VwGH 96/07/0211

VwGH96/07/021111.3.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofmann, über die Beschwerde 1.) des FB, geboren 1939, und 2.) des FB, geboren 1968, beide in Stuhlfelden, beide vertreten durch Dr. Erich Proksch und Dr. Diethard Schimmer, Rechtsanwälte in Wien XIII, Auhofstraße 1, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Salzburger Landesregierung vom 17. November 1995, Zl. LAS-90/63-1995, betreffend Ablösung von Weiderechten (mitbeteiligte Partei: Der Bund, vertreten durch die Österreichische Bundesforste AG, diese vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien I, Singerstraße 17-19), zu Recht erkannt:

Normen

EinforstungsrechteG Slbg 1986 §24 Abs1;
EinforstungsrechteG Slbg 1986 §24 Abs2;
EinforstungsrechteG Slbg 1986 §24 Abs4;
EinforstungsrechteG Slbg 1986 §25;
EinforstungsrechteG Slbg 1986 §27 Abs1;
WWSGG §13 Abs2;
EinforstungsrechteG Slbg 1986 §24 Abs1;
EinforstungsrechteG Slbg 1986 §24 Abs2;
EinforstungsrechteG Slbg 1986 §24 Abs4;
EinforstungsrechteG Slbg 1986 §25;
EinforstungsrechteG Slbg 1986 §27 Abs1;
WWSGG §13 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben zu gleichen Teilen dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf die hg. Erkenntnisse vom 22. Juni 1981, Zlen. 81/07/0046, 0050, und vom 8. Oktober 1991, Zl. 91/07/0049, sowie auf die hg. Beschlüsse vom 22. Juni 1993, Zl. 92/07/0117, und vom 14. Dezember 1995, Zlen. 95/07/0222, 0223, verwiesen.

Mit Bescheid vom 27. Juni 1985 wies das Amt der Salzburger Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz hinsichtlich des im Beschwerdefall relevanten Spruchpunktes 1c gestützt auf die §§ 7 Abs. 4, 20, 21 und 22 des Salzburger Wald- und Weideservitutengesetzes 1955 (WWSG), LGBl. Nr. 65, den Antrag des J.B. (=Rechtsvorgänger des Zweitbeschwerdeführers) und den Antrag des Erstbeschwerdeführers auf Ablösung durch Abtretung von Grund bezüglich der Heimweiderechte der Liegenschaften OB. und UB. aufgrund einer Regulierungsurkunde vom 18. April 1868 wegen Unzulässigkeit der Ablösung ab.

Der Rechtsvorgänger des Zweitbeschwerdeführers und der Erstbeschwerdeführer erhoben gegen diesen Bescheid Berufung.

Im Zuge des Berufungsverfahrens kam es aufgrund eines Übergabsvertrages vom 16. Jänner 1991 zu einem Eigentümerwechsel von J.B. auf den Zweitbeschwerdeführer, der in diese Berufung im Umfang der auf ihn übertragenen Liegenschaften eintrat (siehe diesbezüglich auch die Ausführungen im hg. Beschluss vom 22. Juni 1993, Zl. 92/07/0117).

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 17. November 1995 wies die belangte Behörde die Berufung "hinsichtlich des Spruchpunktes 1.) c)" des erstinstanzlichen Bescheides vom 27. Juni 1985 gemäß § 1 Agrarverfahrensgesetz 1950 in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG und den §§ 24, 25, 27 und 29 des Salzburger Einforstungsrechtegesetzes (EFRG), LGBl. Nr. 74, als unbegründet ab und änderte die Rechtsgrundlage auf die §§ 24, 25 und 27 EFRG ab.

In der Begründung führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und des ergänzend durchgeführten Ermittlungsverfahrens aus, daß aufgrund des rechtskräftigen Bescheides der AB vom 10. Oktober 1982 das Ausmaß der Heimweiderechte für die sechs in der Regulierungsurkunde angeführten berechtigten Liegenschaften mit je einem "Heugpferd" und 3 1/3 Rindergräsern festgesetzt worden sei. Zur Ablösung von Weiderechten durch Abtretung von Grund und Boden sei in erster Linie "reine Weidefläche" heranzuziehen und zwar auch dann, wenn es sich um Waldweiderechte handle. Erst wenn diese Waldweiderechte so nicht gedeckt werden könnten, könne Waldboden, insoweit dessen Umwandlung in Weideboden zulässig sei, herangezogen werden.

