VwGH 89/10/0239

VwGH89/10/023926.9.1990

N gegen Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 26. Juli 1989, Zl. St-9010/1/89, betreffend Bestrafung wegen Übertretungen des Art. IX Abs. 1 Z. 1 und 2 EGVG 1950

Normen

AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
EGVG Art8 Fall2;
EGVG Art9 Abs1 Z1 idF 1977/232;
EGVG 2008 Art9 Abs1 Z1;
EGVG 2008 Art9 Abs1 Z2;
VStG §44a Z1;
VwGG §41 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
EGVG Art8 Fall2;
EGVG Art9 Abs1 Z1 idF 1977/232;
EGVG 2008 Art9 Abs1 Z1;
EGVG 2008 Art9 Abs1 Z2;
VStG §44a Z1;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

1. Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als der Beschwerdeführer einer Verwaltungsübertretung gemäß Art. IX Abs. 1 Z. 1 EGVG 1950 schuldig erkannt, hiefür bestraft und ihm diesbezüglich ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgeschrieben wurde, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

2. Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

3. Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 6. März 1989 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 3. April 1988 um 13.45 Uhr in Salzburg, X-Gasse n 1, Bushaltestelle, a) durch Schreien und Gestikulieren mit den Armen die Ordnung an einem öffentlichen Ort in Ärgernis erregender Weise gestört und b) sich trotz vorangegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht, während sich dieses Organ in rechtmäßiger Ausübung seines Dienstes befunden habe, durch Schreien ungestüm benommen. Er habe dadurch Art. IX Abs. 1 Z. 1 und 2 EGVG verletzt, weshalb über ihn eine Geldstrafe zu a) in Höhe von S 500,-- und zu b) in Höhe von S 500,-- (Ersatzarreststrafe von jeweils 20 Stunden) verhängt werde. Gemäß § 64 VStG 1950 habe er einen Betrag in der Höhe von S 100,-- zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.

Nach der Begründung habe es die Bundespolizeidirektion Salzburg auf Grund der Anzeige und der zeugenschaftlichen Vernehmung der Polizeibeamten S und K als erwiesen angesehen, daß der Beschwerdeführer am 3. April 1988 gegen 13.45 Uhr im Bereich der Bushaltestelle in der X-Gasse in Salzburg schreiend und gestikulierend zwei Organe des öffentlichen Straßenaufsichtsdienstes darauf aufmerksam gemacht habe, daß sie "Fahrzeuge abzuschleppen" hätten. Der Beschwerdeführer sei von Inspektor K. aufgefordert worden, sein ungestümes Benehmen einzustellen, was aber dazu geführt habe, daß der Beschwerdeführer die Beamten weiter angeschrien und auch heftig mit den Armen gestikuliert habe. Erst nachdem ihm die Festnahme angedroht worden sei, habe er sein strafbares Verhalten eingestellt. Der Beschwerdeführer bestreite die ihm zu Last gelegten Verwaltungsübertretungen und rechtfertige sich dahin, weder gelärmt noch die Ordnung gestört und sich auch nicht ungestüm benommen zu haben. Diese Verantwortung stehe jedoch in Widerspruch zu den Aussagen der vernommenen Polizeibeamten. Diese hätten im wesentlichen angegeben, daß auf den Vorfall mehrere Personen aufmerksam geworden seien und der Beschwerdeführer mehrmals aufgefordert worden sei, das Schreien zu unterlassen. Bei der gegebenen Beweislage sei den unter Diensteid stehenden Polizeibeamten eine höhere Glaubwürdigkeit zuzubilligen gewesen als der gegenteiligen Verantwortung des Beschwerdeführers.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschwerdeführer Berufung erhoben, in der er im wesentlichen vorbrachte, am 3. April 1988 am A-Platz beim Aussteigen aus dem O-Bus festgestellt zu haben, daß die Haltestelle zur Gänze verparkt gewesen sei. Er habe sich dabei selbst über dieses Ärgernis Luft gemacht, wobei Inspektor K seine Äußerungen anscheinend auf sich bezogen habe. Dieser sei etwa 3-4 m von ihm entfernt auf dem Gehsteig gestanden, weshalb er seine Äußerungen auch nicht so genau, wie er behaupte, hätte mitbekommen können. Inspektor K habe ihn zu sich zitiert und gesagt, daß er sein angebliches Schreien und Lärmen einstellen solle. Darauf habe der Beschwerdeführer erwidert, daß er vielleicht in der Aufregung zu laut gewesen sei, was er aber nicht beabsichtigt habe und in Abrede stellen müsse. Im übrigen sei auch zu bemerken, daß die Aussagen der beiden Beamten auffallend übereinstimmten, obwohl sich Inspektor S bei seinem "Disput" mit Inspektor K in einigem Abstand befunden habe, weshalb es ihm unmöglich gewesen sein müsse, das Gespräch mitzuverfolgen.

