Normen
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
GewO 1973 §87 Abs1 Z1;
GewO 1973 §87 Abs2;
GewO 1994 §13 Abs3;
GewO 1994 §13 Abs5;
GewO 1994 §87 Abs1 Z2;
GewO 1994 §87 Abs2;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
GewO 1973 §87 Abs1 Z1;
GewO 1973 §87 Abs2;
GewO 1994 §13 Abs3;
GewO 1994 §13 Abs5;
GewO 1994 §87 Abs1 Z2;
GewO 1994 §87 Abs2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 18. Mai 1994 wurde - in diesbezüglicher Bestätigung des Bescheides des Landeshauptmannes von Wien vom 22. Jänner 1986 - dem Beschwerdeführer "die Konzession für das Steinmetzgewerbe" entzogen.
Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 23. März 1984 sei ein Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Beschwerdeführers mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen worden. Die im Zuge des Berufungsverfahrens durchgeführten Erhebungen hinsichtlich der wirtschaftlichen Lage des Beschwerdeführers hätten ergeben, daß noch im Jahre 1992 die Wiener Gebietskrankenkasse versucht habe, durch Fahrnisexekution Forderungen in der Höhe von S 16.804,40 und von S 27.729,12 hereinzubringen. Im Jahre 1993 habe die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter wegen einer Forderung von S 396,60 und die Republik Österreich wegen einer Forderung von S 1.496,-- gegen den Beschwerdeführer Exekution geführt. Mit Schreiben vom 15. Februar 1994 habe die Wiener Gebietskrankenkasse mitgeteilt, daß der Beschwerdeführer als Bürge für die G-Gesellschaft m.b.H. für den Beitragsrückstand der G-Gesellschaft m.b.H. in Höhe von S 575.556,60 zuzüglich 10,5 % Verzugszinsen hafte. Von der ihm nachweislich gebotenen Möglichkeit zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens eine Stellungnahme abzugeben, habe der Beschwerdeführer keinen Gebrauch gemacht. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei die Gewerbeausübung einer natürlichen Person nur dann "vorwiegend im Interesse der Gläubiger" gelegen und daher gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1994 von der im § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 in Verbindung mit § 13 Abs. 3 GewO 1994 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung abzusehen, wenn aufgrund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage des Gewerbeberechtigten erwartet werden könne, daß er auch den mit der Ausübung des den Gegenstand der ausgesprochenen Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen werde, wie dies auch in den Nachsichtsvoraussetzungen des § 26 Abs. 2 GewO 1994 zum Ausdruck komme. Insoweit es darauf ankomme, ob zu erwarten sei, daß die natürliche Person den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten werde nachkommen können, setze dies jedenfalls die Verfügung über die erforderlichen liquiden Mittel voraus, um die diesbezüglichen Verbindlichkeiten abdecken zu können. In diesem Zusammenhang sei auch darauf hinzuweisen, daß mit dem Grundsatz der Amtswegigkeit des Verwaltungsverfahrens eine Verpflichtung der Partei zur Mitwirkung bei der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes korrespondiere, was insbesondere dann der Fall sei, wenn der amtswegigen behördlichen Erhebung im Hinblick auf die nach den materiell-rechtlichen Verwaltungsvorschriften zu beachtenden Tatbestandsmerkmale faktische Grenzen gesetzt seien, was auch für die Bestimmung des § 87 Abs. 2 GewO 1994 insofern zutreffe, als die damit im Zusammenhang stehenden Feststellungen notwendigerweise ein entsprechendes Vorbringen und Bescheinigungsanbieten der Partei voraussetzten. Aufgrund der ungünstigen wirtschaftlichen Lage des Beschwerdeführers, die aus der Tatsache erhelle, daß er für eine Forderung der Wiener Gebietskrankenkasse in Höhe von S 575.556,60 samt Verzugszinsen hafte, er aber selbst Forderungen in der geringen Höhe von S 396,60 und von S 1.496,-- nicht zum Zeitpunkt der Fälligkeit begleichen könne, sodaß selbst wegen geringer Beträge gegen ihn Exekution geführt werden habe müssen, könne zweifellos nicht davon gesprochen werden, daß die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers, der offensichtlich über keine ausreichenden liquiden Mittel zur Ausübung des gegenständlichen Gewerbes verfüge, geordnet seien und es zu erwarten sei, daß ein Tätigwerden des Beschwerdeführers als selbständiger Gewerbetreibender den Gläubigern insgesamt nützlich sein könnte.