob allenfalls die Voraussetzungen für die Erteilung einer Wiedereinreisebewilligung (§ 23 FrG) vorliegen, überhaupt nicht auseinandergesetzt habe, vermag er damit gleichfalls keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Sichtvermerksversagungsgrund nach § 10 Abs. 1 Z. 1 FrG ist das Bestehen eines Aufenthaltsverbotes. Aus dem zweiten Teil dieser Bestimmung kann für den Beschwerdefall nichts gewonnen werden, weil damit nur sichergestellt werden soll, daß eine Wiedereinreisebewilligung bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 23 FrG in Form eines Sichtvermerkes erteilt werden kann. Sinn und Zweck der Wiedereinreisebewilligung nach § 23 leg. cit. ist die Ermöglichung des Betretens des Bundesgebietes durch den Fremden während des Aufenthaltsverbotes auf kurze Zeit für bestimmte konkrete Anlässe. Die eng begrenzten Voraussetzungen des Instrumentes der Wiedereinreisebewilligung bedeuten bei (allfälligem) Vorliegen nicht, daß auch die Voraussetzungen für die Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz gegeben wären; es handelt sich diesfalls ihrem Zweck nach um zwei völlig verschiedene Rechtsinstitute (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Oktober 1994, Zl. 94/18/0623).

Das Schwergewicht der Ausführungen des Beschwerdeführers vor dem Gerichtshof liegt aber darin, daß die von der belangten Behörde vorgenommene Interessenabwägung im Sinne des Art. 8 MRK unzutreffend sei. Dem ist entgegenzuhalten, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. Jänner 1996, Zl. 95/19/1697, und vom 26. September 1996, Zl. 96/19/2437) vom Gesetz im Rahmen einer auf § 5 Abs. 1 AufG i.V.m. § 10 Abs. 1 Z. 1 FrG gestützten Entscheidung eine Bedachtnahme auf das Privat- und Familienleben nicht vorgesehen ist. Die Beschwerdeausführungen geben keinen Anlaß, von dieser Rechtsprechung abzugehen, zumal gemäß § 20 Abs. 1 FrG im Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes eine Interessenabwägung im genannten Sinn zwingend vorgeschrieben ist. Eine nochmalige Interessenabwägung im Verfahren zur Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung - deren Versagung ohnedies nicht so intensiv in den durch Art. 8 MRK geschützten Bereich eingreift wie die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes - erscheint daher auch unter dem Gesichtspunkt verfassungskonformer Interpretation überflüssig (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. September 1996, Zl. 96/19/1467).

Den Beschwerdeführer traf im Hinblick auf den Eintritt der Rechtskraft des Aufenthaltsverbotes am 21. Juli 1994 aus dem Grunde des § 22 Abs. 1 FrG die Verpflichtung zur unverzüglichen Ausreise.

Da dem angefochtenen Bescheid somit die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung wurde aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen, zumal die Beschwerde und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

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