1.2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 abgewiesen und das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Salzburg bestätigt.

In ihrer Begründung verwies die belangte Behörde zunächst auf das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Berufungsschrift, wonach dieser bloß gegenüber sich selbst den Ärger über die verparkte Bushaltestelle laut kundgetan habe. Diesem Vorbringen seien jedoch die ergänzend eingeholten Stellungnahmen des Anzeigers Inspektor K sowie des Zeugen Inspektor S entgegenzuhalten, aus denen zweifelsfrei hervorgehe, daß der Beschwerdeführer unmittelbar nach dem Verlassen eines O-Buses schreiend auf Inspektor K zugegangen und ihn in aggresiver Weise mit folgenden Worten lautstark beschimpft habe: "Das ist doch ein WahnsinnÜ Das darf doch nicht wahr seinÜ So eine Frechheit habe ich noch nicht erlebtÜ Schleppen sie diese Fahrzeuge sofort abÜ Wozu stehen sie herumÜ Unternehmen sie sofort etwasÜ" Mehrmalige Aufforderungen, sich ruhig zu verhalten, und auch eine zweimalige formelle Abmahnung, das ungestüme Verhalten einzustellen, hätten keine Änderung des Benehmens des Beschwerdeführers ergeben. Er habe seine Beschimpfungen mit ähnlichen Worten fortgesetzt, wobei er noch mit den Händen heftig gestikuliert habe. Der Beschwerdeführer habe sich erst nach Androhung der Festnahme beruhigt.

Das Verhalten des Beschwerdeführers sei von beiden Sicherheitswachebeamten in glaubwürdiger widerspruchsloser Weise und übereinstimmend dargelegt worden. Demgegenüber seien die Angaben des Beschwerdeführers widersprüchlich: Anläßlich seiner niederschriftlichen Einvernahme bei der Bundespolizeidirektion Salzburg am 1. Juni 1988 habe er angegeben, zu keinem Zeitpunkt Lärm erregt zu haben. In seiner Berufungsschrift gestehe er hingegen ein, laut gewesen zu sein. Während der Beschwerdeführer in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 21. Oktober 1988 angegeben habe, auf den Bus gewartet zu haben, führe er nun in seiner Berufung aus, doch aus dem O-Bus ausgestiegen zu sein. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach Inspektor S die von ihm verwendeten Worte gar nicht habe verstehen können, da er 3-4 m entfernt gestanden sei, widerspreche den Erfahrungen des täglichen Lebens. Schreiend vorgetragene Worte seien sehr wohl auch in der angegebenen Entfernung deutlich zu verstehen.

Auf Grund dieser Ermittlungsergebnisse folge die belangte Behörde den Ausführungen der Polizeibeamten, die zudem unter Diensteid stünden. Demnach habe sich der Beschwerdeführer durch lautes Schreien, verbunden mit heftigem Gestikulieren gegenüber einem im Dienst befindlichen Organ der öffentlichen Aufsicht nach erfolgter Abmahnung ungestüm benommen. Sein Verhalten sei dabei zweifelsfrei als Ausdruck von Aggresivität zu werten. Das als erwiesen anzusehende Verhalten des Beschwerdeführers sei aber auch gleichzeitig objektiv geeignet, die Ordnung an einem öffentlichen Ort zu stören. Daran, daß es zu dieser Ordnungsstörung tatsächlich gekommen sei, hege die belangte Behörde auf Grund des oben dargelegten Sachverhaltes keinen Zweifel. So habe das Verhalten des Beschwerdeführers bei den an der Bushaltestelle wartenden Personen die lebhafte Empfindung des Unerlaubten hervorgerufen und diese Personen hätten auch gegenüber den Polizeibeamten ihr Ärgernis kundgetan. Es sei somit ein Zustand geschaffen worden, wie er geordneten Verhältnissen an einem öffentlichen Ort widerspreche. Nach Prüfung und Würdigung des erstinstanzlichen und ergänzend durchgeführten Ermittlungsverfahrens gelange die belangte Behörde daher zur Überzeugung, daß der Beschwerdeführer durch sein Verhalten gegen Art. IX Abs. 1 Z. 1 und 2 EGVG 1950 verstoßen habe.