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Seinem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht auf Nichtentziehung des in Rede stehenden Gewerbes verletzt. Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im wesentlichen vor, die belangte Behörde habe die entscheidende zivilrechtliche Vorfrage - nämlich die Anwendung des § 164 Abs. 2 KO im Zusammenhang mit § 13 Abs. 4 GewO 1994 - nicht berücksichtigt. In der zitierten "Konkursordnungsstelle" werde nämlich normiert, daß die durch den Zwangsausgleich erwirkten Nachlässe auch für die persönlich haftenden Gesellschafter der seinerzeitigen Konkursgläubiger Geltung hätten. Wenn nunmehr § 13 Abs. 5 GewO 1993 festlege, daß eine natürliche Person von der Ausübung des Gewerbes als Gewerbetreibender ausgeschlossen sei, wenn ihr ein maßgeblicher Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte eines anderen Rechtsträgers als einer natürlichen Person zustehe, so sei im Rahmen eines Analogieschlusses und Umkehrschlusses unter Bedachtnahme auf die Schuldenbefreiung des Beschwerdeführers, die Anwendung des § 13 Abs. 4 GewO 1994 sehr wohl geboten, was zur Folge hätte, daß eine Gewerbeentziehung überhaupt nicht ausgesprochen hätte werden dürfen. Auf diese Umstände und die Zahlung mittels Computerexekution von der Wiener Gebietskrankenkasse eingeforderter Beträge habe der Beschwerdeführer in der Stellungnahme vom 21. Juli 1993 hingewiesen. Offenbar sei das entscheidende Kriterium bei der rechtlichen Beurteilung die Bürgschaft des Beschwerdeführers für die Verbindlichkeiten der G-Gesellschaft m.b.H. Die belangte Behörde verkenne die Rechtsnatur der gegenständlichen Bürgschaft. Insbesondere sei die Lösung der zivilrechtlichen Vorfrage - nämlich Anwendung des § 1355 ABGB - unterlassen worden. Aus dem Umstand allein, daß diese Bürgschaft bestehe, könne noch nicht davon gesprochen werden, daß der Beschwerdeführer offensichtlich über keine ausreichenden liquiden Mittel zur Ausübung des Gewerbes verfüge, denn das Bestehen der Bürgschaft beinhalte noch keine sofortige Leistungspflicht. Die Wiener Gebietskrankenkasse sei gegen den Beschwerdeführer wegen dieser Bürgschaft auch nicht vorgegangen. Es verblieben "bei einer richtigen Analyse des gegenständlichen Rechtsproblems" lediglich zwei bezahlte Exekutionen der Wiener Gebietskrankenkasse im Jahre 1992 und zwei ebenfalls bezahlte Exekutionen wegen Bagatellbeträgen im Jahre 1993. Im Rahmen der Darstellung des Sachverhaltes verweise die belangte Behörde darauf, daß der Beschwerdeführer von der gebotenen Möglichkeit zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens eine Stellungnahme abzugeben, nachweislich keinen Gebrauch gemacht habe. Im Zeitpunkt der Zustellung der entsprechenden Ladung sei der Beschwerdeführer anwaltlich nicht vertreten gewesen, da sein langjähriger Rechtsfreund in Pension gegangen sei. Die dem Beschwerdeführer zugestellte Ladung enthalte entgegen den Ausführungen im angefochtenen Bescheid keine Aufforderung zur Stellungnahme, sondern lediglich die Aufforderung zur Kenntnisnahme des Ermittlungsverfahrens. Das Ermittlungsverfahren sei dem Beschwerdeführer im Sinne seiner Eingabe vom 21. Juli 1993 im Ergebnis infolge seiner Kenntnis des Sachverhaltes bekannt und vorausschaubar gewesen: nämlich Zwangsausgleich (der erfüllt worden sei), Schuldbefreiung im Sinne des § 164 KO und Zahlung der aufgrund seiner Solidarverpflichtung gegen ihn eingeleiteten Exekutionen durch den Mitschuldner. Auch sei die Behörde verpflichtet gewesen, bei der Wiener Gebietskrankenkasse von Amts wegen zu erheben, ob seitens dieser der Beschwerdeführer wegen der Bürgschaft überhaupt in Anspruch genommen worden sei.
Nach § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 ist von der Behörde (§ 361) die Gewerbeberechtigung zu entziehen, wenn einer der im § 13 Abs. 3 und 5 angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluß bewirken, vorliegt.
Gemäß § 13 Abs. 3 erster Satz GewO 1994 sind Rechtsträger, über deren Vermögen der Konkurs eröffnet wurde oder gegen die der Antrag auf Konkurseröffnung gestellt, der Antrag aber mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen wurde, von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende (§ 38 Abs. 2) ausgeschlossen.
§ 13 Abs. 4 GewO 1994 bestimmt, daß Abs. 3 nicht anzuwenden ist, wenn es im Rahmen des Konkursverfahrens zum Abschluß eines Zwangsausgleiches kommt und dieser erfüllt worden ist.
