VwGH 93/08/0270

VwGH93/08/027030.9.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den aufgrund des Beschlusses des Unterausschusses des zuständigen Veraltungsausschusses ausgefertigten Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 2. August 1993, Zl. IVb/7022/7100 B, betreffend Widerruf und Rückforderung von Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Normen

AHStG §10 Abs1;
AHStG §13;
AHStG §6;
AlVG 1977 §12 Abs1;
AlVG 1977 §12 Abs3 litf;
AlVG 1977 §24 Abs2;
AlVG 1977 §25 Abs1;
AlVG 1977 §46;
AHStG §10 Abs1;
AHStG §13;
AHStG §6;
AlVG 1977 §12 Abs1;
AlVG 1977 §12 Abs3 litf;
AlVG 1977 §24 Abs2;
AlVG 1977 §25 Abs1;
AlVG 1977 §46;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 3. Jänner 1992 wurde die dem Beschwerdeführer erteilte Ausnahmegenehmigung nach § 12 Abs. 4 AlVG mit Wirkung vom 1. Oktober 1991 widerrufen und der Bezug der Notstandshilfe mit diesem Tag mangels Arbeitslosigkeit eingestellt; dies mit der Begründung, daß das vom Beschwerdeführer seit dem Wintersemester 1990/91 betriebene Medizinstudium von der Vorbereitung zur Externistenreifeprüfung getrennt zu betrachten sei, beide Ausbildungen aber nach Auflösung seines letzten Dienstverhältnisses im Jahre 1986 begonnen worden seien. Die vom Beschwerdeführer dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. November 1992, Zl. 92/08/0066, als unbegründet abgewiesen.

Unter Verwendung des dafür vorgesehenen Formulars beantragte der Beschwerdeführer am 15. März 1992 (mit Wirkung vom 26. Februar 1992) neuerlich die Zuerkennung von Notstandshilfe. Bei der im Formblatt vorgesehenen Frage nach dem Besuch einer "Lehranstalt (Hochschule ... )" kreuzte der Beschwerdeführer das Kästchen "nein" an und fügte erklärend hinzu: "Nicht inskribiert Sommer 92". In seiner niederschriftlichen Vernehmung vor dem Arbeitsamt Versicherungsdienste (Wien) vom 16. März 1992 gab er dazu an:

"Das Studium wurde mit dem Ende des Wintersemester 1992 (= 31.1.1992) abgebrochen; es wird nicht fortgesetzt. Ab Sommersemester 1992 liegt demnach keine Inskription mehr vor."

Daraufhin wurde ihm wiederum Nostandshilfe gewährt.

Mit Schreiben vom 25. Jänner 1993 teilte die Universität Wien der belangten Behörde über deren Anfrage nach Zustellung des Erkenntnisses vom 24. November 1992 mit, daß der Beschwerdeführer vom Wintersemester 1990/91 bis zum Wintersemester 1992/93 als ordentlicher Hörer an der Medizinischen Fakultät der genannten Universität inskribiert gewesen sei.

Daraufhin wurde, gestützt auf diese Mitteilung, mit zwei Bescheiden vom 3. März 1993 erstens der neuerliche Antrag des Beschwerdeführers vom 23. November 1992 auf Weitergewährung der Notstandshilfe abgewiesen und zweitens der Bezug der Notstandshilfe für die Zeit vom 26. Februar 1992 bis 24. November 1992 widerrufen und für diesen Zeitraum der Rückersatz der unberechtigt bezogenen Notstandshilfe in der Höhe von S 106.142,-- vorgeschrieben.

In der gegen diese beiden Bescheide erhobenen Berufung wandte der Beschwerdeführer ein, er habe zwar inskribiert, sei jedoch in der Zeit ab Februar 1992, zu der Zeit, als es bereits vor dem Verwaltungsgerichtshof um die Feststellung einer Möglichkeit "Studium-Arbeitslosigkeit" gegangen sei, nicht mehr durch oder mit dem Studium beschäftigt gewesen. Die Tatsache, daß das reine Inskribieren noch keinen Studenten ausmache, werde auch vom Finanzamt und dem Bundesministerium für Unterricht und Kunst bzw. dem Wissenschaftsministerium öfters zum Anlaß dafür genommen, jemanden die staatlichen Freibeträge zu streichen bzw. Kinderbeihilfe nicht mehr auszubezahlen. Hier werde offensichtlich mit ungleichen Maßstäben gemessen. Zur Tatsache, daß er weiterhin an der Universität Wien inskribiert (gewesen) sei, möchte er nur darauf hinweisen, daß ihm weder jemals von der belangten Behörde nahe gelegt worden sei zu exmatrikulieren noch ihm dies von einer anderen Stelle mitgeteilt worden sei. Auch sei ihm die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes erst im Dezember 1992 oder Jänner 1993 ausgefolgt worden. Davor habe er keinerlei Klarheit (über "Studium-Arbeitslosigkeit") gehabt.

