VwGH 89/06/0054

VwGH89/06/005424.1.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Leukauf, Dr. Giendl und Dr. Müller als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde 1. des PE, 2. des FH, 3. des HF, 4. des JR, und 5. des FE gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 25. Jänner 1989, Zl. Ve-550-1090/13, betreffend den Abbruch eines Gebäudes (mitbeteiligte Partei: Gemeinde G),

1. den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde des Fünftbeschwerdeführers wird zurückgewiesen.

2. zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §56;
AVG §59 Abs1;
AVG §62 Abs1;
AVG §62 Abs4;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
AVG §8;
BauO Tir 1978 §40 Abs2;
BauO Tir 1978 §40;
BauO Tir 1978 §44 Abs3 lita;
BauO Tir 1978 §44;
BauO Tir 1978 §55;
B-VG Art119a Abs5;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1991:1989060054.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat den Erst- bis Viertbeschwerdeführern Aufwendungen von insgesamt S 11.190,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Der Fünftbeschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Hinsichtlich der Vorgeschichte verweist der Verwaltungsgerichtshof auf die Sachverhaltsdarstellung in seinem Erkenntnis vom 5. März 1987, Zlen. 85/06/0215, 86/06/0166: Danach hatte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 3. August 1982 dem Rechtsvorgänger des nunmehrigen Fünftbeschwerdeführers "AE" für dessen Bauvorhaben zur Errichtung einer neuen anstelle der alten Hirtenunterkunft auf dem Grundstück Nr. nn/6 der Katastralgemeinde G, welches im Eigentum mehrerer Alpinteressenten, darunter (damals) des AE bzw. der nunmehrigen Beschwerdeführer stand bzw. steht, die Baubewilligung erteilt. Nachdem in der Folge von der Behörde festgestellt worden war, daß das damals tatsächlich in Errichtung befindliche Bauwerk von der erteilten Baubewilligung in mehrfacher Hinsicht abgewichen ist und sich überdies über die Grundgrenze auch auf das (die Grundparzelle Nr. nn/6 umgebende) den Österreichischen Bundesforsten gehörende Grundstück Nr. nn/1 ausdehnte, wurde AE zunächst aufgefordert, die Bauarbeiten einzustellen und allenfalls ein neues Bauansuchen zu stellen. Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde wurde ihm gemäß § 44 Abs. 3 lit. a der Tiroler Bauordnung (TBO) der Abbruch des ohne Bewilligung errichteten Objekts aufgetragen; dieser Bescheid wurde vom Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde mit Berufungsbescheid vom 2. April 1984 unter Anwendung des § 40 TBO bestätigt, dieser Bescheid jedoch mit Vorstellungsbescheid der belangten Behörde vom 17. Juli 1984 aufgehoben.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 3. Oktober 1984 wurde dem AE gemäß § 40 Abs. 3 TBO die Fortsetzung der Bauarbeiten untersagt, auf die Möglichkeit eines (neuen) Ansuchens um Baubewilligung hingewiesen und die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes angedroht.

Das daraufhin von AE gestellte Bauansuchen wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 4. Juli 1985 gemäß § 31 Abs. 3 TBO mit der Begründung abgewiesen, daß die (erforderliche) Zustimmungserklärung der Österreichischen Bundesforste (als Liegenschaftseigentümer der von der Bauführung mitbetroffenen Nachbarliegenschaft) nicht beigebracht worden war. Dieser Bescheid wurde im Instanzenzug bestätigt; die dagegen erhobene Vorstellung wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 17. Oktober 1985 abgewiesen.

Schließlich wurde dem AE mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 13. Dezember 1985 der Abbruch dieses Objekts gemäß § 44 Abs. 3 lit. a TBO aufgetragen. Dieser Bescheid wurde durch Berufungsbescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 28. Jänner 1986 im Ausspruch über die Abbruchsfrist und im übrigen dahin abgeändert, daß der Beseitigungsauftrag auf § 40 Abs. 2 und 3 TBO gestützt wurde, weil das Bauwerk noch nicht zur Gänze fertiggestellt worden war. Auch die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung blieb erfolglos (Bescheid der belangten Behörde vom 14. Mai 1986).