1.3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

1.4. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsstrafakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt hat.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Gemäß Art. IX Abs. 1 Z. 2 EGVG 1950 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer sich ungeachtet vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht oder gegenüber einer Militärwache, während sich diese Personen in rechtmäßiger Ausübung des Amtes oder Dienstes befinden, ungestüm benimmt.

Unter einem ungestümen Benehmen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein solches Verhalten zu verstehen, durch das die jedermann gegen das Einschreiten eines obrigkeitlichen Organes zuzubilligende Abwehr vermeintlichen Unrechts derart überschritten wird, daß diese Abwehr zufolge des Tones des Vorbringens, der zur Schau gestellten Gestik oder durch beides zusammen bereits als aggresives Verhalten gewertet werden muß. Schreien mit einem obrigkeitlichen Organ nach erfolgter Abmahnung stellt ein ungestümes Benehmen dar (vgl. etwa das Erkenntnis vom 9. Februar 1987, Zl. 86/10/0182).

2.2.1. Der Beschwerdeführer bringt in diesem Zusammenhang vor, er sei auf Grund seiner körperlichen Behinderungen, nämlich eines Wolfsrachens und einer Hörschädigung, gar nicht in der Lage, zu schreien. Durch die Fehlentwicklung im Mund- und Rachenraum sei allein schon die Artikulierung der Worte sehr schwierig. Zur Klärung dieser Frage hätte ein amtsärztliches Gutachten eingeholt werden müssen. Der Beschwerdeführer verweist dabei auf einen ähnlichen Fall aus dem Jahr 1983, bei dem ihm die ungebührliche Erregung störenden Lärms vorgeworfen worden sei. Der Verwaltungsgerichtshof habe den damals angefochtenen Bescheid mit Erkenntnis vom 10. September 1984, Zl. 84/10/0136, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Ferner behauptet der Beschwerdeführer, Inspektor K hätte seine Äußerungen gar nicht so genau mitbekommen können, da er sich ca. 3-4 m von ihm entfernt auf dem Gehsteig befunden habe. Möglicherweise liege auch eine Befangenheit der Beamten deshalb vor, weil sich der Beschwerdeführer schon öfters darüber beschwert habe, daß die zuständigen Beamten im Bereich der gegenständlichen O-Bushaltestelle dieses Halteverbot zu wenig kontrollierten, der Beschwerdeführer aber niemals darüber Auskunft erhalten habe, wie die Polizeibeamten auf seine Beschwerden reagiert hätten.

2.2.2. Mit diesem Vorbringen wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde. Diese kann der Verwaltungsgerichtshof nach seiner ständigen Rechtssprechung jedoch nur daraufhin überprüfen, ob der Sachverhalt genügend ermittelt ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind (vgl. z. B. das Erkenntnis vom 19. März 1987, Zl. 86/16/0256).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung ist eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens jedoch nicht zu erkennen. Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß der Beschwerdeführer erstmals in seinem Beschwerdeschriftsatz auf seine körperlichen Behinderungen hinweist. Da diese Frage bereits anläßlich des genannten Verfahrens aus dem Jahre 1983 Gegenstand eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens war, geht der Gerichtshof davon aus, daß der Behörde bekannt war, daß der Beschwerdeführer an einem Wolfsrachen leidet. Aus den Verwaltungsakten ergibt sich im übrigen, daß er auf Grund seiner zahlreichen Interventionen der belangten Behörde persönlich bekannt ist. Ein Verstoß gegen das verwaltungsgerichtliche Neuerungsverbot (§ 41 VwGG) liegt somit nicht vor.

Im Unterschied zum Verfahren aus dem Jahre 1983, bei dem dem Beschwerdeführer vorgeworfen worden war, durch Schreien ungebührlicherweise störenden Lärm erregt zu haben, was nach ständiger Rechtsprechung nur dann der Fall ist, wenn das "Wohlbefinden anderer anwesender Personen gestört" wird, wurde dem Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren vorgeworfen, sich trotz vorangegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht, während sich dieses Organ in rechtmäßiger Ausübung seines Dienstes befunden habe, durch Schreien ungestüm benommen zu haben. Da bereits das bloße Schreien mit einem obrigkeitlichen Organ, sofern es einen Ausdruck der Aggresion darstellt, - nach erfolgter Abmahnung - schon für sich allein den Tatbestand des ungestümen Benehmens darstellt, brauchte im vorliegenden Fall - im Gegensatz zur Lärmerregung - nicht weiter geprüft werden, ob dadurch auch das Wohlbefinden anderer anwesender Personen gestört worden ist. Daß der Beschwerdeführer aber in der Lage war, seine Äußerungen "schreiend" vorzubringen, konnte die belangte Behörde auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zu Recht annehmen. Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufung selbst eingestanden, in seiner Aufregung vielleicht "zu laut" gewesen zu sein. Deshalb kann keine Rede davon sein, er habe nur leise gesprochen, wie an anderer Stelle der Beschwerde behauptet wird. Daß ihm die Artikulation der Worte schwer fällt, steht in diesem Zusammenhang nicht der Feststellung der belangten Behörde entgegen, die Äußerungen schreiend gemacht zu haben.