Über neuerliche Anfrage der belangten Behörde teilte das Dekanat der Medizinischen Fakultät der Universität Wien mit Schreiben vom 1. Juli 1993 mit, daß sich das Medizinstudium in drei Studienabschnitte teile, wovon der erste Abschnitt vier Semester mit vier Teilprüfungen, der zweite Abschnitt drei Semester mit fünf Teilprüfungen und der dritte Abschnitt fünf Semester mit elf Teilprüfungen umfasse. Der Beschwerdeführer sei seit dem Wintersemester 1990/91 an der Medizinischen Fakultät inskribiert und habe bis jetzt vier Teilprüfungen (am 21. März 1991, 11. Dezember 1991, 7. Februar 1992 und 27. Jänner 1993) positiv abgelegt.

Zu dieser Mitteilung sowie zu seinen Angaben im Antrag vom 26. Februar 1992 und in der niederschriftlichen Vernehmung vom 16. März 1992 gab der Beschwerdeführer am 19. Juli 1993 vor der belangten Behörde niederschriftlich an, er habe diese Angaben deshalb gemacht, weil er aus seiner Sicht das aktive Studium beendet gehabt habe. Er habe dann trotzdem inskribiert, da ihm seitens des Arbeitsamtes erklärt worden sei, daß "nur die Inskription noch kein Studium bewirkt". Nachträglich gemeldet habe er die Inskription deshalb nicht, weil das Arbeitsamt ohnehin darüber informiert gewesen sei. Im neuerlichen Notstandshilfeantrag vom 23. November 1992 habe er die entsprechende Frage mit nein angekreuzt, weil er tatsächlich trotz Inskription keine Lehrveranstaltungen oder Vorlesungen etc. besucht habe.

Mit Bescheid vom 2. August 1993 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid, mit dem sein neuerlicher Antrag auf Notstandshilfe vom 23. November 1992 abgelehnt worden war, keine Folge. Die vom Beschwerdeführer dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Jänner 1994, Zl. 93/08/0269, als unbegründet abgewiesen.

Mit einem weiteren Bescheid vom 2. August 1993 (dem nunmehr angefochtenen Bescheid) gab die belangte Behörde auch der Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid betreffend Widerruf und Rückforderung von Notstandshilfe für den Zeitraum vom 26. Februar bis 24. November 1992 keine Folge und bestätigte diesen Bescheid. In der Bescheidbegründung wird nach Wiedergabe der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen und des bisherigen Ganges des Verwaltungsverfahrens ausgeführt, die belangte Behörde sei in freier Beweiswürdigung zur Auffassung gelangt, daß der Beschwerdeführer auch ab Februar 1992 im Sinne des § 12 Abs. 3 lit. f AlVG als ordentlicher Hörer aktiv studiert habe. Er habe daher auch im relevanten Zeitraum ab 26. Februar 1992 nicht als arbeitslos gegolten. Die Voraussetzungen für eine Ausnahmegenehmigung nach § 12 Abs. 4 AlVG lägen nicht vor. Der Widerruf der Notstandshilfe für den relevanten Zeitraum sei daher zu Recht erfolgt. Der im genannten Zeitraum sohin unberechtigt empfangene Betrag von S 106.142,-- sei gemäß § 25 Abs. 1 AlVG auch zurückzufordern gewesen, weil die Angaben des Beschwerdeführers im Antrag vom 26. Februar 1992 der Auskunft der Universität Wien vom 1. Juli 1993 klar widersprächen. Ebensowenig richtig erschienen bei Gegenüberstellung mit dieser Auskunft die niederschriftlichen Aussagen des Beschwerdeführers vom 16. März 1992. Da ihm habe bewußt sein müssen, daß er das Studium tatsächlich doch fortgesetzt habe, habe die belangte Behörde die diesbezüglichen Angaben als unwahr gewertet und den Rückforderungstatbestand der unwahren Angaben sowie der Verschweigung des tatsächlichen Sachverhaltes bzw. maßgebender Tatsachen im Sinne des § 25 Abs. 1 AlVG als erfüllt angesehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 24 Abs. 2 in Verbindung mit § 38 AlVG ist die Zuerkennung der Notstandshilfe zu widerrufen, wenn sie sich nachträglich als gesetzlich nicht begründet herausstellt. Beim Widerruf einer Leistung ist der Empfänger der Notstandshilfe nach § 25 Abs. 1 in Verbindung mit § 38 AlVG zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen mußte, daß die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.