Es sei daher im Zuge des Ermittlungsverfahrens festzustellen gewesen, ob für die beiden Güter (der Beschwerdeführer) entsprechende Weideflächen zu finden seien.

Die eine Möglichkeit, welche untersucht worden sei, hätte die Abteilung 165 (laut Plan) betroffen. Hiebei sei aber festgestellt worden, daß die Nutzungsrechte der übrigen Berechtigten beeinträchtigt würden. Dies einerseits deshalb, weil der mit Weiderechten belastete B.-Wald ohnedies schon geringe vorhandene Reinweideflächen anbiete und in weiterer Folge die in diesem Bereich ausgeübte Weide für die anderen Berechtigten in der vorliegenden Form unverzichtbar seien, wobei überdies die für die Ablöse in diesem Bereich erforderliche Rodung aus forsttechnischer Sicht bedenklich sei. Wie der Sachverständige festgestellt habe, sei eine Ablöse der Abteilung 165 nicht möglich.

Als weitere mögliche Fläche habe sich die sogenannte B.-Alpe angeboten, die an die X.-Alpe des Erstbeschwerdeführers angrenze, getrennt durch die sogenannte K.-Gasse. Die B.-Alpe stehe im Eigentum der mitbeteiligten Partei (mP) und sei nicht mit anderen Weiderechten belastet. Die Ablöse dieser Fläche sei von Gesetzes wegen grundsätzlich möglich.

Im Zuge des Ermittlungsverfahrens hätten sich bei dieser in Aussicht genommenen Ablösefläche drei Problemkreise dargestellt:

1. die K.-Gasse, 2. die Größe der zur Verfügung stehenden Fläche im Bereich der B.-Alpe und 3. die Frage, ob durch die in Aussicht genommene Ablösung die wirtschaftliche Abrundung des verpflichteten Gutes zerstört werden würde.

Bei der K.-Gasse handle es sich um die Grundstücksnr. 346, KG B., mit der Kulturgattung Wald und einem Flächenausmaß von ca. 3,33 ha. Diese Grundparzelle sei mit verschiedenen Holz- und Streubezugsrechten belastet. Des weiteren sei sie auch aufgrund der Regulierungsurkunde aus dem Jahre 1868 ebenfalls mit der Dienstbarkeit der Weide (auch zugunsten Dritter) belastet.

Eine vollständige Ablöse dieser Weiderechte der übrigen Berechtigten sei nicht möglich, sondern es müßten diese Belastungen im selben Umfang vom O.- bzw. U.-Gut übernommen werden.

Des weiteren sei hervorgekommen, daß, sollte die B.-Alpe inklusive K.-Gasse übertragen werden, die mP in der K.-Gasse ein Durchlieferungsrecht für ihr in diesem Bereich anfallendes Holz (Abteilung 169) jedenfalls benötigen werde. Um einen ungehinderten Viehtrieb zu gewährleisten, wäre noch ein zusätzlicher Zaun (beidseitige Einzäunung) als Abgrenzung zur B.-Alpe erforderlich. Durch diesen Zaun wäre aber wiederum die mP bei der Holzabfuhr behindert, weil von einer durchschnittlichen Breite von 4 m auszugehen sei. Auch wäre zu beachten, daß bei einer Holzabfuhr die Grasnarbe entsprechend verletzt werden würde und es dadurch zu einem verminderten Heuertrag käme. Der vom Sachverständigen für diesen Teil der K.-Gasse errechnete Heuertrag von 120 kg Heu würde ausreichen, um 0,1 Stück urkundliches Rind während des Sommers zu ernähren. Dieser Heuertrag würde zusätzlich noch von den anderen Berechtigten genutzt. Diese Fläche sei daher für sich nicht geeignet, auch bei einer pfleglichen Bewirtschaftung, mit nachhaltiger Ertragsfähigkeit dem Bedarf des abzulösenden Nutzungsrechtes zweckmäßig zu dienen.

