Normen
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich des Ausspruches betreffend die Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO (Punkt 1. des angefochtenen Bescheides) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 3. Mai 1990 um 04.00 Uhr an einem bestimmten Ort einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt. Er habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe verhängt. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde weiters die Berufung des Beschwerdeführers gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Weiz betreffend eine Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 1 lit. c StVO als unzulässig zurückgewiesen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
1.) Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 StVO:
Dem Beschwerdeführer war im Anschluß an die am 3. Mai 1990 um 04.00 Uhr durch einen Umfall beendete Fahrt von Beamten des Gendarmeriepostens Weiz um 10.00 Uhr der Führerschein gemäß § 76 Abs. 1 KFG vorläufig abgenommen worden. Gegen diese Maßnahme der unmittelbaren behördlichen Befehls- und Zwangsgewalt hatte der Beschwerdeführer am 14. Mai 1990 die unter der hg. Zl. 90/11/0103 protokollierte Beschwerde gemäß Art. 131a B-VG an den Verwaltungsgerichtshof erhoben. Der Beschwerdeführer bringt nunmehr vor, die belangte Behörde im genannten Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof sei zugleich Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz im Verfahren wegen Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO gewesen. Die Organe der Bezirkshauptmannnschaft seien daher befangen gewesen.
Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer nicht im Recht. Der Verwaltungsgerichtshof sprach mit Erkenntnis vom 14. September 1972, Zl. 1054/71, aus, der bloße Einwand, daß dasselbe Verwaltungsorgan sowohl im Strafverfahren als auch im Führerscheinentziehungsverfahren entschieden habe, sei nicht geeignet, die Unbefangenheit dieses Organs in Frage zu ziehen. Im gegenständlichen Fall führten Organwalter der Bezirkshauptmannschaft Weiz zwecks Erstattung einer Gegenschrift in dem Verfahren betreffend Führerscheinabnahme durch unmittelbare behördliche Befehls- und Zwangsgewalt Vernehmungen bei den betroffenen Gendarmeriebeamten durch. Auch darin kann der Verwaltungsgerichtshof keine Befangenheit im Sinne des § 7 Abs. 1 Z. 4 AVG 1950 - andere Tatbestände der Befangenheit im Sinne des § 7 Abs. 1 AVG 1950 kommen nicht in Betracht - erkennen. Wenn der Beschwerdeführer als Nachweis der fehlenden Unbefangenheit vorbringt, sein im Verwaltungsstrafverfahren gestellter Antrag auf Beischaffung eines bestimmten Aktes der Steiermärkischen Landesregierung sei übergangen worden, so ist darauf zu verweisen, daß er weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde vorgebracht hat, in welcher Weise der Inhalt des genannten Aktes für das Strafverfahren relevant sein könnte.
Der Beschwerdeführer rügt weiters, daß das "Aktenstück mit der Nummer 23" zu Unrecht von der Akteneinsicht ausgeschlossen worden sei, zumal es im Verwaltungsstrafverfahren keinen Ausschluß von der Akteneinsicht geben dürfe. Hiezu ist darauf zu verweisen, daß gemäß § 24 VStG 1950 auch im Verwaltungsstrafverfahren § 17 Abs. 3 AVG 1950 zur Anwendung kommt, nach welcher Bestimmung Aktenteile insoweit von der Einsichtnahme ausgeschlossen sind, als deren Einsichtnahme eine Schädigung berechtigter Interessen einer Partei oder dritter Personen oder eine Gefährdung der Aufgaben der Behörde herbeiführen oder den Zweck des Verfahrens beeinträchtigen würde. Bei dem angesprochenen Aktenstück handelt es sich um ein Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Weiz an das Amt der Steiermärkischen Landesregierung, Rechtsabteilung 11, in welchem über den Stand des Verfahrens gegen den Beschwerdeführer berichtet wird. Sollte dieses Schriftstück zu Unrecht von der Akteneinsicht ausgeschlossen worden sein, stellte dies einen Verfahrensmangel dar (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts5, Rz 176). Im gegenständlichen Fall kann dahingestellt bleiben, ob das betreffende Aktenstück gemäß § 17 Abs. 3 AVG von der Akteneinsicht auszuschließen war. Ein allfälliger Verfahrensfehler könnte nämlich mangels Wesentlichkeit nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen, weil sich der angefochtene Bescheid nicht auf dieses Aktenstück (bloße Darstellung des Verfahrensstandes) stützt.