Gegen die Vorstellungsbescheide der belangten Behörde betreffend die Versagung der Baubewilligung (17. Oktober 1985) und betreffend den Beseitigungsauftrag (14. Mai 1986) erhob AE Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof, die zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und mit dem bereits einleitend erwähnten Erkenntnis vom 5. März 1987, Zlen. 85/06/0215, 86/06/0166, abgewiesen wurden.

In dem von der Bezirkshauptmannschaft Schwaz in der Folge eingeleiteten Vollstreckungsverfahrens stellte sich heraus, daß kein Superädifikat vorliege und das abzubrechende Bauwerk somit im Miteigentum aller Liegenschaftseigentümer (der erwähnten Alpinteressenten) stehe.

Mit Bescheid vom 27. Oktober 1988 hat der Bürgermeister der mitbeteiligten Partei den Miteigentümern der Bauparzelle nn/6, darunter den nunmehrigen Erst- bis Viertbeschwerdeführern, "gemäß § 44 Abs. 2 der Tiroler Bauordnung" den Abbruch der auf Gp nn/1 und Gp nn/6 errichteten Hirtenunterkunft innerhalb einer Frist von einem Monat aufgetragen. Gegen diesen Bescheid erhoben die Erstbis Viertbeschwerdeführer Berufung. Diese Berufung wurde mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Partei vom 30. November 1988 als unbegründet abgewiesen. Gegen diesen Berufungsbescheid erhoben der Erst- bis Viertbeschwerdeführer Vorstellung, worin sie vorbrachten, schon im Zeitpunkt der Errichtung der Hirtenunterkunft Miteigentümer der strittigen Grundparzelle gewesen zu sein und die Anwendung des § 44 Abs. 2 TBO (statt § 40 TBO) für verfehlt zu halten, weil die Hirtenunterkunft noch nicht endgültig fertiggestellt worden sei. Ein Abbruch gemäß § 44 Abs. 3 lit. a TBO dürfe erst angeordnet werden, wenn der Eigentümer der konsenslos errichteten baulichen Anlage nicht innerhalb eines Monats ab der Zustellung der Androhung des Abbruchauftrages um die nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung angesucht habe oder wenn für diese bauliche Anlage die Baubewilligung rechtskräftig versagt worden sei. Eine solche Androhung eines Abbruchauftrages sei an die Miteigentümer nicht ergangen. Die im § 40 TBO vorgeschriebene Vorgangsweise sei nicht eingehalten worden und die Behörde habe sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob es sich bei der gegenständlichen Hirtenunterkunft um ein Superädifikat handle und, wenn ja, in wessen Eigentum dieses stehe.

Die Vorstellung der Erst- bis Viertbeschwerdeführer wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde begründete ihren Bescheid im wesentlichen damit, daß die Rechtstatsache der Versagung der nachträglichen Baubewilligung mangels Vorliegens baurechtlicher Bewilligungsvoraussetzungen nicht nur gegen jene bestimmte Person wirke, gegen welche der negative Baubescheid ergangen sei, sondern gegen alle Miteigentümer des Gebäudes als jene, welche die entsprechend gleichen Rechte an der betreffenden Sache hätten. Bei einem Baubescheid handle es sich nämlich typischerweise um einen Bescheid, der sich auf eine Sache beziehe, sodaß es nicht auf die Person ankomme, dergegenüber der Bescheid erlassen worden sei. Mit den Beschwerdeführern müsse daher nicht "pro forma" ein Baubewilligungsverfahren durchgeführt werden. In der Frage des Superädifikates führte die belangte Behörde aus, daß die Beschwerdeführer das Vorliegen einer Vereinbarung in diesem Sinne nicht behauptet hätten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, von den Rechtsmittelwerbern des auf Verwaltungsebene geführten Verfahrens als Erst- bis Viertbeschwerdeführer und von FE (dem Beschwerdevorbringen zufolge "grundbücherlicher Rechtsnachfolger" seines Vaters AE) als Fünftbeschwerdeführer erhobene Beschwerde, in welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat darüber erwogen:

Zu I.: BESCHWERDELEGITIMATION DES FÜNFTBESCHWERDEFÜHRERS

Der Fünftbeschwerdeführer gründet seine Beschwerdelegitimation ausdrücklich darauf, daß ihm weder die auf Verwaltungsebene ergangenen Bescheide noch der angefochtene Bescheid zugestellt worden seien. Abgesehen davon, daß der Fünftbeschwerdeführer auch als übergangene Partei nicht das Recht hätte, den letztinstanzlichen Bescheid beim Verwaltungsgerichtshof zu bekämpfen, ehe er nicht durch Ergreifung der ihm auf Verwaltungsebene zukommenden Rechtsmittel den Instanzenzug erschöpft hat (vgl. das Erkenntnis vom 22. September 1969, Slg. Nr. 7638/A, vom 15. Dezember 1983, Zl. 83/06/0114, BauSlg. Nr. 162, uva), kann er durch die von den Behörden des Verwaltungsverfahrens erlassenen Bescheide in seinen Rechten schon deshalb nicht berührt sein, weil er im Spruch des (im Instanzenzug bestätigten) Bescheides des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 27. Oktober 1988 nicht erwähnt ist. Dieser Bescheid richtet sich daher nicht an den Fünftbeschwerdeführer, weshalb er dem Verfahren auch nicht als Partei beizuziehen war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1988, Zl. 88/06/0206, BauSlg. 1239). Aus verfahrensökonomischen Gründen fügt der Verwaltungsgerichtshof dem bei, daß die Behörden den beschwerdegegenständlichen Abbruchbescheid zu Recht nicht auch an den Fünftbeschwerdeführer gerichtet haben, weil ein solcher Bescheid gegen seinen Rechtsvorgänger im Eigentum schon früher erlassen worden und in Rechtskraft erwachsen ist. Zufolge der dinglichen Wirkung dieses Bescheides (§ 55 TBO) treffen die sich daraus ergebenden Verpflichtungen (hier: zur Beseitigung eines konsenslosen Rohbaues) auch den jeweiligen Eigentümer als Rechtsnachfolger, unabhängig davon, ob er selbst oder sein Rechtsvorgänger den konsenswidrigen Zustand durch ein schuldhaftes Verhalten herbeigeführt hat (vgl. die Erkenntnisse vom 28. April 1954, Slg. Nr. 3390/A, vom 15. September 1969, Slg. Nr. 7631/A, vom 11. Mai 1971, Slg. Nr. 8022/A, vom 31. März 1978, Slg. Nr. 9513/A uva), daher auch den Fünftbeschwerdeführer. Dessen Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG als unzulässig zurückzuweisen.

ZU II. ZUR BESCHWERDE DER ERST- BIS VIERTBESCHWERDEFÜHRER

1. Unbestritten ist zunächst, daß es sich bei dem Gegenstand des auf Gemeindeebene ergangenen Abbruchbescheides um ein unvollendetes Bauwerk handelt. Unvollendete Bauwerke sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nach § 40 TBO in der hier noch anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 43/1978 (und nicht nach der nur für vollendete Bauwerke geltenden Bestimmung des § 44 Abs. 3 lit. TBO) abzubrechen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 1980, Zl. 906/78). Soweit der Beschwerde (wenn auch nur andeutungsweise) die von den Beschwerdeführern schon im Verwaltungsverfahren vertretene Rechtsauffassung zu entnehmen ist, daß sich die Gemeindebehörden zu Unrecht auf § 44 Abs. 2 TBO gestützt hätten, genügt es darauf hinzuweisen, daß die Zitierung dieser Bestimmung (die nur Instandsetzungsaufträge und solche Abbruchaufträge regelt, die zufolge nachträglicher Baugebrechen erforderlich werden) im gegebenen Zusammenhang von der Behörde erster Instanz offenkundig irrtümlich erfolgt ist und richtig "§ 40 Abs. 2 TBO" heißen sollte. Dies ergibt sich nicht nur aus dem bei den Verwaltungsakten befindlichen ursprünglichen Bescheidentwurf, in dem noch richtig § 40 Abs. 2 TBO zitiert wird, sondern vor allem aus der Begründung des Berufungsbescheides, welche sich in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise ausdrücklich nur auf § 40 Abs. 2 TBO bezieht. Die Berufungsbehörde hätte zwar diese für die Parteien des Verwaltungsverfahrens offenkundige, den Inhalt des Bescheides aber weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht verändernden Fehler im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides gemäß § 62 Abs. 4 AVG 1950 berichtigen können (und dies zweckmäßigerweise auch sollen); dies ändert jedoch nichts daran, daß der (unberichtigte) Bescheid in dem für alle Parteien erkennbaren (und sie deshalb in ihrer Rechtsverfolgung auch nicht beeinträchtigenden) wahren Sinn (d.h. so wie er eigentlich gemeint war) zu verstehen ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 21. Juni 1990, Zl. 89/06/0104, mit zahlreichen Hinweisen).