Der nächste Problemkreis sei die mögliche Zuteilung aus der B.-Alpe. Aus dem Sachverständigengutachten ergebe sich, daß auf der Reinweidefläche der B.-Alpe ohne K.-Gasse 4,08 Stück urkundliches Rind ernährt werden könnten. Um den noch offenen Bedarf der abzulösenden Liegenschaften auch nur eines einzigen Guts zu decken, wäre im angrenzenden Bereich der B.-Alpe noch mindestens eine Fläche von rund 1,2 ha erforderlich.

Aus wildbachtechnischer Sicht könnte zum Zwecke der Bildung einer Reinweidefläche einer Rodung im Ausmaß von ca. 1,2 ha auf der Grundparzelle 344, westlich der B.-Alpe, grundsätzlich zugestimmt werden. Auch in der Stellungnahme der BH Zell am See werde die Rodung einer Teilfläche des Grundstückes Nr. 344, als weniger kritisch beurteilt als die Rodung einer Altholzfläche im Bereich des Grundstückes Nr. 346, KG D., - Verlängerung der K.-Gasse nach oben - weil hier die Wirkungen des Waldes noch nicht so ausgeprägt seien.

Die BH Zell am See übersehe bei ihrer Abwägung der öffentlichen Interessen jedoch die Agrarstrukturverbesserung, die ja von der Agrarbehörde zu beurteilen sei.

Zur Frage, wie sich ein Herauslösen der B.-Alpe mit und ohne K.-Gasse auf das belastete Grundstück auswirken würde, führte die belangte Behörde aus, daß der Erwerb der B.-Alpe durch die mP zu einer zweckmäßigen Abrundung geführt habe. Dies habe auch die AB veranlaßt, den Erwerb der B.-Alpe als Siedlungsmaßnahme agrarbehördlich zu genehmigen. Durch diesen Ankauf der B.-Alpe im Jahre 1971 sei der Zusammenschluß der Abteilung 169, welche vor dem Ankauf auf einer Länge von ca. 1200 m als schmaler Streifen in Fremdgrund hineingeragt habe, mit der Abteilung 163 erreicht worden. Wenn man nun davon ausgehe, daß die Übertragung der K.-Gasse ausgeschlossen sei, würde, wenn man den Teil der B.-Alpe, der für eine Weideablösefläche in Frage käme, tatsächlich übereignete, es beim Verpflichteten zu einer Enklave kommen, weshalb die wirtschaftliche Abrundung des verpflichteten Gutes in diesem Bereich zerstört werden würde. Aber selbst wenn die K.-Gasse ebenfalls übertragen würde, würde in diesem Bereich für das verpflichtete Gut eine Zerstörung einer zweckmäßigen Abrundung entstehen. Daß diese Abrundung zweckmäßig sei, sei von der AB im Zuge eines Siedlungsverfahrens agrarbehördlich bestätigt worden.

Auf der Grundlage des Gutachtens des landwirtschaftlichen Amtssachverständigen könne auch nur ein einziges Gut zur Gänze abgelöst werden.

Gegen diesen Bescheid vom 17. November 1995 erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluss vom 23. September 1996, B 700/96, ablehnte und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abtrat.

In der ergänzten Beschwerde führten die Beschwerdeführer u.a. aus, der angefochtene Bescheid verletze sie wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften in ihrem Recht auf Ablöse gemäß den §§ 7 Abs. 4, 20, 21 und 22 des WWSG "1995" (gemeint wohl: 1955). Sofern der Verwaltungsgerichtshof aber zur Ansicht gelangen sollte, daß die belangte Behörde das Salzburger Einforstungsrechtegesetz 1986 (EFRG) zu Recht angewandt habe, so seien sie in ihrem Recht auf Ablöse in Grund und gemäß den §§ 24, 25, 27 und 29 EFRG verletzt.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht rügen die Beschwerdeführer, der erstinstanzliche Bescheid der AB Salzburg vom 27. Juni 1985 stütze sich auf die §§ 7 Abs. 4, 20, 21 und 22 des Salzburger WWSG 1955. Mit diesem Bescheid sei ihr Antrag auf Ablösung ihrer Weiderechte durch Abtretung von Grund wegen Unzulässigkeit der Ablösung abgewiesen worden. Mit dem angefochtenen Bescheid habe die belangte Behörde den Bescheid unter Punkt 1.) c) abgeändert, indem die Berufung gegen den Bescheid der AB Salzburg als unbegründet abgewiesen worden sei, jedoch auf der Rechtsgrundlage des § 1 Agrarverfahrensgesetz in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG und den §§ 24, 25, 27 und 29 EFRG.