Wenn der Beschwerdeführer behauptet, Inspektor K hätte seine Äußerungen gar nicht mitbekommen können, da er sich etwa 3-4 m von ihm entfernt aufgehalten habe, so übersieht er, daß dieses Vorbringen in Widerspruch zur Aktenlage steht. Danach ist der Beschwerdeführer auf Inspektor K zugelaufen, der - und nicht Inspektor S, wie die Beschwerde behauptet - in weiterer Folge auch die Anzeige verfaßt hat, um ein Einschreiten gegen verbotswidrig abgestellte Pkws zu verlangen. Es kann daher nicht als unschlüssig erkannt werden, wenn die belangte Behörde davon ausging, daß dieser Beamte sehr wohl in der Lage war, die Äußerungen des Beschwerdeführers zu verstehen.

Mit dem bloßen Hinweis darauf, daß er sich schon mehrmals bei den zuständigen Beamten darüber beschwert habe, daß das Halteverbot im Bereich der gegenständlichen O-Bushaltestelle zuwenig kontrolliert werde, ist es dem Beschwerdeführer auch nicht gelungen, plausibel darzulegen, warum die einschreitenden Beamten die Gefahr einer strafgerichtlichen und dienst(disziplinar)rechtlichen Verfolgung wegen vorsätzlich falscher Zeugenaussage hätten riskieren sollen, nur um den Beschwerdeführer zu Unrecht einer Verwaltungsübertretung zu beschuldigen.

2.3.1. Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit bringt der Beschwerdeführer vor, eine grundlose Lärmerregung liege dann nicht vor, wenn eine durch einen Wolfsrachen behinderte Person leise eine Beschwerde vorbringe, wenn sich also ein rechtssuchender Bürger mit Recht über das abweisende Verhalten der Beamten beschwere und diese sich weigerten, seinen Beschwerden nachzugehen.

2.3.2. Auch diese Rechtsrüge ist unbegründet. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann selbst das Vertreten eines Rechtsstandpunktes (nach erfolgter Abmahnung) das Tatbild des ungestümen Benehmens erfüllen, wenn dies in aggresiver Weise geschieht (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Juli 1987, Zl. 86/10/0181). Daß aber die belangte Behörde in unbedenklicher Weise ihrer rechtlichen Subsumtion ein als Ausdruck der Aggresivität zu wertendes Schreien des Beschwerdeführers mit zwei Polizeibeamten zugrundegelegt hat, wurde bereits unter Punkt 2.2.2. dargelegt.

Wenn auch das Verhalten der einschreitenden Beamten für die Frage, wann ein Benehmen als ungestüm zu werten ist, nicht völlig außer acht gelassen werden kann (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Oktober 1988, Zl. 88/10/0127), so ist selbst vom Beschwerdeführer nicht behauptet worden, daß das Verhalten der einschreitenden Polizeibeamten ihm gegenüber derart exzessiv unsachlich gewesen wäre, daß ein unbefangener Dritter seine heftigen Reaktionen als nicht mehr unverhältnismäßig angesehen hätte.

