VwGH 95/02/0605

VwGH95/02/060529.3.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des R in S, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg vom 8. November 1995, Zl. UVS-19/162/3-1995, betreffend Übertretung von Arbeitnehmerschutzvorschriften, zu Recht erkannt:

Normen

AAV §86 Abs1;
ASchG 1994 §108 Abs2;
ASchG 1994 §130;
ASchG 1994 §27 Abs4;
AVG §66 Abs4;
VStG §19 Abs2;
VStG §19;
VStG §31 Abs1;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a Z1;
VStG §5 Abs1;
VwRallg;
AAV §86 Abs1;
ASchG 1994 §108 Abs2;
ASchG 1994 §130;
ASchG 1994 §27 Abs4;
AVG §66 Abs4;
VStG §19 Abs2;
VStG §19;
VStG §31 Abs1;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a Z1;
VStG §5 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 8. November 1995 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als Arbeitgeber und als das gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ der Ö. KG mit dem Sitz in Salzburg zu verantworten, daß von dieser, wie anläßlich einer Überprüfung am 12. Jänner 1995 durch das Arbeitsinspektorat festgestellt worden sei, a) für

52 Arbeitnehmer lediglich 29 Garderobekästen zur Verfügung gestanden seien, obwohl für jeden Arbeitnehmer zur Aufbewahrung und zur Sicherung gegen Wegnahme seiner Straßen-, Arbeits- und Schutzkleidung ein ausreichend großer, luftiger und versperrbarer Kasten zur Verfügung zu stellen sei; b) trotz regelmäßiger Beschäftigung von mehr als 12 Arbeitnehmern, wovon jedem Geschlecht mindestens 5 Arbeitnehmer angehörten, in der Arbeitsstätte nur ein einziger zu kleiner Umkleideraum zur Verfügung gestanden sei, wobei eine getrennte Benutzung nach dem Geschlecht nicht sichergestellt gewesen sei; c) trotz regelmäßiger Beschäftigung von mehr als 12 Arbeitnehmern, wovon jedem Geschlecht mindestens 5 Arbeitnehmer angehörten, in der Arbeitsstätte lediglich ein gemeinsamer Waschraum, in dem zwei Waschbecken installiert gewesen seien, vorhanden gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt: Zu a) § 86 Abs. 1 AAV in Verbindung mit § 130 Abs. 5 Z. 1 ASchG (BGBl. Nr. 450/1994) und § 108 Abs. 2 leg. cit., zu

b) § 27 Abs. 4 und 5 ASchG in Verbindung mit § 130 Abs. 1 Z. 15 leg. cit. und zu c) § 27 Abs. 1 und 2 ASchG in Verbindung mit § 130 Abs. 1 Z. 15 leg. cit. Über den Beschwerdeführer wurden drei Geldstrafen und zwar zu a) S 15.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe zwei Tage und zwölf Stunden) und zu

b) sowie c) je S 20.0000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe je drei Tage) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers war die belangte Behörde berechtigt, außerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist des § 31 Abs. 2 VStG das Wort "Arbeitgeber" trotz des Umstandes, daß dies nicht Gegenstand einer rechtzeitigen Verfolgungshandlung war, im Schuldspruch einzufügen; es handelt sich hiebei um eine durchaus zulässige Präzisierung (vgl. näher das hg. Erkenntnis vom 30. September 1991, Zl. 91/19/0230). Die Einrede der Verjährung ist daher unberechtigt.

Gemäß § 108 Abs. 2 ASchG gilt bis zum Inkrafttreten einer Verordnung nach diesem Bundesgesetz, die die sanitären Vorkehrungen und die Sozialeinrichtungen in Arbeitsstätten regelt, unter anderem für Kleiderkästen und Umkleideräume § 86 Abs. 1 bis 3 und 5 bis 9 AAV als Bundesgesetz.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist damit keineswegs unklar, daß § 86 Abs. 1 AAV - und zwar zur Gänze - weiterhin (bis zur Erlassung einer diesbezüglichen Verordnung) anzuwenden ist. Von einer "subsidiären Geltung" gegenüber § 27 Abs. 4 ASchG kann nicht gesprochen werden.

Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26. Februar 1990, Zl. 90/19/0040, zu § 86 Abs. 1 AAV zum Ausdruck gebracht, daß auch im Rahmen eines "Schichtbetriebes" jedem Arbeitnehmer ein entsprechender Kasten zur Verfügung zu stellen ist. Auch verkennt der Beschwerdeführer die Rechtslage, wenn er vermeint, die vorhandenen "Hollandgarderoben" seien als Kästen im Sinne des § 86 Abs. 1 AAV anzusehen, weil der Gerichtshof einem solchen Vorbringen in seiner Rechtsprechung nicht gefolgt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. November 1993, Zl. 93/02/0273).

Auch vermag der Verwaltungsgerichtshof die Beweiswürdigung durch die belangte Behörde, indem sie im wesentlichen den Aussagen des eingeschrittenen Organes des Arbeitsinspektorates (Dipl.Ing. H.) und nicht den davon abweichenden Angaben des Beschwerdeführers und des Zeugen L. gefolgt ist, im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zustehenden Überprüfungsbefugnis (vgl. dazu näher das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) nicht als rechtswidrig zu erkennen. Mit seinen weitwendigen Ausführungen übersieht der Beschwerdeführer insbesondere, daß Dipl.Ing. H. vor der belangten Behörde (neuerlich) den entscheidungswesentlichen Umstand hervorgehoben hat, daß er anläßlich des Einschreitens am Tattag vom Beschwerdeführer persönlich durch die Betriebsräume geführt und er diesen ersucht habe, ihm "sämtliche Sozial- und Sanitärräumlichkeiten" zu zeigen, was auch vom Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellt wird. Daß aber dem Beschwerdeführer die in Rede stehenden Betriebsräume unbekannt gewesen seien, mußte ihm von der belangten Behörde nicht unterstellt werden und wird von ihm auch nicht behauptet.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers war die belangte Behörde auch berechtigt, als Verschuldensform "Vorsatz" anzunehmen, ergibt sich doch insoweit bereits aus dem Strafantrag des Arbeitsinspektorates, daß dieses bereits früher auf die Mängel hingewiesen hat, ohne daß eine Behebung derselben erfolgt sei. Die belangte Behörde konnte daher auf diese Verschuldensform bei der Strafbemessung Bedacht nehmen.

Was die Rüge des Beschwerdeführers in diesem Zusammenhang anlangt, die belangte Behörde habe seine persönlichen Verhältnisse als "überdurchschnittlich" eingeschätzt, ohne diesbezügliche Feststellungen zu treffen, so genügt der Hinweis, daß es der Beschwerdeführer unterläßt, diese Verhältnisse in der Beschwerde anzugeben, sodaß nicht davon ausgegangen werden kann, daß die belangte Behörde im Falle der Erhebung dieser Verhältnisse zu einem anderen Bescheid hätte kommen können (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Juli 1995, Zl. 95/02/0191).

Schließlich versagt auch der Hinweis des Beschwerdeführers in Ansehung der Strafbemessung, die belangte Behörde habe hinsichtlich der Tatvorwürfe zu b) und c) eine "Doppelverwertung" vorgenommen: Mit der diesbezüglichen Wendung in der Begründung des angefochtenen Bescheides wird nämlich nach Ansicht des Gerichtshofes lediglich dargelegt, weshalb sich die belangte Behörde in Ansehung dieser beiden Tatbestände nicht veranlaßt sah, im Unterschied zum Tatbestand a) keine Herabsetzung der Strafen vorzunehmen. Von einer Überschreitung des der belangten Behörde eingeräumten Ermessensspielraumes kann keine Rede sein.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin zur Gänze als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte