VwGH 95/07/0222

VwGH95/07/022214.12.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, in der Beschwerdesache 1. des FB sen. und 2. des FB jun., beide in S, beide vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, betreffend Ablösung von Holzbezugs-, Streubezugs- und Weiderechten, 1. über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung einer Frist zur Erhebung einer Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid des Obersten Agrarsenates beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft vom 7. Oktober 1992, Zl. 710.920/07-OAS/92, und 2. über die Beschwerde gegen den eben zitierten Bescheid, den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;

 

Spruch:

1. Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG wird dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht stattgegeben.

2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hinsichtlich der Vorgeschichte auf das hg. Erkenntnis vom 22. Juni 1993, Zl. 92/07/0117, verwiesen. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 7. Oktober 1992, den Beschwerdeführern zugestellt am 21. Oktober 1992, wurde u.a. die Berufung der Beschwerdeführer gegen einen Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Salzburger Landesregierung (LAS) vom 15. April 1992 betreffend Ablösung von Holzbezugs-, Streubezugs- und Weiderechten als unzulässig zurückgewiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde unter Hinweis auf § 7 Abs. 2 Agrarbehördengesetz 1950 aus, daß sich durch die vorgenommene "Abänderung" des Spruchpunktes 2 des erstinstanzlichen Bescheides durch Spruchpunkt A des Bescheides des LAS vom 15. April 1992 am materiellen Inhalt des erstinstanzlichen Bescheides nichts geändert habe und daher die Zuständigkeit der belangten Behörde als weitere Rechtsmittelbehörde nicht gegeben gewesen sei. Spruchpunkt B des Bescheides des LAS enthalte lediglich die Anordnung, wann und wohin der Ablösebetrag abzüglich einer Gegenleistung von den Ö.B. zu überweisen sei. Diesbezüglich liege aber keine Frage der Gesetzmäßigkeit der Ablösung von Wald- und Weidenutzungsrechten vor, sodaß gleichfalls keine Zuständigkeit der belangten Behörde gegeben sei. Der angefochtene Bescheid blieb von den Beschwerdeführern zunächst unbekämpft.

Die Beschwerdeführer sowie J.B. (Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer) brachten jedoch bereits gegen den genannten Bescheid des LAS vom 15. April 1992 eine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde ein. Diese Beschwerde wurde mit Beschluß vom 22. Juni 1993, Zl. 92/07/0117, als unzulässig zurückgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof führte hinsichtlich der Beschwerdeführer aus, daß die Zurückweisung wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes mangels der erfordlichen Ausschöpfung des Instanzenzuges zurückzuweisen war.

Da die Beschwerdeführer der Ansicht gewesen seien, es liege ein negativer Kompetenzkonflikt zwischen der belangten Behörde und dem Verwaltungsgerichtshof vor, stellten sie einen entsprechenden Antrag an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 138 Abs. 1 lit. a B-VG. Mit Beschluß vom 21. Juni 1995, K I-8/93-3, wies der Verfassungsgerichtshof diesen Antrag zurück. In der Begründung wurde ausgeführt, den Beschwerdeführern wäre es freigestanden, den Bescheid des Obersten Agrarsenates (OAS) vom 7. Oktober 1992 mit Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof anzufechten und dadurch zu bewirken, daß die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach der Bescheid des LAS im administrativen Instanzenzug bekämpfbar gewesen sei, gegenüber der in diesem Punkt gegenteiligen Rechtsauffassung des OAS zur Geltung komme. Aus den Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes und der Verwaltungsbehörde (OAS) resultiere keine Verweigerung des Rechtsschutzes.

Mit ihrem binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes zur Post gegebenen Antrag begehren die Beschwerdeführer die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 7. Oktober 1992. Sie begründen diesen Antrag damit, daß im Zeitpunkt des Ablaufes der sechswöchigen Beschwerdefrist (Anfang Dezember 1992) die Rechtsmeinung des Verwaltungsgerichtshofes bezüglich der zu hg. Zl. 92/07/0117 anhängig gewesenen Beschwerde noch nicht bekannt gewesen sei. Der entsprechende Zurückweisungsbeschluß sei erst im Juli 1993 ergangen. Da aber die Beschwerdeführer und ihre Rechtsvertreter von der Richtigkeit der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides des LAS und somit von der Unzuständigkeit des OAS ausgegangen seien, hätten sie die "Zurückweisungsentscheidung" des OAS (Bescheid vom 7. Oktober 1992) nicht bekämpft. Die Rechtsfrage, wer von den angerufenen Entscheidungsträgern (offenbar gemeint: OAS und Verwaltungsgerichtshof) Recht habe, sei nach Meinung der Beschwerdeführer vom Verfassungsgerichtshof zu entscheiden gewesen. Aufgrund der "diffizilen Rechtsfrage" könne den Beschwerdeführern und ihren Rechtsvertretern kein Verschulden, höchstens jedoch ein minderer Grad des Versehens vorgeworfen werden. Gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag führten die Beschwerdeführer eine Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid aus.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei, die durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Nach der hg. Judikatur stellt das Vertrauen auf die tatsächliche und rechtliche Richtigkeit eines Bescheides kein (unvorhergesehenes und unabwendbares) Ereignis dar (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 648, 1. Absatz wiedergegebene Judikatur). Wenn daher die Beschwerdeführer im Vertrauen auf die Richtigkeit der Beurteilung des angefochtenen Bescheides betreffend die Frage der Unzuständigkeit der belangten Behörde eine rechtzeitige Anfechtung unterlassen haben, haben sie sich freiwillig des Rechtes zur Erhebung einer Beschwerde begeben (siehe auch die diesbezüglichen Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes im o.a. Beschluß vom 21. Juni 1995) und können daher nicht mit Erfolg die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist begehren.

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist gemäß § 46 Abs. 1 VwGG war daher nicht stattzugeben und die Beschwerde somit gemäß § 34 Abs. 1 leg. cit. in nichtöffentlicher Sitzung durch den nach § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. a und e leg. cit. zuständigen Senat mit Beschluß zurückzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte