VwGH 94/18/0793

VwGH94/18/079311.1.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 12. Juli 1994, Zl. SD 288/94, betreffend Feststellung gemäß § 54 Fremdengesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
FrG 1993 §37;
FrG 1993 §54 Abs1;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
FrG 1993 §37;
FrG 1993 §54 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 12. Juli 1994 stellte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (die belangte Behörde) fest, daß keine stichhaltigen Gründe dafür bestünden, daß der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Bangladesh, in Bangladesh gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 Fremdengesetz bedroht sei.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe im Asylverfahren vorgebracht, seit 1986 Mitglied der Jatiya-Partei zu sein und im Jahr 1989 deren Sekretär in der Stadt Dohar geworden zu sein. Seine Aufgabe sei es gewesen, Mitglieder zu werben, Flugzettel zu verteilen und Demonstrationen zu organisieren. Für die Freilassung des Präsidenten dieser Partei sei mehrfach demonstriert worden. Im Februar 1992 sei während einer Großdemonstration von Mitgliedern der Regierungspartei und der Polizei in die Menge geschossen worden, wobei drei Personen getötet und Tausende verletzt worden seien. Der Beschwerdeführer habe zu einem Freund in einer anderen Stadt flüchten können. Als er von diesem gehört habe, daß gegen ihn ein Haftbefehl erlassen worden sei, habe er diese Stadt mit einem Bus in Richtung Indien verlassen, von wo er nach einem viermonatigen Aufenthalt über Moskau nach Prag geflogen sei. Von dort habe ihn ein Türke im August 1992 nach Österreich gebracht. Sein Asylantrag sei mit der Begründung rechtskräftig abgewiesen worden, daß die Suche nach Teilnehmern der genannten Demonstration nicht aus den in der Konvention genannten Gründen, sondern wegen des Verdachtes, sich an den Ausschreitungen in strafrechtlich relevanter Form beteiligt zu haben, erfolgt sei. Hingegen bestünden keine Anhaltspunkte für eine systematische Verfolgung von Anhängern der Jatiya-Partei in Bangladesh. Dieser Beurteilung schließe sich die belangte Behörde an.

In seinem Antrag habe der Beschwerdeführer nunmehr ausgeführt, der Haftbefehl gegen ihn sei wegen illegalen Waffen- und Sprengstoffbesitzes erlassen worden und er werde ihn sofort nach dessen Eintreffen vorlegen. Er habe eine als "beglaubigte Übersetzung" bezeichnete Ablichtung eines in englischer Sprache verfaßten Schriftstückes vorgelegt. Diese Beglaubigung sei auch lediglich in Ablichtung vorhanden. Völlig unklar sei, wieso eine "beglaubigte Übersetzung" - gemeint wohl: aus dem Bengalischen ins Englische - einen Rundstempel jener Behörde, die angeblich den Festnahmeauftrag (Haftbefehl) erlassen habe, oder dessen Ablichtung aufweise. Diese Erwägungen würden auch für weitere vorgelegte Ablichtungen gelten, aus welchen hervorgehe, daß im Haus des Beschwerdeführers einige Waffen gefunden worden seien. Auf die Aufforderung, die Dokumente nicht bloß in Ablichtung, sondern in der Originalform vorzulegen und mitzuteilen, wie er in den Besitz dieser Dokumente gekommen sei, habe der Beschwerdeführer nicht reagiert. Die Echtheit der nur in Ablichtung vorgelegten Unterlagen könne daher nicht angenommen werden.