2.4. Gemäß Art. IX Abs. 1 Z. 1 EGVG 1950 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer durch ein Verhalten, das Ärgernis zu erregen geeignet ist, die Ordnung an öffentlichen Orten stört.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Tatbild der Ordnungsstörung durch zwei Elemente gekennzeichnet: Zum ersten muß der Täter ein Verhalten gesetzt haben, das objektiv geeignet ist, Ärgernis zu erregen. Zum zweiten muß durch dieses Verhalten die Ordnung an einem öffentlichen Ort gestört worden sein. Die Beurteilung, ob einem Verhalten die objektive Eignung zur Ärgerniserregung zukommt, ist nicht nach dem Empfinden der durch das Verhalten besonders betroffenen Personen vorzunehmen, sondern unter der Vorstellung, wie unbefangene Menschen auf ein solches Verhalten reagieren würden. Dafür, daß durch das Verhalten die Ordnung an einem öffentlichen Ort (tatsächlich) gestört worden ist, ist es nicht erforderlich, daß das Verhalten zu Aufsehen, Zusammenlauf von Menschen und dergleichen führt, es muß vielmehr nur unmittelbar oder mittelbar zur Folge haben, daß ein Zustand geschaffen wird, der geordneten Verhältnissen an einem öffentlichen Ort widerspricht. Dazu genügt es, daß etwa mehrere Personen an dem Verhalten Ärgernis genommen haben (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 25. Mai 1987, Zl. 85/10/0167).

2.5. Sofern der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften wiederum in Abrede stellt, auf Grund seiner körperlichen Behinderungen überhaupt in der Lage gewesen zu sein, mit den einschreitenden Beamten zu schreien bzw. diese gar nicht in der Lage gewesen sein, seine Äußerungen genau mitzubekommen, ist auf die Ausführungen unter Punkt 2.2.2. zu verweisen.

2.6.1. Als Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer ferner, die belangte Behörde habe keine Beweise darüber aufgenommen, ob die Öffentlichkeit, d.h. die anwesenden Fahrgäste, sich über seine Ausführungen geärgert oder aufgeregt hätten bzw. diese als öffentliches Ärgernis empfunden hätten.

2.6.2. In diesem Zusammenhang ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, daß auch im Fall einer Ordnungsstörung ein Sicherheitswachebeamter nicht verpflichtet ist, die Daten der Personen, bei denen Ärgernis erregt wurde, aufzunehmen (vgl. z. B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Juli 1987, Zl. 86/10/0199). In der von Inspektor K am 4. April 1988 verfaßten Anzeige wird jedoch ebenso wie im angefochtenen Bescheid darauf hingewiesen, daß mehrere bei der Bushaltestelle wartende Personen den Vorfall interessiert verfolgten und dabei auch ihren Unmut über das Verhalten des Beschwerdeführers zum Ausdruck gebracht hätten. Der belangten Behörde kann somit nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausging, daß durch das Verhalten des Beschwerdeführers ein Zustand geschaffen worden ist, der geordneten Verhältnissen an einem öffentlichen Ort widerspricht.

2.7. Der Beschwerde kommt jedoch im Ergebnis insofern Berechtigung zu, als weder der Spruch des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Salzburg noch der Spruch des angefochtenen Bescheides den Anforderungen des § 44 a lit. a VStG 1950 entspricht.

Gemäß § 44 a lit. a VStG 1950 hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die zur Last gelegte Tat im Spruch so genau zu umschreiben, daß 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2. die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Das bedeutet zum einen, daß entsprechende, d.h. in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende, wörtliche Anführungen erforderlich sind, die nicht etwa durch die bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- und Verbotsnormen ersetzt werden können. Zum anderen muß a) im Spruch dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen werden, daß er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und b) der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. dazu die Erkenntnisse verstärkter Senate vom 13. Juni 1984, Zl. 82/03/0265, VwSlg. 11.466/A, und vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053, VwSlg. 11.894/A). Die Umschreibung der Tat lediglich in der Begründung des Bescheides genügt dem Gebot des § 44 a lit. a VStG 1950 nicht (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 20. Juni 1988, Zlen. 87/10/0179-0183).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung ist in Ansehung des Tatbestandselementes der tatsächlichen Störung der öffentlichen Ordnung eine Aussage darüber zu treffen ist, ob das Verhalten des Täters von anderen Personen als den unmittelbar betroffenen wahrgenommen werden konnte und ob bzw. in welcher Weise allenfalls diese Personen darauf reagierten (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. März 1989, Zl. 88/10/0170). Durch die bloße Anführung im Spruch des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 6. März 1989, der Beschwerdeführer habe die Ordnung an einem öffentlichen Ort "in Ärgernis erregender Weise gestört", ist die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tat nicht in der vom Gesetz geforderten Form hinreichend konkretisiert.

2.8. Der angefochtene Bescheid war daher insoweit, als der Beschwerdeführer einer Verwaltungsübertretung nach Art. IX Abs. 1 Z. 1 EGVG (Ordnungsstörung) schuldig erkannt, hiefür bestraft und ihm diesbezüglich ein Betrag zu den Verfahrenskosten vorgeschrieben worden ist, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Im übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.9. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. 1989/206.

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