Der angefochtene Bescheid zitiert als Rechtsgrundlagen die §§ 19, 24, 45 und 64 VStG 1991 sowie § 66 Abs. 4 AVG 1991. Zu Recht verweist der Beschwerdeführer darauf, daß im gegenständlichen Fall das VStG 1950 und das AVG 1950 zur Anwendung kommen mußten; gemäß Art. VII der Wiederverlautbarungskundmachung BGBl. Nr. 52/1991 und der Anlage 2 zu dieser Kundmachung sowie gemäß Art. VII der Wiederverlautbarungskundmachung BGBl. Nr. 51/1991 und der Anlage 2 zu dieser Kundmachung sind die am 1. Jänner 1991 anhängigen Verfahren nach der bis zum Inkrafttreten der Bundesgesetze BGBl. Nr. 358 und 357/1990 (1. Jänner 1991) geltenden Rechtslage zu Ende zu führen. Durch die bloß unrichtige Gesetzesbezeichnung wurde der Beschwerdeführer aber nicht in seinen Rechten verletzt; auch nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde bloß in der Bezeichnung der Gesetze, nicht aber im Inhalt der rechtmäßig anzuwendenden Bestimmungen geirrt.
Der Beschwerdeführer rügt auch, im Spruch des angefochtenen Bescheides seien lediglich § 5 Abs. 1 und § 99 Abs. 1 StVO zitiert, aber nicht angegeben, welcher lit. des § 99 Abs. 1 StVO die Tat subsumiert werde. Gemäß § 44a lit. b VStG 1950 hat der Spruch des Bescheides die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, zu enthalten. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 19. September 1984, Slg. Nr. 11.525/A, ausgesprochen, daß der Anordnung des § 44a lit. b VStG 1950 durch die Anführung derjenigen Norm entsprochen wird, der die Tat nach § 44a lit. a leg. cit. zu subsumieren ist, ohne daß es der Zitierung der Vorschrift, die einen Verstoß gegen die Gebots- oder Verbotsnorm als Verwaltungsübertretung erklärt, bedürfte. Die belangte Behörde hat somit der Vorschrift des § 44a lit. b VStG 1950 durch die Anführung des § 5 Abs. 1 StVO bereits entsprochen.
Der Beschwerdeführer wendet sich aber zu Recht gegen die Feststellung der Alkoholbeeinträchtigung durch die belangte Behörde. Im Hinblick auf das Ergebnis der Atemalkoholuntersuchung mittels Alkomaten (0,55 mg/l) hat die belangte Behörde keine Feststellungen über das Ausmaß des Alkoholkonsums des Beschwerdeführers getroffen. Die Behauptung des Beschwerdeführers über einen Sturztrunk hat sie vielmehr in freier Beweiswürdigung als unglaubwürdig angesehen. Der Beschwerdeführer hat bereits im Verwaltungsverfahren eingewendet, daß bei der Atemluftmessung ein nicht geeichtes Meßgerät verwendet worden sei. Die belangte Behörde ist dem nicht entgegengetreten, hat aber darauf verwiesen, daß der Alkomat einer physikalisch-technischen Prüfung (Kalibrierung) unterzogen war.
