Normen
AVG §37;
AVG §38;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
AVG §69 Abs1 litc;
KFG 1967 §103 Abs2;
KFG 1967 §76 Abs5;
AVG §37;
AVG §38;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
AVG §69 Abs1 litc;
KFG 1967 §103 Abs2;
KFG 1967 §76 Abs5;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.680,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 28. Dezember 1990 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe am 10. Juli 1990 um 19.25 Uhr an einem näher beschriebenen Ort einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw, für welchen der Besitz der Lenkerberechtigung der Gruppe "B" vorgeschrieben sei, vor der Wiederausfolgung des vorläufig abgenommenen Führerscheines gelenkt und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 76 Abs. 5 KFG begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
In der Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe nicht nur die ihm hier zur Last gelegte Tat, sondern gleichzeitig auch eine Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 2 StVO begangen, wofür er mit der rechtskräftigen Strafverfügung der Erstbehörde vom 4. September 1990 bestraft worden sei. Die vom Beschwerdeführer im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren, betreffend Übertretung des KFG, bestrittene Lenkereigenschaft stehe auf Grund der erwähnten rechtskräftigen Strafverfügung bindend fest. Sohin gingen sämtliche diesbezüglichen Einwendungen des Beschwerdeführers ins Leere. Läge - "bloß hypothetisch betrachtet" - keine rechtskräftige Strafverfügung, in welcher festgestellt worden sei, daß der Beschwerdeführer mit dem selben Pkw zur selben Tatzeit am selben Tatort schneller als 50 km/h gefahren sei, vor, dann wäre im nunmehr durchgeführten Verwaltungsstrafverfahren auf Grund seines Einspruches gegen die (wegen Übertretung des KFG erlassene) Strafverfügung vom 24. September 1990, in dem der Beschwerdeführer behauptet habe, das Fahrzeug damals nicht gelenkt zu haben, die Durchführung eines Ermittlungsverfahrens erforderlich gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bestreitet die Rechtsansicht der belangten Behörde, daß seine Lenkereigenschaft auf Grund der erwähnten Strafverfügung vom 4. September 1990, betreffend Übertretung des § 20 Abs. 2 StVO, "bindend" feststehe. Damit ist er im Recht, da eine solche Bindung der belangten Behörde bei der ihr obliegenden Beurteilung, ob der Beschwerdeführer das Fahrzeug entgegen der Vorschrift des § 76 Abs. 5 KFG "gelenkt" habe, nicht bestanden hat (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 1988, Zl. 88/03/0108). Insbesondere kann auch eine solche Bindung nicht etwa davon abgeleitet werden, daß im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides auf Grund der erwähnten Strafverfügung vom 4. September 1990 bereits eine rechtskräftige Entscheidung vorliege, mit der über eine Vorfrage als Hauptfrage entschieden wurde (vgl. zu einer solchen Bindung das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 1986, Zl. 84/11/0020). Unter einer Vorfrage im Sinne der §§ 38 und 69 Abs. 1 lit. c AVG 1950 ist nämlich eine für die Entscheidung der Verwaltungsbehörde präjudizielle Rechtsfrage zu verstehen, über die als Hauptfrage von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten oder auch von derselben Behörde, jedoch in einem anderen Verfahren zu entscheiden ist (vgl. näher das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 1981, Slg. Nr. 10 383/A); eine Vorfrage in diesem Sinne liegt vor, wenn der Tatbestand ein Element enthält, das für sich allein Gegenstand der bindenden Entscheidung einer anderen Behörde (oder derselben in einem anderen Verfahren) ist (vgl. dazu Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 4. Auflage, RZ 306, und Ringhofer,
Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, I. Band, Seite 338).
Die belangte Behörde hat daher die Rechtslage verkannt, indem sie hinsichtlich der Lenkereigenschaft des Beschwerdeführers eine Bindung an den Schuldspruch der erwähnten Strafverfügung vom 4. September 1990 annahm und eine diesbezügliche eigenständige Beurteilung unterließ. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Für das fortgesetzte Verfahren sei allerdings auf folgendes verwiesen: Dem Beschwerdeführer ist entgegenzuhalten, daß eine Anfrage gemäß § 103 Abs. 2 KFG keinen rechtlich geforderten Verfahrensschritt in einem gegen den Lenker eines Kraftfahrzeuges durchgeführten Verwaltungsstrafverfahren darstellt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Juni 1989, Zl. 89/03/0109), zumal die Lenkereigenschaft nicht nur im Wege einer solchen Aufforderung ermittelt werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 1990, Zl. 90/03/0135). Auch steht es der Behörde infolge des Grundsatzes der Unbeschränktheit der Beweismittel frei, bei der Lösung der Frage, ob der Zulassungsbesitzer im konkreten Fall auch als Lenker anzusehen ist, das Verhalten des Zulassungsbesitzers zugrundezulegen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Mai 1988, Zl. 88/02/0050).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere deren Art. III Abs. 2, hinsichtlich des Schriftsatzaufwandes der Höhe nach beschränkt entsprechend dem vom Beschwerdeführer nach Inkrafttreten dieser Verordnung gestellten Antrag. Das Mehrbegehren betreffend Ersatz von Stempelgebühren war abzuweisen, weil der angefochtene Bescheid nur in einfacher Ausfertigung vorzulegen war.
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