Selbst bei Richtigkeit des in den Unterlagen beschriebenen Sachverhaltes sei für den Beschwerdeführer nichts Entscheidendes zu gewinnen. Zunächst sei ein Zusammenhang mit den Ereignissen bei der Demonstration vom 29. Februar 1992 nicht zu erkennen. Bei dem dem Haftbefehl zugrunde liegenden Sachverhalt handle es sich um auch anderswo strafrechtlich zu ahndende Delikte. Mit dem Hinweis, daß es sich dabei um typische Methoden der Verfolgung politisch Oppositioneller handle, sei nichts zu gewinnen. Anhaltspunkte für eine Bedrohung im Sinne des § 37 Abs. 1 Fremdengesetz ließen sich daraus noch nicht ableiten. Im übrigen sei es dem Beschwerdeführer zumutbar, sich einem ordentlichen Gerichtsverfahren im Heimatstaat zu stellen. Nach den diversen Länderberichten über Bangladesh würden sich keine Anhaltspunkte ergeben, daß die dortigen Justizbehörden in Abhängigkeit von der Regierungspartei agieren würden. Aus einem Bericht von Amnesty International aus dem Jahre 1993 gehe hervor, daß von der Regierung positive Schritte in Richtung eines gesteigerten Schutzes von Menschenrechten unternommen worden seien. Es lägen daher keine stichhaltigen Gründe für die Annahme vor, daß der Beschwerdeführer in Bangladesh im Sinne des § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 Fremdengesetz bedroht wäre.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die Abweisung der gegenständlichen Beschwerde als unbegründet beantragt wird.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Wenn der Beschwerdeführer auf die nunmehr vorgelegten Originale der im verwaltungsbehördlichen Verfahren bereits vorgelegten Ablichtungen der als "Charge sheet" und "Order sheet" bezeichneten Urkunden verweist, geht er in keiner Weise auf die von der belangten Behörde aufgezeigten Bedenken gegen den Aussagewert dieser Urkunden ein. Es bleibt nach wie vor unklar, wieso eine "beglaubigte Übersetzung" aus dem Bengalischen ins Englische einen Rundstempel jener Behörde, die angeblich den Festnahmeauftrag (Haftbefehl) erlassen habe, aufweise. Der an seinen Vertreter nachweislich zugestellten Aufforderung vom 2. Mai 1994, innerhalb einer Woche darzulegen, wie er in den Besitz dieser Dokumente gekommen sei, kam der Beschwerdeführer nicht nach. Im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden Prüfung der Beweiswürdigung der belangten Behörde auf ihre Schlüssigkeit (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seiten 548 f, angeführte Rechtsprechung) hegt der Gerichtshof gegen die Verneinung der Echtheit der vorgelegten Urkunden durch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid keine Bedenken. Der Verfahrensrüge, die belangte Behörde hätte Ermittlungen anstellen müssen, ob es sich bei der vorgelegten Fotokopie um die Übereinstimmung mit dem Original handle und dazu Anfragen an die in der Unterlage angeführte Behörde richten müssen, mangelt wegen des dargelegten Verhaltens des Beschwerdeführers, die behördliche Anfrage unbeantwortet zu lassen und somit an der Aufklärung des Sachverhalts nicht mitzuwirken, die Berechtigung.

2. Gemäß § 54 Abs. 1 Fremdengesetz hat die Behörde auf Antrag eines Fremden festzustellen, ob stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß dieser Fremde in einem von ihm bezeichneten Staat gemäß § 37 Abs. 1 oder 2 leg. cit. bedroht ist.

Das Abschiebungsverbot des § 37 Abs. 1 leg. cit. (wegen der Gefahr einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe) wird vom Beschwerdeführer nicht releviert.

Im Sinne des § 37 Abs. 2 leg. cit. ist der Fremde gefährdet, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß in jenem Staat sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre.

Die im § 37 Abs. 2 leg. cit. gebrauchte Wendung, "wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen", bringt zum Ausdruck, daß die dort näher umschriebene Bedrohung aufgrund konkreter Angaben des Fremden objektivierbar sein muß, wobei zwar insoweit nicht die Führung eines Beweises verlangt werden kann, es wohl aber der Glaubhaftmachung bedarf (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis Zl. 93/18/0289). Eine Glaubhaftmachung in diesem Sinn ist dem Beschwerdeführer nicht gelungen. Abgesehen von der - oben dargelegten - Unverwertbarkeit der vom Beschwerdeführer vorgelegten Urkunden gab er - die Echtheit des Haftbefehls unterstellt - keinen ausreichenden Hinweis darauf, daß dieser aus den in § 37 Abs. 2 leg. cit. genannten Gründen ausgestellt worden wäre, zumal er auch nicht in seiner Berufung vom 28. Februar 1994 gegen den erstinstanzlichen Feststellungsbescheid ausdrücklich in Abrede stellte, die Waffen tatsächlich besessen zu haben.

Aus diesen Gründen kann die im angefochtenen Feststellungsbescheid enthaltene Ansicht der belangten Behörde nicht als rechtswidrig erkannt werden.

3. Da - wie ausgeführt - dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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