Die belangte Behörde begründe in keiner Weise, weshalb nun das EFRG zur Anwendung komme und nicht mehr das für das erstinstanzliche Verfahren maßgebliche WWSG (1955). Aus Art. 1 der Kundmachung der Salzburger Landesregierung vom 25. September 1996 über die Wiederverlautbarung des EFRG, LGBl. Nr. 74/86, gehe hervor, daß das "Salzburger Einforstungsrechtegesetz" bereits 1938 (LGBl. Nr. 14/1938) kundgemacht worden sei und seit dem WWSG 1955 das "Salzburger Einforstungsrechtegesetz" (aus dem Jahre 1938) neben dem WWSG bestanden habe. Wenn es nunmehr 1986 "zu einer Zusammenfassung der beiden Gesetze" gekommen sei, wäre von der belangten Behörde zu begründen gewesen, weshalb ihrer Ansicht das EFRG 1986 statt dem WWSG zur Anwendung komme.

Zur inhaltlichen Rechtswidrigkeit bringen die Beschwerdeführer u. a. vor, die belangte Behörde habe den § 24 Abs. 4 EFRG rechtswidrig interpretiert. In der zitierten Gesetzesstelle sei eine Ablösung in Grund dann anzustreben, wenn durch die Ablösung Grundeinschlüsse beseitigt werden könnten und eine Abrundung der berechtigten Güter durchgeführt werden könne. Gerade die Herstellung einer Verbindung zwischen der X.-Alpe und der B.-Alpe stelle eine Abrundung der berechtigten Güter dar und durch die gemeinsame Ablösung der K.-Gasse mit der B.-Alpe würde eine allfällige Enklave der mP beseitigt. Von einer Beeinträchtigung anderer Weideberechtigter könne nicht gesprochen werden. Es sei für die Viehtriebsberechtigten kein Unterschied zu sehen, ob ihr Viehtriebsrecht am Grund der Beschwerdeführer oder am Grund der mP bestehe. Wenn eine Beeinträchtigung vorhanden sei, dann nur eine Beeinträchtigung des Wertes der K.-Gasse.

Auch das Holzlieferungsrecht der mP wäre in keiner Weise geschmälert, unabhängig von der Errichtung eines Zaunes. 4 m Breite seien für die Holzlieferung jedenfalls ausreichend, außerdem habe das Ermittlungsverfahren ergeben, daß die mP ihr Holzlieferungsrecht in keiner Weise ausübe. Es sei daher auch nicht anzunehmen, daß die mP eine Beeinträchtigung ihres Holzlieferungsrechtes hinnehmen müsse.

Bei richtiger Anwendung des § 24 Abs. 2 und Abs. 4 EFRG hätte die belangte Behörde zur Ansicht kommen müssen, daß nur eine gemeinsame Abtretung der B.-Alpe und der K.-Gasse in Frage komme. Dies führe jedenfalls zu einer Abrundung der berechtigten Güter. Gleichzeitig wäre eine Enklave der mP beseitigt.

Hintergrund für die Ansicht der belangten Behörde, die Ablösung der K.-Gasse sei nicht zulässig, sei, daß sie die beiden Ablöseflächen getrennt betrachtet habe, obwohl sie nach dem Zweck des Gesetzes die beiden Ablöseflächen nur gemeinsam hätte betrachten dürfen.