2. § 40 Abs. 2 TBO lautet:

"(2) Wird ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ausgeführt, ohne daß eine rechtskräftige Baubewilligung hiefür vorliegt, so hat die Behörde die Fortsetzung der Arbeiten an diesem Bauvorhaben zu untersagen. Wird innerhalb eines Monats nach Zustellung des Untersagungsbescheides nicht nachträglich um die Baubewilligung angesucht oder wird die Baubewilligung nicht erteilt, so hat die Behörde die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes durch Beseitigung der baulichen Anlage, für die keine Bewilligung vorliegt, zu verfügen."

Der Beschwerdeeinwand, es sei gegen die Erst- bis Viertbeschwerdeführer (in der Folge nur mehr Beschwerdeführer genannt) kein Untersagungsauftrag im Sinne des ersten Satzes der zitierten Gesetzesstelle ergangen, ist im Ergebnis berechtigt:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat sich ein Auftrag zur Beseitigung einer baulichen Anlage an die Eigentümer dieser Baulichkeit, d.h. - soweit nicht ein Superädifikat vorliegt - an die (und zwar alle) Liegenschaftseigentümer zu richten, da ihnen die alleinige Verfügungsgewalt über die Baulichkeit zukommt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 22. Oktober 1985, Zl. 85/05/0110, BauSlg. 538, vom 19. Mai 1987, Zl. 86/05/0168, BauSlg. 931, vom 22. September 1988, Zl. 87/06/0111, BauSlg. 1189 uva). Dies gilt daher auch im Falle des § 40 TBO, obgleich in dieser Bestimmung - anders als im § 44 TBO - die Eigentümer als Adressaten eines solchen Auftrages nicht ausdrücklich genannt sind. Wenn nun der Gesetzgeber im § 40 TBO die Zulässigkeit der Erlassung eines Abbruchbescheides nicht bloß von der Konsenswidrigkeit des Bauwerks, sondern - überdies - von deren qualifizierter Feststellung durch einen die BauBEWILLIGUNG VERSAGENDEN BESCHEID abhängig gemacht hat und der Erlassung eines solchen Bescheides die Unterlassung der Antragstellung auf eine BauBEWILLIGUNG durch ein Monat ab Zustellung des BauEINSTELLUNGSbescheides gleichhält, so ergibt sich aus diesem Regelungszusammenhang, daß der Zweck des Gesetzes dahin geht, vor Erlassung eines Abbruchauftrages DESSEN ADRESSATEN durch Einhaltung einer formalisierten Abfolge von Verfahrensschritten von der Konsenswidrigkeit Kenntnis und Gelegenheit zu verschaffen, den Konsens durch die Einholung einer Baubewilligung - nach Maßgabe der rechtlichen Möglichkeiten - nachzuholen. Vor dem Hintergrund dieses Gesetzeszwecks, wie er im Wortlaut des § 40 TBO dem Sinne nach seinen Ausdruck findet, ist es aber erforderlich, gegenüber JEDEM potentiellen Adressaten eines Abbruchbescheides dieses formalisierte Verfahren einzuhalten. Daher durfte gegen die Beschwerdeführer ein Abbruchbescheid erst dann erlassen werden, sobald nach Zustellung des Baueinstellungsbescheides an sie entweder die einmonatige Antragsfrist fruchtlos verstrichen oder die von ihnen rechtzeitig beantragte Baubewilligung versagt worden ist.

