VwGH 91/03/0290

VwGH91/03/029025.3.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des J in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 12. August 1991, Zl. 11-75 Pi 42-91, betreffend Übertretungen des Kraftfahrgesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §66 Abs4;
KFG 1967 §101 Abs1 lita idF 1990/458;
KFG 1967 §101 Abs1 lita;
KFGNov 13te;
VStG §1 Abs2;
VStG §19;
VStG §22 Abs1;
VStG §44a litb;
VStG §44a litc;
VwGG §41 Abs1;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
KFG 1967 §101 Abs1 lita idF 1990/458;
KFG 1967 §101 Abs1 lita;
KFGNov 13te;
VStG §1 Abs2;
VStG §19;
VStG §22 Abs1;
VStG §44a litb;
VStG §44a litc;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird im Ausspruch über die Strafe und den bezüglichen Kostenersatz wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben; im übrigen - also hinsichtlich des Schuldspruches - wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.480,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom 12. August 1991 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 13. März 1990 einen den Kennzeichen nach bestimmten Kraftwagenzug, bestehend aus Lkw und Anhänger, in Betrieb genommen und sich trotz Zumutbarkeit nicht davon überzeugt, daß die Fahrzeuge im Hinblick auf die Beladung (Rundholz) den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entsprechen, zumal er die Fahrzeuge um 10.00 Uhr auf der Autobahnabfahrt St. Andrä durch Burgstall auf Höhe des Straßenkilometers 0/0 der A 2 (Richtung Lavamünd) gelenkt habe, obgleich durch die Beladung das höchste zulässige Gesamtgewicht 1. des Lkw von 16.000 kg um 2.050 kg und 2. des Anhängers von 22.000 kg um 2.800 kg überschritten gewesen sei. Er habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach § 102 Abs. 1 iVm § 101 Abs. 1 lit. a KFG 1967 begangen. Über ihn wurden Geldstrafen von je S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen von je 12 Stunden) verhängt. In der Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, es werde die Überladung an sich nicht bestritten. Die Übertretungen könnten nicht als geringfügig bezeichnet werden. Der Beschwerdeführer bestreite ein Verschulden, da er die Überladungen nicht habe erkennen können. Er habe von waldtrockenem Holz ausgehen können und davon 25 fm auf Zugahrzeug und Anhänger geladen, obwohl er laut Gewichtstabelle des Fachverbandes für waldtrockenes Holz mehr hätte aufladen können. Bei lufttrockenem Holz hätte er noch mehr laden können. Nicht einmal ein Sachverständiger könne den Trocknungszustand abschätzen. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (z.B. Erkenntnis vom 18. März 1987, Zl. 86/03/0188) dürfe der Lenker, wenn beim Beladen keine Möglichkeit zu einer genauen Gewichtskontrolle bestehe, im Zweifel nur eine solche Menge Holz laden, daß auch unter der Annahme der höchsten Gewichte pro Festmeter das höchstzulässige Gesamtgewicht (von Zugfahrzeug und Anhänger) nicht überschritten werde. Den Berufungsausführungen sei nur zu entnehmen, daß die Überladungen bei einer Gesamtlademenge von 25 fm wald- oder lufttrockenen Holzes nicht möglich gewesen wären. Der Beschwerdeführer müsse daher entweder eine größere Menge oder feuchteres Holz geladen haben. Hinsichtlich der behaupteten Lademenge fehle jegliches Beweisangebot, wobei diese durch nachträgliche Beladeprobe nicht verifiziert werden könne. Zum Trocknungszustand werde bloß auf das trockene Wetter verwiesen, ohne aber zu beweisen, daß das Holz nicht aus anderen Gründen (frisches Holz, Liegen im Wasser) schwerer gewesen sei. Der Einwand, der Lenker könne den Trocknungszustand des Holzes nicht bestimmen, lasse in diesem Zusammenhang umsoweniger erkennen, warum der Beschwerdeführer von waldtrockenem Holz ausgegangen sei. Auch der Umstand, daß sehr geringe Unterschiede in der Ladehöhe zu einer Überladung führen, könne den Beschwerdeführer nicht entlasten. So sei es möglich, im Laderaum Markierungen anzubringen, welche Höhe (je nach Beschaffenheit des Holzes) nicht überschritten werden dürfe. Dabei sei im Zweifel nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vom höchstmöglichen Gewicht pro Festmeter auszugehen. Die beantragte Ladeprobe mit Heranziehung eines Sachverständigen sei nicht geeignet, die tatsächliche Menge, Höhe und das tatsächlich spezifische Gewicht der Ladung im nachhinein festzustellen. Deshalb bedürfe es nicht der Aufnahme der Beweise. Es folgen Ausführungen zur Strafbemessung (einschlägige Vorstrafe). Weiters verwies die belangte Behörde darauf, daß nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und der anzuwendenden Bestimmungen für die Überladung des Lkws und des Anhängers nicht nur eine Strafe zu verhängen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer hat im gesamten Verwaltungsstrafverfahren die Richtigkeit der mittels Abwaage festgestellten Überladungen nicht bestritten, sodaß es insoweit nicht der Vornahme weiterer Ermittlungen bedurfte. Soweit nunmehr erstmals in der Beschwerde diesbezüglich gewisse Bedenken vorgebracht werden, handelt es sich um im verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Sinne des § 41 Abs. 1 VwGG unzulässige Neuerungen. Dazu kommt noch, daß dieses Vorbringen bloß auf die Vornahme unzulässiger Erkundungsbeweise abzielt.

Mit der Frage der subjektiven Tatseite hat sich die belangte Behörde ausreichend auseinandergesetzt und gestützt auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes schlüssig begründet, warum sie zu dem Ergebnis gelangte, daß den Beschwerdeführer ein Verschulden an den festgestellten Überladungen trifft. Mit seinem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer den Ausführungen der belangten Behörde nicht wirksam entgegenzutreten. Wie die Aktenlage beweist, hat sich der Beschwerdeführer des weiteren im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens widersprüchlich verantwortet. Der Verwaltungsgerichtshof teilt auch die Darlegungen der belangten Behörde, wonach es der Vornahme der vom Beschwerdeführer beantragten weiteren Ermittlungen (einer Ladeprobe unter Beiziehung eines Sachverständigen) nicht bedurfte. Dem Beschwerdeführer wurde auch nach der Aktenlage ausreichend Parteiengehör gewährt und hatte er stets die Gelegenheit, sich zu den Vorwürfen zu rechtfertigen, sodaß auch insoweit kein Verfahrensmangel gegeben ist. Der Beschwerdeführer wurde daher zutreffend wegen der festgestellten Überladungen schuldig erkannt.

Allerdings kommt dem Vorbringen des Beschwerdeführers, soweit er geltend macht, es hätte über ihn wegen der Überladungen des Lkws und des Anhängers nur eine Strafe verhängt werden dürfen, im Ergebnis Berechtigung zu.

Zum Zeitpunkt der Tat (13. März 1990) galt § 101 Abs. 1 lit. a KFG in der Fassung vor der 13. KFG-Novelle, BGBl. Nr. 458/1990. Im zeitlichen Geltungsbereich dieser Norm wurden durch die Überladung sowohl des Kraftwagens als auch des Anhängers zwei Verwaltungsübertretungen begangen, für die auch zwei getrennte Strafen zu verhängen waren (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Juli 1988, Zl. 85/18/0068, u. a.). Am 28. Juli 1990 ist die Bestimmung des Art. I Z. 35 (vgl. auch Art. I Z. 4) der 13. KFG-Novelle in Kraft getreten. Durch diese Änderung wurden die Grundlagen dafür geschaffen, auch Überladungen von Kraftwagenzügen bzw. Sattelzügen zu bestrafen. Die Überladung sowohl des Kraftwagens als auch des Anhängers stellt danach ein Delikt dar (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, S. 833). Diese Änderung der Rechtslage trat nach der Begehung der Verwaltungsübertretung, aber vor der Fällung des Straferkenntnisses erster Instanz vom 1. März 1991 (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Oktober 1990, Zl. 90/19/0319), in Kraft.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes berühren Rechtsänderungen nach abgeschlossener Tat bei Fehlen einer besonderen gegenteiligen Übergangsregelung die bereits eingetretene Strafbarkeit nicht und haben, wenn Taten der gleichen Art auch weiterhin strafbar bleiben, gemäß § 1 Abs. 2 VStG nur hinsichtlich der Strafe als Folge, daß ein etwaiges nunmehr dem Täter günstigeres Recht zur Anwendung zu kommen hat. Daraus folgt, daß in einem solchen Fall als verletzte Vorschrift im Sinne des § 44a lit. b VStG diejenige anzusehen ist, welche vor der Rechtsänderung in Kraft war, für die Strafe jedoch bei einem zum Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses der Behörde erster Instanz für den Täter günstigeren Recht dieses heranzuziehen ist (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Oktober 1990, Zl. 90/19/0319).

Nach § 101 Abs. 1 lit. a KFG idF vor der 13. KFG-Novelle hatte der Täter bei einer Überladung sowohl des Kraftwagens als auch des Anhängers zwei Verwaltungsübertretungen zu verantworten, die mit zwei getrennten Strafen sanktioniert wurden. Jede dieser Verwaltungsübertretungen war jeweils mit der Höchststrafe des § 134 Abs. 1 KFG bedroht, sofern die Voraussetzungen für die Verhängung der Höchststrafe im Einzelfall vorlagen. Nach § 101 Abs. 1 lit. a KFG idF der 13. KFG-Novelle stellt eine Überladung von Kraftwagen und Anhänger nur mehr ein einziges Delikt dar, das auch nur einmal mit der Höchststrafe bedroht ist. Das neue Recht ist demnach für den Täter günstiger. Dabei ist es ohne Belang, ob im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für die Verhängung der Höchststrafe vorgelegen wären oder nicht. Bei dem von § 1 Abs. 2 VStG angeordneten Günstigkeitsvergleich ist zwar von einer Betrachtung des konkreten Falles auszugehen, doch darf diese konkrete Betrachtungsweise nicht zur Vorwegnahme der Entscheidung über die Strafzumessung führen. Die persönlichen Verhältnisse des Täters haben daher keinen Einfluß auf das Ergebnis des Günstigkeitsvergleiches (vgl. Leukauf-Steininger, Kommentar zum Strafgesetzbuch, 2. Auflage. Rz 12 zu § 61 StGB sowie zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1991, Zl. 91/03/0238, betreffend einen gleichgelagerten Sachverhalt).

Über den Beschwerdeführer hätte daher für die zwei Delikte nur eine einzige Strafe verhängt werden dürfen.

Da der Schuldspruch frei von Rechtsirrtum ist, war die Beschwerde insoweit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Im Ausspruch über die Strafe und den bezüglichen Kostenersatz war der angefochtene Bescheid jedoch wegen der oben aufgezeigten Rechtswidrigkeit des Inhalts gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Da der in der zitierten Verordnung für den Schriftsatzaufwand vorgesehene Betrag von S 11.120,-- eine Pauschalsumme darstellt, in der auch die anteilsmäßige Umsatzsteuer mitenthalten ist, war das darüber hinausgehende Mehrbegehren abzuweisen.

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