VwGH 90/08/0021

VwGH90/08/002122.5.1990

A gegen Landesarbeitsamt Oberösterreich vom 30. November 1989, Zl. IVa-AlV-7022/4/B, betreffend Rückforderung von Arbeitslosengeld gemäß § 25 AlVG

Normen

VwGG §41 Abs1;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.0. Die Beschwerdeführerin beantragte am 18. Juli 1988 Arbeitslosengeld. In dem von ihr eigenhändig gefertigten Antragsformblatt wurden bei den Fragen 4 ("Ich stehe derzeit in Beschäftigung ja/nein") und 8 ("Ich habe ein eigenes Einkommen ja/nein") die für die Antwort "nein" geltenden Kästchen angekreuzt. Die Rubriken "Art der Tätigkeit" in Frage 4 sowie "Höhe des Einkommens" in Frage 8 sowie die jeweiligen, für die Antwort "ja" geltenden Kästchen sind dick überkritzelt.

1.1. Dazu bringt die Beschwerdeführerin vor, daß sie seit dem Schuljahr 1985/86 (neben ihrem am 17. Juli 1988 zur Auflösung gebrachten Dienstverhältnis, aufgrund dessen sie Arbeitslosengeld beantragte) auch eine Tätigkeit als Vertragslehrerin im Ausmaß von drei Wochenstunden ausübe und dafür eine zweite Lohnsteuerkarte habe. Sie habe daher die Fragen nach der derzeitigen Beschäftigung und dem eigenen Einkommen im Antragsformblatt ursprünglich mit "ja", sowie jene nach der Höhe des Einkommens mit der Zahlenangabe "S 2.172,--" beantwortet, welche sie dem mitgeführten Gehaltsbeleg vom 1. Juli 1988 entnommen habe.

Eine von dem Bediensteten des Arbeitsamtes gestellte Frage nach der Sozialversicherung dieser Beschäftigung habe sie guten Glaubens verneint, jedoch darauf hingewiesen, unfallversichert zu sein. Sie habe den Gehaltsabschnitt dem Behördenvertreter zur Einsichtnahme angeboten, doch dieser habe ihn als unerheblich zurückgewiesen und damit begonnen die von der Beschwerdeführerin in die "ja" - Felder gesetzten Kreuze unter Punkt 4 (derzeitige Beschäftigung) und Punkt 8 (eigenes Einkommen) mit Kugelschreiber bis zur Unleserlichkeit zu übermalen, desgleichen den ebenfalls unter Punkt 8 von ihr eingesetzten Einkommensbetrag von S 2.172,--. Auf dieselbe Art sei auf dem Vordruck das von dem Bediensteten selbst zuvor nicht ganz zu Ende geschriebene Wort "Dienstnehmer", das auf die Art der Tätigkeit unter Punkt 4 bezug nehmen sollte, "unsichtbar gemacht" worden. Der Beamte habe sodann von eigener Hand Kreuze in die "nein"-Felder der Fragen zu Punkt 4 und Punkt 8 gesetzt und habe sich abschließend die Änderung der beiden Punkte durch die Unterschrift der Beschwerdeführerin bestätigen lassen. Der so behandelte Antrag sei seitens der Behörde offenbar als Grundlage für die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes angesehen worden, sodaß der Beschwerdeführerin in der Folge Arbeitslosengeld vom Arbeitsamt Linz in der Zeit vom 18. Juli 1988 bis einschließlich 29. Jänner 1989 in einer Gesamthöhe von S 44.531,-- ausbezahlt worden sei.

1.2. Mit Bescheid vom 20. Juli 1989 forderte das Arbeitsamt Linz von der Beschwerdeführerin Arbeitslosengeld in der Höhe von S 44.531,-- mit der Begründung zurück, daß die Beschwerdeführerin im Bezugszeitraum beim Oberösterreichischen Landesschulrat in einem arbeitslosenversicherungspflichtigen Dienstverhältnis gestanden sei und dies nicht gemeldet habe.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid der belangten Behörde wurde der von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung keine Folge gegeben, der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides jedoch dahin abgeändert, daß gemäß § 24 Abs. 2 AlVG die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes ab 18. Juli 1988 widerrufen und das im Zeitpunkt vom 18. Juli 1988 bis 29. Jänner 1989 zu Unrecht bezogene Arbeitslosengeld im erwähnten Gesamtbetrag von S 44.531,-- gemäß § 25 Abs. 1 AlVG rückgefordert werde.