Soweit sich der Beschwerdeführer gegen den Widerruf der Zuerkennung der Notstandshilfe im relevanten Zeitraum aus den in den Entscheidungsgründen des Erkenntnisses vom 25. Jänner 1994, Zl. 93/08/0269, angeführten Gründen wendet, ist die Beschwerde aus den Erwägungen des eben genannten Erkenntnisses, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, unbegründet.

Der Annahme des ersten und des zweiten Rückforderungstatbestandes des § 25 Abs. 1 AlVG durch die belangte Behörde hält der Beschwerdeführer entgegen, daß diese Tatbestände nur dann als gegeben anzusehen seien, wenn die unwahren Angaben oder die Verschweigung maßgebender Tatsachen zumindest auf grobe Fahrlässigkeit zurückzuführen seien. Der Beschwerdeführer habe jedoch in seiner Stellungnahme vom 19. Juli 1993 ausgeführt, daß ihm beim Arbeitsamt mitgeteilt worden sei, die Inskription allein stelle noch kein aktives Studium dar und hindere daher den Bezug der Notstandshilfe nicht. Zum Zeitpunkt seiner Antragstellung im Februar 1992 sei auch die Inskription für das Sommersemester 1992 noch gar nicht erfolgt gewesen. Aus der Mitteilung seitens des Arbeitsamtes habe der Beschwerdeführer entnehmen müssen, daß die Frage nicht entscheidungswesentlich sei. Auch sei im Zeitraum des Bezuges der Notstandshilfe das genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. November 1992 noch nicht vorgelegen und daher die Maßgeblichkeit der Inskription noch nicht erkennbar gewesen.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erweisen. Denn wenn auch der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt seiner Antragstellung auf Notstandshilfe im Februar 1992 noch nicht für das Sommersemester 1992 inskribiert gehabt haben sollte, wären doch seine Angaben sowohl in dem erst mit 15. März 1992 datierten Antragsformblatt als auch und vor allem in seiner niederschriftlichen Vernehmung vom 16. März 1992, also zu Zeitpunkten, in denen er, wie sich aus einem Gegenschluß aus seinem Beschwerdevorbringen ergibt, bereits inskribiert hatte, falsch gewesen. Sie hätten daher - unter Bedachtnahme auf die ständige Rechtsprechung, wonach die Angaben im Antragsformular die Behörde in die Lage versetzen sollen, ihrerseits zu beurteilen, ob ein Anspruch besteht, weshalb das Risiko eines Rechtsirrtums, aus dem heraus ein Arbeitsloser meint, die darin gestellten Fragen nicht vollständig oder richtig beantworten zu müssen, von ihm zu tragen ist (vgl. dazu u.a. die Erkenntnisse vom 8. Mai 1990, Zl. 90/08/0066, vom 22. Mai 1990, Zl. 90/08/0021, vom 16. Oktober 1990, Zl. 89/08/0286, und vom 11. Mai 1993, Zl. 92/08/0087, und Zl. 92/08/0182) - den Rückforderungstatbestand des Bezuges von Notstandshilfe aufgrund unwahrer Angaben erfüllt; dies ungeachtet der Richtigkeit seiner erstmals in der niederschriftlichen Vernehmung vom 19. Juli 1993 vorgebrachten Behauptung über angebliche Mitteilungen des Arbeitsamtes über die Bedeutungslosigkeit eines nicht aktiven Studiums trotz erfolgter Inskription, weil gerade die nicht wahrheitsgemäße Angabe über die Inskription die Behörde hinderte, zu überprüfen, ob die ihrer (unrichtigen) Auffassung nach relevante Frage des "aktiven" Studiums im Beschwerdefall zu bejahen sei.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994, allerdings begrenzt durch das selbst die Pauschalbeträge der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991, unterschreitende Kostenbegehren der belangten Behörde.

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