Nach § 13 Abs. 5 GewO 1994 ist eine natürliche Person von der Ausübung des Gewerbes als Gewerbetreibender ausgeschlossen, wenn ihr ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte eines anderen Rechtsträgers als einer natürlichen Person zusteht oder zugestanden ist, auf den der Abs. 3 anzuwenden ist oder anzuwenden war.
Nach § 87 Abs. 2 GewO 1994 kann die Behörde von der im Abs. 1 Z. 2 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen Eröffnung des Konkurses oder Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.
Soweit der Beschwerdeführer zunächst das Vorliegen der Entziehungsvoraussetzungen des § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 bestreitet, so geht das diesbezügliche Beschwerdevorbringen schon deshalb ins Leere, weil die gegenständliche Entziehung auf § 13 Abs. 3 GewO 1994 (und nicht auf § 13 Abs. 5 GewO 1994) gestützt ist.
Hinsichtlich des Beschwerdevorbringens in Ansehung des Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994 ist zunächst darauf zu verweisen, daß - wie der Verwaltungsgerichtshof zur diesbezüglich inhaltsgleichen Regelung nach der GewO 1973 in ständiger Rechtsprechung dargetan hat (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 30. März 1993, Zl. 92/04/0254) - die Gewerbeausübung nur dann "vorwiegend im Interesse der Gläubiger" gelegen ist und es daher gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1994 von der im § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 i.V.m.
§ 13 Abs. 3 und 5 leg. cit. vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung abgesehen werden kann, wenn aufgrund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage des Gewerbeberechtigten erwartet werden kann, daß er auch den mit der Ausübung der den Gegenstand der ausgesprochenen Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird, was jedenfalls voraussetzt, daß die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der diesbezüglichen Verbindlichkeiten vorhanden sind.
Ausgehend davon, daß es nach dem oben Gesagten auf die NUNMEHRIGE wirtschaftliche Lage des Gewerbeberechtigten ankommt, hat es die belangte Behörde unterlassen, zu prüfen, ob die von ihr herangezogene Bürgschaftsverpflichtung überhaupt aktuell in dem Sinn ist, daß mit einer Inanspruchnahme des Gewerbeberechtigten aus der Bürgschaft konkret (etwa wegen bereits feststehenden Ausfalls des Hauptschuldners) zu rechnen ist. Derart ist der Beschwerdeführer mit seinem diesbezüglichen Beschwerdevorbringen im Recht.
Die Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens hinsichtlich der Beurteilung der wirtschaftlichen Situation des Beschwerdeführers ist aber auch noch aus einem anderen, in der Beschwerde geltend gemachten Grund gegeben:
Die belangte Behörde hat an sich zutreffend erkannt, daß mit dem Grundsatz der Amtswegigkeit des Verwaltungsverfahrens eine Verpflichtung der Partei zur Mitwirkung bei der Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes korrespondiert, was insbesondere dann der Fall ist, wenn der amtswegigen behördlichen Erhebung im Hinblick auf die nach den materiell-rechtlichen Verwaltungsvorschriften zu beachtenden Tatbestandsmerkmale faktische Grenzen gesetzt sind, was auch für die Bestimmung des § 87 Abs. 2 GewO 1994 insofern zutrifft, als die damit im Zusammenhang stehenden Feststellungen notwendigerweise ein entsprechendes Vorbringen und Bescheinigungsanbieten der Partei voraussetzt (siehe u.a. das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 1993, Zl. 92/04/0201, und die dort zitierte weitere hg. Rechtsprechung). Jedoch auch dort, wo es der Behörde nicht möglich ist, von sich aus und ohne Mitwirkung der Partei tätig zu werden, ist es Aufgabe der Behörde, der Partei mitzuteilen, mit welchen Angaben sie ihrer Verpflichtung zur Mitwirkung bei der Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes zu entsprechend hätte, und sie aufzufordern, für ihre Angaben Beweise anzubieten. Die nicht gehörige Mitwirkung unterliegt DANN der freien Beweiswürdigung (vgl. in diesem Sinne etwa das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 1986, Zl. 86/08/0055). Zutreffend verweist nun der Beschwerdeführer darauf, daß die ihm zugestellte Ladung keine Aufforderung zur Stellungnahme enthält, sondern in dieser (lediglich) auf die Kenntnisnahme des Ermittlungsverfahrens Bezug genommen wird. Insofern war es daher auch verfehlt, wenn sich die belangte Behörde implicite auf eine Verletzung der Verpflichtung der Partei zur Mitwirkung bei der Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes berufen und daraus - jedenfalls auch - den Schluß gezogen hat, der Beschwerdeführer verfüge über keine ausreichenden liquiden Mittel zur Ausübung des gegenständlichen Gewerbes.
Im Hinblick darauf belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den im Gesetz nicht vorgesehenen "Vorlageaufwand" des Beschwerdeführers.
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