1.3. In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde bestreitet die Beschwerdeführerin zunächst nicht, daß sie im Zeitpunkt der Antragstellung (Juli 1988) in einem (gemäß § 12 Abs. 1 AlVG Arbeitslosigkeit ausschließenden) Dienstverhältnis stand und aus diesem Dienstverhältnis (damals) Anspruch auf ein (die im Jahr 1988 aufgrund der Verordnung BGBl. Nr. 691/1987 in Geltung gestandene monatliche "Bagatellgrenze" des § 12 Abs. 6 AlVG iVm § 5 Abs. 2 lit. c ASVG von S 2.527,-- übersteigendes) monatliches Bruttoeinkommen von S 2.577,30 (netto: S 2.172,10) hatte. Die Beschwerdeführerin bestreitet somit nicht, daß sie im angegebenen Zeitraum Arbeitslosengeld im Gesamtbetrag von S 44.531,-- zu Unrecht bezogen habe. Sie bestreitet lediglich das Vorliegen der Voraussetzungen der Rückforderung dieses Betrages gemäß § 25 Abs. 1 AlVG. Der bescheidgegenständliche Leistungsbezug sei ihrer Meinung nach durch "den fehlerhaften Verzicht der Behörde auf die entsprechende Gesetzesanwendung (Pflicht zur Prüfung der Beschäftigung an der Geringfügigkeitsgrenze) entstanden und hätte sich bei gehöriger Beachtung des § 12 Abs. 6 AlVG vermeiden lassen". Die Nichtbeachtung dieser Gesetzesstelle durch die zur Rechtsanwendung verpflichtete Behörde belaste den Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Die Beschwerdeführerin habe nach bestem Wissen und Gewissen alle vom Arbeitsamt gewünschten Aufschlüsse gegeben, weshalb die Voraussetzungen der Rückforderung gemäß § 25 Abs. 1 AlVG nicht vorlägen.

1.4. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:

2.1. Gemäß § 25 Abs. 1 AlVG ist bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen mußte, daß die Leistung nicht in dieser Höhe gebührte.

2.2. In diesem Zusammenhang hat die Beschwerdeführerin anläßlich der Aufnahme einer Niederschrift am 11. Juli 1989 beim Arbeitsamt über Vorhalt ihrer Beschäftigung als Lehrerin angegeben, sie habe nicht gewußt, daß sie vom Landesschulrat seit 1. Juli 1987 zur Vollversicherung angemeldet wurde. Auf die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides, sie habe das Bestehen eines arbeitslosenversicherungspflichtigen Dienstverhältnisses zum Landesschulrat nicht gemeldet, entgegnet die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung (sinngemäß) im Herbst 1987 eine Wochenstunde mehr an Unterrichtsverpflichtung übernommen und auf den Kontoauszügen nicht - wie erwartet - mehr, sondern weniger Nettoentgelt festgestellt zu haben, welchen Umstand sie aber auf den Eintritt einer Lohnsteuerpflicht zurückgeführt habe. Auf Sozialversicherung wäre sie nie gekommen; dies sei ihr erst durch die Rückforderung des Arbeitslosengeldes bekannt geworden. Eine Schädigungsabsicht gegenüber dem Arbeitsamt habe nicht bestanden; vielmehr bestehe bei ihr der Eindruck, daß sie aufgrund einer Beschwerde über mangelnde Beratung durch das Arbeitsamt in einer Förderungsangelegenheit nunmehr "diszipliniert" werden solle.

2.3. Die Beschwerdeführerin hat also im gesamten Verwaltungsverfahren nie bestritten, ihre Tätigkeit als Lehrerin dem Arbeitsamt bei der Antragstellung auf Arbeitslosengeld nicht gemeldet zu haben. Sie hat lediglich versucht darzutun, aus welchen Gründen sie über die Versicherungspflicht dieser Beschäftigung im Unklaren war. Soweit sich die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde neuerlich mit dieser Frage auseinandersetzt, argumentiert sie am Kern der Sache vorbei: die Frage nach dem Vorliegen einer Beschäftigung mit ja oder nein zu beantworten, erfordert nicht die Beurteilung der Sozialversicherungspflicht dieser Beschäftigung, sodaß ein Irrtum der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang nicht für das Verschweigen dieser Tätigkeit im Antragsformblatt kausal gewesen sein konnte. Es bedarf zur Beantwortung der darin enthaltenen Frage auch nicht subtiler sozialversicherungsrechtlicher Kenntnisse. Hat die Beschwerdeführerin aber die Beschäftigung an sich verschwiegen, dann kann sie sich auch nicht darauf berufen, bei der Beurteilung der Frage geirrt zu haben, ob das Netto- oder das Bruttoentgelt für die Gewährung von Arbeitslosengeld von Bedeutung sei, wie dies aus der Beschwerde hervorzugehen scheint.

Der belangten Behörde ist somit keine Rechtswidrigkeit anzulasten, wenn sie davon ausgegangen ist, daß die Beschwerdeführerin die fragliche Beschäftigung als eine maßgebliche Tatsache verschwiegen hat. Damit liegen aber auch die Voraussetzungen für die Rückforderung des bezogenen Arbeitslosengeldes gemäß § 25 AlVG vor.

2.4. Es kann angesichts des Vorbringens der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren dahinstehen, ob ihre im Beschwerdeverfahren erstmals erhobene Behauptung, die fragliche Tätigkeit bei der Antragstellung bekanntgegeben und einen Gehaltsbeleg dazu vorgewiesen zu haben, der jedoch vom Beamten als unerheblich zurückgewiesen worden sei, zu einer anderen Beurteilung der vorliegenden Rechtssache führen hätte können, zumal der Verwaltungsgerichtshof die Prüfung des angefochtenen Bescheides grundsätzlich aufgrund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes vorzunehmen hat und es ihm verwehrt ist, Tatsachen, die erst im Beschwerdeverfahren neu vorgebracht werden, zu berücksichtigen (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, S 552 zu Pkt. III angegebene Rechtsprechung).

3. Da sohin der angefochtene Bescheid weder mit der in der Beschwerde behaupteten, noch mit einer sonstigen, vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit behaftet ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

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