VwGH 94/07/0095

VwGH94/07/009514.3.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde des Dr. G in W als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der W GmbH in N, vertreten durch die W GmbH, diese vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 6. Mai 1994, Zl. 512.311/01-I5/93, betreffend Abweisung eines Devolutionsantrages, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §10 Abs1;
AVG §13 Abs3;
AVG §73 Abs2;
AVG §9;
KO §1;
KO §26;
VwGG §34 Abs1;
ZPO §35;
AVG §10 Abs1;
AVG §13 Abs3;
AVG §73 Abs2;
AVG §9;
KO §1;
KO §26;
VwGG §34 Abs1;
ZPO §35;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das hg. Erkenntnis vom 13. Oktober 1992, 92/07/0093, sowie auf die hg. Beschlüsse vom 16. November 1993, 93/05/0150, und vom 21. Juni 1994, 94/07/0012, verwiesen. Mit dem erstgenannten Erkenntnis hat der Gerichtshof den Bescheid der belangten Behörde vom 4. März 1992 in dem Umfang, in welchem die belangte Behörde den Antrag der W. Gesellschaft m. b.H. (im folgenden kurz: Gesellschaft) vom 13. Juni 1991 auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über ihren an den Landeshauptmann von Oberösterreich (LH) gestellten Antrag vom 23. November 1990 zurückgewiesen hatte, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften nach § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a VwGG aufgehoben. Die den Zurückweisungsgrund bildende Annahme der belangten Behörde, der vom Devolutionsbegehren der Gesellschaft betroffene Antrag vom 23. November 1990 sei beim LH nicht eingelangt, war als aktenwidrig zu beurteilen; wie der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis ausgeführt hat, war der Bewilligungsantrag der Gesellschaft vom 23. November 1990 der Aktenlage nach beim LH tatsächlich eingelangt und hatte damit einen Anspruch der Gesellschaft auf Bescheiderlassung auch dann ausgelöst, wenn der Antrag zurückzuweisen gewesen wäre. Mit den hg. Beschlüssen vom 16. November 1993, 93/05/0150, und vom 21. Juni 1994, 94/07/0012, hat der Verwaltungsgerichtshof gegen den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie und im zweiten Fall gegen den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft (die im vorliegenden Beschwerdefall belangte Behörde) gerichtete Säumnisbeschwerden der Gesellschaft wegen des Unterbleibens einer Erledigung eines zu einem späteren Zeitpunkt neuerlich gestellten Devolutionsantrages betreffend den nämlichen Antrag vom 23. November 1990 zurückgewiesen.

Die nunmehr vorliegende Beschwerde richtet sich gegen den auf Grund des vorgenannten hg. Erkenntnisses vom 13. Oktober 1992, 92/07/0093, von der belangten Behörde erlassenen Ersatzbescheid vom 6. Mai 1994, mit welchem sie den Antrag der Gesellschaft vom 13. Juni 1991 auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über ihren an den LH gerichteten Antrag vom 23. November 1990 gemäß § 73 Abs. 2 mit der Begründung abgewiesen hat, daß die Verzögerung der Erledigung dieses Antrages nicht ausschließlich auf ein Verschulden des LH zurückzuführen sei. Die belangte Behörde begründete das Ergebnis ihres nunmehr angefochtenen Bescheides im wesentlichen mit folgenden Überlegungen:

Der Antrag der Gesellschaft vom 23. November 1990 habe keine Projektsunterlagen enthalten; es habe die Gesellschaft darin vielmehr auf ein von der Firma A. vorgelegtes Projekt verwiesen, ohne dabei anzuführen, wann dieses Unternehmen unter welchem Namen das Projekt vorgelegt habe. Verständlich sei es daher gewesen, wenn der LH mit Schreiben vom 10. Dezember 1990 zunächst um Aufklärung über den Inhalt des dem Antrag nicht beigeschlossenen Projektes und allenfalls dessen Einreichung ersucht habe. Tatsächlich habe es sich bei diesem Projekt um Unterlagen gehandelt, welche von einem Vertreter der Firma A. einem Sachverständigen beim Amt der O.ö. Landesregierung am 19. September 1990 mit der Information übermittelt worden seien, daß sein Unternehmen die Firma W. vertrete, welche den Auftrag für die Entsorgung verschiedenster Feuchtschlämme und Abwässer von der Gesellschaft übernommen hätte. Erst am 21. Jänner 1991 habe die Gesellschaft diese Unterlagen nunmehr der Wasserrechtsbehörde vorgelegt. Dieses Projekt sei unvollständig gewesen, weil es für den Filterkuchen keine Endlagerungsmöglichkeit vorgesehen habe; für die Entsorgung der Filtrate sei ein weiteres Konzept als in Ausarbeitung befindlich erklärt worden, welches in Kürze vorgelegt werden würde, was in der Folge aber nicht geschehen sei. Die Projektsunterlagen hätten den Anforderungen des § 103 WRG 1959 nicht entsprochen, zur Endlagerungsmöglichkeit seien keine Ausführungen mehr getroffen worden. Schließlich habe die Gesellschaft auch auf das Schreiben des LH vom 28. Mai 1991, mit welchem dieser sie darauf aufmerksam gemacht habe, daß die vorgelegten Konzepte nicht dazu ausreichten, die schon am 6. November 1990 vorgeschriebenen letztmaligen Vorkehrungen im Erlöschensverfahren zu erfüllen, nur mehr mit Dienstaufsichtsbeschwerde und dem zur Erledigung anstehenden Devolutionsantrag reagiert. Ein ausschließliches Verschulden des LH an der Verzögerung der Erledigung des Antrages der Gesellschaft vom 23. November 1990 liege demnach nicht vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, zunächst im Vollmachtsnamen der Gesellschaft erhobene Beschwerde, in welcher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird; in Ausführung des eine Verletzung des Rechtes auf Sachentscheidung nach § 73 Abs. 2 AVG geltend machenden Beschwerdepunktes wird vorgebracht, daß der LH das Schreiben der Firma A. und den Antrag "der Erstbehörde" (gemeint offenbar: "der Gesellschaft") ohnehin in einem Verfahren behandelt habe; daß die Firma A. im Vollmachtsnamen der Gesellschaft gehandelt habe, sei klar erkennbar gewesen, Zweifel am Bestehen eines solchen Rechtsverhältnisses zwischen der Firma A. und der Gesellschaft hätten unschwer telefonisch beseitigt werden können.

Die belangte Behörde hat Teile der Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt. Sie hat gleichzeitig darauf hingewiesen, daß nach ihrem Wissensstand über das Vermögen der Gesellschaft der Konkurs eröffnet worden sei, und in diesem Zusammenhang Zweifel an der Wirksamkeit der im Vollmachtsnamen der Gesellschaft erhobenen Beschwerde geäußert.

Zu diesem Sachvorbringen der belangten Behörde und der Frage der Beschwerdelegitimation zur Stellungnahme eingeladen, hat der im Vollmachtsnamen der Gesellschaft einschreitende Rechtsanwalt - in Übereinstimmung mit dem Inhalt der dem Verwaltungsgerichtshof vom Landesgericht Wels übermittelten Ausfertigung des Konkursediktes dieses Gerichtes vom 19. April 1994, S 39/94 - bekanntgegeben, daß über das Vermögen der Gesellschaft am 19. April 1994 der Konkurs eröffnet und Dr. G. zum Masseverwalter bestellt wurde; gleichzeitig aber hat der einschreitende Rechsanwalt sich zur Führung des vorliegenden Beschwerdeverfahrens auf eine ihm vom Masseverwalter "gemäß § 30 Abs. 2 ZPO" (gemeint offenbar: "gemäß § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG iVm § 62 Abs. 1 VwGG") erteilte Vollmacht berufen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 KO wird durch die Eröffnung des Konkurses das gesamte, der Exekution unterworfene Vermögen, das dem Gemeinschuldner zu dieser Zeit gehört, oder das er während des Konkurses erlangt (Konkursmasse), dessen freier Verfügung entzogen. Die im Beschwerdefall unternommene Verfolgung des Entscheidungsanspruches der Gesellschaft betrifft ein für ihren Betrieb zur Bewilligung beantragtes Entsorgungsprojekt und damit Belange ihres der Exekution unterworfenen Vermögens. Zur Erhebung der Beschwerde gegen den ihr Devolutionsbegehren abweisenden angefochtenen, zutreffend schon dem Masseverwalter zugestellten Bescheid war die Gesellschaft als Gemeinschuldnerin nach erfolgter Konkurseröffnung demnach nicht mehr berechtigt (vgl. für viele den hg. Beschluß vom 22. Februar 1994, 93/04/0220, mit weiteren Nachweisen).

Dies hat im Beschwerdefall aber aus folgenden Erwägungen nicht zur Zurückweisung der Beschwerde zu führen:

Der Gemeinschuldner verliert durch die Konkurseröffnung nicht die Prozeßfähigkeit, sondern nur die Verfügungsfähigkeit über die Masse. Er kann somit Bevollmächtigter in einem Verfahren sein. Dementsprechend hat es der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt als zulässig angesehen, daß der Gemeinschuldner mit Zustimmung des Masseverwalters - und damit im rechtlichen Ergebnis als Bevollmächtigter des Masseverwalters - Verfahrenshandlungen setzt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 20. April 1993, 93/14/0004, 0005, mit weiterem Nachweis, und vom 14. September 1994, 91/13/0138). Wie den zitierten Erkenntnissen zu entnehmen ist, kann ein solcher Rechtsakt der Bevollmächtigung des Gemeinschuldners durch den Masseverwalter in Form der Genehmigung gesetzter Prozeßhandlungen auch erst nachträglich erwiesen werden, wie dies der Verwaltungsgerichtshof im übrigen auch für anders gelagerte Bevollmächtigungsakte schon ausgesprochen hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 22. April 1993, 92/09/0328, und vom 8. Oktober 1987, 87/07/0087).

Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen kann es dahinstehen, ob der einschreitende Rechtsanwalt durch die nunmehrige Berufung in eine ihm - auch - vom Masseverwalter erteilte Vollmacht die namens der Gesellschaft erhobene Beschwerde zu einer von ihm namens des Masseverwalters erhobenen Beschwerde erklären durfte. Es enthält die dem einschreitenden Rechtsanwalt vom Masseverwalter in bezug auf die namens der Gesellschaft eingebrachte Beschwerde erteilte Bevollmächtigung nämlich einschlußweise auch die Erklärung des Masseverwalters, die Beschwerdeerhebung durch die Gemeinschuldnerin zu genehmigen. Damit aber war die Gesellschaft in ihrer Beschwerdeführung als Bevollmächtigte des Masseverwalters anzusehen und die erhobene Beschwerde dementsprechend dem zur Beschwerdeführung legitimierten Masseverwalter zuzurechnen. Gegen diese Beurteilung sprechen auch die von der belangten Behörde geäußerten Bedenken nicht, in denen sie Zweifel am aufrechten Bestand der dem einschreitenden Rechtsanwalt seinerseits von der Gesellschaft erteilten Bevollmächtigung äußert, weil die einem Rechtsanwalt erteilte Prozeßvollmacht als solche durch die Konkurseröffnung über das Vermögen des Vollmachtgebers nicht erlischt (vgl. ENr. 12 zu § 35 ZPO in MGA 614, sowie ENr. 5 zu § 26 KO in MGA 297). Es liegt damit eine dem Masseverwalter zuzurechnende und demnach wirksam erhobene Beschwerde vor.

Der Beschwerde kommt allerdings keine Berechtigung zu. Wie der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt ausgesprochen hat, kann von einem ausschließlichen Verschulden der Behörde an der Verzögerung der Erledigung dann nicht mehr gesprochen werden, wenn der Erlassung des Bescheides innerhalb der im § 73 Abs. 1 AVG bezeichneten Frist der Umstand entgegensteht, daß das von der Partei eingebrachte Ansuchen mit einem Formgebrechen behaftet ist, was selbst für den Fall so erkannt wurde, daß kein Verbesserungsauftrag im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG erteilt wurde (vgl. die bei Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze I, E 111 f zu § 73 AVG wiedergegebene hg. Judikatur). Mit welchen Unterlagen ein Antrag auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung auszustatten ist, bestimmt § 103 WRG 1959. Der Beschwerdeführer tritt in der Beschwerde der Auffassung der belangten Behörde, das eingereichte "Projekt" habe den Anforderungen des § 103 WRG 1959 nicht genügt, nicht einmal entgegen; ebensowenig bestreitet der Beschwerdeführer die Erforderlichkeit der vom Landeshauptmann im Schreiben vom 28. Mai 1991 getätigten Rückfrage und die behördliche Feststellung, daß das "Projekt" dem Antrag vom 23. November 1990 nicht angeschlossen war.

Bei dieser Sachlage ist es nicht als rechtswidrig zu beurteilen, daß die belangte Behörde die Verzögerung der Erledigung über den Antrag der Gesellschaft nicht als im alleinigen Verschulden des LH gelegen angesehen hat. Beim Antrag vom 23. November 1990 fehlten jegliche Projektsunterlagen. Nach deren Vorlage erst am 21. Jänner 1991 erwiesen sich diese nach Maßgabe des § 103 WRG 1959 als unvollständig. In der Eingabe vom 21. Jänner 1991 wurde die Vorlage einer Projektsergänzung "in Kürze" angekündigt, diese Ankündigung aber in der Folge nicht erfüllt. Daß sich der LH dazu veranlaßt sah, das Einlangen aller angekündigten Projektsunterlagen abzuwarten, um in die Beurteilung der Frage eintreten zu können, ob der von der Gesellschaft am 23. November 1990 gestellte Antrag allenfalls nicht doch zulässig und gegebenenfalls einer stattgebenden Erledigung zumindest in einem Teilumfang zugänglich werden konnte, berechtigte die Gesellschaft zum Säumnisvorwurf nicht.

Der von der Gesellschaft anstelle der gebotenen Erfüllung ihrer sie als Antragstellerin treffenden verfahrensrechtlichen Obliegenheiten schon am 13. Juni 1991 gestellte Devolutionsantrag war damit zwar zulässig, aus den von der belangten Behörde zutreffend dargestellten Gründen aber unberechtigt.

Der angefochtene Bescheid hat die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Rechtsverletzung somit nicht bewirkt, die Beschwerde war demnach gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

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