Auch die Unzulässigkeit der Ablösung der B.-Alpe beruhe auf einem Fehler der belangten Behörde. Diese berufe sich in ihrer Begründung lediglich auf die Abweisung der Bezirksverwaltungsbehörde als zuständige Behörde im Verfahren nach dem Forstrecht. Die belangte Behörde räume zwar ein, auf der B.-Alpe könne einer Rodung zum Zwecke der Herbeiführung der Reinweide zugestimmt werden. Auch aus Sicht der Wildbach- und Lawinenverbauung lägen keine Einwände vor. Die Bezirksverwaltungsbehörde als Behörde erster Instanz im Forstrecht könne sohin einer Rodung zustimmen; diese habe aber eine "negative Bilanz" im Hinblick auf die Rodung gezogen, weil das öffentliche Interesse nicht die privaten Interessen überwiege. Die belangte Behörde übersehe hier gänzlich, daß für die Frage der rechtmäßigen Ablösung zwar die Forstbehörde bezüglich der Zulässigkeit der Rodung beigezogen werde, die Kriterien, in welchem Interesse die Rodung liege, jedoch außer acht zu bleiben hätten. Im Ablöseverfahren seien von Gesetzes wegen die privaten Interessen vorrangig, im Forstrecht die öffentliche Interessen. Die belangte Behörde dürfe jedenfalls nicht mit dem öffentlichen Interesse des Forstrechtes argumentieren, sondern habe sich auf die Zulässigkeit von Ablösungen zu beschränken.

Im Ablöseverfahren liege die Rodung zur Herstellung von Weidefläche selbstverständlich im privaten Interesse des Ablöseberechtigten und niemals im öffentlichen Interesse. Die belangte Behörde habe sohin in rechtswidriger Weise dieselbe Abwägung vorgenommen, welche einem Rodungsverfahren zugrundezulegen sei, und nicht eine Interessensabwägung im Ablöseverfahren.

Die zuletzt genannte Abwägung entspreche auch dem Wortlaut des § 27 Abs. 1 EFRG, wonach bei der Umwandlung von Waldboden in Weideboden die zuständige Forstbehörde anzuhören sei.

Das EFRG normiere nicht, daß die AB dieselbe Interessenabwägung vorzunehmen habe wie die Forstbehörde, sondern die Forstbehörde nur zur prinzipiellen Möglichkeit einer Rodung anzuhören sei. Die Beurteilung einer Rodung zum Zweck einer Ablösung unterliege dem privaten Interesse des Ablöseberechtigten, während eine Rodung im Sinne des Forstgesetzes immer am öffentlichen Interesse der Rodung und des Schutzes des Waldes zu messen sei.

Schließlich habe die belangte Behörde völlig zu Unrecht erkannt, daß eine Ablöse der B.-Alpe allein nicht möglich sei, weil die K.-Gasse dann eine Enklave der mP bilden würde.

Eine gemeinsame Ablöse verneine die belangte Behörde u.a. auch mit der Behauptung, es könne nur ein einziges Gut abgelöst werden. Diese Begründung entbehre jedoch jeder gesetzlichen Grundlage.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mP - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorausgeschickt sei, daß die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid nur einen Teil des mit Berufung bekämpften erstinstanzlichen Bescheides vom 27. Juni 1985, nämlich die Frage der Ablösung des in einer Regulierungsurkunde aus dem Jahre 1868 u. a. zugunsten der beiden näher genannten Liegenschaften der Beschwerdeführer festgelegten Heimweiderechtes, behandelte (Spruchpunkt 1c des erstinstanzlichen Bescheides).

Die Beschwerdeführer treten der vorgenommenen Trennung der Erledigung im Zuge der aufgetragenen Beschwerdeergänzung nicht entgegen. Aus den schon im erstinstanzlichen Bescheid getroffenen Sachverhaltsfeststellungen sowie den entsprechenden Ergänzungen derselben im Zuge des angefochtenen Bescheides ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht ersichtlich, daß dieser Entscheidungspunkt nicht für sich allein selbständig bestehen könnte. Der Verwaltungsgerichtshof geht daher im Beschwerdefall vom Fehlen eines nicht trennbaren inneren Zusammenhanges mit anderen Punkten des erstinstanzlichen Bescheides betreffend die Ablösung von Holzbezugs- und Streubezugsrechten und somit von der Zulässigkeit der Erlassung eines Teilbescheides durch die belangte Behörde im Sinne des § 59 Abs. 1 AVG aus.