Nach § 13 Abs. 2 Z. 8 des Maß- und Eichgesetzes in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 742/1988 unterliegen Meßgeräte zur Bestimmung des Gehaltes von Alkohol in der Atemluft der Eichpflicht, wobei die Nacheichfrist gemäß § 15 Z. 2 leg. cit. zwei Jahre beträgt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, daß nur das Ergebnis eines eine gültige Eichung aufweisenden Alkomaten zur Bestimmung des Atemalkoholgehaltes herangezogen werden darf (vgl. hg. Erkenntnisse vom 16. Dezember 1992, Zl. 92/02/0260, und vom 26. Februar 1992, Zl. 91/03/0300). Der Tatbestand des § 5 Abs. 1 StVO ist zwar nicht nur bei Feststellung eines Alkoholgehaltes der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber oder des Blutes von 0,8 mg/l oder darüber im Sinne der Rechtsvermutung des zweites Satzes, sondern zufolge des ersten Satzes auch - ohne Rücksicht auf die Höhe des Alkoholgehaltes des Blutes bzw. der Atemluft - bei Vorliegen einer derartigen Beeinträchtigung durch Alkohol als erfüllt anzusehen, bei der der Lenker infolge seiner körperlichen und geistigen Verfassung ein Fahrzeug nicht zu beherrschen oder die beim Lenken eines Fahrzeuges zu beachtenden Rechtsvorschriften nicht zu befolgen vermag (vgl. hg. Erkenntnis vom 17. Juni 1992, Zl. 92/03/0073). In diese Richtung gehende Feststellungen in sachverhaltsmäßiger Hinsicht, bei welchen auch das Ergebnis eines bloß kalibrierten Alkomaten Mitberücksichtigung finden könnte, hat die belangte Behörde aber nicht getroffen.
Indem die belangte Behörde davon ausging, auch das Ergebnis eines nicht geeichten Alkomaten erbringe den Beweis für den Alkoholgehalt der Atemluft im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz StVO, hat sie die Rechtslage verkannt. Der angefochtene Bescheid war daher, soweit er die Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 1 StVO betraf, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
2.) Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 1 lit. c StVO:
Im Verfahren betreffend die Verwaltungsübertretung gemäß § 4 Abs. 1 lit. c StVO wurde der Beschwerdeführer durch Rechtsanwalt Dr. F vertreten (Vollmachtsbekanntgabe vom 18. Mai 1990, OZ. 3 des Aktes der Bezirkshauptmannschaft Weiz). Rechtsanwalt Dr. Z ist in der Folge (ausschließlich) hinsichtlich der Übertretungen nach § 4 Abs. 1 lit. b und § 4 Abs. 5 StVO eingeschritten (Vertreteranzeige vom 12. Juli 1990, OZ. 8 des Aktes der Bezirkshauptmannschaft Weiz). Auch im Verfahren betreffend Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO war Dr. Z der bevollmächtigte Vertreter (vgl. Mitteilung des Beschwerdeführers OZ. 39 des Aktes der Bezirkshauptmannschaft Weiz). Das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Weiz ist auch hinsichtlich der Übertretung nach § 4 Abs. 1 lit. c i.V.m.
§ 99 Abs. 2 lit. a StVO (auschließlich) an Rechtsanwalt Dr. Z zugestellt worden. Die Bezirkshauptmannschaft hat somit die Zustellung an eine Person veranlaßt, die (hinsichtlich dieses Verfahrens) nicht Zustellungsbevollmächtigter war. Die Zustellung an Rechtsanwalt Dr. Z vermochte daher keine Zustellwirkung zu entfalten. Da kein Fall des § 9 Abs. 1 zweiter Satz Zustellgesetz vorliegt, konnte eine Sanierung des Zustellmangels durch allfälliges Zukommen an den Zustellbevollmächtigten (Rechtsanwalt Dr. F) nicht eintreten (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, S. 1186). Ist die Zustellung eines Bescheides nicht erfolgt, dann liegt kein dem Rechtsbestand angehöriger Bescheid vor. Solange ein Bescheid nicht rechtswirksam zugestellt ist, ist eine Berufung gegen diesen zurückzuweisen (vgl. hg. Erkenntnisse vom 4. Juni 1987, Zlen. 86/02/0198, 0199, vom 9. März 1982, Zl. 81/07/0212).
Soweit sich die Beschwerde gegen diesen Punkt des angefochtenen Bescheides richtet, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das die "Eingabegebühr" betreffende Mehrbegehren war abzuweisen, weil der Ersatz für Stempelgebühren nur hinsichtlich zweier Beschwerdeausfertigungen zusteht.
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