Die belangte Behörde bejaht das Vorliegen dieser Voraussetzungen unter Hinweis auf den dinglichen, sich nach Auffassung der belangten Behörde gegen alle Miteigentümer einer Bauliegenschaft richtenden Charakter eines Bescheides, der über ein Bauvorhaben abspricht (somit auch der gegen den Rechtsvorgänger des Fünftbeschwerdeführers erlassenen Bescheide betreffend die Baueinstellung und die Versagung der Baubewilligung). Damit verkennt die belangte Behörde jedoch das Wesen der - im § 55 TBO ausdrücklich angeordneten - dinglichen Wirkung eines Bescheides: Diese bedeutet, daß ein projektbezogener Bescheid nicht nur für und gegen die Parteien des Verfahrens selbst, sondern (darüberhinaus) auch für und gegen deren RECHTSNACHFOLGER im Liegenschaftseigentum Rechtswirkungen entfaltet (vgl. auch die oben unter Punkt I. zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, aber auch HAUER, Der Nachbar im Baurecht, 2. Auflage, 217 f). Rechtsnachfolger in diesem Sinne ist aber ausschließlich der Fünftbeschwerdeführer, während die Erst- bis Viertbeschwerdeführer mit Recht geltend machen, jenem Verfahren, welches der Erlassung des Bescheides über die Versagung der Baubewilligung vorangegangen ist, zu Unrecht nicht beigezogen worden zu sein. Gegenüber einer ÜBERGANGENEN PARTEI (oder DEREN Rechtsnachfolger) kann aber auch ein mit dinglicher Wirkung ausgestatteter Bescheid keine Rechtswirkungen entfalten (vgl. nochmals HAUER, aaO). Wurde das im § 40 TBO vorgesehene Verfahren in Ansehung der Beschwerdeführer somit nicht abgewickelt, so fehlt es an jener Voraussetzung, an welche der Gesetzgeber die Erlassung des Abbruchbescheides knüpfen wollte, nämlich die (auf JEDEN Eigentümer bezogene) ENDGÜLTIGE UNBEHEBBARKEIT DER KONSENSLOSIGKEIT des Bauwerks. Der Verwaltungsgerichtshof ist daher der Auffassung, daß die Tatbestandsvoraussetzungen für einen gegen alle Liegenschaftseigentümer zu erlassenden Abbruchauftrag gemäß § 40 Abs. 2 TBO (anders als gemäß § 44 TBO in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 10/1988) erst dann vorliegen, wenn der Baueinstellungsbescheid vom 3. Oktober 1984 auch den Beschwerdeführern zugestellt und entweder die einmonatige Frist fruchtlos verstrichen oder die rechtzeitig beantragte nachträgliche Baugenehmigung in der Folge auch ihnen gegenüber versagt worden ist.

Zur Vermeidung von Mißverständnissen weist der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, daß die seiner Auffassung nach erforderliche (nachträgliche) Zustellung des Baueinstellungsbescheides an die Beschwerdeführer nicht im Widerspruch zu jener Rechtsprechung steht, wonach die Erlassung eines Baueinstellungsbescheides nur zulässig ist, wenn die Bauarbeiten noch nicht abgeschlossen wurden (vgl. etwa das Erkenntnis vom 3. Juli 1986, Zl. 86/06/0040); die ERLASSUNG des Bescheides erfolgte nämlich (wie stets im Mehrparteienverfahren vgl. die Erkenntnisse vom 22. Oktober 1969, Slg. Nr. 7667/A, und vom 16. Dezember 1982, Slg. Nr. 10929/A - Leitsatz) bereits durch die Zustellung an EINE Partei.

In Stattgebung der Beschwerden der Erst- bis Viertbeschwerdeführer war der angefochtene Bescheid daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere die §§ 51 und 53 Abs. 1 VwGG, in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Durch die Entscheidung in der Sache ist eine gesonderte Erledigung des von den Beschwerdeführern gestellten Antrages, ihrer Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, entbehrlich.

Wien, am 24. Jänner 1991

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