Insoweit die Beschwerdeführer eine fehlende Begründung für die durch die belangte Behörde erfolgte Heranziehung des Salzburger Einforstungsrechtegesetzes (EFRG), LGBl. Nr. 74/1986, anstelle des von der Behörde erster Instanz herangezogenen Salzburger Wald- und Weideservitutengesetzes (WWSG) LGBl. Nr. 65/1955, rügen, ist ihnen entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides allgemein auf die anzuwendende "neue" Rechtslage hinwies.

Gemäß § 4 des im Zeitpunkt der Wiederverlautbarung des EFRG noch in Geltung gewesenen Salzburger Landeswiederverlautbarungsgesetzes, LGBl. Nr. 20/1948, sind von dem Tag an, der der Herausgabe des die Wiederverlautbarung enthaltenden Stückes des Landesgesetzblattes folgt, alle Gerichte und Verwaltungsbehörden an den wiederverlautbarten Text der Rechtsvorschriften gebunden.

Nach dem Einleitungssatz des Art. I der Kundmachung der Wiederverlautbarung des EFRG, LGBl. Nr. 74/1986, wird aufgrund des § 1 des Landeswiederverlautbarungsgesetzes, LGBl. Nr. 20/1948, in der Anlage das "Salzburger Einforstungsrechtegesetz" (gemeint wohl: das Wald- und Weideservitutengesetz), LGBl. Nr. 14/1938, unter Zugrundelegung der in der Anlage zur Kundmachung der Salzburger Landesregierung vom 30. August 1955, LGBl. Nr. 65, über die Wiederverlautbarung des Wald- und Weideservitutengesetzes enthaltenen Fassung und unter Berücksichtigung weiterer näher genannter Gesetzgebungsakte und Druckfehlerberichtigungen wiederverlautbart.

Den zuletzt zitierten Bestimmungen ist unmißverständlich zu entnehmen, daß ab dem auf die Herausgabe des die Wiederverlautbarung des EFRG (1986) enthaltenden Stückes des Landesgesetzblattes folgenden Tag (= 26. September 1986) dieses Gesetz anstelle des noch von der AB im Beschwerdefall herangezogenen WWSG (1955) anzuwenden war. Unschädlich ist in diesem Zusammenhang, daß das zitierte "Einforstungsrechtegesetz" (LGBl. Nr. 14/1938) tatsächlich als "Wald- und Weideservitutengesetz" vom seinerzeitigen Gesetzgeber bezeichnet wurde.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Rechtsmittelbehörde im allgemeinen das im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides geltende Recht anzuwenden. Eine andere Betrachtungsweise ist nur dann geboten, wenn etwa der Gesetzgeber in einer Übergangsbestimmung zum Ausdruck bringt, daß auf anhängige Verfahren noch das bisher geltende Gesetz anzuwenden sei (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 4. Dezember 1977, VwSlg. 9315/A).

Mit der vorzitierten Verfahrensrüge zeigen die Beschwerdeführer auch nicht die Wesentlichkeit eines der belangten Behörde unterlaufenen Verfahrensmangels auf, war doch von dieser im Hinblick auf § 4 des Salzburger Landeswiederverlautbarungsgesetzes, LGBl. Nr. 20/1948, jedenfalls bereits das EFRG (1986) in der wiederverlautbarten Fassung anzuwenden.

Entgegen der Rechtsansicht der Beschwerdeführer hat die AB im erstinstanzlichen Bescheid vom 27. Juni 1985 auch nicht "willkürlich" das WWSG (1955) angewendet, sondern war diese aufgrund der Wiederverlautbarung des WWSG mit LGBl. Nr. 65/1955, in Verbindung mit § 4 des genannten Landeswiederverlautbarungsgesetzes gehalten, das wiederverlautbarte Gesetz in der damals geltenden Fassung anzuwenden.

Die Beschwerdeführer bringen u.a. gegen den angefochtenen Bescheid vor, die belangte Behörde habe § 24 Abs. 2 und Abs. 4 EFRG unrichtig angewendet habe.

Gemäß § 24 Abs. 1 EFRG kann die Ablösung durch Abtretung von Grund oder von Anteilsrechten des Verpflichteten an agrargemeinschaftlichen Grundstücken oder durch Zahlung eines Ablösungskapitals erfolgen. Im Vereinbarungsweg kann das Ablösungskapital ganz oder teilweise in Holz geleistet werden. Sie ist unzulässig, wenn hiedurch allgemeine Interessen der Landeskultur oder volkswirtschaftliche Interessen oder der ordentliche Wirtschaftsbetrieb des berechtigten oder der Hauptwirtschaftsbetrieb des verpflichteten Gutes gefährdet wird oder wenn sie übereinstimmend vom Berechtigten und Verpflichteten abgelehnt wird.

Gemäß § 24 Abs. 2 EFRG ist die Ablösung insbesondere unzulässig, wenn

1. durch die Ablösung die wirtschaftliche Abrundung des verpflichteten Gutes zerstört werden würde,

2. durch die Ablösung für einen Teil der Berechtigten Nutzungsrechte der übrigen Berechtigten beeinträchtigt werden würden oder

3. sich durch die Unmöglichkeit der Wertausgleichungen, z.B. bei Holzbeständen, derart hohe Geldausgleichungen ergeben würden, daß die Leistung derselben für die berechtigten Liegenschaften wirtschaftlich nicht tragbar wäre.

§ 24 Abs. 4 leg. cit. lautet:

"Die Ablösung in Grund ist, wenn sie nach den vorstehenden Bestimmungen nicht unzulässig ist, insbesondere anzustreben, wenn

1. durch die Ablösung Grundeinschlüsse (Enklaven) des Verpflichteten im berechtigten Gut beseitigt werden können;

2. eine Abrundung der berechtigten Güter durchgeführt werden kann;

3. eine wirtschaftliche Umgestaltung der berechtigten Güter durch eine neuzeitliche Betriebsweise ermöglicht wird;

4. Neusiedlungen oder die Errichtung selbständiger Betriebe auf Überlandgrundstücken berechtigter Güter erfolgen können."

Im Fall der Ablösung durch Abtretung von Grund ist nach § 25 Abs. 1 EFRG aus dem belasteten Besitz des Verpflichteten ein solches Ablösungsgrundstück auszuwählen, das nach seiner nachhaltigen Ertragsfähigkeit im Falle pfleglicher Bewirtschaftung die Deckung der abzulösenden Nutzungsrechte dauernd sichert.

Die Abtretung von Grund hat nach § 25 Abs. 3 erster Satz EFRG mit tunlichster Bedachtnahme auf die Abrundung der berechtigten Güter und des verpflichteten Gutes zu erfolgen.

§ 27 Abs. 1 EFRG 1996 lautet:

"(1) Zur Ablösung von Weiderechten durch Abtretung von Grund und Boden ist in erster Linie reine Weidefläche heranzuziehen, und zwar auch dann, wenn es sich um Waldweiderechte handelt. Wenn diese Waldweiderechte so nicht gedeckt werden können, kann Waldboden, insoweit dessen Umwandlung in Weideboden zulässig ist, nach Anhörung der zuständigen Forstbehörde zur Umwandlung in Weide herangezogen werden. Der Kulturzustand der belasteten Grundstücke zur Zeit der Ablösung ist auf die Feststellung des Rechtsumfanges ohne Einfluß."

Die Beschwerdeführer lassen jene Ausführungen des angefochtenen Bescheides unbekämpft, in denen die belangte Behörde näher ausführte, weshalb eine Zuteilung von Flächen aus der Abteilung 165 nicht in Frage kommt.

Erkennbar richten sich die unter dem Aspekt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit vorgetragenen Einwendungen der Beschwerdeführer - nicht zuletzt auch wegen des Hinweises auf die Seiten 51 bis 57 des angefochtenen Bescheides - gegen die Abweisung ihres Begehrens in bezug auf die B-Alpe.

Bei der Frage der Zulässigkeit der Ablösung in Form der Abtretung von Grund im Bereich der B-Alpe war von der belangten Behörde im Beschwerdefall zu prüfen, ob der Ablösung ein wichtiger Grund etwa im Sinne des § 24 Abs. 2 EFRG entgegensteht. Die Wendung "insbesondere" im Einleitungssatz des § 24 Abs. 2 EFRG läßt erkennen, daß auch andere, den genannten Gründen gleichwertige Gründe zu einer Unzulässigkeit der Ablösung führen. Insbesondere ist die Ablösung nach § 24 Abs. 2 Z. 1 EFRG unzulässig, wenn durch die Ablösung die wirtschaftliche Abrundung des verpflichteten Gutes zerstört werden würde.

Gemäß § 13 Abs. 2 des Grundsatzgesetzes über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten (WWSGG; siehe Anlage 3 der Kundmachung BGBl. Nr. 103/1951) besteht bei der Ablösung von Nutzungsrechten - so wie nach § 24 Abs. 1 EFRG - insbesondere eine Bindung an folgende Grundsätze:

"Sie (die Ablösung) ist unzulässig, wenn hiedurch allgemeine Interessen der Landeskultur oder volkswirtschaftliche Interessen oder der ordentliche Wirtschaftsbetrieb des berechtigten oder der Hauptwirtschaftsbetrieb des verpflichteten Gutes gefährdet wird oder wenn sie übereinstimmend vom Berechtigten und Verpflichteten abgegeben wird."

Die belangte Behörde verwies im Zusammenhang mit dem Erwerb der B-Alpe durch die mitbeteiligte Partei auf die dadurch erzielte zweckmäßige Abrundung mit anderen umliegenden Flächen der mP (insbesondere mit den Abteilungen 169 und 163). Nach den unbestritten gebliebenen Feststellungen der belangten Behörde wurde der Erwerb der B-Alpe durch die mP im Jahre 1971 als Siedlungsmaßnahme agrarbehördlich bewilligt und war diese Alpe zum Zeitpunkt des Ankaufes zu ca. 80 % von Liegenschaften der mP umschlossen. Es ist evident - und wird auch durch eine den vorgelegten Verwaltungsakten beigelegte Planunterlage bestätigt -, daß die Herauslösung eines derart situierten Grundstückes als Ablösungsfläche (B-Alpe) zur Bildung einer Enklave in bezug auf die der mP gehörenden Flächen führen würde. Damit würde aber gerade dem vom Gesetzgeber angestrebten Zweck einer Beseitigung von Grundeinschlüssen (Enklaven) des Verpflichteten zuwidergehandelt werden (vgl. § 24 Abs. 4 Z. 1 und § 25 Abs. 3 erster Satz EFRG). Überdies wären zumindest auf Teilflächen - wie dies die belangte Behörde ausführlich im angefochtenen Bescheid darstellte - Nutzungsrechte Dritter zu belassen und etwa im Bereich der K-Gasse eine zusätzliche Dienstbarkeit für die Holzbringung für das im Bereich der "Abteilung 169" anfallende Holz der mP zu schaffen.

Allein schon diese von den Beschwerdeführern angestrebte Ablösung von Flächen der B-Alpe würde aber infolge der eintretenden Enklavenbildung zu Lasten der mP erheblich dem vom Gesetzgeber angestrebten Zweck der Verhinderung solcher Enklaven entgegenwirken und daher auch die mit dem Kauf der B-Alpe durch die mP seinerzeit bewirkte wirtschaftliche Abrundung des verpflichteten Gutes zerstören.

Aber auch die im § 13 Abs. 2 des Grundsatzgesetzes angesprochenen öffentlichen Interessen der Landeskultur würden durch die angestrebte Ablösung gefährdet werden, zumal sie den insbesondere von der Bodenreform angestrebten Zweck der Verbesserung der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung des Bodens evident zuwiderlaufen würden, wie dies aufgrund der von der belangten Behörde getroffenen Sachverhaltsfeststellungen hinreichend im angefochtenen Bescheid belegt wird.

Erweist sich jedoch die Ablösung der Weiderechte aus diesen grundsätzlichen Erwägungen bereits als unzulässig, so erübrigt sich auch ein näheres Eingehen auf die übrigen Beschwerdeausführungen.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der Durchführung der von den Beschwerdeführern beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG Abstand genommen werden, weil die Verwaltungssache bereits vor einem Tribunal (der belangten Behörde) verhandelt wurde und die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten erkennen lassen, daß die mündliche Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache in sachverhaltsmäßiger und rechtlicher Hinsicht erwarten läßt.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 11. März 1999

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